For the People - Review - Staffel 1
In meiner ersten Review zum Piloten von "For the People" bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass die in der Midseason gestartete neue Anwaltsserie von ABC ganz eindeutig die Handschrift von Shondaland trägt, da sich überwiegend junge, attraktive DarstellerInnen im Cast befinden, die alle als Anwälte tätig sind und deren Privatleben ebenso sehr beleuchtet wird wie das Berufsleben selbst. Negativ ist mir aufgefallen, dass der Pilot ein extrem hohes Erzähltempo hat, was die Charaktere, aber auch die präsentierten juristischen Fälle sehr oberflächlich wirken ließ, weil man offenbar nicht gewillt war, in die Tiefe zu gehen. Hoffnungsvoll hat mich dagegen gestimmt, dass der Cast, der in Staatsanwälte und Verteidiger aufgeteilt ist, auch vor Gericht aufeinandertrifft, so dass es genug Potenzial für juristische Kämpfe und verbale Schlagabtäusche gibt. Zudem baut man unweigerlich eine Verbindung zu einem Cast auf, wenn man ihn länger begleitet, so dass für die unterschiedlichen Charaktere auch durchaus noch Luft nach oben war. Nun habe ich die zehnteilige erste Staffel flott durchgeguckt und komme auf ein insgesamt mittelmäßiges Ergebnis.
Fange ich doch gleich mal mit einem negativen Aspekt an, der sich schon im Pilot abzeichnete und über die gesamte Staffel hinweg fortsetzte: die juristische Arbeit. Wenn ich eine Anwaltsserie schaue, erwarte ich immer, dass es dem Drehbuch gelingt, mir den Fall nahe zu bringen, vom Verständnis, aber auch von der Emotionalität her. Mit dem Verständnis klappte es noch einigermaßen, mit der Emotionalität eher nicht. Das liegt vor allem daran, dass pro Folge bis zu vier juristische Fälle geboten werden, die sich also untereinander die Sendezeit aufteilen müssen und vergessen darf man natürlich auch das Privatleben der Figuren nicht, das in jeder Folge Zeit eingeräumt bekommt. Dadurch wurde über die einzelnen Fälle eher hinweg gehastet und auch die Mandanten bzw. Angeklagten (aus Sicht der Staatsanwaltschaft) waren nicht so greifbar dargestellt, dass ich mich in sie hineinversetzen konnte.
Emotionalität kam immer dann auf, wenn entsprechend der oder die VerteidigerIn oder der oder die Staatsanwalt/Staatsanwältin persönlich involviert waren, so dass es zu Plädoyers kam, die einer regelrechten Kampfansage glichen und die beim Schauen immer einen emotionalen Punkt treffen konnten. Manchmal schossen die bewusst emotional inszenierten Momente aber auch weit über das Ziel hinaus. Besonders eindrücklich ist mir dabei Richter Nicholas Byrne in Erinnerung geblieben, der plötzlich mit dem Strafmaß, das das Gesetz ihm vorgibt, nicht mehr zufrieden ist und rebelliert. An sich spricht dieses Begehren einen wichtigen Aspekt an, denn Gesetze sind nicht auf jede Situation, die das reale Leben bietet, gleich anzuwenden und dennoch ist dies ein Kampf auf verlorenem Posten, der so in der Serie dargestellt arg pathetisch und besserwisserisch wirkt.
Richtig gelegen habe ich dagegen bei meiner Einschätzung, dass die einzelnen Figuren noch genug Raum erhalten werden, um sie besser kennenzulernen und es ist den Drehbuchautoren wirklich spielerisch leichtgefallen, mich im Rekordtempo an die einzelnen Charaktere zu binden. Gerade auch das Miteinander in den unterschiedlichsten Konstellationen konnte mich immer wieder berühren. Einmal der Richter im Zusammenspiel mit der Justizbeamtin Tina, die beide so berufserfahren sind, dass sie beide die guten Seelen der Serie darstellen und viel Lebensweisheit zu vermitteln haben. Dann auch jeweils die Gruppe der Verteidiger und der Staatsanwälte. Die Verteidiger kämpfen ohnehin erbarmungslos für die gute Sache und haben daher von Anfang an ein sehr empathisches Verhalten untereinander, das nur noch intensiviert werden muss. Bei der Staatsanwaltschaft sind mit Kate und Leonard aber gleich zwei Einzelkämpfer, die erst nach und nach die Vorzüge der Teamarbeit begreifen und auch ihr Überlegenheitsgefühl gegenüber Seth ablegen, so dass es zu richtig guten Gruppenmomenten kommt.
Insgesamt muss man sagen, dass das dargestellte Privatleben sich nicht nur ausschließlich um die sexuellen Partnerschaften drehte, sondern eben vor allem um Freundschaft. Natürlich gibt es zahlreiche Konstellationen, die man shippen könnte, aber vieles bleibt offen, wird nur angedeutet, so dass es eben vor allem die Freundschaften sind, die einem besonders im Hinterkopf bleiben. Ein weiterer Pluspunkt ist auch ganz klar der lockere Humor, der sich immer wieder durch die Folgen zieht. Sei es durch den arg sarkastischen Chef der Staatsanwaltschaft, Roger Gunn, seien es die konstanten Momente pro Folge, wo sich Seth und Leonard in Kates Büro einfinden und sie um Rat fragen oder eben der humoristische Charakter schlechthin, Jay, der anfangs wie eine Lachnummer wirkt, aber immer mehr Profil gewinnt, so dass er am Ende sogar zu meinem Liebling wurde. Das Ende ist offen gestaltet, aber nicht so überdramatisiert worden, so dass es eine zweite Staffel nicht unbedingt bräuchte. Da diese aber bereits von ABC genehmigt wurde, werde ich definitiv auch weiterhin am Ball bleiben, denn wie gesagt, die Charaktere sind mir ans Herz gewachsen.
Fazit
"For the People" ist eine Anwaltsserie, die in der ersten Staffel nicht unbedingt überzeugend juristische Arbeit darstellt, da es pro Folge einfach zu viele juristische Fälle gibt, um sich richtig hineindenken zu können. Daher würde ich "For the People" fast schon lieber als Dramaserie bezeichnen, denn die Charakterarbeit ist echt gut und es gibt so viele zwischenmenschliche Konstellationen, die Freude bereiten, dass es eben die Figuren sind, die mich bei einer zweiten Staffel weiterschauen lassen wollen.
Lena Donth - myFanbase
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