Devil in Ohio - Review Miniserie

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Für mich war bei der neuen Miniserie "Devil in Ohio" spannend, dass ich erst zwei Wochen zuvor die Miniserie "Echoes", ebenfalls bei Streamingdienst Netflix beheimatet, gesehen habe. Beide Serien zeichnen sich mit einer bekannten Schauspielerin in einer starken Frauenrolle aus, beide sind eher psychologisch düster angelegt und alles in allem steht Mystery im Vordergrund. Damit bietet sich natürlich unweigerlich ein Vergleich an und für mich stand im Grunde schon nach dem Pilot fest, dass mich "Devil in Ohio" mehr anspricht, weil es eine Ensembleserie ist, bei der in die einzelnen Figuren deutlich mehr Arbeit investiert wird. Dennoch ist auch diese Miniserie keine einfache Reise, was auch nur wieder unterstreicht, dass dieses Genre durchaus eine Kunst ist und es mal nicht einfach nebenbei gelingt, in einen komprimierten Inhalt alles zufriedenstellend hineinzupacken.

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Obwohl der Serientitel "Devil in Ohio" sicherlich bewusst Schlimmes erahnen lassen sollte, um vielleicht für die Spuk-Saison schon die ersten Fans abzugrasen, habe ich irgendwie geahnt, dass es definitiv keine klassische Horrorserie werden würde. Damit habe ich recht behalten. Für die einen ist das so wohl definitiv ein enttäuschender Faktor, für mich aber wurde die Serie so genau richtig. Ich konnte sogar als Team Angsthase abends Episoden gucken, weil der Gruselfaktor definitiv kein Problem war. Dennoch gab es natürlich Bemühungen, über die ich aber teilweise sogar lachen musste. Gerade die erste Staffelhälfte war doch immer wieder um mysteriöse Kameraführungen bemüht oder aber es gab einen vermeintlichen Schreckens-Moment, doch nie war es wirklich erschreckenswert, denn entweder war es eh die Familie oder aber man konnte vorher schon erahnen, was die Kamera am Ende ihrer Reise zeigen will. Von daher wirklich: Horror-Fans, ich hoffe für euch, dass spätestens ab Oktober ganz andere Formate auf den Markt kommen, denn hier brauchte man sich für den Gruselfaktor wirklich nicht umzusehen. Am ehesten hat mich die musikalische Untermalung gepackt, denn es wurde Songs ausgewählt, die durchaus eine gewisse schaurige Atmosphäre unterstützt haben. Besonders in dem Zusammenhang mit dem Kult hat das gut gepackt. Zudem hat Madeleine Arthur als Mae auch eine wirklich wunderbare Mimik, die sich in das Bild sehr gut eingefügt hat, denn sie ist insgesamt die ambivalenteste Figur der Serie, die Faszination auslöst.

Foto: Gerardo Celasco & Emily Deschanel, Devil in Ohio - Copyright: 2022 Netflix, Inc.; Ricardo Hubbs/Netflix
Gerardo Celasco & Emily Deschanel, Devil in Ohio
© 2022 Netflix, Inc.; Ricardo Hubbs/Netflix

Damit wären wir auch schon bei der Geschichte an sich und die Handlungen sowie die beteiligten Figuren sind für mich eben die Faktoren, warum ich die Serie gerne sehen wollte. Ich finde die Thematik Kult auch immer wieder neu faszinierend, denn die meisten funktionieren nach ähnlichen Strukturen, die konkreten Inhalte des Glaubens sind aber sehr verschieden, weswegen die Thematik in meinen Augen auch nicht ausgelutscht ist. In dieser Miniserie nun bleibt es lange im Dunkel, dass wir es überhaupt mit einem Kult zu tun haben. Die Serie war im Vorfeld damit aber beworben worden, so dass die Katze aus dem Sack war, aber dennoch konnte man der Handlung anmerken, dass sich inhaltlich langsam dem angenähert werden sollte, was Mae ausmacht. Die Hinweise sind sicherlich deutlich gestreut worden, aber erst mit den beginnenden Ermittlungen von Detective Lopez (Gerardo Celasco) ist es auch wirklich auf den Punkt gebracht worden. Bleiben wir doch gerne bei ihm, denn an ihm kann man recht gut festhalten, was die Stärken, aber auch die Schwächen von "Devil in Ohio" sind. Lopez ist ein wirklich sympathischer Kerl. Da es am Anfang zunächst etwas schwer ist, die Figuren zu sortieren und sich sicher zu sein, wer zu den 'Guten' gehört, bin ich ihm erst mit einer gehörigen Portion Skepsis begegnet, aber schnell hat sich gezeigt, dass er wirklich klären will, wer Mae ist. Und als er erkennt, dass sie zu einem Kult gehört, will er eben diesen zerstören. Dabei bekommt er nicht nur Hilfe von Suzanne (Emily Deschanel), sondern auch von Gina Brooks (Eva Bourne). Diese hat zum Beispiel für die Geschichte keinen großen Sinn ergeben, denn die Ermittlungsarbeit von Lopez hätte man auch gut durch wechselnde Deputys darstellen können. Aber da es ist immer Gina war, über die aber keine privaten Infos gestreut wurde, dachte ich immer, dass sie vielleicht insgeheim dem Kult angehört. Das ist aber letztlich überhaupt nicht der Fall gewesen, weswegen die Aufbauschung ihrer Figur unnötig war. Vielleicht ist so sogar Lopez etwas weggenommen worden, denn bei ihm gab es durch die Trennung von seiner Ex-Partnerin und das geteilte Hundesorgerecht genug mögliche Ansätze, mehr aus ihm zu machen. Auch eine spezielle Chemie mit Suzanne wäre für mich möglich gewesen, weil bei ihr Eheprobleme angedeutet werden, aber auch das war so nicht. Das ändert natürlich nicht ans Lopez' Sympathien oder an seiner sorgfältigen und effektiven Polizeiarbeit, aber es wirkt unfertig.

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Deutlicher in allen Details ausgearbeitet ist da Familie Mathis. Auch wenn ich Suzanne und die mittlere Tochter Jules (Xaria Dotson) mehr im Fokus empfunden habe, so ist es bei Vater Peter (Sam Jaeger), der ältesten Tochter Helen (Alisha Newton) und Adoptivtochter Dani (Naomi Tan) auch gelungen, ihnen ein geschärftes Profil zu verpassen. Einzig die anfängliche Schwesternfehde zwischen Jules und Helen ist hinterher nicht mehr konkret angesprochen worden, so dass man sich hier die Gründe denken muss. Insgesamt wird schnell deutlich, dass die Familie in ihren Bestandteilen entscheidend von Suzanne und ihrem Wesen abhängig ist. Während man zunächst den Eindruck hat, dass sie als Psychiaterin im Krankenhaus eine gestandene Frau ist, so hat sie eine sehr fragile Vergangenheit, die sie nie so aufgearbeitet hat, wie sie es mit ihren eigenen Patienten tut. Das hat Handlungsmuster in ihr verankert, die gleichermaßen positiv wie negativ zu bewerten sind. Als ihre beste Freundin gestorben ist, stand es für Suzanne außer Frage, deren Tochter Dani im Babyalter zu adoptieren. Wie Peter dazu stand, wird zwar nicht besprochen, aber die gesamte Serie lässt vermuten, dass er damit mehr überfahren wurde, als dass wirklich eine Diskussion stattgefunden hat. Wir sehen zwar in der Gegenwart, dass er Dani durch und durch liebt und sie wirklich als seine Tochter akzeptiert hat, aber dennoch wird es eine Reise dorthin gewesen sein.

Foto: Devil in Ohio - Copyright: 2022 Netflix, Inc.; Ricardo Hubbs/Netflix
Devil in Ohio
© 2022 Netflix, Inc.; Ricardo Hubbs/Netflix

Auch ansonsten ist die Familie maßgeblich von Suzannes Verhalten beeinflusst. Helen traut sich nicht, mit ihren Eltern über ihre Vorstellungen für ihre Zukunft zu sprechen und hat sich in Teddy (Ty Wood) den perfekten Freund gesucht, obwohl sie queer ist. Jules wiederum fühlt sich schon ewig vernachlässigt, aber die einzige Nähe zu ihrer Mutter scheint nicht mehr möglich zu sein, ohne selbst ständig therapiert zu werden. Nesthäkchen Dani fordert ohnehin viel Aufmerksamkeit ein, die ihr aber nicht gewährt wird, weil Suzanne ständig im Stress, ständig erreichbar sein will und weil sie helfen will, nur nicht in den eigenen vier Wänden. Peter erscheint fast wie ein Hausmann, obwohl er das nicht ist, denn er hat seinen beruflichen Traum verwirklicht, findet nur keinen Käufer für sein umgebautes Haus. Dennoch ist er bei allen Töchtern involviert und er merkt eher, wenn etwas los ist, was eben dann auch bei dem Ehepaar für Spannungen sorgt. Suzanne kann man wahrlich nicht vorwerfen, ein schlechter Mensch zu sein, aber man merkt, dass sie möglicherweise aus ihren eigenen Traumata heraus zu ungesund für ihren Job brennt und deswegen keine Grenzen kennt. Denn mit Mae setzt sie ihrer Familie eine neue Mitbewohnerin vor, ohne je ein Gespür dafür zu haben, was sie damit auslöst. Sie erkennt in Mae ein Stück von sich selbst wieder, weswegen sie ihrer Sicherheit alles unterordnet. Aber nicht nur durch Deschanels Schauspiel fällt all das nicht so deutlich ins Gewicht, sondern auch insgesamt ist es schwierig, einer traumatisierten Person mit ehrenwerten Motiven dafür Vorwürfe zu machen. Dennoch hat es auch geholfen, zur Serienmitte etwa in ihre Vergangenheit zu blicken. Lilah Fitzgerald ist zwar eine fürchterliche jüngere Version von Deschanel, aber dennoch hat sie auf jeden Fall ihre Ängste aus der Jugend sehr überzeugend und nachvollziehbar dargestellt.

Foto: Emily Deschanel & Madeleine Arthur, Devil in Ohio - Copyright: 2021 Netflix, Inc.; Ricardo Hubbs/Netflix
Emily Deschanel & Madeleine Arthur, Devil in Ohio
© 2021 Netflix, Inc.; Ricardo Hubbs/Netflix

Neben all diesen Familiendynamiken bleibt die Serie aber sicherlich wegen Mae im Gedächtnis. Es ist gelungen, aus ihr eine wirklich faszinierende Figur zu machen, denn man schwankt zwischen tiefer Empathie und Misstrauen gleichermaßen. Arthur hat optisch auch sehr kindliche Züge, die unweigerlich in den Zuschauer*innen etwas anrühren, aber dennoch gelingt es ihr auch, ein Unbehagen zu erzeugen, weil man sich immer fragt, wie bewusst handelt sie und wie sehr ist sie Opfer ihrer eigenen Konditionierung? Auch nach dem Ende der Miniserie, das durchaus auf einer Art Cliffhanger auskommt und dennoch genau richtig den Abschluss des Inhalts darstellt, finde ich es extrem schwierig, Mae wirklich auf den Punkt genau zu charakterisieren, aber genau das bleibt auch in Erinnerung. Ihre sofortige Bewunderung für Jules habe ich durchaus für echt gehalten und dass sie eine Verbindung zu Suzanne aufgebaut hat, weil sie eine Seelenverwandte in ihr erkannt hat, auch das kam tief aus ihr heraus. Aber so vieles anderes ist schwer einzuordnen, denn Mae wusste schon genau, wen sie nicht intuitiv um den Finger wickeln konnte. Auch Jules hat sie zunächst als Bedrohung wahrgenommen, aber gleichzeitig war sie selbst verletzt genug, um endlich eine aufmerksame Freundin in ihrem Leben haben zu wollen. Auch in der Schule hat Mae wie von selbst einen Weg gefunden, das Interesse der Leute anzufachen. Man hat gemerkt, dass sie es genossen hat, einmal nicht eine von vielen zu sein, sondern im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Insgesamt würde ich sicherlich resultieren, dass Mae niemand ist, der anderen etwas zu leid tun will, aber sie weiß auch schon genau, wie sie manipulieren kann, um ihren Willen zu bekommen. Deswegen ist das Ende so spannend, denn sie ist im Grunde am Ziel ihrer Träume, doch die Frage ist, wie weit sie das wohl treiben kann? Das kann sich nun jede*r selbst beantworten und das passt durchaus zu der Einschätzung, dass man Mae höchst unterschiedlichen einstufen kann. Um das offen zu lassen, ist eben auch das Ende nicht inhaltlich beengt worden.

Kommen wir abschließend noch zum allgemeinen Inhalt, denn ich war doch überrascht, wie wenig der Kult letztlich im Mittelpunkt stand. Anführer Malachi (Tahmoh Penikett) war als vermeintlicher Antagonist nicht so präsent, wie man es wohl erwartet hätte, so war doch Mae alleine Dreh- und Angelpunkt des Ganzen. Die Grundfesten des Kults sind etwas lehrstundenmäßig beigesteuert worden und erst im Finale stand der Kult dann wirklich im Zentrum. Für so ein zentrales Thema war das sicherlich wenig, denn die Charakterarbeit war zu blass, andererseits war es so eben die Serie von Familie Mathis und Mae sowie in Abstrichen von Lopez. Vielleicht hätte man einige vermeintliche Gruselmomente rausnehmen können, um allgemein noch etwas mehr für die Charakterarbeit zu tun, aber bei dem Titel verstehe ich auch, wenn etwas anderes suggeriert werden soll. Aber definitiv nicht wegzudiskutieren sind einige logische Lücken, denn oft gibt es Andeutungen, die vermutlich der Effekthascherei dienen, die aber völlig sinnlos ist. Bestes Beispiel ist sicherlich, wie Dani alleine an Halloween durch die Straßen streift und sich plötzlich Statuen hinter ihr bewegen. Oder aber auch Peter, bei dem ein One-Night-Stand aus dem Stehgreif angedeutet wurde, obwohl es konkret in dem Moment, um den Zustand der Mathis-Ehe zu unterstreichen, zu früh war. Hier ist im Drehbuch definitiv zu sehr auf Wirkung statt auf Logik gesetzt worden.

Die Serie "Devil in Ohio" ansehen:

Fazit

"Devil in Ohio" ist eine Miniserie, die sich einem Kult widmet, der Luzifer anbetet. Im Zentrum steht dabei Mae, die geflohen ist und die den gesamten Serienverlauf große Rätsel aufgibt, was die zentrale Faszination – unterstrichen durch Arthurs Darstellung – der Staffel ist. Allgemein ist die Charakterarbeit gut gelungen, gerade bei Familie Mathis, aber was den Versuch angeht, besonders gruselig zu sein, ist "Devil in Ohio" definitiv gescheitert. Denn dadurch haben sich logische Löcher aufgetan, die aus einer tendenziell sehr guten Miniserie nur eine gute werden lassen.

Lena Donth - myFanbase

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