9-1-1: Lone Star - Review Staffel 2
Von der ersten Staffel des "9-1-1 Notruf L.A."-Spin-Offs habe ich mich schon nach wenigen Episoden sehr angetan gezeigt, was sich dann über die gesamte Staffel gezogen hat, denn "9-1-1: Lone Star" mischt die Grundzutaten der Mutterserie mit texanischem Charme und einem Cast, der schnell Kultcharakter erweckt. Dennoch war deutlich zu merken, dass ein großer Fokus der Erzählung auf den Hauptfiguren Owen (Rob Lowe) und Michelle (Liv Tyler) lag, weswegen die übrigen Figuren zu oft auf die Ersatzbank geschoben wurden. Hat sich das Manko in Staffel 2 gelegt?
Ja, das Manko hat sich definitiv gelegt, denn es ist in dieser zweiten Staffel hervorragend gelungen, jeder Figur ihre ganz eigenen Handlungsbögen zu geben, die von der Atmosphäre her alle sehr unterschiedlich waren, aber wirklich wunderbar geholfen haben, sich auch den anderen Charakteren wirklich anzunähern. Mir persönlich hat es auch überhaupt nichts ausgemacht, dass Tyler infolge der Corona-Pandemie wegen der Familie aus der Serie ausgeschieden ist, denn zum einen bin ich nicht ihr größter Fan, zum anderen ist sie durch die großartige Gina Torres ersetzt worden, bei der ich es sehr gefeiert habe, sie mal abseits ihrer Rolle der Jessica Pearson aus "Suits" und dem Spin-Off "Pearson" zu erleben. Ihre neue Rolle der Rettungssanitäterin Tommy Vegas war in meinen Augen der größte Gewinn. Zum einen hat sie gleich eine ganze Familie mitgebracht, mit der sehr viele emotionale Geschichten möglich waren, zum anderen haben die Vegas eine enge Verbindung zu den Ryders rund um Judd (Jim Parrack) und Grace (Sierra McClain). Letztere war mir als Operatorin in der Notrufzentrale in der vergangenen Staffel zu oft isoliert, aber diesmal ist es ganz hervorragend gelungen, sie einzubinden. Damit hat sie definitiv für mich den größten Sprung auf der Sympathieleiste gemacht. Davon hat natürlich auch ihre Ehe zu Judd profitiert, von der ich nach dieser Staffel definitiv der größte Fan bin. Mit Tommy ist aber auch das Team der Rettungssanitäter wirklich in den Fokus gerückt, denn Michelle war doch oft eine One-Woman-Show, während diesmal definitiv mehr Teamwork im Vordergrund steht.
Auch ansonsten muss man sagen, dass wie erwartet diese eine Staffel dazu beigetragen hat, das ein eingeschworener Haufen an Charakteren entstanden ist, in dem so viele unterschiedliche Dynamiken generiert werden konnten, dass ich nur mit jeder Episode noch lieber am Bildschirm geklebt habe. Wie weit innerhalb kürzester Zeit Judd und TK (Ronen Rubinstein) gekommen sind! Welch geniales Gespann stellen bitte doch Owen und Mateo (Julian Works) dar! Diese Liste könnte ich endlos weiterführen, denn jeder hat mit jedem etwas Besonderes und die Serie scheut sich auch nicht, immer wieder neue Konstellationen hervorzubringen, die dann direkt ans Herz gehen. Aber auch die einzelnen Charaktere durften wachsen und jede*r von ihnen hat eine eigene Episode erhalten, um hervorstechen zu dürfen. So haben wir erfahren, dass Marjan (Natacha Karam) bereits seit ihrer Kindheit verlobt war, wir haben Pauls (Brian Michael Smith) Familie kennengelernt, wir sind Mateos Mitbewohnern begegnet und wir haben Carlos' (Rafael Silvas) Ängste bezüglich seines Coming-Outs vor seinen Eltern begleitet. Alle Geschichten sind dabei wie gewohnt mit viel Fingerspitzengefühl angegangen worden und es waren Themen, die für die enorme Diversität dieser Serie sprechen.
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Einen temporären Neuzugang hatten wir auch mit Gwen, die von der großartigen Lisa Edelstein dargestellt wurde. Bei ihr handelte es sich um die Mutter von TK und die Ex-Frau von Owen. Da zwischen der ersten und zweiten Staffel ein größerer Zeitsprung stattgefunden hat, um so mitten in der Pandemie starten zu können, erleben wir das Ex-Pärchen, das wieder eine Affäre begonnen hat. Ich mochte die beiden wirklich gerne zusammen und es war wirklich hilfreich, ein Gesicht zu der bis dato ominösen Mutter zu bekommen. Dennoch fand ich es schade, dass das Kapitel doch früher als gedacht wieder endete. Die Geschichte dahinter ist mir sogar tatsächlich säuerlich aufgestoßen, was für mich ein Novum bei dieser Serie bislang war, aber zumindest ist ein Törchen noch offen, denn ich könnte mir vorstellen, dass man für Gwen als Anwältin dauerhaft eine Lösung finden könnte. Da wir gerade thematisch bei Owen waren, so ist es natürlich weiterhin so, dass er Dreh- und Angelpunkt ist. Manchmal etwas zu viel, gerade wenn mit dieser Selbstverliebheit und dem teilweise absurden Selbstbewusstsein gespielt wird, aber dennoch wird über die Staffel hinweg eine Balance geschaffen, denn Owen mag seine tausend Unarten haben, die ihn skurril wirken lassen, aber er ist auch Anführer durch und durch, der sich für nichts zu schade ist und jedes Risiko in Kauf nimmt, wenn es um Rettung geht. Ihm zur Seite wird teilweise auch wieder Billy Burke als Feuerwehrmann Billy Tyson gestellt. Sie sind eine Art Nemesis füreinander, sich sehr ähnlich und doch ganz anders. Innerhalb der Staffel ist es sehr gut gelungen, den Charakter von Billy als sehr fließend darzustellen, denn bei ihm weiß man wahrlich nicht, woran man ist. Das birgt die ein oder andere Überraschung und sorgt eben für einige sehr unterhaltsame Aufeinandertreffen der beiden Männer.
Abseits der großartigen Charakterarbeit, die mit meinen Ausführungen bislang deutlich genug unterstrichen sein dürfte, sind aber natürlich die Einsätze auch ein wichtiges Kernthema. Während ich in der ersten Staffel noch bemerkt habe, dass es gelungen ist, hierdurch eine typische texanische Atmosphäre einzufangen, so ist das Gefühl in dieser zweiten Staffel kaum noch vorhanden. Damit ist "Lone Star" hier von der Mutterserie nicht mehr so deutlich zu unterscheiden. Auch die Charaktere selbst unternehmen nicht mehr so viele Aktivitäten, bei denen unverwechselbar klar wird, dass wir uns gerade nur in Texas befinden können. Dennoch würde ich das nicht zu kritisch bewerten, denn zu diesem Zeitpunkt hat die Serie für mich schon längst einen eigenen Wert entwickelt, wo ich solche Vergleiche gar nicht mehr anstelle. Gewisse Gemeinsamkeiten und Überschneidungen sind sogar gerne gesehen, so wie die Tatsache, dass auch mit einer Umweltkatastrophe (hier ein Vulkanausbruch) gearbeitet wurde. Zudem hat es das erste Crossover gegeben, das sich nur innerhalb von "Lone Star" ereignet hat, was möglicherweise auch der Pandemie geschuldet ist, aber es macht definitiv Lust auf mehr, dass wir die geliebten Charaktere demnächst öfters aufeinandertreffen sehen. Abseits davon ist eine gute Mischung aus Einsätzen entstanden, mal sehr dramatisch, wo auch vor dem Tod nicht zurückgeschreckt wurde, mal eher absurd-lustig, wie es sich für eine Ryan Murphy-Produktion nun mal gehört. Langeweile ist in dieser zweiten Staffel definitiv nicht aufgekommen.
Fazit
"9-1-1: Lone Star" beweist für mich in der zweiten Staffel endgültig, dass diese Serie in ihrem Kern angekommen ist und so bald die Bildschirme keinesfalls verlassen darf. Denn durch deutlich intensivere Charakterarbeit ist eine enge Verbundenheit an das Geschehen entstanden, die immer wieder mit der ganzen Bandbreite an Emotionen ausgespielt wird. Wer nach so einem Gefühlschaos und zahlreichen Überraschungen nicht überzeugt ist, der wird es wohl nie sein. Aber hier spricht Qualität eigentlich für sich selbst.
Die Serie "9-1-1: Lone Star" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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