Dreistestes Product-Placement 2008/2009
90210

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Seit es das Privatfernsehen gibt, kennt der Mensch die Werbeunterbrechung. Sitzt man gerade gespannt vor dem Fernseher und hofft zu erfahren, was in der Lieblingsserie oder dem aktuell laufenden Film als nächstes passiert, kommt auch schon die mitunter nervtötende Einblendung mit musikalischer Untermalung und bekannte und unbekannte Personen versuchen, uns ihre neuesten Produkte anzupreisen. Doch schnell hat der Mensch verstanden, wie er sich Abhilfe schaffen kann. Er schaltet in der Werbepause auf andere Sender um, holt sich etwas zu essen, besucht die Toilette etc. Das ist natürlich nicht gut für die Werbeeinnahmen, die der Sender sich erhofft, und so mussten die engagierten Herrschaften am anderen Ende des Apparats bald darüber nachdenken, wie sie mit gewitzten Methoden den Zuschauer dazu bringen könnten, die Werbung weiterhin wahrzunehmen und v.a. dadurch inspiriert zu werden, sofort in den Supermarkt zu laufen und das neueste, angepriesene Produkt käuflich zu erwerben.

We're on a road trip. Drinking Dr. Pepper is practically a requirement.

Eine der neueren Varianten, die dabei helfen sollen, ist das so genannte Product-Placement. Wie der Name schon impliziert, wird ein Werbeprodukt geschickt innerhalb des Serien- oder Filmverlaufs in die Erzählung eingefügt – idealerweise so, dass der Zuschauer es kaum bewusst wahrnehmen kann. Der Zuschauer findet es unglaublich cool, dass die Figuren der eigenen Lieblingsshow das neue T-Mobile Sidekick benutzen oder Diet Snapple trinken und beschließen, es ihnen gleich zu tun. So die Theorie. Einige Serien schaffen es auch auf entweder sehr subtile Weise das Produkt einzubauen. Ein positives Beispiel war da immer "O.C., California", bei dem mir lange Zeit gar nicht bewusst war, dass dort so viele Produkte platziert worden waren.

Insbesondere bei Comedy-Serien ist auch eine wenig subtilere Methode möglich, wenn man sich gleichzeitig amüsant auf die Schippe nimmt und das Produkt ein wenig übertrieben und mit kleinem Augenzwinkern präsentiert, wie es im wahrsten Sinne des Wortes Tina Fey bereits häufig mit dem amerikanischen Softdrink-Hersteller Snapple in ihrer Comedysendung "30 Rock" getan hat. Doch leider gibt es auch Negativbeispiele, unter denen sich in der letzten Season insbesondere das Remake "90210" - erhoffter neuer Stern am Teeniesoap-Himmel – hervorgetan hat. Ich bin alles andere als gegen Product-Placement, insbesondere wenn dadurch meine Lieblingsserie finanziert und vielleicht sogar gerettet werden kann, wie es voraussichtlich bei der mit niedrigen Quoten gestraften Comedy "Chuck" der Fall sein wird, die hauptsächlich durch ihren Hauptsponsor Subway am Leben gehalten wird. Natürlich wollen auch die Fernsehsender Geld verdienen. Wenn uns dann aber schon als Zuschauer die Werbung quasi in regelmäßigen Abständen ins Gehirn gebrannt wird, sollte es wenigstens so unauffällig und nebensächlich sein, dass sie nicht von der eigentlichen Story ablenkt bzw. diese bestimmt.

Bereits in den Anfängen der ersten Staffel fiel mir negativ auf, dass sich auf der Terrasse des Peach Pits gleich mehrfach riesige Logos der Softdrink-Marke Dr. Pepper befanden. "Wie subtil...", dachte ich mir, es ließ mich jedoch relativ kalt. Sobald einem so eine Sache jedoch mal aufgefallen ist, bemerkt man es an jeder Stelle. In der Schulkantine, zu Hause, im Restaurant, überall trinkt jeder augenscheinlich nur noch dieses geschmacklich durchaus gewöhnungsbedürftige Cola-Getränk.

Mit der Zeit wurde es dann auch immer nervtötender und ein Tiefpunkt wurde in der Episode #1.19 Okaeri, Donna! erreicht, als Annie und Dixon sich auf einen Road-Trip begeben, der darin enden soll, dass Dixon seine leibliche Mutter treffen wird. Zu Beginn der Autofahrt fordert Dixon als Fahrer eine kleine Erfrischung, woraufhin Annie ganz elegant nach hinten in die Kühlbox greift, in der einige Dosen Dr. Pepper attraktiv und sich selbst grandios in Szene setzend in ein paar kühlende Eiswürfel eingebettet sind. Noch besser kommt es kurz darauf bei einer Pinkelpause, als sich Dixon über die erneute Unterbrechung der Fahrt beschwert und meint, sie müssten vielleicht weniger häufig anhalten, wenn Annie nicht so viel Dr. Pepper trinken würde – gewagt, zu implizieren, dass einige Dosen des gekühlten Erfrischungsgetränks den Harndrang erhöhen, das werden die unzähligen Zuschauer, die die Serie hat, aber nicht gerne vor die Nase gehalten bekommen – und hält dabei ganz unauffällig erneut eine Dose in die Kamera. Daraufhin antwortet Annie selbstverständlich mit "We're on a road trip. Drinking Dr. Pepper is practically a requirement." Im Writers' Room mag sich die Szene vielleicht noch lustig anhören, doch ohne den nötigen Humor konnte sie bei mir nur ein genervtes Augenrollen auslösen. Das einzig Lustige an der Sache war die offensichtlich werdende Tatsache, dass die beiden Darsteller selbst nicht wirklich überzeugt von ihrem Dialog zu sein schienen. Anders kann ich mir die mangelnde Begeisterung und das gelangweilte Schauspiel nur schlecht erklären (okay, das ist gelogen, ich kann mir letzteres sehr gut erklären, allerdings trägt es nicht unbedingt dazu bei, das Product-Placement ansprechender zu gestalten).

Es bleibt abzuwarten, ob Dr. Pepper nach dieser penetranten Werbung im letzten Jahr es überhaupt noch nötig hat, weiterhin in der Serie gezeigt zu werden. Falls der Vertrag jedoch fortgesetzt wird, kann man nur hoffen, dass sich die Autoren in der kommenden Staffel mehr Mühe geben, ihre Produkte angemessen in die Serie einzubinden. Zahlt der Getränkehersteller wirklich so viel, dass es sich lohnt, die Zuschauer dermaßen zu massakrieren? Ich sehe mir gerne die integrierte Werbung an – ehrlich gesagt lieber als die Werbeunterbrechungen. Aber dann möchte ich auch bitte nicht für dumm verkauft werden und die Produkte dermaßen in den Hals geschoben bekommen. Etwas mehr Kreativität sollte doch zu erwarten sein. Derart dreistes Product-Placement hat sich jedenfalls definitiv einen Platz in unserer Sonderkategorie verdient.

Nadine Watz - myFanbase

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