Emergency Room - Review Staffel 6
Mit der sechsten Staffel beginnt in vielerlei Hinsicht ein einschneidender Pfad der Veränderung. Obgleich diese ab und an auch eine positive Seite hat, überliegen doch die Katastrophen. Leider muss man an der schieren Masse eben dieser verzweifeln und kann sich nach Ablauf der 22 Episoden umfassenden Staffel gar nicht mehr an den Anfang erinnern. Ich gebe es zu, ich musste mich tatsächlich auf die Inhaltsangaben über die Inhalte der Episoden auf der DVD wenden, um mich an den Beginn zu erinnern.
Hatte man zuvor in der fünften Staffel dafür gesorgt, dass jede Geschichte nicht mehr nur alleine dasteht, sondern all die kleinen Geschichten das große Ganze ergeben, ist dies zumindest am Anfang der sechsten Staffel nicht mehr vorhanden. Ebenso hat man zum ersten Mal seit dem Serienstart wieder das Gefühl in die Story hinein geworfen zu werden und nicht zurecht zu kommen. Hatte das in den ersten Episoden einen einführenden Effekt auf den Zuschauer sich ebenso orientierungslos zu fühlen, wie die Person ersten Interesses in der ersten Eposide, John Carter, so stört es den Zuschauer an dieser neuen Stelle ungemein. Es vermittelt einen Bruch, der über die Season hinweg auch inhaltlich gefüllt wird.
Natürlich gibt es in diesem Jahr am "County" auch neue Gesichter. Da Dr. Doug Ross in der vergangenen Staffel nach Seattle gegangen ist, muss die von ihm ins Leben gerufene Stelle des pädiatrischen Oberarztes in der Notaufnahme neu besetzt werden. Diesen Platz in der Serie nimmt Michael Michele als Dr. Cleo Finch ein. Cleo ist eine außergewöhnlich hübsche junge Ärztin mit großem Selbstbewusstsein. Sie findet sich gut in der Notaufnahme zurecht, doch leider entwickelt sie weder zu ihren Kollegen, noch zum Zuschauer einen überzeugenden Draht. Sie wirkt äußerst kühl und distanziert. Selbst in persönlichen Momenten wird man als Zuschauer den Eindruck nicht los, dass Michael Michele einfach eine falsche Besetzung ist. Das ist sehr schade, denn an sich ist Cleo eine schön konstruierte Figur mit dem Potential für überzeugende Geschichten. Eine andere Darstellerin hätte es nur besser machen können. Leider ändert sich dieser Eindruck bis zum Staffelfinale hin nicht. Besonders tragisch ist die Entwicklung einer Liebesbeziehung zu Peter Benton. Zunächst macht sich Peter zum totalen Affen, als er sie immer wieder fragt mit ihm auszugehen. Dann, als sie endlich darauf reagiert, kann man sich ob Peters weiterem Verhalten nur fremdschämen.
Bleibe ich bei Peter und dem nächsten negativen Punkt auf meiner Liste. Zunächst möchte ich an dieser Stelle aber noch einmal betonen wie überaus liebevoll und aufopfernd sich Peter um seinen Sohn kümmert. Erst sitzt er tagelang am Inkubator, dann versucht er alles Menschenmögliche, um Reese häufiger nach der Trennung von Carla zu sehen. Bald darauf muss er einen herben Rückschlag in Kauf nehmen und mit dem Umstand zurecht kommen, dass Reese beinahe taub ist. Zusätzlich will Resses Mutter nun mit dem Kind und ihrem neuen Ehemann nach Deutschland ziehen. Peter will um seinen Sohn kämpfen, doch als der Sorgerechtsstreit immer heftiger wird, wirft Carla Peter an den Kopf eventuell nicht der Vater seines Sohnes zu sein. Erst ist Peter davon verunsichert und beabsichtigt einen Vaterschaftstest durchzuführen. Schlussendlich steht er jedoch darüber und entscheidet sich gegen den Test, da er Reeses Vater ist, wenn auch eventuell nicht biologisch. Hier zeigt Peter Größe, die ich ihm bis dahin nicht zugetraut habe. Vor allem nicht im Kontrast zu seinem Verhalten mit Cleo. Bisher wirkte er zwar selbstbewusst, aber kaum vom dem was er als die richtige Meinung vertritt überzeugt. Es muss auch einmal betont werden wie überaus überzeugend Eriq La Salle an dieser Stelle als Peter Benton war. Er bekommt es nämlich hin gleichzeitig einen knallharten Chirurgen, liebevollen Vater und einfühlsamen Mitmenschen zu spielen.
Kurz darauf steht die Gerichtsverhandlung vor der Türe, doch bevor es dazu kommen kann, muss Carla Peter mitteilen, dass sie abgesagt wird, weil Roger (ihr neuer Ehemann) nun doch nicht befördert und somit nach Deutschland versetzt wird. Der ein oder andere mag an dieser Stelle zwar den Ausgang dieser Geschichte als einfaches und bequemes Ende sehen, dass schnell zusmmengeschustert wurde, doch ich glaube, dass es die einzige Lösung war, die weitere Katastrophen verhindert hat. Nicht, dass ich die Geschichten um Reese schlecht finde, ganz im Gegenteil. Doch kann ich mir kaum vorstellen, dass Peter den Sorgerechtsstreit gewonnen hätte. So gibt es zumindest die Möglichkeit weitere Geschichten um Reese zu erzählen. Umso mieser ist, dass das Kind danach so gut wie gar nicht mehr vorkommt! Und hier bin ich endlich am negativen Teil angelangt. Da baut man über Jahre hinweg eine Geschichte auf, nur um dann die Hauptpersonen dieser einfach nicht mit miteinander interagieren zu lassen, eine davon gar zu streichen. So hat es jedenfalls den Anschein. Das ist sehr schade, denn ich habe Reese wirklich vermisst und nicht vergessen, wie Neuzugang Nummer zwei: Dr. Lawrence.
Dr. Gabriel Lawrence ist eine Koryphäe auf dem Gebiet der Notfallmedizin und wird von Carrie Waever eingestellt. Er war früher ihr Mentor und dem entsprechend fällt es Carrie schwer zu erkennen, dass er schnell überfordert, nicht dazu bereit neue Methoden anzuwenden und vor allem auch sehr vergesslich ist. Dr. Lawrence verschwindet sang und klanglos, wie auch die Erinnerung an ihn. Eine Erinnerung, die nicht vergeht ist die an Doug. Denn Carol ist ja weiterhin schwanger von ihm, wie sich herausstellt mit Zwillingen. Um die Geschichte hier schnell zu einem Ende zu führen, was in der Serie unglaublich in die Länge gezogen wird, kurz zusammengefasst: Sie bekommt an Thanksgiving Zwillingsmädchen (Tess und Kate). Carol bleibt noch eine Weile in Chicargo. Erst als Dr. Luka Koveč versucht ihr näher zu kommen, erkennt sie, dass sie Doug noch immer liebt und folgt ihm nach Seattle. Es ist zwar schön zu sehen, dass hier eine lang erzählte Geschichte ein Happy End findet, das nicht befriedigender sein könnte, trotzdem ist es schade, dass sich Carols Erkenntnisprozess so lange hinzieht. In der letzten Episode mit ihr hat auch George Clooney noch einen winzigen Auftritt. Er nimmt Carol an seinem Bootssteg in Seattle in die fliegenden Arme. Ein, wie schon gesagt, sehr schönes Ende und ein noch schönerer Abschied der Personen aus der Serie.
Soeben erwähnte ich eine weitere neue Figur aus dieser Staffel: Dr. Luka Koveč gespielt vom Kroaten Goran Visnjic. Luka fängt als Springer im County an. Schon da ist er mir überaus sympathisch. Gleich im ersten Auftritt bemerkt man Višnjićs melancholische Art, das bleibt hängen. Umso mehr freut man sich, als er seinen nächsten Auftritt hat und seinen nächsten und nächsten. Plötzlich nimmt Luka die vom nicht vermissten Dr. Lawrence frei gewordene Stelle ein und steigt von Episode zu Episode in meiner Gunst. Nicht nur durch die wundervolle Stimme, die ihm im Deutschen Klaus-Peter Grap (spricht unter Anderem Randy Disher in "Monk" und Dr. Daniel Jackson in allen "Stargate"- Serien) verleiht, sondern auch durch die in kleinen Stücken transparent werdende traurige Lebensgeschichte um ihn und seine Auswanderung von Kroatien in die Vereinigten Staaten.
Zunächst fällt es ihm nicht leicht sich zurecht zu finden. Das liegt kaum daran, dass er zuvor nur als Springer gearbeitet hat, sondern mehr daran, dass er konkrete Wertvorstellungen hat, die häufig gegen amerikanische Rechtsbestimmungen gehen oder diese zumindest stark dehnen. Das muss ja nicht zwangsläufig etwas Negatives sein. Ein erfrischender Wind in der Notaufnahme. Schlussendlich schafft er es auch diese Hürden zu nehmen und beginnt mit Carol anzubändeln. Er scheint sich sehr zu ihr hingezogen zu fühlen. Ob dies einfach an Carol liegt oder daran, dass er unbewusst in ihr und ihren Kindern die Chance auf eine neue Familie sieht, die der, die er im Krieg verloren hat nicht unähnlich ist, ist Sache des Zuschauers. Für mich persönlich ist es eindeutig die Ersatzfamilie, auch wenn er es selbst wahrscheinlich gar nicht bemerkt. Das ist umso trauriger, wenn man sich den Ausgang der Liebelei vor Augen führt. Es ist einfach zum Verzweifeln, wenn er sich so zu ihr hingezogen fühlt und sie auf Abstand geht. Als es dann zum Kuss kommt, ist für den Zuschauer klar, dass aus dem Paar nichts wird, doch Luka fühlt sich bestätigt und versucht es immer mehr. Eine sehr schöne, aber auch furchtbar traurige Geschichte, von der man am Ende fortgeht und das Gefühl nicht los wird, dass man sie nur für Luka geschrieben hat, um sein Leid zu zeigen, denn es war einfach immer klar gewesen, dass Carol zu Doug zurückkehren wird. Insgesamt bleibt mir an der Stelle nur zu sagen, dass Luka der wohl schillerndste und interessanteste Neuzugang ist und somit die Stelle von Lucy einnimmt, die nun voll im Team eingegliedert ist.
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