Traurigster Serienabschied 2008/2009
Battlestar Galactica

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Bisher gab es in unserem Rückblick noch keine Gelegenheit, eine Serie aus dem SciFi-Genre gebührend zu würdigen. Dies möchten wir an dieser Stelle ändern.

Stell dir vor, unsere gesamte Menschheit lebt mittlerweile verteilt auf zwölf Kolonien (Planeten). Wir sind soweit in der Forschung vorangeschritten, dass es uns möglich war, hoch-intelligente Maschinen, genannt Zylone, zu entwickeln. Wir verwendeten sie als Arbeitsroboter, bis sie unerwartet rebellierten. Daraufhin begann ein langer Krieg zwischen den Menschen und den Zylonen, der letztendlich mit einem Waffenstillstand endete. Vierzig Jahre haben wir nichts von den Zylonen gesehen oder gehört... dann tauchten sie wieder auf. Während ihrer Abwesenheit arbeiteten sie weiter an der Vernichtung der Menschheit und haben sich zudem rapide weiterentwickelt. Viele von ihnen sehen jetzt wie Menschen aus, die, wie sich herrausstellte, Jahre unter uns gelebt hatten, um uns zu infiltrieren. Sie starteten nukleare Anschläge und löschten so fast die komplette Menschheit aus. Lediglich zwei militärische Raumschiffe - die Galactica und die Pegasus - sowie einige Passagiermaschinen entkamen den Angriff. Unter der militärischen Leitung von Commander Bill Adama und der zivilen Führung von der ehemaligen Bildungsministerin Laura Roslin hat die Menscheit, neben dem puren Überleben, nur noch ein Ziel, die Suche nach der legendären 13. Kolonie: die Erde.

Goodbye Kara, you won't be forgotten

Hiermit beginnt die wohl außergewöhnlichste und vor allem menschlichste aller SciFi-Serien. Wer annimmt, die Serie bestehe aus üblichen Klischees (kaum Story, blasse Charaktere, billige Weltraumschlachten) liegt weit daneben. "Battlestar Galactica" nimmt dich auf eine dramatische, mystische und epische Reise mit, die hart, brutal und realistisch ist. Die postapokalyptische Handlung ist komplex, fortlaufend, spannend und befasst sich mit gesellschaftlichen Problemen. Sehr große Bedeutung in der Serie haben vorallem die Charaktere. Diese haben nicht nur Stärken, sondern weisen auch erhebliche Schwächen auf. Hier wird man keinen Vorzeigehelden finden. Für die beiden wichtigsten Hauptrollen konnte man den Emmy-Gewinner und Oscar-Nominierten Edward James Olmos und die zweifach Oscar-Nominierte Mary McDonnell gewinnen.

Da es in der Serie um das Überleben der Menscheit geht, lässt es sich nicht vermeiden, manchmal in Form von Weltraumschlachten dafür zu kämpfen. So sind diese allerdings nicht, wie in anderen SciFi-Serien, für pure Unterhaltung gedacht. Bei "Battlestar Galactica" haben die Piloten keine andere Wahl, sie müssen mit ihren Vipers (kleine Kampflieger) Zylone bekämpfen und notfalls auch ihr Leben dafür hergeben. Würden sie es nicht tun, wäre die Menschheit verloren. Die Special-Effects, die dabei zum Einsatz kommen, sind die wohl besten, die man in einer SciFi-Serie bis dato gesehen hat. Es wirkt nicht billig, es wirkt realistisch, ja fast schon auf Kino-Niveau. Es wird keine Stelle geben, wo man sich denkt: Hier wurde aber ordentlich gespart.

Im Vergleich zur alten Serie hat man in der Neuauflage einige Dinge verändert. So können die Zylone jetzt menschliche Gestalt annehmen, was dazu führt, dass theoretisch jeder an Bord einer sein könnte. Desweiteren gibt es noch Schläferzellen, die bis zu ihrer Aktivierung nicht einmal wissen, dass sie Zylone sind. Das sorgt natürlich für ordentlich Spannung.

Als Zuschauer wird man oft auch Aktionen zu sehen bekommen, die man nicht befürworten kann. So sehen wir am Anfang der dritten Staffel, wie ein Großteil der verleibenden Menschen unter der Sklaverei der Zylone auf einen neuen Planeten lebt. Es wird schonungslos gezeigt, wie die Charaktere die Notwendigkeit von terroristischen Mitteln diskutieren und sich dazu entschließen, Unschuldige zu Selbstmordattentätern zu machen, um so ein paar Zylone zu töten. Verräter der eigenen Rassen werden ohne richtige Verhandlung kurzerhand aus der Luftschleuse ins endlose All geworfen. Das sind Sachen, die man als Zuschauer vielleicht nicht akzeptieren kann, trotzdem versteht man auf eine Art, warum die Charaktere so handeln mussten.

Neben diesen ernsten und zum Teil schockierenden Bildern gibt es aber auch manchmal Szenen, die einen positiv berühren und Hoffnung erwecken. So kehrt beispielsweise die tot geglaubte Kara Thrace auf die Bildfläche zurück und das mit den Worten: "I've been to Earth. I know where it is, and I'm gonna take us there." Später wird offenbart, dass Saul Tigh, der größte Zylonen-Hasser in der Serie, selbst einer ist. Seine unerwartet rührende Reaktion darauf: "My name is Saul Tigh. I'm an officer in the Colonial Fleet. Whatever else I am, whatever else it means, that's the man I want to be. And if I die today, that's the man I'll be."

Nach vier Staffeln und einer Mini-Serie ist die Reise zuende gegangen. Und es gab wirklich nur einen Ort, wo sie hätte enden konnen: Auf der Erde. Im Wesentlichen lässt sich das Finale in zwei Abschnitte gliedern. Im ersten Teil geht es um die Rettung von Hera Agathon vor den Zylonen - sie ist der erste und bisher einzige Mensch-Zylonen-Hybrid und vermutlich sogar die Mitochondriale Eva. Eingeleitet wird dieser Teil durch die letzte Rede von Adama, für die sich Edward James Olmos mindestens eine Emmy-Nominierung verdient hätte. Anschließend führt die Galactica den Sprung zur Colony aus, dem feindlichen Zylonenschiff.

"Galactica has seen a lot of history, gone through a lot of battles. This will be her last. She will not fail us, if we do not fail her. If we succeed in our mission, Galactica will bring us home. If we don't... it doesn't matter anyway."

Darauf folgt eine der heftigsten und intensivsten Schlachten der bisherigen Fernsehgeschichte. Untermalt wird das Ganze mit der atmosphärischen Musik von Bear McCreary. Leider wurde er nie für seine Arbeit ausgezeichnet, obwohl sein Soundtrack ohne Zweifel zu den besten im Fernsehen gehört.

Nachdem das Geheimnis der Opernhausvision und des "Watchtower"-Songs, in dem Kara letztlich die Koordinaten der Erde endeckt, gelüftet ist, und die Flotte auf der Erde ankommt, nimmt sich Serienerfinder Ronald D. Moore fast eine halbe Stunde Zeit, um sich vollkommen dem zu widmen, was ihm in der Serie immer am Wichtigsten war: die Charaktere. Nach und nach verabschieden sie sich voneinder und wir uns von ihnen. Jeder möchte nun sein eigenes Leben beginnen, was auch nachvollziehbar ist. Wir bekommen eine herzzereißende Vater-Sohn-Abschiedsszene zwischen Lee und Bill Adama, anschließend verabschiedet sich Adama noch von Kara mit genau den Worten, die zugleich auch ihre ersten miteinader ausgetauschten zu Serienbeginn waren.

Kara löst sich kurze Zeit später vor den Augen Lees in Luft auf und der Zuschauer realisiert nun endgültig, dass sie ein Engel war, der die Aufgabe hatte, die Flotte zur Erde zu führen. Dies hat sie nun erfüllt. Der tragischste Abschied war jedoch der von Laura Rosslin. Sie verbringt ihre letzten Momente mit Bill Adama, kurze Zeit später wird sie von ihrem Krebs besiegt. Dazu wieder die passende Musik von Bear McCreary, die nicht besser hätte sein können, und wir haben einen der traurigsten Momente der Serie.

All of this has happened before and all of this will happen again

150.000 Jahre später sind wir im heutigen New York angekommen. Ronald D. Moore schafft somit die Verbindung zur realen Welt. Jimmi Hendrix' lang ersehnte Version von "All along the Watchtower" setzt ein, und wir sehen die ersten entwickelten Roboter-Versuche. Es scheint, als ob der Kreislauf und damit auch die Geschichte wieder von vorne beginnen könnte. Damit verabschiedet sich eine Serie, die wirklich jeder gesehen haben muss.

Viele Kritiker und Bekanntheiten u.a. Kevin Smith und Joss Whedon bezeichnen "Battlestar Galactica" als die beste Serie überhaupt. Ein Titel, den bisher meistens nur "The Wire" und "The Sopranos" innehatten. Zudem sprechen solche Kommentare, die Fans von "The Wire" verfassten, nachdem sie Battlestar gesehen haben, für die hohe Qualität der Serie: Man lernt viel aus "The Wire", aber das Erlernte gelangt erst durch "Battlestar Galactica" in die Seele.

Auch die Zukunft des Franchise ist bereits gesichert. Nächstes Jahr startet "Caprica", ein Spin-Off, das ca. 58 Jahre vor den Ereignissen in "Battlestar Galactica" angesiedelt ist. Ende Oktober erscheint der TV-Film "The Plan", der die Geschichte aus der Sicht der Zylone erzählt. Darüber hinaus wurden von Edward James Olmos weitere Filme versprochen. Das alles ist Grund genug, um einen Ehrenplatz in unserer Sonderkategorie zu erhalten.

Christoph B. - myFanbase

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