Die besten Staffeln 2010/2011
Justified (Staffel 2)
Ich muss gestehen, dass ich nach der ersten Staffel der Meinung war, in "Justified" ein Serienjuwel gefunden zu haben. Nach dem Ende der zweiten Staffel muss ich revidieren. In Wirklichkeit hat die Geschichte um Deputy Raylan Givens nämlich als nett aussehender Stein begonnen, der jetzt von talentierten Schauspielern und noch talentierteren Autoren innerhalb von dreizehn Episoden zu einer Kostbarkeit geschliffen wurde, an der man im Grunde in der heutigen Serienlandschaft nicht vorbei kann.
Closer to home
Bislang hat "Justified" zwar in erster Linie von Atmosphäre gelebt, aber nun zieht die Serie alle Register und präsentiert auf beinahe einmalige Art und Weise seine Geschichten und Charaktere und zeichnet dabei das Bild einer Gesellschaft, die durch ihre Überzeichnung so greif- und vor allem spürbar wird, das man emotional sofort gefangen wird, vor allem, weil man nach Schwarz-Weiß-Zeichnungen vergebens sucht. Die Antagonisten schrammen meist nur knapp daran vorbei, sympathisch zu wirken und die eigentlichen Sympathieträger der Serie disqualifizieren sich meist durch fragwürdige Handlungen. Die Kriminalfälle rücken angesichts der vielschichtigen Familiengeschichten und Milieustudien in den Hintergrund und es sind in erster Linie diese ruhigen Erzählungen, die dem Plot mit Nachdruck die nötige Tiefe verleihen. Denn im Grunde sieht man kaum nennenswerte Entwicklungen in den Hauptcharakteren selbst, sondern vielmehr Einstellungen und vor allem Entscheidungen, die in den Personen von Anfang an angelegt waren, die nun aber durch die Hintergründe des offensichtlichen Alltags klarer verständlich werden.
Wirklich besonders ist, dass man bei aller Epik des Geschichtenerzählens die Spannungsträger der Serie nicht vergessen hat. Schusswechsel, Faustkämpfe und mitunter auch Stacheldrähte, Elektroschocker und Hämmer haben immer noch ihren festen Platz und auch in ruhigeren Szenen muss man manchmal nur einen Blick zwischen die Zeilen werfen, um sich der Gefährlichkeit der jeweiligen Situation bewusst zu werden. Das gilt vor allem für die Gespräche zwischen Raylan und den Bennets, in denen bisweilen nur ein Wort fehlen würde, um die Sache eskalieren zu lassen. Vor allem für den Marshal selbst wird die zweite Staffel zum Tanz auf dem Drahtseil, bei dem ihm immer und immer wieder vor Augen geführt wird, dass jeder Schritt sein letzter sein könnte.
Ihr ganzes Können zeigen die Autoren aber in den finalen Folgen, in denen sie mit großer Sorgfalt vorbereitete Handlungsstränge zu einem Geflecht verknüpfen, aus dem sich niemand mehr wirklich befreien kann. Am Ende zahlt ausnahmslos jeder seinen Preis für die gemeinsame Vergangenheit und für ein im Grunde unschuldiges Mädchen, dessen Vergewaltigung den Stein überhaupt erst ins Rollen gebracht hat.
Was "Justified" jedoch wirklich zu einer brillanten Serie werden ließ, sind nicht allein die gottbegnadeten Schauspieler, die scharfsinnigen Drehbücher und auch nicht die dichte Atmosphäre. Es ist vor allem die Tatsache, dass keine Fragen gestellt und auch keine Antworten gegeben werden. Vielmehr bleibt es den Zuschauern überlassen, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. Man muss seinen eigenen Weg durch diese grandiosen Geschichten finden und wird dabei von den Charakteren kaum beeinflusst. Die Serie berührt, sie stößt an und provoziert. Und wenn man nicht nur nach guter Unterhaltung sucht, sondern nach ein wenig mehr, und wenn man sich vollkommen darauf einlässt, bietet einem diese Geschichte die Möglichkeit, sich emotionalen, moralischen und ideologischen Herausforderungen zu stellen.
Man weiß noch nicht, was einen in der nächsten Staffel erwarten wird, aber die Messlatte liegt nach dieser Season unglaublich hoch. Was auch immer die Zukunft für die Familien Harlans bereit hält, den Serienolymp hat "Justified" meiner Meinung nach bereits erklommen. Und solange man Raylans Geschichte auch weiterhin so authentisch und mit so viel bloßgestellt archaischer Menschlichkeit erzählt, dürfte eigentlich einem anhaltenden Erfolg nichts mehr im Wege stehen.
Eva Kügerl – myFanbase
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