Shadow and Bone - Bücher-Serien-Vergleich - Staffel 1
Für die neue Netflix-Serie "Shadow and Bone" wurden die Buchreihen der Grisha-Trilogie und der Krähen-Dilogie, die beide von Leigh Bardugo verfasst wurden, zusammengeführt. Aber wie genau? Was musste dafür angepasst werden, was wurde neu hinzugedacht, was weggelassen? Und wie sind diese Änderungen zu bewerten? All diese Antworten erhaltet ihr in dem nachfolgenden Buch-Serien-Vergleich, bei dem vorab aber ausdrücklich darauf hingewiesen werden soll, dass er massive Spoiler zu beiden Medientypen enthält.
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Die Krähen
Anfangen möchte ich diesen Vergleich gerne mit den Krähen, die aus den beiden Büchern "Das Lied der Krähen" und "Das Gold der Krähen" bekannt sind, denn ihre Einbindung in das Geschehen war vorab definitiv die spannendste Frage, die die Serienfassung von "Shadow and Bone" beantworten musste. Bei der Dilogie handelt es sich eigentlich um ein Sequel zur Grisha-Trilogie, aber für die Serie haben wir es mit Gleichzeitigkeit zu tun und die Figuren, die sich eigentlich nie begegnen, treffen doch tatsächlich aufeinander. Aber wie ist das gelungen?
Kit Young, Amita Suman & Freddy Carter, Shadow and Bone
© 2021 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix
- Die Handlung der Krähen, oder Crows, wie sie in der Serie genannt werden, ist komplett frei erdacht. Kaz (Freddy Carter), Inej (Amita Suman) und Jesper (Kit Young) erhalten nämlich den Auftrag, für eine Million Kruge die Sonnenkriegerin Alina (Jessie Mei Li) über die Schattenflur nach Ketterdam zu bringen. Auch "Das Lied der Krähen" erhält einen hochdotierten Auftrag, aber einen völlig anderen. Genau dieser aber ist mit Abschluss der ersten Staffel keinesfalls für weitere Staffeln ausgeschlossen, denn diese spielt zeitlich vor den Ereignissen aus dem Buch.
- Die Vorzeitigkeit kann man besonders gut an der gemeinsamen Handlung von Entherzerin Nina (Danielle Galligan) und Drüskell Matthias (Callahan Skogman) ablesen, denn ihr Kennenlernen ist nahezu haargenau aus "Das Lied der Krähen" entnommen. Dort wird dieses in Form einer Rückblende der Leserschaft nähergebracht. Kleinere Änderungen wurden auch hier vorgenommen, denn Nina ist zum Zeitpunkt, als sie Matthias begegnet, eine überzeugte Grisha in Ausbildung, die auf die Mission geschickt wurde, die Fjerdan auszuspionieren. In der Serie wiederum hat sie sich bei einem Auftrag von der Zweiten Armee abgesetzt, weil sie von dieser wegen ihrer Fähigkeiten nicht versklavt werden will. Deswegen taucht am Ende auch Entherzer Fedyor (Julian Kostov) auf, um sie wiederzuholen. In den Büchern wiederum hat Nina keinerlei Verbindung zu den aus der Grisha-Trilogie bekannten Wesen mit übernatürlichen Fähigkeiten. Dass sie Matthias aber als Sklavenhändler ausgibt, da es ihn ihrer Meinung nach schützen wird, stimmt in beiden Versionen überein.
- Die Handlungen, in die die übrigen Krähen verwickelt sind, sind wie gesagt alle frei erfunden, dennoch werden dabei natürlich auch Charakterzüge von Kaz, Inej und Jesper deutlich, die in sehr großen Teilen mit den Büchern übereinstimmen. Jedoch kann man sagen, dass Kaz gegenüber Jesper in den Büchern deutlich skeptischer ist. In der Serie sind sie dagegen sehr vertraut, obwohl Kaz sonst eigentlich nur Inej bedingungslos vertraut. Weiterhin hat er in den Büchern die Summe, um Inej bei Tante Heleen (Deirde Mullins) freizukaufen, direkt vollständig entrichtet. Seine Bande trägt in den Büchern den Titel 'Dregs', was in der Serie aber namentlich nicht fällt. Zudem ist er nur die rechte Hand eines gewissen Per Haskell. Zwar ist es ein offenes Geheimnis, dass längst Kaz der Kopf der Operation ist, aber dennoch ist er offiziell nicht der Bandenanführer. Haskell wird in der Serie bislang aber nicht erwähnt. Inej wiederum hat Probleme damit, zu töten, was zu ihren religiösen Überzeugungen sehr gut passt, doch in den Büchern hat sie dieses Bedenken längst überwunden, selbst wenn sie es immer noch nicht gerne tut. Dennoch ist hier eine logische Entwicklung zu erkennen.
Auf weitere Details soll an dieser Stelle nicht mehr eingegangen werden, weil es sich hierbei möglicherweise um Spoiler für die zweite Staffel handeln könnte. Fakt ist aber, dass die eigenwilligen Krähen, zu denen später auch Nina und Matthias zählen, auch in der erfundenen Vorgeschichte die Herzen im Sturm erobert haben dürften.
Die Grisha
Die Welt der Grisha ist zu einem sehr hohen prozentualen Anteil dem ersten Band der Grisha-Trilogie, "Goldene Flammen" , entsprechend gestaltet worden. Die Änderungen finden sich hier überwiegend im Detail wieder. Dennoch gibt es auch gravierendere Unterschiede, auf die alle nachfolgend eingegangen werden soll.
Archie Renaux, Shadow and Bone
© 2021 Netflix, Inc.; David Appleby/Netflix
- Charakterlich sind die jungen Alina (Kaylan Teague) und Mal (Cody Molko) etwas anders angelegt worden. In den Büchern ist Alina die klassische graue Maus, sehr klein, sehr unscheinbar, sehr schüchtern, was besonders auffällt, weil Mal das komplette Gegenteil ist. Dennoch sind sie direkt beste Freunde, weil sie nahezu gleichzeitig in Keramzin angekommen sind. In der Serie wiederum wird Alina als die starke Persönlichkeit inszeniert, die Mal immer wieder schützen muss und deswegen auch den Grisha-Test nicht besteht, weil sie unbedingt weiterhin auf ihn aufpassen möchte. Für die Gegenwart hat das die Auswirkung, dass Alina körperlich sehr fit ist, während sie in den Büchern weiterhin sehr unsichtbar und kränklich daherkommt. Ein weiterer Unterschied ist schließlich auch, dass Alina halbe Shu ist. Da die Shu Han Ostasien nachempfunden sind, konnte damit das Casting der Halbchinesin Li gerechtfertigt werden. Zudem wird das genutzt, dass sich Alina immer wieder Ausgrenzungen wegen ihrer Herkunft ausgesetzt sieht.
- Im Buch ist die Mission über die Schattenflur von Anfang an als eine gemeinsame angelegt, weil in West-Ravka sowohl Fährtenleser als auch Kartografen gebraucht werden. In der Serie wiederum sind Alina und Mal (Archie Renaux) gemeinsam für eine ungefährlichere Mission vorgesehen, bis er für die Durchquerung der Schattenflur auserkoren wird. Gemäß Alinas Verhalten in der Kindheit widerstrebt auch diesmal alles in ihr, Mal alleine zu lassen, weswegen sie Karten aus West-Ravka manipuliert, um als Kartografin mitkommen zu dürfen. Im Buch wiederum wird als Erster Alexei (Antonín Masek) von einer Volkra getötet. In der Serie springt dieser freiwillig von Bord eines Sandskiffs. Dadurch gelangt er nach Ketterdam, wo er den Handelsmann Dreesen (Sean Gilder) über das Auftauchen der Sonnenkriegerin informiert. Das wiederum setzt den Auftrag der Krähen in Gang.
- Im Buch wird Mals Rolle bis zu seiner Wiedervereinigung mit Alina nicht beleuchtet, denn dieses ist aus der Ich-Perspektive erzählt, weswegen die Leser*innen nur Alinas Sicht der Dinge mitbekommen. Aus seinen Erzählungen wird hinterher deutlich, dass seine Gruppe von Fährtenlesern speziell vom Dunklen (Ben Barnes) mit dem Auftrag versehen wurde, Morozovas Herde zu finden, denn Alina hat in ihren Gesprächen Mals besondere Talente anklingen lassen. In der Serie wiederum wird Mal eine viel aktivere Rolle zuteil. Er will trotz Verletzung durch Volkra am liebsten sofort aufbrechen, um Alina zu retten und da ihm davon abgeraten wird, ist er aber der Erste, der sich für die Suche nach dem Hirsch freiwillig meldet, denn er erkennt eine Zeichnung von Alina und hofft, so wieder mit ihr zusammenzukommen. Zudem schreibt er in der Serie Briefe, während das im Buch nur Alina tut.
Ben Barnes, Shadow and Bone
© 2021 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix
- Der Dunkle ist sicherlich die undurchsichtigste Figur, was in den Büchern aber noch wesentlich mehr betont wird als in der Serie. Die erste Staffel bemüht sich sehr, den auch als General Kirigan bekannten Dunklen nahbarer zu gestalten. Deswegen wird auch schon früh sein Geburtsname Aleksander verraten, was in der Buchreihe erst sehr spät geschieht. Zudem ist die Rückblende aus Episode sechs völlig neu erfunden. Zwar wird gezeigt, wie er die Schattenflur erzeugt hat, aber wie es dazu kam, dass z. B. seine Liebe Luda (Lucy Griffiths) getötet wurde, wird in den Büchern nicht vermittelt.
- Eine wichtige Rolle nimmt auch die Stürmerin Zoya (Sujaya Dasgupta) ein. Sie sorgt zum einen für Eifersucht bei Alina, weil sie sich mit Mal bestens versteht und ihm Avancen macht, zum anderen war sie der bisherige Günstling vom Dunklen, weswegen sie wiederum Eifersucht auf Alina entwickelt. Während bis dato ihre Rolle also gleich ausgelegt wird, ergeben sich zum Ende hin deutliche Unterschiede. Der Dunkle nutzt die Macht über Alinas neu gewonnene Fähigkeiten, um sie Schattenflur zu erweitern und dabei verschwindet Novokribirsk von der Landkarte. In der Serie wird das genutzt, um ein Umdenken bei Zoya heraufzubeschwören. Als sie den Dunklen nämlich ihre Heimat und ihre Familie zerstören und töten sieht, wendet sie sich gegen ihn und ist an der Flucht von Alina und Mal beteiligt. Im Buch wird ihr eine solche Heldentat nicht zuteil.
- Eine wichtige Bedeutung nimmt die Narbe ein, die Alina an ihrer Hand trägt und die sie im Verlauf von Buch und Serie immer wieder berührt oder betrachtet. Diese ist aus der Verletzung entstanden, die sie sich absichtlich beigefügt hat, um nicht als Grisha enttarnt zu werden. Die Serie fügt hier eine kleine Rückblende ein, die zeigt, wie Mal bei der Ersten Armee angekommen, sich in einen Streit verwickeln lässt, um ins Gefängnis zu kommen, wo er Alina ebenfalls nach einem Streit wusste. Dabei zeigt er ihr, dass er nun ebenfalls eine Narbe hat. Narben spielen für die Beziehung zwischen Alina und Mal eine entscheidende Rolle, was es umso dramatischer macht, dass sich Alina ihre von Bildnerin Genya (Daisy Head) entfernen lässt, als sie an Mals Treue zu ihr zweifelt. Im Buch behält sie die Narbe durchgängig.
Ben Barnes & Jessie Mei Li, Shadow and Bone
© 2021 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix
- Alinas Reise zu ihren Kräften als Sonnenkriegerin ist steinig, da sie lange nicht glauben kann, dass sie nun tatsächlich eine Grisha ist. Deswegen bringt in den Büchern der Dunkle früh einen Kräftemehrer für sie ins Spiel, um ihr Mut zu machen, dass sie bald stärker sein wird. Alina weiß also deutlich früher, dass der Hirsch für sie bestimmt sein soll und sehnt sich sogar danach, da sie nicht länger eine Enttäuschung sein will. In der Serie erfährt sie das nämlich erst durch Baghra (Zoë Wanamaker). Insgesamt geht sie in der Serienversion viel schneller selbstbewusster mit ihren Kräften um. Das bedeutet auch, dass Alina von Materialki David (Luke Pasqualino) angefertigte Spiegelhandschuhe, die das Licht teilen können, ablehnt, denn sie kann das Licht aus eigener Kraft brechen und teilen. Im Buch kann sie das nicht, weswegen die Handschuhe immer treue Begleiter sind. In der Serie wird auch schon durch den Asketen (Kevin Eldon) früh angedeutet, dass es mehr als nur einen besonderen Kräftemehrer gibt. In der Buchreihe wird das erst nach und nach deutlich.
- Ein immer wiederkehrendes Motiv zwischen Alina und Mal ist Eifersucht, aber das gilt vor allem für das Buch. Dort ist Alina wegen Zoya eifersüchtig, Mal wegen den Dunklen. In der Serie wird das deutlich abgeschwächt, was definitiv eine Erleichterung darstellt. Am Ende der ersten Staffel liegen sich Alina und Zoya in den Armen und Mal will keine Einzelheiten zu seiner Freundin und den Dunklen wissen, da er ihr vertraut. Im Buch wiederum wohnt Mal dem Winterfest bei und wird dort Zeuge, wie der Dunkle und Alina ihre Kräfte vorzeigen. Dabei ist eine innige Verbindung erkennbar, die ihm sehr zusetzt. In der Serie wiederum bekommt er das gar nicht mit, denn er wird von Baghra und einer Dienerin abgefangen und entkommt nur knapp mit dem Leben.
- Ein entscheidender Moment für die Handlung ist der Punkt, als Alina den Kräftemehrer erhält, nachdem der Hirsch vom Dunklen getötet worden ist. Im Buch werden die Knochen zu einem Halsband geformt, die Alina um den Hals gelegt bekommt. In der Serie ist dies definitiv visuell schauriger umgesetzt worden, denn sie trägt dieses Halsband unter der Haut. Zudem setzt David einen Teil der Knochen in die Hand vom Dunklen ein, so dass er ihre Macht kontrollieren kann. Im Buch ist diese gemeinsame Verbindung gar nicht nötig, denn allgemein wird geglaubt, dass der Mörder des Kräftemehrers diese Kräfte übertragen bekommt. Letztlich zeigt sich aber, dass Kräftemehrer selbst entscheidet, auf wen die Kräfte übergehen.
- Eine verhasste Figur in den Büchern und der Serie ist sicherlich auch Entherzer Ivan (Simon Sears), der dem Dunklen stets treu gegenüber ist und deswegen Alina unbarmherzig behandelt. In der Serie wird angedeutet, dass er möglicherweise eine Beziehung mit Fedyor hat, da sie einen intimen Moment (gegenseitiges Füttern) teilen. Im Buch gibt es dazu keinerlei Anzeichen. Auch die Halbwertszeit von Ivan ist unterschiedlich. Während er in der Serie offenbar auf der Schattenflur stirbt, schafft er es in den Büchern noch in den zweiten Band, der im Deutschen den Titel "Eisige Wellen" trägt.
Kit Young, Amita Suman & Howard Charles, Shadow and Bone
© 2021 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix
- Die Serie erfindet einige wenige neue Figuren hinzu. Da ist der Schaffner Arken (Howard Charles) zu nennen, denn im Buch gibt es überhaupt keinen Schienenweg, um über die Schattenflur zu bekommen, aber in der Serie ist er dabei ein Meister seines Fachs, der für viele Schmuggelaufgaben beauftragt wird. So hilft er hier Kaz, Inej und Jesper nach Ost-Ravka. Arken wird zudem zum Anhänger von General Zlatan (Tom Weston-Jones), eine weitere Erfindung der Serie. Dieser ist nämlich mit einem Teil der Ersten Armee in West-Ravka stationiert und plant von dort den Aufstand gegen die Grisha. Daher will dieser Alina als Sonnenkriegerin und den Dunklen tot wissen. Deswegen begeht Arken auch einen Mord, doch statt Alina erwischt er die Ätheralki Marie (Jasmine Blackborow), die von Genya Alinas Gesicht bekommen hat. Im Buch wiederum gibt es einen solchen Mordanschlag gar nicht, weswegen Marie das Geschehen auch überlebt.
- Ein Fanliebling dürfte auch die Ziege Milo sein, die es aber in keinem der Bücher gibt. Zunächst wird sie von Arken angefordert, damit sie die Schattenflur überqueren können, dann beruhigt sie Jesper, der ihr als Dank ein Halsband mit einer Patrone umhängt, als er sie in fähige Hände übergibt. Dadurch kann sie später Mal helfen, als er ein Gefangener des Dunklen ist. Der Name Milo wiederum ist aber dennoch kein unbekannter, denn einer der Dregs aus der Krähen-Dilogie trägt diesen Namen.
- Größere Änderungen gibt es auch im finalen Showdown auf der Schattenflur. Während die Handlung im Kern gleich bleibt, weil der Dunkle die Dunkelheit ausweitet und weitere Menschen opfert und Alina begreift, dass sie den Kräftemehrerer doch alleine nutzen kann, so sind die Handlungen drum herum allesamt erfunden, da die Krähen sowie Zoya im Buch gar nicht auf dem Sandskiff zugegen sind.
Zwar ist die Liste an Änderungen recht lang geworden, aber es sind doch oft Details oder Änderungen, die durch die Einbindung der Krähen notwendig wurden, denn diese sind definitiv die große Unbekannte in "Shadow and Bone". Gleichzeitig sind sie auch der Grund, warum selbst für Buchkenner viele Überraschungen zu entdecken sind. Die Idee einer Fusion beider Buchreihen ist daher wirklich sehr gelungen!
Nun zu euch: Sind euch noch Unterschiede aufgefallen? Welche Änderungen heißt ihr gut, welche weniger? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!
Die Serie "Shadow and Bone - Legenden der Grisha" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
Zur "Shadow and Bone"-Kolumnenübersicht
26.11.2024 15:38 von Daniela
Episode: #10.08 Love Will Tear Us Apart (Chicago Med)
Zach habe ich da auch nicht gesehen, aber durch diese... mehr