Mittsommernacht - Review Miniserie
Wenn man sich möglichst wenig über eine Serie vorab informiert, wenn man sich dann auch den Trailer nicht anschaut und damit nur Argumente wie schöne skandinavische Landschaft und romantische Vorstellungen von Mittsommer hat, ja, dann kann man sich bei einer Produktion mal ganz gewaltig vertun. Auch wenn ich nicht per se eine Krimiserie vermutet hatte, so bringe ich Skandinavien doch meist mit düsteren Genres in Verbindung, weil sie es dort auch einfach drauf haben und weil natürlich auch der lange Winter, je näher man in den Ländern am Nordpol ist, mit seiner bald ausbleibenden Helligkeit erst recht zu solchen Geschichten einlädt. Aber wir haben den 22. Juni, den längsten Tag des Jahres auf der nördlichen Halbkugel und da wird es quasi überhaupt nicht dunkel und ja, da kann man auch sehr leichte Geschichten erzählen. So würde ich nun auch die neue norwegische Produktion "Mittsommernacht" einschätzen, die mich ein wenig an "Weihnachten zu Hause" erinnert hat, wenig überraschend auch eine norwegische Produktion. Bei "Mittsommernacht" haben wir es aber weniger mit einer Dramedy zu tun, da ich die fünf Episoden mit knapp 30 Minuten nicht vorrangig lustig fand. Sie war da doch deutlich mehr dramatisch, aber Parallelen sind eindeutig die Familienzusammenführung und wie dadurch Konflikte erst hoch- und dann eindeutig überkochen.
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Die Serie ist aufgrund der geringen Episodenanzahl und dann auch noch kurzen Laufzeit wirklich flott wegzugucken, aber auch der Inhalt lädt dazu ein. Dementsprechend ist die Erzählweise auf jeden Fall geschickt gewählt. Wir haben den Mittsommer und die Zusammenkunft selbst, aber wir haben immer auch Rückblenden, die ein klareres Bild zu den unterschiedlichen Figuren unterstützen. Denn im Grunde sind alle Figuren für diese Miniserie wichtig, alle haben eine Geschichte, alle haben Geheimnisse und unterdrückte Gefühle. Dementsprechend gibt es über die fünf Episoden hinweg auch immer Neues zu entdecken, weswegen ich immer weitergucken wollte. Dennoch würde ich insgesamt sagen, dass diese Miniserie locker noch mehr hätte ausgebaut werden können. Dass es insgesamt bei dieser einen Staffel bleibt, das ist völlig okay, aber es wurde ein überzeugender Cast zusammengestellt und es waren viele Konflikte an Bord geladen, die man gut und gerne noch intensiver hätte ausbauen können und dennoch wäre die Serie gewiss nicht langweilig geworden. Deswegen würde ich insgesamt sagen, eine gute Miniserie, die auch in der Gesamtbetrachtung ihre Botschaften rübergebracht hat, die aber auch letztlich den Eindruck erweckt, nicht alles an Potenzial abgerufen zu haben.
Wenn wir noch einmal auf die Details gucken, dann haben wir eine durchgewogene Altersstruktur, wobei auf Kinder/Jugendliche verzichtet wird. Die werden hier aber auch nicht vermisst, zumal es bei den ausgewählten Figuren auch organisch wirkte, dass noch kein Nachwuchs da war. Vielleicht wäre ein Großelternteil noch ein interessanter Aspekt gewesen, um so wirklich drei Generationen am Tisch zu haben, aber auch wenn es nur zwei Generationen sind, so sind die Unterschiede doch zwischen den einzelnen Figuren groß genug, auch in kultureller Hinsicht. Die Serie startet mit einer großen Gruppenszene, so dass wir alle neuen Figuren auf einem Haufen haben. Auch wenn alles spaßig und launig aussieht, so liegt doch auch etwas in der Luft, was eine baldige Explosion in Aussicht stellt. Dann gibt es einen Sprung zurück und wir sind bei den Vorbereitungen auf den Feiertag und erfahren vorab schon, dass Carina (Pernilla August) und Johannes (Dennis Storhøi) mit einer Verkündigung reingehen. Daher war es dann spannend, als so nach und nach die einzelnen Figuren eintrudelten, sie für mich zu sortieren, die unterschiedlichen Verbindungen untereinander herauszufinden und wer steht zu wem wie? Wer kann gut mit wem, wer teilt Geheimnisse, wer steht sich gegenüber, wo lauern die Konflikte? Wenn man das alles schon mal in der eigenen Familie durchgemacht hat, dann mag das für viele zu nah an der eigenen Haustüre sein, aber ich fand es faszinierend, dass alles zu ergründen.
Wie das natürlich immer so ist, einige Figuren sagen einem mehr zu als andere. Mir haben dabei vor allem Helena (Sofia Tjelta), Lysander (Kim Falck) und Petronella (Maria Agwumaro) am besten gefallen. Gerade bei den letzten beiden lässt sich für mich dann auch gut festmachen, warum es manchmal leider etwas oberflächlich geblieben ist. Lysander ist der Ex von Hanne (Amalia Holm), der sie vor einigen Jahren sehr unerwartet verlassen hat und ihn nun am Tisch sitzen zu haben, das ist durchaus verwunderlich. Irgendwann zeigt sich, dass das nicht von ungefähr kommt, weil er schwer krank ist. Auch wenn sich erahnen lässt, warum er seine Mutter Elin (Liv Bernhoft Osa) zu ihrer besten Freundin Carina begleitet hat, aber dennoch wäre aus seinem Innenleben noch viel mehr herauszuholen gewesen. Bei Petronella wiederum war es für mich so, dass ihre Verbindungen innerhalb der Gesellschaft am schwersten zu interpretieren waren. Sie spricht bei Hanne und Helena von Schwestern, aber alleine aufgrund der Ethnie ist klar, dass sie nicht genauso die Tochter von Johannes und Carina sein kann wie die anderen beiden. Adoption wäre durchaus eine Möglichkeit gewesen, aber da es seltsame Andeutungen gab, dass Carinas Bruder Håkan (Christopher Wollter) ein guter Onkel für Hanne und Helena war, wirkte das auch nicht richtig. Letztlich wird es mit Kind aus erster Ehe von Johannes geklärt, aber das wirklich erst in der finalen Episode und ihre angedeutete Geschichte klingt auch so spannend, aber die bleibt am Ende dann bei nicht erzählt.
Dennoch war es insgesamt wirklich relativ gerecht verteilt. Einzig Tabur (Kadir Talabani) war für mich wirklich außen vor, aber ansonsten hat da jeder seinen Moment bekommen und so wurde auch gezeigt, dass es auch in einem relativ kleinen Rahmen (aufgrund der Laufzeit) gelingt, dass man sich schnell Bilder von Figuren machen kann. Auffällig ist dann natürlich auch, dass Konflikte sehr ideale Erzählstrategien sind, um für Unruhe zu sorgen, aber auch für Tempo, um so nicht alles harmonisch vor sich hinschaukeln zu lassen. Wenn einmal hässliche Worte ausgesprochen sind, dann muss danach aufgeräumt werden und dabei kann man auch immer wieder viel über Charaktere lernen. Die Themenvielfalt war auch breit, Liebe über das Alter hinweg, wie sieht es bei Partnern aus, die schon viele Jahrzehnte verheiratet sind. Ist das erstrebenswert? Gibt das Sicherheit oder fehlt irgendwann der Kick, weil man sich auch im Rentenalter nicht einfach dem Endviertel des Lebens hingeben will? Bei junger Liebe: wie erkennt man, dass man sich für den Rest des Lebens entscheiden kann? Und muss das überhaupt sein, gibt es nicht auch noch andere Modelle? Dazu auch Liebe über Generationen hinweg, wie wir es bei Håkan und Sara (Fanny Klefelt) haben und die sich aufgrund von Kindern natürlich ganz andere Gedanken machen müssen.
Am Ende ist es natürlich rosarot, was aber auch trotz der Dramatik zwischendurch zu der Atmosphäre, auch speziell durch Mittsommer, passte. Aber ich hatte dennoch auch das Gefühl, dass es nach den aufgeworfenen Konflikten und Lebensfragen jeweils einen Punkt gab, wo in sich gegangen wurde. So sind es auf jeden Fall mit Überzeugung getroffene Entscheidungen für das Hier und Jetzt. Die Zukunft ist die Zukunft und die kennt niemand von uns.
Die Serie "Mittsommernacht" ansehen:
Fazit
"Mittsommernacht" nutzt den längsten Tag des Jahres, um ausschnitthaft Geschichten mitten aus dem Leben zu erzählen. Mit einer zügigen Laufzeit und dazu auch nur fünf Episoden ist es ideal wegzugucken, ist aber auch erzählerisch gut darauf ausgelegt. Oberflächlichkeit hier und da ist leider gegeben, da hätte man gerne noch mehr Episoden produzieren können, aber die Absicht der Serie kam bei mir an und hat mich insgesamt gut unterhalten. Gerade, wer Familiendynamiken und entsprechende Konflikte als erzählerisches Motiv spannend findet, wird auf seine Kosten kommen.
Lena Donth - myFanbase
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