Gaslit - Review des Piloten

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Es ist nicht so, dass es noch nicht genügend Material zu der Watergate-Affäre gibt. Es ist aber auch nicht so, dass es nicht auch möglich wäre, einen Skandal noch mal aus einer anderen Perspektive anzugehen. Dies ist das Vorhaben von "Gaslit" und im Pilot wird das auch ziemlich deutlich. Nun bin ich zugegebenermaßen nicht total fit in der Watergate-Affäre, aber das Richard Nixon in dieser ersten Episode gar keine Rolle spielt, macht die Schwerpunktsetzung schon deutlich. Trotzdem hoffe ich natürlich sehr, dass man inhaltlich nicht so viel Wissen zur Affäre voraussetzt und daher auch einen aufklärerischen Ansatz verfolgt.

Der Pilot legt jedenfalls erst mal sehr viel Wert auf Martha Mitchell (Julia Roberts) und ihre Rolle als Ehefrau vom hochrangigen Politiker John Mitchell (Sean Penn), der zunächst als Wahlkampfmanager Richard Nixon ins Präsidentenamt brachte und dann selbst unter diesem als Justizminister agierte. Martha tritt hier gleich als sehr aktiv und direkt auf, scheint in dieser politischen Welt aber einen schwierigen Stand zu haben. Als man ihr mitteilt, dass sie eher geduldet denn gemocht wird, ist das schon ein heftiger Schlag, den Julia Roberts perfekt mit ihrer Mimik zum Ausdruck bringt. Ebenso spannend ist es aber auch, dass andere wiederum ihre Ehrlichkeit und gesamte Art als sehr erfrischend schätzen. Das Verhältnis zu ihrem Mann wird dabei auch erst mal sehr zwiegespalten dargestellt. Die Liebe ist schon erkennbar, aber John will sich ebenso wie Martha nichts gefallen lassen. Auch das ist erst mal ziemlich spannend, zumal die wahre Geschichte noch dazu führen wird, dass Martha Geheimnisse veröffentlicht, sie als psychisch krank deklariert wird und nach der Watergate-Affäre klar wird, dass sie immer die Wahrheit sagte. Ich hoffe sehr, dass man bei dieser Storyline einen Konflikt bei John wahrnimmt und er das nicht aus politischen Gründen einfach geschehen lässt. Auch eine Rolle ihres Kindes Marthy (Darby Camp) wird im Pilot schon angedeutet.

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Ein zweiter Schwerpunkt des Pilots ist der Charakter John Dean (Dan Stevens), der als Rechtsberater von Nixon fungierte und dem inneren Kreis angehörte, sich aber abwendet, als er merkt, dass er zum Sündenbock gemacht werden soll. Hier geht es erst mal um sein durchaus großes Ego, welches durch seine Erfolge ungesunde Maße angenommen hat. Als er aber auf Mo (Betty Gilpin) trifft, wird er durchaus geerdet und auch dazu animiert, sich und seine politische Rolle zu überdenken und auch zu überlegen, ob der erfolgreiche Weg immer auch der Weg zum persönlichen Glück ist. Dan Stevens hat mich in dieser ersten Episoden komplett überzeugt.

Was man diesem Pilot somit sofort anmerkt, ist, dass man sich viel Zeit für die Charaktere nimmt und nicht wesentliche Ereignisse des Skandals abarbeitet, sondern die komplexen Charaktere in Ruhe zeichnen will. Dabei wird die politische Welt als elegant und luxuriös dargestellt, was der Serie einen edlen Touch vermittelt, gleichzeitig aber auch weit weg wirkt, sodass man sich als Zuschauer in einer richtigen Beobachterrolle sieht. Doch auch die Härte des politischen Geschäfts, die Hahnenkämpfe, bekommen schon etwas Raum. Insofern kann man nach der ersten von acht Episoden sagen, dass das Vorhaben der Serienmacher sehr gelungen ist und nicht nur heiße Luft war. Die Darsteller*innen sorgen für den Rest und so bin ich guter Dinge, dass wir hier einen ganz wunderbaren kleinen Serienschatz vorfinden, der den Watergate-Skandal nicht nur politisch interessant macht.

Fazit

Serienmacher und Cast versprechen nicht zu viel, wenn sie von einer charakterintensiven Herangehensweise an den Watergate-Skandal reden. Der Pilot kann voll überzeugen und auch wenn das Erzähltempo nicht besonders hoch wirkt, ist man in jeder der sechzig Minuten fixiert und neugierig, wie der Skandal hier aufgerollt und dargestellt wird. Und falls man inhaltlich nicht ganz folgen kann, weil man als Nicht-Amerikaner eventuell nicht so firm in dem Skandal ist, kann man sich das Basiswissen auch schnell anlesen. Der Zeitaufwand ist es auf jeden Fall wert.

Die Serie "Gaslit" ansehen:

Emil Groth - myFanbase

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