A Million Little Things - Serienreview
Die ABC-Serie "A Million Little Things" ist 2023 nach insgesamt fünf Staffeln zu einem Ende gebracht worden und seit Februar 2024 kann man nun endlich auch die gesamte Serie bei Disney+ via Star schauen. Grund genug, um mal einen Blick auf die ganze verbrachte Zeit mit der Serie zu werfen, die vor allem viele Tränen gekostet hat, aber genauso auch Wärme und Lachen beschert hat.
Nachdem die Serie im Herbst 2018 bei ABC an den Start gegangen war, hatte ich eine Pilotreview geschrieben, die damals auch sehr unter den Eindrücken von "This Is Us" stand, weil sich damals ein Trend durchgesetzt hat, tränenreiche Dramaserien zu inszenieren, die einen mitten rein mit Geschichten aus dem Leben treffen. Jedoch wird es schon gleich problematisch, wenn man die zweite oder dritte Serie dieser Art ist, denn wie sehr kann man Vergleiche vermeiden? Wie sehr findet man den eigenen Rhythmus? Das war mein großes Problem zum Auftakt von "A Million Little Things", denn ich habe sehr bekannte Zutaten bekommen und die daraus gekochte Suppe wirkte aber nicht neu und zudem hatte ich auch eher einen mechanischen Eindruck mit der gewählten Hintergrundmusik, als wollte man mich zum Weinen zwingen. Dieses Gefühl habe ich in der ersten Staffel lange nicht abschütteln können, was sicher auch daran lag, dass zu Beginn auch so viel auf einmal passierte, dass ich mir dachte, ist nicht mal gut?! Dass gleich in Episode 1 sich zwei Freunde umbringen wollen? Wie viel will man auf einmal aufbürden? Dazu gab es noch weitere Enthüllungen, wie eine Affäre im Freundeskreis und es war der Eindruck perfekt, dass so viel auf diese Freundesgruppe zu laden, um sie rein vom Papier her auseinanderzutreiben, wo sie aber dann dennoch zusammenhalten.
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Auch wenn ich diese Botschaft grundsätzlich unterstütze, weil Freundschaften in meiner Wahrnehmung an so vielen Nichtigkeiten zerbrechen, so muss es sich dennoch nicht wie eine Seifenoper anfühlen. Dementsprechend bin ich ehrlicherweise nur wegen des Casts dran geblieben, denn mit David Giuntoli, Romany Malco, Grace Park und James Roday Rodríguez kannte ich einfach schon zu viele Gesichter aus vorherigen Projekten und sie haben in ihren Rollen jeweils etwas ausgestrahlt, wo deutlich wurde, dass sie das Ausmaß an Dramatik alle tragen können und dass sie es auch mit Herz füllen. Das hat mich durch die Premierenstaffel getragen und es hat mich in Staffel 2 einschalten lassen. Irgendwann hat sich dann unweigerlich der Schalter umgelegt. Auch wenn es immer nochmal Ausreißer gab, die mir dann einen Ticken zu viel erschienen, so wurde sich immer mehr darauf verlagert, die zwischenmenschlichen Konsequenzen zu erzählen, neue Beziehungen zu ergründen, aber auch immer in wichtigen Momenten auf die Gruppendynamik zurückzugreifen, weil das ohnehin das große Plus der Serie ist. Man erlebt da eine Gruppe von Menschen, bei denen die Kinder genauso dazu zählen und wo man sich sagt, ja, da würde ich auch ein Zuhause finden. Die schauspielerische Leistung ist dann immer nur die Kirsche auf der Torte, denn es sind wirklich unfassbar gute Leute an Bord geholt worden und es fällt mir auch nach fünf Staffeln und so vielen Eindrücken schwer, irgendjemanden konkret herauszupicken, weil sie alles aus ihren Charakteren herausgeholt haben und auch einem tollen Autorenteam dankbar sein können, weil alle Figuren nachvollziehbar gestaltet waren, so dass es schauspielerisch auch eine Linie sein konnte. Mit diesen Zutaten konnte ich nie mehr abschalten und die Wartezeit auf Staffel 5 war dann für uns deutsche Zuschauer*innen nochmal richtig lange, aber ich kann nur sagen, "A Million Little Things" hat sich auf dem Höhepunkt verabschiedet und auch wenn es am Ende ganz viel Wehmut ist, es ist alles genau richtig gelungen.
© 2018 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.; ABC/Matthias Clamer
Da es nun eine ganze Serienreview werden soll, würde sich vielleicht eine Betrachtung je Staffel anbieten, aber ich glaube, das würde völlig ausarten, weswegen ich mich für eine Einteilung nach Gruppen und sonstigen Beziehungen entschieden habe, weil die inhaltlichen Details zur Qualität nicht im Wesentlichen beiträgt und die auch alle für sich selbst entdecken können. Anfangen möchte ich mit der Männerfreundschaft von Eddie (Giuntoli), Rome (Malco), Gary (Roday Rodriguez) und Jon (Ron Livingston). Letzterer stirbt zwar sogleich im Auftakt den Serientod, aber dennoch prägt er die Serie bis zum Ende mit und diese vier waren letztlich mit einer zufälligen Fahrstuhlbegegnung, wo sie dann gemeinsam stecken geblieben sind, der Ausgangspunkt von allem. Auch wenn ich die Serie sehr dafür feiere, dass sie nicht nur immer brave Geschlechtertrennung gemacht hat, sondern dass auch quer dadurch so viele besondere Momente entstanden sind, so sind die jeweiligen Frauen- und Männermomente dennoch ein durchgängiges Muster und hatten jeweils ihre eigene Qualität. Auch wenn die vier immer zusammengehalten haben, sie haben auch untereinander nochmal jeweils andere Verbindungen, was ich nur sehr natürlich finde. Sie machen einander zuverlässig die Hölle heiß, aber sie tauchen auch füreinander auf, wenn es wirklich brennt. Zwar ist mit Jons Tod öfters mal betont worden, dass er ein wenig der Kleber war, der alle zusammengehalten hat, so glaube ich eher, dass es immer schon Gary war. Im Serienverlauf wird gut ergründet, dass er immer derjenige ist, der sein eigenes Wohl den anderen unterordnet, weswegen sein Beruf ironischerweise komplett keine Rolle spielt. Er könnte quasi von Luft und Liebe leben, aber es unterstreicht gut, dass er sich nicht über den Job und das damit verdiente Geld definiert, sondern über seine Beziehungen. Und auch wenn er oft genug den Glauben an manche Aktionen seiner Freunde verloren hat. Er hat sie immer wieder zusammengebracht. Ihre gemeinsame Verbindung waren auch immer die Boston Bruins, wo sie sich zusammen Jahrestickets besorgt haben. Dennoch hätte ich sie wohl nie als glühende Eishockeyfans bezeichnet, was nicht heißt, dass sie es nicht sind, aber das Spiel stand nie im Vordergrund, sondern was die gemeinsame Aktivität für sie bedeutet.
Die Frauen zusammen sind auch ein verschworener Haufen und hier ist mit Maggie (Allison Miller) auch der ideale Ausgangspunkt zum Serienanfang gefunden worden, denn sie kommt neu nach Boston, sie findet neu Anschluss. Sie ist es, durch die wir die ganzen Beziehungen untereinander ergründen und sie findet mit den Frauen über Regina (Christina Moses), Katherine (Park) und Delilah (Stephanie Szostak) sofort Anschluss. Auch sie müssen sehr viel zusammen durchstehen, aber ich würde die Frauendynamik dennoch insgesamt als eher untergeordneter beschreiben, was ich aber keinesfalls schlimm finde. Es gibt genug gute Serien und Filme über Frauenfreundschaft, weswegen ich "A Million Little Things" sowieso eher so einschätzen würde, dass es um Freundschaften allgemein ging. Nicht zu unterschätzen ist beispielsweise auch, was für ein tolles Miteinander Gary und Danny (Chance Hurstfield) hatten, obwohl es hier den großen Altersunterschied gab. Aber er war der erste, der die Homosexualität des Jungen erraten hat und ihn über die diversen Schritte seines Coming-Outs hinweg unterstützt hat. Genauso bezeichnend ist aber auch Gary mit Katherine. Grace Park war in Staffel 1 leider eher ein Nebencharakter, was aber auch dem Inhalt etwas geschuldet war, denn als eifrige Karrierefrau hat sie sich am meisten von den Beziehungen entfernt und Gary war ohnehin nie ein großer Fan von ihr. Aber wenn man am Ende sieht, wo sie ausgekommen sind. Unfassbare Welten! Die beiden haben sich am besten Wahrheiten sagen können und sind dadurch zusammengewachsen. Dass ich hier für besondere Beziehungen gleich zweimal Gary genannt habe, zeigt auch wieder, wie sehr er als Figur das Miteinander geprägt hat.
Ansonsten sind es natürlich vor allem die Liebesbeziehungen, die im Großen alles prägen. Anfangen muss man da einfach mit Rome und Regina, denn sie sind eines dieser Paare, wo man komplett innerlich zur Ruhe kommen kann, weil man spürt, die beiden würde niemand anfassen und sie auseinandertreiben. Dennoch hatten die beiden natürlich ihre Stolpersteine, aber es hat nie lange angehalten, weil die beiden ineinander die wichtigste Stütze haben und für mich als Zuschauerin war es ein riesiges Geschenk, dieser innigen Liebe beiwohnen zu dürfen. Mit ihren Eltern hatten sie jeweils einiges auch durchzustehen, aber auch Uneinigkeit über einen Kinderwunsch und später die unverhoffte Pflegschaft für Tyrell (Adam Swain), aber vor allem Romes Depression, die sich durchgängig durch die Serie zieht. Sie haben viel wichtiges Material bekommen und wie ich finde auch das Material, was am ehesten am Puls der Zeit war. So hat Staffel 3 Pandemie und BLM abgebildet, was man mit Reginas Restaurant und den ausbleibenden Besuchern sowie der Hautfarbe von beiden sehr gut darstellen konnte. Danach ist mein liebstes Paar natürlich Gary und Maggie. Die beiden standen für mich vor allem immer für Humor, was stets ein schönes Gegengewicht zu Regina und Rome war, die mehr für das Innige, Vertraute stehen, was angesichts ihrer Beziehungslänge auch logisch ist. Maggie und Gary waren auch nicht den ganzen Serienverlauf über zusammen und auch wenn es irgendwo eine dröge Zeit war, aber inhaltlich war es für zwei Krebspatienten sicherlich sehr wichtig, denn man ist sicherlich nicht derselbe Mensch, wenn man ein vermeintliches Enddatum auf der Stirn hat, im Gegensatz dazu, wenn man mit der durchschnittlichen Lebenserwartung plant. Sie mussten sich auch außerhalb davon ergründen, aber auch getrennt hatten die beiden immer einen unsichtbaren Faden, der sie aneinander gebunden hat und ich fand es wunderschön, dass sie nie im Bösen miteinander waren, sondern sofort ihre Freundschaft ausgepackt haben. Bei den beiden war auch wichtig, dass die Selbsthilfegruppe immer wieder in unterschiedlichen Formen aufgetaucht ist, denn es wäre übertrieben gewesen, die ganzen Nuancen einer Krebserkrankung an zwei Figuren festzumachen und so war das Thema stets präsent und konnte gut ausgearbeitet werden.
© 2018 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.; ABC/Matthias Clamer
Eddie und Katherine wiederum sind von Anfang an das Problem. Auch wenn wir Szenen aus ihrer glücklichen Anfangszeit bekommen, aber seine Alkoholsucht ist schon früh ein Hindernis geworden, ebenso wie die Tatsache, dass er als Musiker seine besten Zeiten schon hinter sich hat, so dass Katherine alles auffangen musste. Dazu dann die Probleme von Jon und Delilah und da hat es sich mit der Überkreuzung der Paare quasi von selbst ergeben. Die Serie beschäftigt sich aber weniger mit dem Ursprung, als vielmehr mit den Nachwirkungen und das war ein wichtiger Ausgleich zu den anderen Paaren, denn hier war wirklich viel im Argen, was aber auch erstmal gespielt werden musste. Das Spannende bei Eddie und Katherine war auch, dass ich sie zusammen mochte, aber auch die Endgültigkeit ihrer Trennung dann mitgetragen habe. Das passiert mir selten. Dass Eddie bis zum Ende reine Liebe für Katherine verspürt hat, das stand dabei außer Frage, aber ich habe sie sehr gut nachvollzogen, was nach all den Kämpfen, die sie weitestgehend alleine auszutragen hatte, nur noch übrig war: Erschöpfung und Enttäuschung. Natürlich darf man auch Theo (Tristan Byon) nicht vergessen, der als sensibler Sohn alle Nuancen auch mitbekommen hat, so dass das Trennungsgeschehen für ein Kind nachvollziehbar gestaltet wurde. Gleichermaßen kam das Ganze natürlich auch für Delilahs Kinder Danny und Sophie (Lizzy Greene) zusammen, die nach der Trauer um ihren Vater nun auch noch die Schwangerschaft ihrer Mutter sowie die Affäre zu verdauen hatten. Da Szostak sich aber ab Staffel 3 immer mehr zurückgezogen hat, waren Delilah und Eddie nicht zu ergründen, ob sie es über all das hinweg vielleicht doch schaffen könnten. Daher bin ich schon sehr dankbar, dass Szostak in der finalen Staffel noch einmal im entscheidenden Umfang gewonnen werden konnte.
© 2018 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.; ABC/Matthias Clamer
Bei Katherine wiederum ist noch eine zweite Liebesgeschichte entstanden. Ich muss dazu sagen, dass ich von Neuzugang Greta (Cameron Esposito) schon dank Spoiler wusste und ich war sehr, sehr skeptisch. Aber ich kann nur resultieren, auch wenn Greta nie in den Hauptcast aufgenommen wurde, aber sie ist als Figur sehr gut ausgearbeitet worden, so dass ich die gemeinsame Liebesgeschichte von ihr und Katherine immer mehr lieb gewonnen habe. Auch wenn wir durch Danny schon eine homosexuelle Selbstergründung hatten, so war es bei Katherine aufgrund ihrer koreanischen Herkunft und den Erwartungen ihrer Mutter noch einmal eine andere Auslegung. Insgesamt sind wirklich unfassbar viele wichtige Geschichten erzählt worden, wo ich abseits der Paarungen auch noch einmal Sophie hervorheben muss, die mit ihrer Missbrauchsgeschichte so etwas Wichtiges geschrieben bekommen hat. Da auch Lob an Greene, die sowieso im Serienverlauf zu den Erwachsenen übergelaufen ist, die aber schon zuvor ihr unglaubliches Potenzial angedeutet hat. Die letzte Staffel fügt an all dem nahtlos an und schafft für unsere Figuren noch wichtige Meilenstein und einen Serientod. Ich fand es symbolisch, dass alles mit einem Tod beginnt und auch damit endet und dass dennoch nichts an der lebensbejahenden Botschaft negiert wird. Im Gegenteil, es ist in seiner Gesamtheit ein Plädoyer dafür, wie es der Serientitel auch sagt, die Millionen kleinen Dinge zu genießen, die so ein irdisches Leben ausmachen. Um es mit Gary selbst zu sagen: Have a beautiful life.
Fazit
"A Million Little Things" hatte für mich große Anfangsschwierigkeiten, weil Staffel 1 im Erzeugen von Drama zu künstlich wirkte und zu sehr auf die Tränendüse drückte. Ich bin wegen des Casts dran geblieben und bin am Ende dankbar, dass es so gekommen ist, denn irgendwann ist der Groove da und anhand von wichtigen Geschichten, von toller dramaturgischer Schauspielleistung und anhand des heimisch wirkenden Zusammenhalts ist es ein zweites Zuhause geworden, das zudem auch noch absolut würdig endet. "A Million Little Things" hat mich damit ähnlich wie "This Is Us" geprägt und sich erfolgreich aus dessen Schatten bewegt.
Die Serie "A Million Little Things" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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