Nobody Wants This - Review, Staffel 1
Als die damals noch unbetitelte Comedyserie mit Kristen Bell bei Netflix angekündigt wurde, da war die Synopsis ähnlich dürftig wie später mit der Ergänzung um Adam Brody und den Serientitel "Nobody Wants This". Dass sich eine Agnostikerin und ein Rabbi ineinander verlieben, ist nun wahrlich nicht DIE Serienprämisse schlechthin. Dementsprechend wusste ich noch nicht so recht einzuschätzen, in welche Richtung es wohl gehen wird. Gleichzeitig sind Bell und Brody aber auch Namen, die bei mir ziehen. Bell für Comedy sowieso, das kann sie, das ist ihr Zuhause. Bei Brody wiederum ist für mich oft noch so, dass ich ihn echt schwer von "O.C., California" separieren kann. Auch wenn ich beispielsweise ihn in "Fleishman is in Trouble" schon in einer erwachsenen Rolle gesehen habe, aber da war er doch Nebeninventar. Auftritte im "Shazam!"-Universum haben nämlich nicht unbedingt geholfen, weil da diese charmant-verspielte Art von ihm auch so stark durchkam. Mit dieser Vorlage kann ich aber immerhin argumentieren, dass er Humor auch kann, selbst wenn er bislang noch nicht als prägnanter Comedydarsteller sich beweisen durfte. Aber die Voraussetzungen haben zum Reinzappen gereicht.
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Agnostikerin trifft Rabbi – klar, da haben wir das Thema Glauben. Für mich im Grunde mega spannend, aber auch ein Reizthema, weil ich in den diversen Medien das Gefühl habe, dass alles, was zu dem weiten Themenfeld gehört, munter in einen Mixer und zu Einheitsbrei verarbeitet wird. Religiosität ist dann unweigerlich mit Kirche verbunden, Muslime wollen alle die Scharia durchsetzen und alle Priester sind Missbrauchstäter, ist doch logisch. Deswegen ja, ich reagiere empfindlich, wenn die Thematik plump und oberflächlich angegangen wird. "Nobody Wants This" gelingt es hier im Grunde eigentlich ganz gut, diese Spielwiese authentisch zu nutzen, aber im Kern keinen Standpunkt pro Sichtweise zu favorisieren. Die Geschichte ist nämlich sehr zweigeteilt. Wir haben auf der einen Seite Joanne (Bell), ihre Schwester Morgan (Justine Lupe), mit der sie gemeinsam einen Podcast führt, ihre diversen Freunde und ihre Eltern Lynn (Stephanie Faracy) und Henry (Michael Hitchcock). Auf der anderen Seite haben wir eine recht streng gläubige jüdische Gemeinschaft mit Noah (Brody) und seiner Familie. Während Letztere durch ihre Riten und Überzeugungen ein recht enges Verhältnis haben, ist bei Joannes Familie umgekehrt zu merken, dass der Leitkompass ein wenig fehlt, was aber keinesfalls bedeutet, dass die Familienmitglieder sich weniger lieben oder in den Wahnsinn treiben würden. Denn das wird sehr deutlich: Auf beiden Seiten gibt es viel Ungesagtes, Einengendes, aber auch viel zusammenschweißende Vergangenheit und das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit.
© 2024 Netflix, Inc.; Stefania Rosini/Netflix
Während wir Agnostiker ständig in Serien erleben, einfach weil Glaube selten ein tragendes Thema ist, bin ich erleichtert, dass die Darstellung des Judentums in meinen Augen gelungen ist. Es ist die älteste monotheistische Religion der Welt und das wird durch Noahs Begeisterung für die Riten oft genug unterstrichen. So fand ich auch seine Feier in der Synagoge als leitender Rabbi eine ideale Szene, um sie früh in der Serie zu platzieren. Es ist für Joanne als Besucherin eine völlig fremde Welt, aber es wird gezeigt, dass Noah seinen Glauben sehr modern interpretiert und ich fand die Worte, die er indirekt an sie gerichtet hat, echt schön, denn ich habe ebenfalls die Überzeugung, dass jeder Mensch sich nach etwas Höherem, Verbindendem sehnt, nur nicht jeder nennt es Gott (hier entsprechend nach Religion beliebig zuzudenken) und das ist vollkommen in Ordnung. Ja, Familie Roklov und auch die Gemeinde wirken an einigen Stellen etwas überspitzt dargestellt, indem sofort Panik ausbricht, als sich eine 'Schickse' unter ihnen befindet, aber Joannes Familie wird umgekehrt genauso dargestellt, indem sich Lynn ständig die Homosexualität ihres Mannes (getrennt, aber nicht geschieden) schön redet, um nur ja modern und offen rüberzukommen. Es zeigt also, die Waage macht es. Denn letztlich kann man "Nobody Wants This" gut als RomCom-Serie einordnen und dementsprechend war der Humor gerne willkommen.
© 2024 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix
Eine RomCom braucht aber nicht nur Humor, sondern auch eine Liebesgeschichte und yeah, die hat zwischen Joanne und Noah so gut funktioniert, weil Bell und Brody eine Chemie hinbekommen haben, die mich echt schwer begeistert. Ich las später in den größeren Medien in der Serienbesprechung, dass der erste Kuss der beiden ein Schwerpunkt ist und das zurecht. Es ist früh einer DER Momente, der die Serie zum Funktionieren bringt und es ist das zentrale Element, dass ich als Zuschauerin bei Joanne und Noah schnell sagen konnte, dass sie trotz ihrer Gegensätze etwas sehr Magisches miteinander haben. Aber es gab auch zahlreiche weitere Momente, die mein Herz berührt haben. Positiv war dabei auch, dass sich Joanne und Noah für mich sehr im Gleichgewicht verhalten haben, heißt, mal tappte er ins Fettnäpfchen, mal sie, was für mich weiter unterstrichen hat, wie Beziehungen im Normalfall sein sollten. Denn kein Streit, keine Meinungsverschiedenheiten, das ist eine Utopie. Aber in einer gesunden Beziehung lässt sich das aushalten, weil die Waage immer von der einen zur anderen Seite ausschlägt und zwischendurch immer das Gleichgewicht findet. Noah hat sich mit Rebecca (Emily Arlook) sicherlich nicht immer clever verhalten und auch was seine Karriereoptionen anging, da hat er oftmals einen Keil zugelassen. Umgekehrt war es Joanne für mich, die durch ihren Podcast eine Persona für sich errichtet hatte, an die sie so gewohnt war, dass sie dachte, das ist ihre Realität, weswegen sie sich selbst manipuliert hat, um die Fehler ihrer Beziehung zu finden. Hier war Noah wirklich großartig, weil er so schnell begriffen hat, was jeweils bei ihr los war und sie die Lüge hat ausleben lassen, bis sie selbst darauf kam, dass dem nicht so ist.
Die Liebesgeschichte beinhaltet aber nicht nur die beiden, sondern auch die jeweiligen Familien und ich fand, je mehr Figuren zusammenkamen, desto mehr Humor ist auch angeboten worden. Es gab sehr viele Momente, in denen ich herzlich lachen konnte. Das Miteinander von Joanne zu Esther (Jackie Tohn) und zu Bina (Tovah Feldshuh) war genau pointiert, weil beide jüdische Frauen dachten, dass sie nur ein paar Knöpfe bei Joanne drücken müssen, um sie zu erledigen, aber sie hat sich als echte Kontrahentin erwiesen und das war echt herrlich! Während es mit Noahs Bruder Sasha (Timothy Simons) eine unterstützende Figur gibt, ist Morgan als Schwester von Joanne auch sehr negativ eingestellt. Die Schwesternbeziehung ist aber auch ein intensiver Fokus der Serie. Auch wegen der Andeutungen zu Vater Henry ist schnell deutlich, dass die beiden Frauen sich oft alles füreinander waren, was sich dann im Podcast symbolisch niedergelegt hat. Aber der Podcast lebt natürlich auch davon, dass die beiden scheiternde Beziehungsversuche erzählen. Dass Joanne mit Noah so viele wichtige Meilensteine schafft, ist natürlich für den Podcast schädigend. Aber ich denke, dass Morgan auch ohne gemeinsamen Beruf ihre Probleme damit gehabt hätte, denn es war auch von Eifersucht gesteuert. Dementsprechend war die Schwesternbeziehung ein wichtiger Schwerpunkt, der für mich gut hinbekommen wurde. Letztlich kommen die Widerstände aber doch mehr von Noahs Seite, aber er ist sich dessen auch bewusst. Deswegen ist das Ende der Staffel auf einem guten Punkt. Denn es ist einerseits so möglich, die Geschichten sich selbst zu überlassen, weil es auf eine Art rund ist, aber andererseits lässt sich eine zweite Staffel locker noch erzählen.
© 2024 Netflix, Inc.; Adam Rose/Netflix
Sollte es aber zur zweiten Staffel kommen, dann hätte ich noch eine kleine Wunschliste im Gepäck. Der angesprochene Podcast ist leider vor allem in der zweiten Staffelhälfte immer mehr untergegangen. Ich hatte ja schon angesprochen, dass viele Herausforderungen aus Noahs Umfeld stammten. Mit dem Podcast wäre da noch eine andere Möglichkeit gewesen. Ich habe sogar teilweise darauf gewartet, dass sich Joanne vor dem Mikro mal hinreißen lässt, aus dem Nähkästchen zu plaudern oder etwas zu erfinden/auszuschmücken, um den Podcast weiterhin interessant zu halten. Da Noah sich ihr auch über Podcast-Folgen genähert hat, wäre es passend gewesen, dass er oder seine Familie dann darauf gestoßen wäre. Generell sind Podcasts sehr modern und auch ich selbst höre inzwischen immer mehr. Von daher darf der Schwerpunkt intensiver sein. Eine andere Thematik ist noch der Nebenplot rund um Sasha und Morgan. Ich habe kein rechtes Gefühl dafür bekommen, was mir das sagen soll. Auch wenn Esther in der ersten Staffelhälfte manchmal echt grausig dargestellt wird, aber sie macht sich extrem, weil wir noch ganz andere Seiten von ihr kennenlernen, auch durch Tochter Miriam (Shiloh Bearman). Dementsprechend bereitet mir das Verhältnis zwischen den anderen beiden ein bisschen Bauschmerzen. Vor allem Sashas Motive sind für mich überhaupt festzumachen. Wünscht er sich wirklich nur eine weibliche Freundin oder ist da doch mehr? Esther hätte irgendwelche Versteckspielchen auf jeden Fall nicht verdient. Damit wären wir dann auch beim letzten Wunsch: Figuren wie Ashley (Sherry Cola) oder Ryann (D'Arcy Carden) dürfen gerne noch mehr eingebunden werden.
Fazit
Alles in allem habe ich mit "Nobody Wants This" eine sehr gut wegzusehende RomCom-Serie bekommen. Die Chemie zwischen Kristen Bell und Adam Brody passt hervorragend, so dass ich ihnen die gemeinsame Geschichte von Joanne und Noah über ihre Unterschiede hinweg sehr gut abnehmen konnte. Ich habe viel gelacht und mich über viele Details gefreut. Aber es gab auch kleinere Schwächen, das aber zum Glück eher in den Nebenhandlungen. Eine zweite Staffel wäre hier gut zu vertreten, müsste aber nicht zwingend sein.
Die Serie "Nobody Wants This" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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