Eiskalte Engel - Review, Staffel 1
Als "Eiskalte Engel" 1999 veröffentlicht wurde, da war ich wahrlich vom Alter her noch nicht in der passenden Alterskategorie. Doch einige Jahre später – und das spricht für die Wirkung des Films – war er immer noch ein Aushängeschild und eins dieser Filme, die man geguckt haben sollte. Selbstverständlich hat der Film nichts neu erfunden, basiert er doch auch auf dem Werk "Gefährliche Liebschaften" nach Choderlos de Laclos, der 1782 (!) veröffentlicht wurde. Gleichzeitig war "Eiskalte Engel" aber dennoch auf eine Art neu, auch weil das Fernsehen (gerade in den USA) sich ein so prüdes Ansehen zugelegt hat. Da war dann auch das 'inzestuöse' Verhältnis zweier Stiefgeschwister ein echter Aufreger. Aber all das war kurz vor der Jahrtausendwende, weswegen 25 Jahre später so einiges über die neue Adaption von Prime Video erklärt.
Als "Eiskalte Engel" ursprünglich angekündigt wurde, da war ich zwar nicht aus dem Häuschen, aber ich war auf jeden Fall gespannt. Als Serienfan und vor allem als Anhänger von Adaptionen ist eine wichtige Erkenntnis, dass genug Erzählzeit viel attraktiver ist, als alles in einem Film abzuhandeln. Von daher hatte ich sofort einige Figuren aus des Film im Kopf, bei denen ich mir vorstellen konnte, wie interessant es wohl wäre, tiefer in ihr Gefühlsleben einzutauchen, eben weil sie so ambivalent ausgestaltet sind und weil es viel mehr Möglichkeiten geben könnte, ihre Handlungsweisen und tief verborgenen Gefühle offenzulegen. Das war also die optimistische Ausgangslage. Durch einen Kommentar aus unserer treuen Leserschaft war ich zwar schon vorgewarnt, aber ich war doch erschrocken, wie nichtssagend mir alles erschien. Auch wenn ich prinzipiell schon finde, dass die Serie schlechter anfängt, als sie endet, so ist es doch fatal, wenn man überhaupt erstmal eine Fangemeinde aufbauen will. Auch wenn es sehr konkrete Belege für diesen Eindruck gibt, auf die ich auch noch eingehen werde, bleibe ich aber zunächst bei einem allgemeinen Gefühl. Fernsehen hat sie sich vor allem durch die Streamingdienste extrem verändert. Gab es vor einigen Jahren nur ausgewählte Kabelsender in den USA, die auch mal explizitere und generell düstere Stoffe gezeigt haben, ist das inzwischen vollkommener Alltag. Da erinnere ich auch gerne an "Lucifer", was nach dem Wechsel von FOX zu Netflix in einigen Szenen regelrecht aufblühte. Umgekehrt bedeutet das aber auch, wenn man auf provokante Inhalte setzt, dass man ein Aushängeschild braucht, was kein anderer hat. Und das hat die Adaption in meinen Augen versäumt, denn sie hat einfach das Material des Films genommen und gedacht, dass die Skandälchen von damals ausreichen. Ist aber nicht so, denn heute würde ein Film wie "Eiskalte Engel" nicht mehr dasselbe auslösen wie noch 1999.
Externer Inhalt
An dieser Stelle ist Inhalt von einer anderen Website (z. B. YouTube, X...) eingebunden. Beim Anzeigen werden deine Daten zu der entsprechenden Website übertragen.
Für mich den negativsten Eindruck haben die Figuren hinterlassen. Zunächst finde ich noch positiv, dass das Casting bei den zentralen Rollen mit Sarah Catherine Hook, Zac Burgess und Savannah Lee Smith auch wirklich Darsteller*innen gefunden hat, die nicht mehr High School verströmen, aber gleichzeitig auch nicht aussehen, als wären sie zehn Jahre über ihrem Spielalter. Hook hat da ein sehr passendes Prozellangesicht, aber ihre Garderobe hat etwas sehr Feminines-Reifes ausgestrahlt. Also rein optisch stimmte alles. Jedoch ist eine schöne Fassade nicht alles und da war einfach schnell zu merken, dass ganz schön viel heiße Luft unterwegs war. Besonders unerträglich fand ich Cece (Sara Silva). Auch wenn der Plot mit ihrem Professor (Sean Patrick Thomas) auch in Ansätzen aus dem Film entnommen ist, aber ihn nun so zäh aufgebaut zu sehen, das hat für mich nur manifestiert, wie 'dumm-naiv' diese Rolle angelegt wurde. Das wird eigentlich nur noch von Scott Russell (Khobe Clarke) übertroffen, der tatsächlich der Blödmann vom Dienst ist. Ich weiß nicht, ob seine völlig ahnungslosen Bemerkungen lustig sein sollten, aber es war nur erschreckend. In dem Sinne hat Cece schon Grips, aber ihr vermeintlicher Einfluss auf die Verbindung war über acht Episoden hinweg nur hohle Luft, weil Caroline (Hook) überall die Fäden in der Hand hatte.
© Amazon MGM Studios; Jasper Savage/Prime Video
Leider reiht sich auch Annie (Smith) in einem ähnlichen Eindruck ein. Ja, sie soll ein Stück weit ein Naivchen sein, weil man sich sonst den Großteil des Inhalts sparen könnte. Aber gleichzeitig hat es mir hier gut gefallen, dass sie anfänglich gewisse selbstbestimmte Züge durchgesetzt hat. Durch ihre Mutter (Nikki Crawford) war ihre Karriere in der Verbindungs-Konkurrenz eigentlich vorherbestimmt. Doch Annie wollte das nicht einfach für sich übernehmen, umgekehrt ist sie aber auch nicht sofort bei Alpha Phi an den Haken gegangen. Nicht umsonst ist Annies Beziehung zu Beatrice (Brooke Lena Johnson) zunächst intensiviert worden. Aber das war schnell verschwunden und übrig geblieben ist eine weitere Marionette im Spielchen von Caroline. Gut gestartet ist eigentlich auch Blaise (John Kim), der ähnlich wie Caroline das Mastermind seiner Verbindung ist, wenn er auch nicht den Präsidenten gibt. Aber seine Rolle wurde unscheinbarer und verzweifelter und hat sich für mich dadurch nicht mehr absetzen können. Letztlich sind es dann tatsächlich die Stiefgeschwister, die über allem thronen. Am besten ausgestaltet finde ich Lucien (Burgess), weil man bei ihm in den acht Episoden die größte Entwicklung aufzeigt und weil er zwischendurch auch Szenen wie mit Mama Merteuil (Claire Forlani) hatte, wo er für Caroline zurecht in die Bresche gesprungen ist. Da sein Schicksal in Hoffnung auf eine zweite Staffel auch anders als im Film ausfällt, fühlte ich seinen Sieg mit ihm.
Caroline ist sicherlich die faszinierendste Figur, weil sie die Antagonistin ist (vorausgesetzt man gehört zu denen, die in ihrem Handeln nicht ständig durch Einzelne manipuliert werden wollen), aber es wird deutlich inszeniert, dass sie immer davon angetrieben wird, endlich von ihrer Mutter für sie selbst geliebt zu werden. Das ist sicherlich ein Zusammenhang, mit dem man fühlen kann. Für acht Episoden ist es mir aber zu wenig. Denn das war der vorab formulierte Optimismus, dass ich da mehr sehen will. So haben wir aber nur eine Episode, in der es zwischen Mutter und Tochter knallt, ansonsten ist es immer der Schatten, der über allem liegt und das war es. Zumal durch die Einseitigkeit auch nur gewisse Handlungen von Caroline erklärt werden. Der Plan mit Annie, der hat ohne Frage mit Claudia zu tun, aber was ist mit Cece und wie sie ihr Verhalten ihr gegenüber innerlich rechtfertigen muss? Unterm Strich hat Caroline also eine Faszination, aber es gab zu wenig Risse in der Fassade, um den Vorteil einer Serienversion zu rechtfertigen.
© Amazon MGM Studios; Courtesy of Amazon Content Services
Es mag sein, dass mir als Filmkenner der Anfang oftmals als sehr zäh und ereignislos erschien, weil ich bis auf die neuen Namen schon in vielen Entwicklungen wusste, was passieren wird. Aber ich denke, dass es auch so nicht ideal von den Spannungsschwerpunkten her verteilt ist. Am Ende kamen viele Konflikte recht geschickt ineinander, so dass sich das Staffelende auch wie ein qualitativer Cliffhanger anfühlt, doch zuvor wurde viel gebellt, aber nicht gebissen. Dazu waren viele Handlungsentwicklungen auch vom Nervfaktor der Figuren überschattet. Was man auch noch auf die Minus-Seite stellen muss, das ist die fehlende unterschwellige Sexyness. Der Film hat davon auf gleich mehreren Ebenen gelebt. Hier wird es eigentlich nur zwischen Caroline und Lucien erzeugt und das leider auch nur einseitig. Was Lucien will, das ist offensichtlich, aber für mich erstand der Eindruck, dass Sex für Caroline auch kein Ausdruck von Leidenschaft ist, sondern nur ein Mittel der Macht. Dementsprechend hat sie eine konträre Aura ausgestrahlt. Von den anderen fange ich besser gar nicht erst an. In der Auftaktepisode merkte man, dass die Serie gleich diverse Szenen bieten wollte, um eine Erwartungshaltung zu schüren. Die wurde aber nicht eingehalten. Wie es besser geht, zeigen meiner Meinung nach dann "The Sex Lives of College Girls" und "Tell Me Lies". Dementsprechend bleibt leider wirklich wenig für die Haben-Seite zurück.
Fazit
"Eiskalte Engel" erweist sich in der ersten Staffel leider nicht als lohnenswerte Serienadaption. Dem damaligen Film-Ausrufezeichen konnte man nicht nochmal einen oben drauf setzen, so dass es unterm Strich alles etwas zu bieder war. Dennoch gestehe ich zu, dass es sich hinten heraus etwas besser eingegroovt hat und möglicherweise verrät das Hinarbeiten auf eine Staffel 2 (die keine Vorlage haben wird), dass man auf sich alleine gestellt vielleicht besser funktioniert. Nur ob nach dieser ersten Staffel Prime Video noch das Vertrauen haben wird, das darf angezweifelt werden.
Die Serie "Eiskalte Engel" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
Kommentare
Meistgelesen
Aktuelle Kommentare
14.12.2024 12:30 von Lena
Black Doves: Black Doves
Jap! Staffel heute Morgen beendet, Anfang der Woche... mehr
15.12.2024 21:18 von Daniela
No Good Deed: No Good Deed
Ich will da kommende Woche mal reinschauen. mehr