Black Doves - Review, Staffel 1

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Keira Knightley ist sicherlich eins der Gesichter, das mich in meiner Jugend konstant begleitet hat. Das Franchise "Fluch der Karibik", der Weihnachtsklassiker "Tatsächlich... Liebe", "Stolz und Vorurteil", "Abbitte", ja, da waren doch viele Sachen dabei, durch die sie mich treu (bzw. ich sie) begleitet hat. Das ist später weniger geworden, aber ihre Pressetour angesichts ihrer neuen Serienhauptrolle in "Black Doves" hat viel Einblick in ihr Seelenleben gegeben. Es ist immer wieder bedauerlich, dass gewisse Schauspieler*innen durch die Mechanismen der Branche regelrecht erdrückt und ernüchtert werden und sich dadurch unbewusst auch selbst zurückziehen. Aber Knightley ist als Mensch dadurch auch gereift, weswegen Serienmacher Joe Barton auch gehört hatte, dass sie sich nach anderen Rollen umgesehen hat, als sie sonst so gespielt hat. Dass sich da offenbar zwei gefunden haben, die jeweils eine Idee hatten, das ist zu merken, denn ich habe es sehr genossen, Knightley so locker-loslassend zu erleben, während ihre Talente als Schauspielerin glänzend zum Vorschein kommen.

Foto: Black Doves - Copyright: 2024 Netflix, Inc.
Black Doves
© 2024 Netflix, Inc.

Ich musste bei der ersten Staffel von "Black Doves" eigentlich durchgängig an eine andere Serie denken: "Diplomatische Beziehungen". Da dort erst vor kurzem die zweite Staffel erschienen ist, war sie mir natürlich noch sehr präsent, aber auch so ist es eine naheliegende Serie zum Vergleich. Denn wir befinden uns jeweils in einem von außen doch immer sehr bierernsten Setting: Politik. "Diplomatische Beziehungen" mit Keri Russell und Kollegen hat es geschafft, durch die Erzählart einen unterschwelligen Humor dabei zu haben, der die ganzen Verwicklungen des diplomatischen Geschäfts echt spannend und unterhaltsam erscheinen lässt. "Black Doves" erfüllt diese Aufgabe auch. Auch wenn das Spionagegeschäft nicht unbedingt an die Politik gebunden sein muss, aber hier ist es durch Helens (Knightley) Ehemann Wallace Webb (Andrew Buchan) so vorgegeben. Neben der Tatsache, dass sich die acht Episoden alle unmittelbar vor dem Weihnachtsfest abspielen, was auch eine ganz eigene Stimmung schafft, ist es auch hier der Humor, der sofort raussticht. Mit diesem Argument darf man jetzt keinesfalls den Fehler machen, dass ich die Serie für eine Comedy halten würde, aber die Grundprämisse ist eindeutig, sich selbst nicht so ernst zu nehmen und daher auch Berufe wie Spione und Auftragskiller, die moralisch einen zweiten Blick wert sind, auf eine Art zu gestalten, dass man mit den Charakteren sympathisiert, obwohl man sie privat nicht um sich herum haben möchte. Der Startschuss war für mich da eigentlich schon gegeben, als Helen sich gegen zwei Killerinnen wehrt, nur um dann nach Sams (Ben Whishaw) Eingreifen überall mit Blut besudelt zu sein und das hinzunehmen, als wäre das logischer Alltag.

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Mit dieser Ausgangslage bin ich sehr, sehr gut in die Serie gestartet. Neben Knightleys Art, Helen zu spielen, was einfach einem Augenzwinkern entspricht, ist es aber auch ihr Gegenpart Sam. Mal eben den Kopf weggeschossen, aber am liebsten doch mit einem Glas Champagner das Leben genießen. Es ist schon herrlich, mit welcher Ironie er und Helen gestaltet sind, weswegen auch die gemeinsamen Szenen durchgängige Highlights sind. Es ist eine ungewöhnliche Freundschaft (durch Sams Homosexualität zum Glück auch rein platonisch), die durch den Handlungsfortgang viele Extreme durchmacht, dadurch aber auch zeigt, dass die beiden ein Verständnis miteinander gefunden haben, weil sie im Alltag aller anderen eine extremere Version leben, aber keine Sekunde davon missen möchten. Gleichzeitig ist es zwischendurch auch ganz schön herzzerreißend, wie ihnen durch sehr einfache Mittel Tiefgang mitgegeben wird. Dadurch wirken Helen und Sam eben doch wie ganz gewöhnliche Menschen von nebenan. Hier kann ich auch einen ersten kleinen Kritikpunkt anbringen. Zwei Episoden beginnen in der Vergangenheit und sind eindeutig sehr hilfreich, Helens Anfänge als Spionin und ihre Zusammenarbeit mit Sam zu erklären. Das war hier also die clevere Wahl. Weniger clever sind aber die ständigen in die aktuelle Handlung eingebundenen Sequenzen, die vor allem Helen und Lover Jason (Andrew Koji) betreffen. Auch wenn sie die tiefen Gefühle von Helen für ihn gut gezeigt haben, aber sie waren auch Bremsklötze, vor allem in der Hinsicht, dass Jason charakterlich keine Auswirkungen mehr auf die Zukunft hat. Diesen Teil ausgeklammert ist die Charakterarbeit bei Helen und Sam auf jeden Fall exzellent. Auch wenn sie mit Jason wohl erstmals Liebe als ihr wahres (uns noch unbekanntes) Ich erlebt, so hat man auch gemerkt, dass sie Wallace und die gemeinsamen Zwillingskinder ehrlich liebt. Auch wenn sie durch Reeds (Sarah Lancashire) Art immer wieder erinnert wird, dass die Ehe mit Wallace vor allem ein Job ist, so sind es die kleinen Momente, auch im Ehebett, die zeigen, dass es für Helen eine Zuneigung ist, die über die Jahre hinweg Loyalität rechtfertigt.

Foto: Omari Douglas & Ben Whishaw, Black Doves - Copyright: 2023 Netflix, Inc.; Ludovic Robert/Netflix
Omari Douglas & Ben Whishaw, Black Doves
© 2023 Netflix, Inc.; Ludovic Robert/Netflix

Bei Sam wiederum ist es auch sehr gut gelungen, was vor allem auch an Michael (Omari Douglas) als Gegenpart liegt. Dass er sich trotz der Wahrheit über Sam nicht von ihm fernhalten kann, sagt sehr viel über den Auftragskiller aus. Mit seinem Vater ist er schon nicht anders aufgewachsen, aber mit seinen zentralen Eigenschaften hätte er auch ganz andere Berufe ausüben können. Aber er ist nun mal Auftragskiller, trifft dabei keine leichtfertigen Entscheidungen. Und wenn er liebt, dann liebt er. Das ist mit Michael zu merken, aber genauso auch mit Helen und im Staffelverlauf auch mit anderen. Michael liebt schnell und heftig, was ihn sehr faszinierend in diesem Job macht. Reed ist als Gegenpart der beiden bislang angesprochenen Figuren eher die typische Eiskönigin, hinter deren Fassade diese Staffel nicht blickt. Das ist aber sicher auch die richtige Entscheidung, weil sie so eine Gegenspielerin und Verbündete zugleich ist. Spaß machen auch skurrile Figuren wie Williams (Ella Lily Hyland) und Eleanor (Gabrielle Creevy) sowie Lenny (Kathryn Hunter). Da ist sicherlich auch noch sehr viel Potenzial vorhanden, weil zwischendurch immer so kleine Szenen eingebaut sind, die etwas tiefsinniger sind. Da merkt man also schon, dass sie vielleicht für Staffel 1 nur Beiwerk waren, dass aber intern schon Charakterprofile vorliegen.

Foto: Gabrielle Creevy, Kathryn Hunter & Ella Lily Hyland, Black Doves - Copyright: Netflix, Inc.
Gabrielle Creevy, Kathryn Hunter & Ella Lily Hyland, Black Doves
© Netflix, Inc.

Nach diesen sehr positiven Eindrücken habe ich aber noch ein Argument, das den Seriengenuss im Verlauf der ersten Staffel etwas schmälert. Am Anfang war die Aufgabe, sich mit den Figuren und der Erzählweise einzufinden und das wurde geliefert. Dazu entstand aber auch durch den Tod des chinesischen Botschafters und Wallaces Rolle der Eindruck einer größeren Verschwörung. Das klang so reizvoll, weil ich mir anhand der bereits vorgestellten Figuren natürlich gleich Gedanken gemacht habe, was wohl wie zusammenhängt. Dementsprechend war es etwas überraschend, dass in der vorletzten Folge dann noch eine Verbrecherfamilie aus dem Hut gezaubert wurde. Das hat das Ganze vom Politischen auch weggeführt. Zudem bin ich mir bei einigen Details auch sicher, dass es mehr zusammengezimmert als wirklich logisch durchdacht wurden. Das erweckt auch den Eindruck eines Endes, mit dem man es sich einfach gemacht hat. Da der Showrunner auch berichtet hat, dass ein alternatives Ende gedreht, aber verworfen wurde (angeblich wegen zu komplex), deckt sich das mit meinem Verdacht. "Black Doves" wirkte ursprünglicher raffinierter als es dann tatsächlich über die Ziellinie kommt. Das kann ich abschließend auch mit der Rolle von Wallace begründen. Während er als zweifelnder Ehemann seinen Wert für die Serie hatte, waren seine beruflichen Szenen mit der Hälfte zum Streichen gerechtfertigt. Sein spannendster Moment war, als er seinen Kollegen Yarrick (Sam Troughton) konfrontiert hat, was aber auch eher für Helen eine Rolle spielte. Wallace war so eine seltsam passive Figur, simpel gesehen, weil die Serie ihn funktionell nicht brauchte.

Auch wenn ich mit der Auflösung insgesamt nicht so glücklich bin, so finde ich die bereits bestellte zweite Staffel absolut gerechtfertigt. Zum einen ist auf sie trotz des friedlichen Endes sehr konsequent hingearbeitet worden und zum anderen ist mit der Beförderung von Wallace zum Premierminister von Großbritannien schon ein Kniff gegeben, der fahrlässig gewesen wäre, ihn nicht zu nutzen. Damit wären wir inhaltlich dann auch wieder bei "Diplomatische Beziehungen". Insgesamt denke ich angesichts der ganzen guten Zutaten, dass das Potenzial einer Qualitätssteigerung in Staffel 2 in jedem Fall denkbar und eine berechtigte Hoffnung ist. Und um nochmal auf das alternative Ende zu sprechen zu kommen, der anvisierten Zuschauerschaft darf man gerne mehr zutrauen.

Fazit

"Black Doves" ist eine insgesamt zu empfehlende Spionageserie, die sich selbst aber noch genug Luft nach oben lässt, um die zweite Staffel noch einmal zu steigern. Keira Knightley und Ben Whishaw als zentrale Köpfe sind in jedem Fall herausstechend. Genauso überzeugt aber auch das Weihnachtsfest als Setting für eine Verschwörung, die es aufzudecken gilt. Neben der Spannung und dem eingearbeiteten humoristischen Stil ist dann nur schade, dass sich hinter der Verschwörung am Ende ein kleiner Puff verbarg. Über die Ziellinie wurde sich also etwas geschleppt.

Die Serie "Black Doves" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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