A Murder at the End of the World - Review #1.01 - #1.02
© 2023 Disney und seine verbundenen Unternehmen
Hobbydetektive, am besten noch in Szene gesetzt durch einen Podcast, sind in den letzten Jahren immer häufiger im TV zu finden. Den Anstoß für die Renaissance von Geschichten à la Murder-Mystery-Queen Agatha Christie hat Rian Johnson mit seiner "Knives Out"-Filmreihe gegeben. Seitdem haben wir das Trio aus "Only Murders in the Building", das die Altersgrenzen sprengt und auf humorvolle Weise Morde aufgeklärt. Wir haben wieder Johnson, der für Natasha Lyonne bei "Poker Face" den roten Teppich ausgerollt hat. Dort geht es derbe, dreckig, ironisch zu und wir haben auch "The Flight Attendant", wo Kaley Cuoco etwas unbedarft in einen Mord hineintappt und alkoholabhängig den Täter finden muss. Die Bandbreite ist also da und nun kommt von FX "A Murder at the End of the World", das von der Prämisse eines Retreats her wie Glass Onion klingt, wo abgelegen mehrere Menschen zusammenkommen und dann passiert ein Mord, doch wer war ist? Kann der Neustart in diesem gerade doch etwas überfrachteten Genre dennoch seinen Platz erobern?
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"A Murder at the End of the World" fällt mit der veröffentlichten Doppelfolge zum Start (bei uns via Disney+ Star zu streamen) schon auf, weil beide Episoden eine Laufzeit von über 60 Minuten aufweisen. Dass sich hier für den Inhalt Zeit genommen wird, das bestätigt sich dann auch beim konkreten Ansehen. Brit Marling und Zal Batmanglij, die schon bei Netflix "The OA" auf den Weg gebracht haben, haben es nicht eilig, die Handlung zu überstürzen, um so durch Erzähltempo die Fans auf die Seite zu ziehen. Stattdessen geht es um einen wirklich sehr soliden Aufbau von Setting und Charaktere, wobei der Fokus zunächst noch sehr eng gehalten wird. Wir haben einen recht großen Hauptcast, was auch logisch ist, denn für ein klassisches Whodunit braucht man eben eine gewisse Auswahl. Dennoch bemüht sich die Serie nicht, die verschiedenen Charaktere näher vorzustellen. Das wurde auch sinnbildlich dadurch unterstrichen, dass Protagonistin Darby Hart (Emma Corrin), als sie auf Island im Retreat angekommen ist, von der KI Ray (Edoardo Ballerini) das Angebot bekommt, über die anderen ins Bild gesetzt zu werden. Darby nimmt das auch an, doch wir als Zuschauer*innen bekommen das nicht mit. Demnach sind wir dann auf die konkreten Gespräche, die sie führt, angewiesen. Einige Figuren interagieren da mehr mit Darby, wie beispielsweise Sian (Alice Braga), die Ärztin und nicht das erste Mal bei einem dieser Retreats dabei ist, und Filmemacher Martin (Jermaine Fowler). Die Smart City-Expertin Lu Mei (Joan Chen) interagiert auch mehrfach mit Darby, doch ihre Art ist nicht per se willkommen heißend, wenn ich sie auch nicht als unsympathisch bezeichnen würde. Die anderen Figuren daher sind noch eine große Masse. Aber da nach diesem Doppelpack noch fünf Episoden ausstehen, ist noch genug Zeit, diese näher kennenzulernen. Jedoch fällt es noch schwer, selbst mit den Spekulationen loszulegen, denn dafür weiß man angesichts der Auswahl an Verdächtigen einfach noch zu wenig.
© 2023 Disney und seine verbundenen Unternehmen; 2023, FX Networks. All Rights Reserved.; Eric Liebowitz/FX.
Wofür nimmt sich der Auftakt also stattdessen Zeit? Vor allem geht es um Darby. Wir sind auf sie in der Gegenwart angewiesen, aber auch in der Vergangenheit wird dazu durchgedrungen, wer sie warum ist. Darby ist ohne Mutter aufgewachsen, dabei aber in einem sehr engen Verhältnis zu ihrem Vater (Neal Huff), der als Gerichtsmediziner tätig ist. Schon von klein auf (Anastasia Lee spielt eine junge Darby) ist sie daher mit Leichen aufgewachsen. Doch bei ihr ist weniger der Wunsch entstanden, selbst den Berufsweg einzuschlagen (auch wenn sie ihrem Vater oft genug zur Hand geht), stattdessen hat es sie immer mehr eingenommen, um vor allem für die Gewaltopfer auf dem Tisch ihres Vaters Gerechtigkeit zu finden. In der Gegenwart spricht Darby davon, dass es beinahe ihr 60. Tatort ist, was schon was heißt. Darby hat aber noch eine zweite Leidenschaft und das sind technische Hacks, die sie vor allem von der Hackerin Lee Andersen (Marling) abgeguckt hat und mit diesen beiden Sachen vermischt hat Darby sich schon als Hobbydetektiv beweisen können. Aber sie hat das meiste nicht alleine geschafft, sondern gemeinsam mit Bill (Harris Dickinson), den sie darüber kennengelernt hat. Dieser Doppelpack ergründet die Beziehung der beiden sehr intensiv. Auch wenn man sich manches eher denkt, weil es nicht konkret angesprochen wurde, wie beispielweise, ob die beiden beste Freunde oder doch auch Liebespartner geworden sind, so ist unleugbar dass sie eine Verbindung geknüpft haben, die sehr innig sind. Dazu trägt im entscheidenden Ausmaß auch die Chemie von Corrin und Dickinson zu bei, denn die beiden schaffen es mit wenigen Mitteln, dass man in ihrem Bann ist. Es ist aber nicht nur in der Vergangenheit so, sondern auch in der Gegenwart, wo Darby Bill nach vielen Jahren Funkstille auf einmal wiedersieht. Ihr Entsetzen und ihre Freude gleichermaßen sind sofort spürbar. Deswegen kommen sie sich auch sofort wieder näher und führen so intensive Gespräche, wie sie das immer schon getan haben. Bills Perspektive auf Darby ist sehr hilfreich, denn er spricht ihre Angstlosigkeit sowie ihre Beharrlichkeit an, die ihn manches Mal erschreckt haben. Das kann ich gut nachvollziehen, weil ich gerade erst ein Buch beendet habe, wo ich die Protagonistin genau so beschreiben würde und ich fand es unnatürlich und ja eben auch beängstigend, weil du da eigentlich nicht in der Nähe sein willst, wenn dir dein eigenes Leben lieb und teuer ist. Aber man muss natürlich sagen, dass Darby durch diese Eigenschaften zur idealen Protagonistin einer solchen Serie wird.
© 2023 Disney und seine verbundenen Unternehmen; 2023, FX Networks. All Rights Reserved.; Chris Saunders/FX
Dennoch muss ich auch einschränken, dass die Darstellung der Vergangenheit für mich noch mit einem großen Fragezeichen versehen ist. Schließlich beginnt die Serie damit, dass Darby ihr Buch auf einer Lesung vorstellt. Darin geht es um den Fall, den wir dann in einzelnen Sequenzen auch gezeigt bekommen. Doch sie hat kein Sachbuch geschrieben, sondern ein fiktives Werk. Wie viel dabei erfunden und wie viel dabei tatsächlich so passiert ist, das bleibt also offen. Fakt ist aber, dass Darby und Bill sich über ihre Faszination für True Crime kennengelernt haben und der Rest bleibt einfach ein wenig vage und ich bin gespannt, wie viele Lücken die restlichen Episoden schließen oder ob alles durch die Möglichkeit der Fiktion auf den Kopf gestellt wird. Die Gegenwart sehe ich aber als in der Realität verankert hat und so bodenständig die Vergangenheit doch oft wirkt, ist dieser Retreat in Island eine Zusammenkunft von klugen Köpfen, wo die Möglichkeiten von Technik ausgetestet und optimiert werden. Das alles steht angeblich unter einem Ziel: dass die Welt gerettet werden soll. Klingt erstmal auf dem Papier ganz gut, denn bekanntlich ist es längst fünf nach zwölf. Aber mit dem Mord im Hinterkopf entwickelt das Ganze einen doch etwas unbehaglichen Eindruck, was für eine solche Serie natürlich ideal ist. Andy Ronson (Clive Owen) ist das Gesicht dahinter und er ist auch klar die undurchsichtigste Figur der Serie. Es ist klar, dass er überall die Strippen in der Hand hält. Er ist rhetorisch begabt, aber seine Ehe mit Lee scheint auch nicht die glücklichste zu sein. Vielleicht bindet sie auch nur noch der gemeinsame Sohn Zoomer (Kellan Tetlow) aneinander. Aber Andy wird man auf jeden Fall im Auge behalten müssen. Zumal es mehrfach darum ging, wer von zum Retreat eingeladen hat und eindeutig wurde nicht geklärt, wer Andys und wer Lees Kandidaten waren oder ob es diese Unterscheidung überhaupt gab.
Darby hat auf jeden Fall schnell mit ihren Ermittlungen angefangen und ihr kommen da eindeutig eben die zuvor angesprochenen Eigenschaften zugute. Gerade wenn ich in einer Unterkunft bin, wo durch die hohe Technologisierung praktisch alles gläsern ist, dann so proaktiv um alles kümmere, das erfordert schon Mut und ist auch eine Spur Wahnsinn. Dazu beweist Darby, dass sie auch nicht lange fackelt, denn ihr Wissen darum, dass sich auch Lee in dem Zimmer des Toten umgeschaut hat, hätte sie auch als Druckmittel verwenden oder in einen größeren Zusammenhang bringen können. Aber nein, sie spricht Lee schnurstracks darauf an. Aber ich finde es tatsächlich irgendwo auch reizvoll, weil es möglicherweise auch mehr Tempo bringen wird. Mich würde es auf lange Sicht nur stören, wenn sich Darby in eine gefährliche Situation nach der anderen begibt, aber wie magisch alles überlebt, denn eine unrealistische Entwicklung würde zu meinem bisherigen Eindruck der Serie nicht passen.
Fazit
Was bleibt also als Perspektive? Etwas mehr Tempo würde der Serie nicht schaden und für die nächsten Episoden brauche ich auf jeden Fall mehr Überblick über die einzelnen Figuren. Aber ansonsten überzeugt mich der Auftakt von "A Murder at the End of the World", denn die Atmosphäre stimmt für das Genre, es gab ein paar Schreckensmomente, aber für meinen Geschmack sehr angemessen, und dazu ist Corrin als Darby sehr fesselnd und wird sich sicherlich als guter Anker für das erweisen, was da noch kommt.
Die Serie "A Murder at the End of the World" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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