Belgravia - Zeit des Schicksals - Review des Piloten

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Mit "Belgravia – Zeit des Schicksals" zeigt der deutsche Streamingdienst TVNOW die neue Serie des "Downton Abbey"-Schöpfers Julian Fellowes, die ursprünglich bei ITV in Großbritannien sowie dem amerikanischen Kabelsender Epix ausgestrahlt wurde. Diesmal basiert das Projekt auf einem Roman, den er selbst geschrieben hat und der nun die Vorlage für eine sechs Episoden umfassende Miniserie wurde.

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Doch nicht nur durch Julian Fellowes lassen sich sofort Vergleiche zu "Downton Abbey" ziehen. Zwar spielt das historische Drama gut 100 Jahre vor den Ereignissen aus der erfolgreichen britischen Serie und hat inhaltlich keinen Bezug, aber bereits die Melodie des Vorspanns ruft einem Downton und seine Bewohner wieder in Erinnerung. Unterstrichen wird das auch durch die Hintergrundmusik, die innerhalb dieser ersten Episode von "Belgravia" immer mal wieder vorkommt. Dazu kommen imposante und detailgetreue Sets und Kostüme, die zumindest das Auge beeindrucken. Aus dieser Perspektive wirkt es deutlich aufwendiger als "Downton Abbey" und gleichzeitig auch weniger kitischig als "Bridgerton", aber man sollte sich von Set und Ausstattung nicht blenden lassen, denn auf die Handlung kommt es an.

Inhaltlich bewegt man sich bei "Belgravia" im Spannungsfeld zwischen den Schönen und Reichen der europäischen Adelsfamilien sowie einer Händlerfamilie namens Trenchard. Familienoberhaupt James Trenchard (Philip Glenister) ist der Lieferant des Herzogs von Wellington (Nicholas Rowe) und gerade vor der großen Schlacht bei Waterloo, bei der Napoleon Bonaparte endgültig besiegt wurde, ein Lebensretter, da er insbesondere dringend benötigte Nahrungsmittel für die alliierten Truppen bereitstellt. Er genießt es, dass die verschiedenen Heerführer um seine Dienste buhlen und er anerkennend "Der Zauberer" genannt wird. Insgeheim träumt er von einem besseren Leben und unterstützt es daher auch, dass seine Tochter Sophia (Emily Reid) Lord Edmund Bellasis (Jeremy Neumark Jones) umgarnt, in der Hoffnung, dass er sie heiraten möge. Trenchards Ehefrau Anne (Tamsin Greig) ahnt jedoch, dass das nicht gut gehen kann, da der Lord eine Adelige heiraten muss und sie als Händlerfamilie kein standesgemäßer Umgang sind.

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Was eignet sich besser als ein großer Ball, um alle wichtigen Hauptfiguren einzuführen und ihre Beziehungen untereinander darzustellen? Die Herzogin von Richmond (Diana Kent) veranstaltet einen solchen in Brüssel und zu den geladenen Gästen zählen u.a. der Prinz von Oranien (Gunnar DeYoung), der Herzog von Wellington und eben auch Familie Trenchard, wobei sich die Herzogin von ihrem Neffen Edmund ausgetrickst fühlt, als sie erkennt, wen sie eingeladen hat. Obwohl Trenchard durchaus eine bedeutende Persönlichkeit für die Kommandeure der Truppen ist, wird einem der Standesunterschied zu den anderen Gästen hier überdeutlich vor Augen geführt. Es wird ein rauschendes Fest zelebriert, in dessen Mitte die Nachricht platzt, dass Napoleons Truppen auf dem Vormarsch sind. Doch während ich erwartet hatte, dass die Schlacht oder zumindest die Nachwehen eben dieses Großereignisses, das in die Geschichte eingegangen ist, in der Serie stärker thematisiert wird, wird einem kurz darauf klar, dass dies nur die Vorgeschichte war. Diese ersten 15 Minuten der Episode dienten lediglich dazu, die Hauptfiguren, ihre Beziehungen und Träume einzuführen, nur um dann einen Sprung von 26 Jahren zu machen und die Handlung in das edle Londoner Stadtviertel Belgravia zu verlegen, das eigens für die Reichen entworfen wurde.

Der Bruch wirkt sehr hart, wenn man nach der flott erzählten ersten Viertelstunde plötzlich einen so großen Zeitsprung macht und sich als Zuschauer*in plötzlich völlig neu zurechtfinden muss. Das liegt wohl auch daran, dass wir erstmal nur Anne Trenchard zu Gesicht bekommen, die zu einem Nachmittagstee – eine neumodische Erfindung dieser Zeit – eingeladen wurde. Da ihr Mann nun kein Lebensmittelhändler mehr ist, sondern Bauprojekte in und um Belgravia leitet, sind sie nun ein Teil dieser Gesellschaft, doch gleichzeitig wird wieder überdeutlich, dass sie es eben doch nicht sind. Anne wird zwar höflich von der Gastgeberin begrüßt, durch deren wiederholtes Einmischen wird aber auch klar, dass sie nicht die wichtigsten Personen wie die Witwe des Herzogs von Richmond sowie deren Schwester, Lady Brockenhurst (Harriet Walter), belästigen soll. Doch während erstere im Vergleich zum Ball in Brüssel etwas von ihrem hohen Ross gestiegen zu sein scheint und vielleicht auch genau wegen dieser Ereignisse in Waterloo und ihres hohen Alters nun etwas lockerer über die Beziehungen denkt, ist es bei letzterer eher die Neugier auf die Frau, deren Tochter ihrem bei der Schlacht verstorben Sohn, Edmund, eine freundliche Begleitung in Brüssel war. Diese eher ruhig inszenierten Gespräche zwischen Anne und den beiden Frauen werfen etwas Licht ins Dunkel, was in den vergangenen 26 Jahren passiert ist. Doch es sind die Rückblickssequenzen, die darauf folgen, die dazu führen, dass sich die Handlung etwas überschlägt. Während man bis zu diesem Zeitpunkt nicht so recht wusste, wohin die Serie einen führen möchte, weiß man nun zumindest, welch großes Geheimnis gehütet wird, das in den kommenden Folgen wohl noch einiges Drama auslösen wird.

Nun ist da draußen also irgendwo ein Kind, ein adeliger Erbe in einer Familie, in der es nach Edmunds Tod keine Erben mehr gibt. Wird Anne Lady Brockenhurst sagen, dass sie einen Enkel hat, auch wenn die Bedingungen der Zeugung unehrenhaft waren? Sophia wusste schließlich nicht, dass der feine Lord sie hintergangen hatte und die Hochzeit nur vorgetäuscht war. Und geht es hier wirklich nur um das Mitgefühl und die gemeinsame Trauer um ihre verstorbenen Kinder, die Anne mit der Lady verbindet? Oder wird das Kind, das mittlerweile 25 Jahre alt sein dürfte, am Ende vielleicht doch noch von James als Druckmittel verwendet, um den weiteren Aufstieg in die Adelskreise zu schaffen? Zwar will er Sophias Ehre auch so lange nach ihrem Tod nicht beschmutzen, aber wird vielleicht eine Krise auf die Familie zukommen, die dies in seinen Augen nötig machen wird? Vielleicht ist es aber auch nicht James, sondern sein Sohn Oliver (Richard Goulding), der damals in Brüssel noch ein kleiner Junge war und vielleicht gar nichts von Sophias Kind wusste, der mit seiner opportunistischen Ehefrau Susan (Alice Eve) nun einen Weg sucht, sich in der Gesellschaft von Belgravia einen Vorteil zu verschaffen? So oder so muss man davon ausgehen, dass das Kind im Fokus der kommenden Episoden steht.

Wer nun wie bei "Downton Abbey" erwartet noch mehr über die Dienerschaft zu erfahren, der wird in "Belgravia" wahrscheinlich enttäuscht. Zwar bekommen wir in einer kurzen Szene zu sehen, wie sich das Personal der Trenchards das Maul über Oliver und Susan zerreißt, eine größere Rolle scheinen sie jedoch nicht zu spielen. Auffällig ist nur, dass man mit Paul Ritter (in einer seiner letzten Rollen) einen sehr bekannten Schauspieler für die Rolle des Butlers Turton gefunden hat. Vielleicht dient der Blick ins Untergeschoss also eher als Kommentar, um das elitäre Leben der Oberschicht wieder in ein gerades Licht zu rücken. Man spricht quasi aus, was sich die Zuschauenden denken.

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Fazit

Diese erste Episode von "Belgravia – Zeit des Schicksals" hat ein großes Erzähltempo aufgewiesen, denn man hat sich in dieser ersten von sechs Folgen Mühe gegeben, alle wichtigen Hauptfiguren und ihre Motive einzuführen. Obwohl die Bildsprache ruhig ist und man auch Momente zum Durchatmen bekommt, überschlagen sich die Ereignisse teilweise und man kann erahnen, wie die Geschichte weitergeht. Gleichzeitig bleibt aber auch vieles offen, denn gerade der Zeitsprung hat gezeigt, dass die Handlung plötzlich komplett anders weitergehen kann, als man zuvor angenommen hatte. Von daher bleibt es wohl eine Überraschung, ob das alles klappt oder nach hinten losgeht.

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Catherine Bühnsack - myFanbase

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