Bridgerton - Review Staffel 3
Bei "Bridgerton" für mich sehr ungewöhnlich habe ich die Serie vor der Buchreihe entdeckt. Trotz der umgekehrten Voraussetzungen fühle ich mich den Autor*innen und ihren Werken oft mehr gegenüber verbunden, gerade weil es oft wirklich sehr bedauerliche Adaptionen gibt. Ja, demnach hat es mir doch ein paar Schweißperlen auf die Stirn getrieben, nachdem angekündigt wurde, dass Colin (Luke Newton) und Penelope (Nicola Coughlan) die Paarung von Staffel 3 werden, obwohl sie in der Buchreihe erst an vierter Stelle kommen. Gleichzeitig ist für die beiden in den ersten Staffeln schon inhaltlich so viel getan worden, dass ich auch einsehen musste, dass es sich wohl anbietet. Im Grunde war ich auch aufgeregt, denn Newton und Coughlan haben es geschafft, dass ich schon in Staffel 1 ein Fan von ihnen war und ich wollte so natürlich erleben, wie ihr Happy End gelingt. Da die Buchvorlage, "Bridgerton - Penelopes pikantes Geheimnis", mir dank der Darstellung von Colin nicht so gut gefallen hat, habe ich die Daumen gedrückt, dass die Adaption mich aber weghaut.
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Im Vorfeld der dritten Staffel die Berichterstattung zu beobachten, das war ein ganz eigenes Forschungsfeld für sich und hat deutlich gemacht, wie sehr Liebesgeschichten und speziell alles, was den Zutaten einer RomCom sehr nahe kommt, von Stereotypen betroffen sind und davon kann ich mich oft auch nicht freimachen, weil es jahrelang anerzogen wurde. Dennoch war ich überrascht, wie sehr Polin als Paarung vorher mit Zweifeln bedacht wurde. Coughlan hat eine andere Figur als Phoebe Dynevor und Simone Ashley, das ist klar, aber dass daraufhin gleich die intimen Szenen in Frage gestellt wurden? Erschreckend. Aber auch Newton hatte es nicht einfach, weil er in der Rolle von Colin den doch sehr linkischen und fast noch lausbubigen jungen Mann spielen muss, dem nicht zugetraut wurde, als männliche Hauptfigur eine Staffel zu tragen. Dementsprechend wurde für diese dritte Staffel sein Glow-Up gefeiert. Ja, Newton hat noch einmal speziell trainiert, aber ich habe aus den Interviews auch mitbekommen, dass es vor allem eine Einstellungssache war. Speziell von Jonathan Bailey, der als Anthony schon seine ganz eigenen Erfahrungen gemacht hat, hat er sich beraten lassen, weswegen ich auch wahrgenommen habe, dass diese Überzeugung aus dem Inneren kommt. Ganz wichtig war aber natürlich auch das Miteinander von Newton und Coughlan, die seit Staffel 1 wussten, dass sie irgendwann an der Reihe sein würden und darüber eine enge Freundschaft geknüpft haben, wie Polin eben. Deswegen haben sie es gemeinsam angegangen und gemeinsam bewiesen, dass auch vermeintliche Außenseiter Herzen im Sturm erobern können. Wäre ich nicht im Vorfeld von den Rollen und den Darsteller*innen schon überzeugt gewesen, dann hätte mich wirklich die Promotour und was dann auf dem Bildschirm angeboten wurde, endgültig umgehauen.
Ein wenig sind die Probleme des Buch-Colins auch in der Serie zu erblicken, aber dennoch viel harmloser, auch weil ich den Eindruck hatte, dass ich die Figur besser verstehe. Colin hat sich leichter getan, mit vielen anderen Figuren, wie seinen Brüdern, oder in einer Szene mit Cressida (Jessica Madsen) über Penelope und seine Gefühle für sie zu sprechen, aber bei ihr selbst ist es ihm oft schwer gefallen, weil es bei ihr am wichtigsten ist, dass sie auch das von ihm denkt, was er für sie sein will. Das wurde immer deutlicher. Zudem finde ich das Verhalten, 'Ich bin der Mann, ich kläre das mal für dich' auch nicht auf Colin alleine bezogen, sondern es wird in der gesamten Staffel als Makel der Gesellschaft und ihrer Normen erzählt. Dementsprechend gab es nur so kleinere Momente, in denen ich Colin gerne mal kurz gezwickt hätte, aber ansonsten ist der Umgang der beiden so ehrlich, so bodenständig und einfach süß bis sexy. Ich liebe es an "Bridgerton" bislang am meisten, dass so unterschiedliche Liebesgeschichten erzählt werden. Wenn der Plan mit den acht Staffeln durchgezogen wird, dann werden wir am Ende acht verschiedene Liebesgeschichten haben, bei denen sich jeder individuell mit der einen mehr oder weniger identifizieren kann. Diese dritte Staffel ist sicherlich mir emotional sehr nah, gerade wegen der ganzen Außenseiter-Thematik und dem Bedürfnis, auf verschiedene Weisen auch mal gehört zu werden. Das wurde an Penelope wunderbar erzählt. Es wurde auch kritisch damit umgegangen, was sie stellenweise über andere ausgeplaudert hat und sie hat es selbst eingesehen. Sie hatte ihre Stimme, aber sie hatte auch eine Macht, die auch mal verführen kann, aber Penelope hat für sich gemerkt, dass sie die Stimme weiterhin brauchen wird, aber anders. Zudem ist es wie gesagt durchgängig Thematik, dass die Frau nicht die Freiheit der Entscheidung hat. Penelope hat im Grunde das Glück, dass sie mit den Bridgertons in eine liebevolle Familie eingeheiratet hat, während man an Cressida umgekehrt sieht, wie schnell der Weg verbaut ist und man einfach fallen gelassen wird. Auch wenn "Bridgerton" historisch einiges auf den Kopf gestellt hat, aber es würde nicht passen, eine gewisse Basis völlig umzukehren, wenn man schon zwei Staffeln nach der Prämisse gemacht hat. Dementsprechend bleiben die Frauen auch in dem starren Rahmen, aber es wird dennoch gezeigt, dass sie den Willen zu mehr haben und dass es auch Männer um sie herum gibt, die eine starke Frau an ihrer Seite zu schätzen wissen. Auch wenn Colin es lernen musste, aber es war schön mitanzusehen. Denn gerade in den intimen Szenen hat er sie auch mit sehr viel Respekt behandelt. Sie ist die mit den Worten, er der mit den Taten.
Ein wahnsinnig schöner Aspekt der Staffel ist für mich auch die Darstellung der Featheringtons in dieser Staffel gewesen. Sie waren zwei Staffeln lang die quietschbunten gekleideten, mit der scheinbar nur auf den Ruf achtenden Matriarchin Portia (Polly Walker) und den etwas dümmlichen Schwestern Prudence (Bessie Carter) und Philipa (Harriet Cains) und mittendrin Fanliebling Penelope, die sich immer vollkommen isoliert gefühlt hat. Dementsprechend war es wichtig, dass sich mit ihrer Entwicklung auch in der Familie etwas entscheidend tut. Die Schwestern kann ich da einfacher abhaken, weil sie irgendwann einfach begreifen, dass Penelope eigentlich mit ihnen an einem Strang ziehen will und sie einfach Respekt füreinander brauchen. Portia und ihre Tochter sind da der viel emotionalere Teil. Ich fand es schon in Staffel 2 großartig, als sie sich entschieden hat, ihre drei Mädchen niemals zurücklassen zu können und das hat sie erneut bewiesen. Es gab immer noch Momente, in denen sie sehr verletzende Dinge sagt. Aber das kommt auch aus Sorge heraus und weil sie die Pistole auf der Brust spürte, dass eventuell der Featherington-Titel verloren geht. Aber es gab wirklich zwei sehr tolle Gespräche zwischen Mutter und Tochter, in denen auch Penelope ihre Augen neu geöffnet bekommen hat über die Frau, die sie groß gezogen hat. Am Ende haben die beiden wirklich ein Einverständnis miteinander, das ich toll fand. Ich kann mir zwar gut vorstellen, dass die Featheringtons für weitere Staffeln immer noch den Humor bedienen werden, aber dennoch kann man mit ihnen auch Ernsthaftigkeit ganz toll erzählen.
Auch die Freundschaften dürfen wir in dieser Staffel nicht außer Acht lassen. Die zwischen Eloise (Claudia Jessie) und Cressida war sicher die große Überraschung. Ich fand sie als Idee wunderbar, weil wir Cressida bislang nur als Spielball ihrer Mutter (Joanna Bobin) erlebt haben. Dabei wurden sehr weiche Seiten an ihr aufgezeigt und sie wollte wirklich Eloises Freundin sein. Gleichzeitig wurde das Thema der Staffel rund um die Frauen auch mit einer anderen Facette erweitert, da sie auf dem Heiratsmarkt gegeneinander ausgespielt werden, obwohl sie eigentlich Verbündete sein sollten. Eloise ist in meinem Empfinden nur nicht mit vollem Herzen dabei gewesen. Bei ihr saß der Schock rund um Penelope und Lady Whistledown sehr tief und sie war vor allem froh, jemanden an der Seite zu haben. Aber vor allem in der zweiten Hälfte hat man gemerkt, wie Eloise Cressida wie eine heiße Kartoffel fallen ließ. Ja, sie hat immer noch viele Fehler gemacht, aber für mich wurde gut aufgezeigt, dass sie vieles davon aus Verzweiflung heraus gemacht hat. So war sie unnötig die Verliererin der Staffel, auch wenn sie alles in allem sehr geschickt erzählerisch eingebunden wurde und für viel Drama einen Mehrwert hatte. Aber es war schon immer die Freundschaft zwischen Penelope und Eloise, die besonders war. Auch wenn es noch viele Enttäuschungen gab, aber man hat wirklich in allen Szenen die tiefe Zuneigung füreinander empfunden. Es war auch schön, wie Colin diese Beziehung wertgeschätzt und gefördert hat, während er selbst mit seiner Schwester ebenfalls einiges auszustehen hatte. Aber Eloise habe ich ohnehin immer schon mehr bei Benedict (Luke Thompson) verortet und da gab es auch wieder sehr schöne Momente (Stichwort Schaukel!). Aber es ist wichtig, dass Penelope und Eloise wieder zueinander gefunden haben, weil die beiden sich gegenseitig immer sehr gut getan haben.
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Lady Whistledown war nun wohl ein letztes Mal das große Mysterium der Staffel. Auch wenn wir schon früh wussten, wer sich dahinter verbirgt, aber nun wissen es auch alle. Ich bin sehr zufrieden, wie alles aufgelöst wurde. Cressidas Rolle hatte ich schon angesprochen, aber auch Königin Charlotte (Golda Rosheuvel) war noch einmal raffiniert auf der Jagd und letztlich hat sie auch tatsächlich selbst Lady Whistledown eingeengt. Da die Königin ein schlauer Kopf ist, finde ich es gut, dass nicht alles nur zufällig zusammenkam, sondern ihre Manöver auch zu einem Ziel führten. Aber es ist auch eine schöne Metapher, dass sie Penelope für die Zukunft im Spiel lässt, weil es auch der größte Respekt für sie als Schreiberin ist. Aber es wird spannend, wie man die Thematik Whistledown nun noch interessant fortführen kann. Ansonsten arbeitet die Staffel auch noch an weiteren Einzel- oder Liebesgeschichten. Benedict ist da für mich am schnellsten abgehakt, denn mit ihm eiert man doch ordentlich rum. Ich finde es durchaus richtig, dass man nach den Andeutungen in Staffel 1 bei ihm das Interesse an sexueller Freiheit noch einmal unterstrichen hat, aber eigentlich verharrt es auch zu sehr im Stillstand. Da Tilley (Hannah New) auch so als kluge Frau im Zelt eingeführt wurde, hatte ich mir da auch mehr, vielleicht auch eine berufliche Orientierung, gewünscht. Dass es dann nur auf der sexuellen Ebene hängen blieb, das war etwas wenig.
Sehr viel gab es stattdessen von Francesca, die nun von Hannah Dodd gespielt wird. Ich habe das Recasting überhaupt nicht als störend empfunden, weil die Figur bislang auch noch sehr unbedeutend war. Viel wichtiger war für mich, dass Francesca als Charakter so speziell bleibt, wie sie in den Büchern rübergekommen ist und das wurde wunderbar hingekriegt. Ihre gemeinsame Geschichte mit John Stirling (Victor Alli) war höchst ungewöhnlich, was ich aber als Ergänzung zu der speziellen Note von Polin als weitere Betonung aber hervorragend fand. Beispielsweise der Moment mit dem Musikstück, das John für Francesca bereinigt hat, ganz toll!. Als Buchkennerin verstehe ich aber natürlich auch, warum es nicht diese Wirbelwindromanze ist, die wir erleben, aber es war als Nebenplot genau richtig. Zumal es dann auch zu Violet (Ruth Gemmell) und Neuzugang Marcus Anderson (Daniel Francis) sehr gut passte. Denn Mutter und Tochter haben viel gehadert miteinander. Francesca ist nämlich weder wie Eloise noch wie Daphne, sondern ein ganz eigener Fall und Violet will einfach gerne ein Schema über andere stülpen und das ist abgeleitet von ihrem eigenen Liebesglück. Aber sie selbst hat das Herz nun wieder offen für etwas Neues. Das mit Marcus wird angenehm langsam gestaltet, was ich für eine Witwe und einen Witwer sehr angemessen finde. Die Verschränkung mit Agatha Danbury (Adjoa Andoh) als Schwester war aber auch clever, zumal es so auch zwischen Violet und ihr wieder tolle Momente geben konnte.
Letztlich haben wir dann noch Anthony und Kate, die beinahe jede zweite Episode zu sehen waren. Es war schön, dass sie beide noch einmal gewonnen werden konnten, um die Geschichte mitsamt Nachwuchs und kultureller Erweiterung gut fortsetzen konnte. Die beiden waren aber auch nicht nur Beiwerk, den man als Fanservice noch einmal eingeschoben haben, sondern beide haben doch vor allem auch für Eloise und Colin wiederholt als wichtige Ratgeber fungiert. Eloise hatte auch eine Durchhänger-Staffel, was ich wohl vor allem so empfunden habe, weil sie sonst das loseste Mundwerk hat und übersprudelt vor Visionen und Ideen. Aber sie wollte sich anpassen, das hat nicht funktioniert. Dementsprechend ist ihr Weggang mit Francesca ein guter Weg, um das wieder zu entfachen und dann neue Seiten an Eloise aufzuzeigen. Immerhin gibt es bei den Bridgertons noch einige unter die Haube zu bringen und da ist neuer Input gerne gesehen.
Die Serie "Bridgerton" ansehen:
Fazit
"Bridgerton" hat für mich eine überzeugende dritte Staffel abgeliefert. Dafür, dass Colin und Penelope doch für viele Fanliebling war, gab es parallel aber auch so viele Zweifel, die die beiden einfach weggesprengt haben. Bislang sind die beiden für mich als Rollen der beste Beweis, dass man mit allen möglichen Charakterköpfen grandiose Liebesgeschichten erzählen kann. Auch vermeintliche Außenseiter können Herzen im Sturm erobern. Aber nicht nur die Liebesgeschichte macht Staffel 3 so sehenswert, sondern auch die vielen Nebenhandlungen wieder und die aufgegriffenen Themen. Wenn jede Staffel so ihr ganz eigenes Profil hat, dann besteht auch nicht die Gefahr, sich in den geplanten acht Staffeln in Wiederholungen zu verlieren. Wie auch zuvor freue ich mich wieder arg auf die nächste Staffel.
Lena Donth - myFanbase
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