Bates Motel - Review des Piloten

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Foto: Freddie Highmore & Vera Farmiga, Bates Motel - Copyright: Universal Channel
Freddie Highmore & Vera Farmiga, Bates Motel
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Alfred Hitchcocks Psychothriller "Psycho" war ein filmischer Meilenstein und vielleicht der beste Film des Master of Suspense überhaupt. Der Film kam zwar schon im Jahr 1960 in die Kinos, hat aber an Kraft, Spannung und inszenatorischer Genialität auch heute noch nichts eingebüßt. Kein Wunder also, dass der Film auch bei den darauf folgenden Generationen immer noch im Gedächtnis ist. Gerade vor kurzem drehte Regisseur Sacha Gervasi mit Anthony Hopkins in der Rolle des Alfred Hitchcock ein Biopic, welches sich zentral um die Arbeit am Film "Psycho" drehte und den Film dadurch wieder ins Gedächtnis des breiten Publikums brachte. Doch nicht nur im filmischen Kontext wurde Hitchcocks "Psycho" wieder aufgegriffen, auch das Fernsehen hat das Potenzial der Geschichte, die auf einem Roman von Robert Bloch basiert, erkannt und so entwickelte der kleine amerikanische Privatsender A&E die Serienproduktion "Bates Motel", welche die Vorgeschichte der grausigen Ereignisse in "Psycho" erzählt. Norman Bates ist in der Pilotfolge noch ein heranwachsender Jugendlicher von 17 Jahren und musste gerade den Tod seines Vaters verkraften. Daraufhin entschließt seine Mutter Norma umzuziehen und so kauft sie ein altes Motel und zieht mit ihrem Sohn in das anliegende Haus ein.

Ohne zunächst konkret auf die Pilotfolge einzugehen, stellt sich zunächst erst mal die Frage, ob der grundsätzliche Ansatz dieser Serienproduktion überhaupt eine gute Idee ist und der Mythos Norman Bates dadurch nicht endgültig zerstört wird. Auch stellt sich die Frage, ob man eine Serie über eine lange Zeit verfolgen will, dessen Ende schon vollständig bekannt ist. Man weiß bereits genau, was aus Norman Bates werden wird, was im Hinblick auf die Charakterentwicklung die Spannung schon im Vorfeld schon ein ganzes Stück rausnimmt. Nimmt man diese Zweifel an der grundsätzlichen Serienkonzeption aber erst mal beiseite und bewertet nur die Pilotfolge an normalen Qualitätskriterien, die man an eine erste Folge einer Fernsehserie stellen kann, so fällt das Gesamturteil doch wesentlich positiver aus als zunächst vermutet. Dies liegt zum einen an der extrem starken, perfekt ausgewählten Besetzung: So sehen wir in der Rolle des jungen Norman Bates den Nachwuchsdarsteller Freddie Highmore, der bekannt wurde als liebenswerter kleiner Junge in Tim Burtons "Charlie und die Schokoladenfabrik". Highmore orientiert sich offensichtlich an der schauspielerischen Ausnahmeleistung von Anthony Perkins, der einer ganzen Generation das Fürchten lehrte, und bringt noch ganz eigene Komponenten mit in sein Spiel und schafft damit einen überzeugenden jungen Norman Bates, der hier noch als verunsicherter und schüchternen Jugendlicher gezeigt wird, der seine Mutter über alles liebt.

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Diese Mutter wird gespielt von der für den Oscar nominierten Vera Farmiga, die nicht nur mit Highmore wunderbar harmoniert, sondern auch die schwierige Balance zwischen liebender Mutter und fast schon psychopathisch anmutender und herrschsüchtiger Furie überzeugend meistert. Gerade durch die Besetzung dieser beiden zentralen Rollen gewinnt die Serie ein Grundfundament an Qualität, die zumindest den Piloten schon mal sehenswert machen. In einer Nebenrolle ist dann auch noch der aus "Lost" bekannte Darsteller Nestor Carbonell als Sheriff zu sehen, der im Piloten aber noch keinen bleibenden Eindruck hinterlassen konnte. Aber in welche Richtung bewegt sich diese Serie inhaltlich? Kurz gesagt hat man es hier mit einer zunächst merkwürdig erscheinenden Mischung aus "Dexter", "Dawson's Creek" und "American Horror Story" zu tun. Horror trifft hier auf Psychothriller und wird angereichert durch typische Elemente eines klassischen Teenager-Dramas.

So gibt es das hübscheste Mädchen der Schule, das Interesse an dem geheimnisvollen und stillen Norman findet, gleichzeitig aber einen Freund zu haben scheint, welcher zu den ganz coolen Kids der Schule gehört. Es gibt eine Partyszene, die aus allen möglichen Teen-Soaps herauskopiert hätte sein können. Dann gibt es in dem Piloten aber auch noch deutliche Horrorelemente, inklusive einer brutalen Vergewaltigungsszene und eines blutigen Mordes. Die Mischung aus verstörenden Psycho-Horror-Elementen und fast unschuldig anmutendem Teeanger-Drama über die Probleme des Erwachsenwerdens geht aber erstaunlich gut auf und fügt sich auch einigermaßen ordentlich zusammen. Es gibt zwar spannungsgenierende Momente, die nicht wirklich gut funktionieren, da sie zu platt und zu offensichtlich konstruiert sind, aber insgesamt erzeugt der Pilot einerseits eine gruselige und unangenehme Grundstimmung, die angereichert wird mit einigen Querverweisen und Anspielungen auf Hitchcocks Filmklassiker und bringt gleichzeitig auch ein Mindestmaß an Interesse für die Charaktere auf. So wurde vor allem auch die ambivalente Beziehung zwischen Norman und seiner Mutter im Piloten recht gut ausgearbeitet.

Gut gelungen sind insgesamt auch die Ausstattung und das Set-Design, die vor allem das Motel und das Haus der Familie Bates perfekt nachgestellt haben. Ein interessanter erzählerischer Kniff, den sich Serienmacher Carlton Cuse ausgedacht hat, ist auch die zeitliche Verlegung der Handlung in unsere heutige Zeit. So verfügt der kleine Norman Bates unter anderem über ein iPhone. Der Pilot endet dann noch mit einem verstörenden Cliffhanger, den man zunächst noch überhaupt nicht einordnen kann, der aber definitiv Lust auf mehr macht.

Fazit

Der ehemalige "Lost"-Macher Carlton Cuse schafft mit "Bates Motel" ein ambitioniertes Serienprojekt, welches wohl am stärksten mit seiner schwierigen Grundkonzeption zu kämpfen haben wird. Betrachtet man den Piloten aber zunächst mal abhängig von Hitchcocks großem Vorbild, so hat man es hier mit einer durchaus spannenden Horrorserie mit Teen-Drama Elementen zu tun, die getragen wird von zwei perfekt besetzten Hauptdarstellern, die die Serie mit Leben erfüllen. Der ganz große Wurf ist diese Serie zwar noch nicht, trotzdem sollte man ihr aber eine Chance geben, macht der Pilot doch insgesamt betrachtet Vieles richtig.

Moritz Stock - myFanbase

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