DVD-Rezension: His Dark Materials, Staffel 1
Unglaublich, dass die "His Dark Materials"-Trilogie von Philip Pullman bereits über 20 Jahre alt ist, denn sie wurde in den 90ern des vergangenen Jahrhunderts in der englischen Originalsprache veröffentlicht, während sie in Deutschland etwas später mit den Titeln "Der Goldene Kompass", "Das Magische Messer" und "Das Bernstein-Teleskop" auf den Buchmarkt gebracht worden sind. Jedenfalls war es die Jugendbuchreihe, die mich in meinen eigenen Jugendjahren treu begleitet hat, weswegen die Verfilmung "Der Goldene Kompass" von 2007 einem riesigen Ereignis gleichkam, der aber leider eine Enttäuschung gleichkam, das aber leider in einer Enttäuschung endete, weil sich dieser faszinierenden Welt nicht so gewidmet wurde, wie sie es verdient gehabt hätte. Und natürlich wurde die Verfilmung nach dem ersten Teil auch schon wieder eingestellt, denn offenbar haben alle diese filmische Bemühung abgestraft. Zwölf Jahre später gibt es mit der Serienadaption durch HBO einen zweiten Versuch. Ob diese dem Original gerechter werden kann?
Inhalt
Lyra (Dafne Keen), die als Baby am Jordan College in Oxford zurückgelassen wurde, sich nun aber ein Leben voller Abenteuer jenseits der Grenzen ihrer bekannten Umgebung wünscht, begibt sich auf die Suche nach einem verschollenen Freund. Dabei kommt sie einem Komplott auf die Spur, bei dem es um gestohlene Kinder geht, und begibt sich auf eine gefährliche Suche, die ihr Leben für immer verändern wird.
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Rezension
Als ich mitbekommen habe, dass HBO sich des Stoffs von Pullman annimmt, war ich von Anfang an unheimlich angetan, denn der amerikanische Premiumkabelsender ist nun wahrlich nicht bekannt dafür, seine Projekte lasch oder oberflächlich umzusetzen, was man an dem epischen Erfolg von "Game of Thrones" oder zahlreichen anderen preisgekrönten Formaten absehen kann. Zudem war mir von Anfang an bewusst, dass sich die Vorlage auch wunderbar als Serie eignen wird. Es ist eben ein fantastischer Stoff, bei dem es etwas braucht, bis der Leser oder eben hier der Zuschauer auch eingeführt worden ist, um dem Geschehen auf dem erforderlichen Niveau folgen zu können. All diese kleinen Schritte, die für so etwas nötig sind, konnten bei der angesprochenen Verfilmung nicht gegangen werden, da Blockbuster eben nicht die Lauflänge einer Serie erreichen können, weswegen sich hier das Format, das Detailliebe erlaubt, definitiv mehr angeboten hat.
Wenn man sich die erste Staffel von "His Dark Materials" anschaut, dann kann man schnell zum Ergebnis kommen, das die Buchvorlage extrem getreu umgesetzt worden ist. Das ist sicherlich auch so gut gelungen, weil mit Pullman der Autor selbst mitgewirkt hat, und weil sich die Vorlage eben auch so, wie sie ist, wunderbar eignet. Natürlich muss ich eingestehen, dass ich für die Detailgetreue nur in Bezug auf Lyras Geschichte sprechen kann, denn das Buch ist aus der personalen Perspektive erzählt, so dass wir diese Welt eben auch nur durch ihrem Blickwinkel erfahren. Serien erzählen in der Regel aber nicht so engsichtig, weswegen "His Dark Materials" auch zahlreiche andere Perspektive eng in den Fokus nimmt. Sei es da vor allem Marisa Coulter (Ruth Wilson, "The Affair"), Lee Scoresby (Lin-Manuel Miranda, "Mary Poppins' Rückkehr") oder die Gypter. habe ich aber zu jedem Zeitpunkt als Bereicherung empfunden, da es die Handlung so auf jeden Fall aus dieser kindlichen Perspektive herauslöst. Lyra ist zwar sicherlich kein typisches Kind, aber dennoch bringt sie eine gewisse Naivität mit, die durch andere Perspektiven oft aufgelöst werden kann, da so auch eine Atmosphäre von Gefahr, Bedrohung und Verzweiflung entsteht.
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Etwas schwieriger wird es für mich schon, wenn es um Will (Amir Wilson, "Der Brief für den König") geht. Dieser taucht nämlich tatsächlich erst in Band 2, "Das magische Messer" auf. Dort ist zwar keine Zeit, seine Vergangenheit besonders intensiv zu erkunden, da die Trilogie weniger psychologisch, viel mehr abenteuerlich orientiert ist. Von daher finde ich es grundsätzlich gut, dass der Zuschauer so viel über Will erfährt, der ohne Frage noch eine wichtige Rolle einnehmen wird. Dennoch habe ich mich im Rückblick gefragt, ob das nun wirklich in Staffel 1 erfolgen musste. Vielleicht hätte man in Staffel 2 lieber mit Flashbacks gearbeitet, aber so muss ich sagen, dass die Gegensätze zwischen der fantastischen Welt von Lyra, die an die viktorianische Zeit erinnert, und unserer modernen Welt sehr grob wirken. Wenn man sich auf eine Fantasyserie einlässt, dann will man auch genau das bekommen, Phantasie an allen Ecken und Enden. Wills Geschichte wirkt dagegen so nüchtern und farblos und eben als harter Bruch, der dem Sehvergnügen leider geschadet hat.
Mal von diesem negativen Punkt abgesehen, bin ich in allen anderen Bereichen aber hochzufrieden. Schauspielerisch ist wirklich groß aufgefahren worden, was auch bitter nötig war, denn die Geschichte lebt von sehr speziellen Figuren. Wilson habe ich als großartige Marisa schon angesprochen, Miranda ist Geschmackssache, da ich ihn als sehr modern empfinde und daher weniger passend für das Setting, aber trotzdem gibt er seiner Version von Lee auch etwas Besonderes mit, Lewin Lloyd als Roger ist herzallerliebst, weil sein rundes, kindliches Gesicht in einem wunderbaren Kontrast zu seiner nachdenklichen und viel zu früh erwachsen gewordenen Persönlichkeit steht. Dazu James McAvoy (X-Men-Reihe) als Lord Asriel, der zwar fast die kleinste Rolle einnimmt, aber dennoch diese Zerrissenheit zwischen Verantwortung für sein Kind und wissenschaftlichem Durchbruch überzeugend transportiert bekommt. Aber die Reihe wird nun mal von Keen als Lyra getragen. Zwar wirkt sie manchmal etwas bemüht, sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass sie sich bewusst war, welchen Erwartungen sie gerecht werden muss, aber sie hat dennoch etwas Mitreißendes, Freches, Tiefgründiges, das sie dann doch noch perfekt als Lyra macht.
Großen Applaus möchte ich auch für die Visualisierungen verteilen. Mit den Dæmonen hatte man schließlich die faszinierendste Komponente vor der Brust, die die Trilogie zu bieten hat. Ich fand die Dæmonen immer schon wahnsinnig faszinierend, weil sie im kindlichen Alter die Gestalt wechseln können und sich so allen Situationen anpassen können. Es war immer ein Abenteuer, in wen sich Pan wohl als nächstes verwandeln würde. Bei den Erwachsenen wiederum haben die Dæmonen eine feste Gestalt, die aber nicht weniger faszinierend sind, weil sie eben die Persönlichkeit ihres menschlichen Pendants widerspiegeln. Zudem ist die Beziehung zwischen Mensch und Dæmon unheimlich eng, weswegen sie genauso Hauptrollen wie Mrs. Coulter, Lyra, Roger und Co. einnehmen. Daher bin ich dankbar, dass man hier keine Kosten und Mühen gescheut hat, um die Dæmonen unheimlich echt wirkend auf die Bildschirme zu zaubern. Oftmals haben die Schauspieler Szenen ganz alleine mit den Dæmonen gehabt, weswegen der Sparstrumpf hier definitiv aufgefallen wäre, da so schließlich ein großer Fokus auf diesen Figuren liegt. Mit Iorek, dem Eisbären, musste sogar noch eine größere Kategorie von Tier umgesetzt werden, die auch in zahlreichen Actionszenen zur Geltung gekommen ist, aber auch hier kann ich mich nur lobend äußern.
Die Serie "His Dark Materials" ansehen:
Specials
- His Dark Materials: Making-of
- Die Adaption von His Dark Materials
- His Dark Materials: Set-Design und Requisite
- His Dark Materials: Das Kostümdesign
- His Dark Materials: Die Daemonen
- James McAvoy über Lord Asriel
- Lin-Manuel Miranda über Lee Scoresby
- Ruth Wilson über Mrs. Coulter
- Dafne Keen über Lyra Belacqua
Die Liste an Specials mag recht umfangreich erscheinen, aber tatsächlich ist das Making-of der umfangreichste Beitrag und die nachfolgenden Videos sind nur noch etwas modifizierte Ausschnitte daraus. Hinzu kommen noch die Darstellerinterviews, die zwar nicht lang ausfallen, aber dennoch sehr aufschlussreich sind. Es sieht nach mehr aus, als es tatsächlich ist, ist aber dennoch ein extrem spannender Einblick hinter die Kulissen.
Technische Details
Erscheinungstermin: 6. August 2020
FSK: 16
Laufzeit: ca. 440 Minuten
Bildformat: 16:9 – 1.78:1
Sprachen (Tonformat): Deutsch, Englisch (beide Dolby Digital 5.1), Polnisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: Portugiesisch, Polnisch
Untertitel für Hörgeschädigte: Deutsch, Englisch
Fazit
Ich bin unheimlich dankbar, dass die Romantrilogie von Philip Pullman mit dieser Serienadaption von HBO die Adaption bekommen hat, die sie in ihrer Komplexität auch verdient hatte. Es wurde sich sehr eng an die Vorlage gehalten und nur geschickt um andere Erzählperspektiven ergänzt. Einzig die eingebundene Erzählung von Will hat mich nicht überzeugen können, da sie stilistisch, aber auch inhaltlich leider ein Hemmnis dargestellt hat. Ansonsten haben aber der grandiose Cast und wunderbare Visualisierungen genau die Welt entstehen lassen, die mich als Jugendliche so fasziniert hat. Aber auch ganz abgesehen von meinen eigenen nostalgischen Empfindungen bin ich überzeugt, dass jeder Skeptiker der ursprünglichen Verfilmung hiernach viel besser nachvollziehen kann, warum der Stoff einen zweiten Blick wert ist.
Lena Donth - myFanbase
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