Die besten Charaktere 2009/2010
Platz 5: Hank Schrader (Breaking Bad)
Seien wir doch mal ehrlich: Im Grunde könnte man die restlichen fünf Plätze in dieser Liste allesamt an Figuren aus "Breaking Bad" vergeben und es wäre alles andere als eine schlechte Wahl. Denn in seiner dritten Staffel zeigte sich das AMC-Drama von Vince Gilligan so charakterstark wie noch nie. Und das muss was heißen! War es in den ersten beiden Staffeln noch der Protagonist Walter White, der das Publikum derart an die Bildschirme fesselte, dass wir ihn in unserem letzten Rückblick mit dem ersten Platz bei den Top-Charakteren würdigten, blühten in der dritten Staffel allem voran die Nebencharaktere auf. Als ganz besonderes Vergissmeinnicht stellte sich dabei unser aller liebster DEA-Ermittler Hank heraus.
"It's like something's eating him away from inside."
So wie wir Hank in der ersten Staffel kennenlernten, als großmäuligen Protz mit gewöhnungsbedürftigem Humor, sehen wir ihn schon lange nicht mehr. Denn so hart und selbstbewusst Hank sich nach außen auch immer noch gerne gibt, haben ihn Tucos Tod und das traumatische Erlebnis in El Paso sichtlich verändert. Von Panik- und Angstattacken geplagt, verwandelte sich Hank zunehmend in ein emotionales Wrack, das an seinem großen Ego und dem eigens auferlegten Druck, privat wie beruflich seinen Mann stehen zu müssen, völlig zu zerbrechen droht.
Dabei schien Anfang der Staffel doch noch alles bestens im Hause Schrader. Erst der verhängnisvolle Anruf aus dem Chefbüro der DEA, der Hank wieder nach El Paso delegiert, lässt all die bösen Erinnerungen wieder hochkochen. Natürlich tut Macho Hank vor seinem Kumpel Gomez so, als wären das großartige Nachrichten, natürlich markiert er vor Marie den Mutigen und vergleicht El Paso mit dem Superbowl, um seiner Frau ihre Vorbehalte zu nehmen. Das stetige Verleugnen seiner wahren Gefühle macht ihn mit der Zeit jedoch zunehmend aggressiver. Seine Wut auf sich selbst, auf sein Unvermögen, mit dem Erlebten umzugehen und seine Ängste zu überwinden, lässt er einfach an anderen aus. Zunächst an wildfremden Besuchern einer Bar, die er als verdächtig einstuft und deswegen brutal zusammenschlägt, danach an Gomez, der ihm eigentlich bloß helfen möchte, weil er sich Sorgen um seinen Partner macht, und schließlich an Marie, die ebenfalls ganz genau spürt, wie Hank innerlich zerfressen wird von den Geistern der Vergangenheit.
Als in Albuquerque urplötzlich wieder neues blaues Meth auftaucht, ist das für Hank wie eine Erlösung. Denn damit bietet sich ihm nicht nur die Gelegenheit, all seine anderen Probleme zu verdrängen indem er sich wieder voll in die Arbeit stürzt, sondern auch die perfekte Ausrede, El Paso auf die lange Bank zu schieben und dabei trotzdem sein Gesicht zu wahren. Schließlich kann keiner von ihm verlangen, kurz vor einem großen Durchbruch im Fall Heisenberg alles stehen und liegen zu lassen. Oder vielleicht doch? Trotz der großen Fortschritte, die Hank in seinen akribischen Ermittlungen macht, stellt ihm sein Boss ein Ultimatum, das Hank dazu zwingt, für einen kurzen Moment seine Fassade fallen zu lassen. Zwar ist er selbstverständlich zu stolz, ASAC Merkert die wahren Gründe für seine Ablehnung der Beförderung zu gestehen, doch das ist auch gar nicht wirklich nötig, ist Hanks exzessives Verhalten mittlerweile mehr als durchschaubar.
So schickt Merkert stattdessen Gomez nach El Paso, während Hank weiterhin wie besessen Nachforschungen im Fall Heisenberg anstellt und dabei immer wieder Grenzen überschreitet. Letztlich gelingt ihm aber tatsächlich der ganz große Durchbruch, als er Jesses Wohnwagen aufspürt und nur noch eine Wohnmobiltür und einen Durchsuchungsbefehl vor der Verhaftung seines eigenen Schwagers steht. Doch wieder ist es ein Anruf, der Hanks Leben auf den Kopf stellt. Denn um Walter und Jesse aus ihrer brenzligen Lage zu befreien, lässt Saul ihm telefonisch mitteilen, dass seine Frau schwer verletzt im Krankenhaus liegt. Und spätestens in diesem Augenblick muss man den unverbesserlichen Macho, der einfach keine Schwäche eingestehen will, als Zuschauer trotzdem lieben, denn so kaltblütig und verbissen Hank in seinem Beruf auch immer wieder wirkt, für seine Familie lässt er alles stehen und liegen. Dementsprechend rutscht einem auch direkt das Herz in die Hose, als Hank die Wahrheit erfährt, denn man weiß ganz genau, dass das nur böse enden kann.
Und das tut es auch. Denn Hank wurde in seinem wunden Punkt getroffen und kann einfach nicht zulassen, dass jemand seine Familie bedroht. So brennen ihm völlig die Sicherungen durch, als er Jesse konfrontiert. Nahezu bis zur Unkenntlichkeit verprügelt er ihn. Doch was danach geschieht, ist, womit er sich endgültig seinen Platz in dieser Liste verdient hat. Denn im Gegensatz zu allen anderen "Breaking Bad"-Charakteren, die mittlerweile allesamt auf irgendeine Art und Weise – manche mehr, manche weniger – unmoralisch handeln, bleibt Hank seinen Idealen letztlich treu und trifft, grundanständig wie er ist, die für ihn einzig richtigen Entscheidungen: Er hört auf sein moralisches Gewissen und ruft direkt einen Krankenwagen für Jesse. Er stellt sich den Konsequenzen seines Handelns, auch wenn er ganz genau weiß, dass ihn das seinen Job kosten könnte. Und er lässt endlich die eiserne Maske fallen. Er reißt den Duschvorhang auf, hinter dem er sich so lange versteckt gehalten hat, und vertraut sich seiner Frau an, weint sich sogar buchstäblich an ihrer Schulter aus. Er beichtet Marie all das, was sie schon so lange befürchtet hatte: die Schlaflosigkeit, die Angstzustände, die Panikattacken. Der Knoten ist also endgültig geplatzt.
Was ihm danach zustößt, macht ihn hinter diesem Hintergrund natürlich nur noch mehr zu einer tragischen Figur. Da will Hank nach dieser aufreibenden emotionalen Geisterbahnfahrt seine Frau mit Blumen überraschen und wird auf dem Weg nach Hause von zwei wildfremden Mexikanern lebensgefährlich angeschossen, weil er seine Dienstwaffe kurz davor abgeben musste und ihnen deswegen hilflos ausgeliefert ist. Einmal mehr fühlt, leidet und fiebert man als Zuschauer mit wie mit kaum einer anderen Serienfigur. Denn auch wenn Hank weiß Gott kein Mensch ohne Schwächen ist, trägt er sein Herz eindeutig am rechten Fleck. Und das macht ihn in "Breaking Bad" zu einer wertvollen Rarität, die man auf keinen Fall missen möchte.
Paulina Banaszek - myFanbase
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