Moon Knight - Review Staffel 1

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Von den Marvel-Serien, die seit Januar 2021 regelmäßig bei Disney+ veröffentlicht werden, war "Moon Knight" definitiv die, auf die meine Vorfreude am geringsten ausgefallen ist. Das hat sicherlich vor allem daran gelegen, dass das gesamte Figurenrepertoire sowie der Inhalt für Nicht-Comickenner*innen völlig neu ist. Die anderen Serien hatten bislang immer einen bekannten Anknüpfungspunkt an das MCU und haben das dann genutzt, um neue Figuren und neue inhaltliche Dimensionen einzuführen. Bei "Moon Knight" ist nichts davon der Fall, auch wenn sicherlich zu vermuten ist, dass der ein oder andere Aspekt möglicherweise doch in der Zukunft des MCUs noch eine größere Rolle spielen wird. Weiterhin bin ich in der ägyptologischen Mythologie überhaupt nicht firm. Wäre die Serie mit griechischem Schwerpunkt angekündigt worden, meine Begeisterung wäre automatisch in die Höhe geschnellt. Zuletzt war meine Skepsis, dass im Vorfeld immer wieder zu lesen war, dass "Moon Knight" nicht unbedingt aus dem Hause Marvel wiederzuerkennen ist. Und da bin ich dann etwas snobistisch und sage, wo Marvel drauf steht, da sollte auch Marvel drin sein. Natürlich habe ich der Serie dennoch eine Chance gegeben und muss sagen, dass es ein wirklich wilder Ritt war.

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Moon Knight
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Im Grunde ist jede Episode ein Kunstwerk für sich. Es gibt zwar einen roten Faden, aber atmosphärisch, vom Inhaltsschwerpunkt, von der stilistischen Gestaltung der Episode und von vielem mehr aus, könnte man dennoch meinen, mit jeder weiteren Folge doch eine andere Serie zu sehen, weswegen er sich hier wohl anbietet, in dieser Review Episode für Episode anzugehen. Die erste Episode hat mir als Einstieg wirklich gut gefallen und es war eigentlich auch die, wo ich direkt dann doch den Marvel-Stempel gemerkt habe, denn Steven Grant (Oscar Isaac) ist eine Marvel-typische Figur, wie sie leibt und lebt. Es wird sich ausführlich Zeit genommen, ihn als Figur vorzustellen und wir erleben einen Außenseiter mit Schlafproblemen, der das Herz am rechten Fleck hat, das aber nirgendwo wirklich unter Beweis stellen darf. Wenn man als Zuschauer*in miterlebt, wie abwertend stellenweise mit ihm umgegangen wird, dann wächst die emotionale Bindung von ganz alleine. Nach hinten heraus nähern wir uns dann dem eigentlichen Mysterium und auch hier ist die Heranführung behutsam gestaltet worden. Es gibt erste Hinweise zu der ägyptischen Mythologie, die für erste Fragezeichen sorgen, aber dennoch bildet der Hauptschwerpunkt eine wilde Verfolgungsjagd, die ich auch herrlich albern, aber gleichzeitig auch spannend fand, weil hier endgültig klar wurde, dass der Körper noch von wem anders bewohnt wird, was schließlich auch mit den Hinweisen zu Marc Spector beantwortet wird.

Nach diesem gelungenen Auftakt wird das Tempo in der zweiten Episode etwas herausgenommen, da es nun intensiver darum geht, in das zentrale Mysterium einzutauchen. Das ist sicherlich dringend nötig, um für Verständnis zu sorgen, dennoch ist die zweite Episode im Vergleich dadurch etwas lebloser und zieht sich etwas in die Länge. Vor allem wird ersichtlich, dass Ethan Hawke als Antagonist Arthur Harrow zwar gut gespielt ist, aber dennoch nicht so ein Profil hat, dass er lange in Erinnerung bleiben wird, was die späteren Episoden auch unterstreichen. Als er Steven nämlich in seine Welt einführt, bekommen wir zu Ammit und Co zwar viele Antworten, aber dennoch waren es auch langatmige Szenen, weil Arthur selbst nicht das Profil entwickeln darf, was fasziniert und was Marc/Steven gegen ihn so spannend macht. Gleichzeitig erfahren wir auch mehr über Khonshu (gesprochen von F. Murray Abraham), der Marc als Moon Knight sein Superhelden-Ich ermöglicht und auch hier ergibt sich ein ähnliches Problem, denn nur weil er mit den Protagonisten eng verbunden ist, ist er nicht gleich ein Sympathieträger. Ich würde ihn auch eher als Antagonisten einordnen, aber dann ist es wie bei Arthur, wo der letzte Funke fehlt, wirklich mehr über den Charakter dahinter erfahren zu wollen. Zum Glück gibt es noch Layla (May Calamawy), die erstmals in Persona auftaucht und die sofort Eindruck hinterlässt. Sie ist eine Frau, die weiß, was sie will, sie ist mutig und stark und hat damit ruckzuck mehr Eindruck hinterlassen als Arthur und Khonshu zusammen.

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Oscar Isaac, Moon Knight
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Die dritte Episode taucht endgültig tief in die ägyptische Mythologie ein und für mich persönlich sogar fast zu viel. Es ist erneut eine Episode mit eher weniger Tempo, weil wir an die Götterzusammenkunft in Form der Avatare herangeführt werden. Es ist insgesamt ein sinniger Gedanke, der sich dahinter verbirgt und dennoch bleibt es in der Detailverliebtheit oberflächlich, auch wenn das widersprüchlich klingt. Aber die Episode steckt voller Informationen und dennoch hatte ich nicht das Gefühl, dass das Interesse groß war, thematische Anfänger*innen mit auf eine Reise zu nehmen. Viele der genannten Begriffe musste ich mir anschließend selbst mithilfe der Suchmaschine erklären lassen und das war durchaus spannend, aber ich hätte es besser gefunden, wenn das auch inhaltlich gelungen wäre. Diese Kritik gilt aber nicht allgemein, denn gerade zu Ammit ist durchaus viel erklärt worden, vermutlich auch, weil die gesamte erste Staffel auf ihre Erweckung hinarbeitet. Nach der misslungenen Vorsprache bei den Göttern, die erneut unterstreicht, warum Khonshu keine Figur ist, der man vertrauen sollte, geht es intensiver um die Suche nach Ammits Grab. Mit dem Auffinden des Sarkophags, der mit einer Sternenkonstellation den Weg weist kommt noch ein recht spannendes Ende. Es ist die erste Episode, in der Marc den größeren Anteil hat, die Macht über den Körper zu haben und dass will er auch unbedingt behalten, weswegen sich eine gewisse Unvernunft einstellt, denn das Deuten von ägyptologischen Zeichen, das ist definitiv Stevens Hoheitsgebiet und da hat sich für mich deutlich gezeigt, dass das Miteinander der beiden und wie auch Layla immer wieder involviert hat, definitiv der interessante Aspekt der Serie für mich ist. Aber das Ende, wo Khonshu den Himmel so beeinflusst, dass er die Sternenkonstellation von vor 2000 Jahren abbilden kann, das war optisch wirklich beeindruckend und ist auch eine gewisse stilistische Andeutung für die letzten beiden Episoden.

In der vierten Episode stehen wir vor der Herausforderung, dass Marc/Steven nun ohne Kräfte dastehen, denn Khonshu wurde für sein Einwirken auf den Himmel bestraft und ist nun als Uschebti in der Pyramide ausgestellt. Diese Idee, erstmal weg vom 'Superhelden' zu gehen, fand ich zunächst spannend, aber dadurch sind wir mitten in einen Abenteuerfilm in Ägypten spielend eingetaucht, was definitiv nicht mein Genre ist, weswegen ich auch deutlich merkte, dass mich die Episode etwas verloren hat. Dass Steven Layla geküsst hat, war auch ziemlich überflüssig, während die Enthüllung zum Tod ihres Vaters sicherlich mit der wichtigste Aspekt der Episode war und dennoch war das Kämpfen gegen dieses unmenschliche Wesen, das mysteriöse Auftauchen von Arthur und vieles mehr eher langweilig, auch weil man hier deutlich merkte, dass wieder ausgebremst wurde. Deswegen war es gut, dass das Ende der Episode dann eine Vollbremsung darstellt und alles auf den Kopf stellt. Mit dem Sprung in die psychiatrische Anstalt ist plötzlich gar nichts mehr klar, weil sich alles irgendwie überschneidet, aber doch so gegensätzlich ist und man fragt sich schon: was für ein verrücktes Spiel ist das eigentlich? Ist überhaupt irgendetwas Realität?

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Die fünfte Episode hat mir neben der ersten Episode am besten gefallen, auch wenn sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Aber hier sind wir tief in die Erklärungen zu der dissoziativen Identitätsstörung von Marc eingetaucht, was für die gesamte Serie unheimlich entscheidend ist. Ich finde tiefenpsychologische Themen ohnehin immer sehr interessant und es hat mir gefallen, wie es durch die Metapher der Klinik angegangen wurde. Mit Taweret (Antonia Salib) haben wir auch die erste Göttin, die wirklich Eindruck hinterlässt, auch weil sie von der ganzen Art her echt gut zu Steven passt und mich daher oft – besonders auch im Finale – zum Lachen bringen konnte. Hinter den verschiedenen Räumen der Klinik waren so viele Details versteckt, dass ich sie vermutlich sowieso alle gar nicht verarbeitet bekommen konnte, aber Marcs traurige Geschichte, die ist rübergekommen und die hat mich tief bewegt. Es hat das Verhältnis zu Steven erklärt, es hat die Verbindung zu Khonshu erklärt, so dass hier wirklich die wichtigsten brennenden Fragen beantwortet wurden und das eben auf eine so kreative Art und Weise, die auch einfühlsam für mentale Gesundheit geworden ist. Dafür kann es nur Daumen hoch geben. Auch die Verbindung zur ägyptischen Mythologie hat in dieser Episode wirklich gut geklappt und es sind wieder dieser intensiven, leuchtenden Farben, die wir schon durch Khonshus Wirken erlebt haben und die ziehen einfach die Augen an, weil es gerade auch für eine Fernsehserie sehr aufwendig erscheint.

Das Finale ist in sich natürlich auch sehr gut gewesen, aber hier hat sich leider etwas die Schwäche mit dem absurden Tempo aufgetan, die bei einigen der Marvel-Serien schon aufgefallen ist, gleich am Anfang auch bei "WandaVision". Das sorgt natürlich dafür, dass die finale Episode ein wilder Ritt ist, der kaum Atempausen erlaubt, aber wenn man sich dann an die Trägheit der Episoden 2 oder 4 zurückerinnert, dann ärgert es ein wenig, dass dort zu viel Zeit gelassen wurde, während hier nicht alles so ausgestaltet wurde, wie es verdient gewesen wäre. Der innige Moment zwischen Marc, der zu Steven zurückkehrt und ihn zum Superhelden seines Lebens erklärt, der wurde zum Glück so mächtig gelassen, aber Ammit ist so schnell entstanden, wie sie auch wieder verschwunden ist und auch zu Khonshu hat es nicht mehr Antworten gegeben. Dafür gab es noch einen Heldenmoment für Layla, der wunderbar gestaltet wurde und ansonsten sehr viel Action. Aber das Beste ist definitiv, wie einträchtig Steven und Marc sich nun der Körper teilen, weil es auch ein positives Zeichen für mentale Gesundheit ist. Am Ende haben wir den Cliffhanger, der endgültig eine zweite Staffel verlangt, aber das verlangen auch so viele Aspekte mehr. Marc/Steven mögen vermeintlich erstmal ihr Happy End bekommen haben, aber Khonshu, die Möglichkeiten für Layla, weitere ägyptische Götter, der Partner von Marc, der Laylas Vater auf dem Gewissen hat, all das birgt viel Potenzial. Dass ich all das gerne erleben würde, beantwortet wohl, dass "Moon Knight" von mir deutlich überwiegend Daumen hoch bekommt.

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Foto: Oscar Isaac, Moon Knight - Copyright: Marvel Studios 2022. All Rights Reserved.; Gabor Kotschy
Oscar Isaac, Moon Knight
© Marvel Studios 2022. All Rights Reserved.; Gabor Kotschy

Was über die gesamte erste Staffel aber definitiv die willkommene Konstante ist, das ist das grandiose Schauspiel von Oscar Isaac. Doppelrollen sind ohne Frage immer eine große Herausforderung, zumindest wenn es gut gemacht sein soll, und dennoch kann man natürlich große Unterschiede zwischen Produktionen feststellen. Bei "Moon Knight" hat mich konkret begeistert, dass Isaac die Rollen ja bis auf die letzten beiden Episoden nie parallel spielen musste, sondern dass er von einer Figur in die andere übergehen musste und hat man sofort gemerkt, wer er gerade ist: Steven oder Marc. Und nein, das lag definitiv nicht an den unterschiedlichen Akzenten, sondern alleine an der Mimik und der Körperhaltung, der unterschiedlichen Art zu sprechen (Steven eher ausschweifend und unsicher; Marc eher knapp und prägnant) und da hat man deutlich gemerkt, wie sehr sich der Schauspieler mit den Rollen jeweils auseinandergesetzt hat. Und selbst in den Episoden, wo Isaac die beiden gleichzeitig spielt, ist der Unterschied abgesehen von den farblich unterschiedlichen Pullovern immer zu erkennen. Das ist echt tief beeindruckend. Da ich auf eine zweite Staffel setze, in der sicherlich auch Jake Lockley dann eine größere Rolle spielen dürfte, ist alleine das schon ein spannender Aspekt, welche neuen Seiten und alleinstehende Merkmale er seiner Darstellung mitgeben kann.

Fazit

Meine Skepsis für "Moon Knight" mag groß gewesen sein, aber die Serie hat mich dennoch überwiegend überzeugen können, was vor allem einem grandiosen Isaac zu verdanken ist, der seiner Doppelrolle episch gerecht geworden ist. Zwar ist jede Episode völlig anders als die nachfolgende und dementsprechend tun sich zwischendurch auch gewisse Enttäuschungen auf, aber gerade die Wendungen und die Beschäftigung mit mentaler Gesundheit stechen deutlich hervor und machen insgesamt Lust auf eine zweite Staffel.

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Lena Donth - myFanbase

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