The Dropout - Review Miniserie
Wie großartig Miniserien sein können, erscheint mir wie eine lahme Leier, die ich schon öfters angebracht habe, weswegen ich in meiner Einleitung in die Review daran anknüpfend den Trend betonen möchte, dass sich Miniserien zunehmend mit realen Begebenheiten auseinandersetzen. Besonders beliebt ist sicherlich True Crime, denn die Miniserien beruhen meist auf Podcasts und da ist nun schon einige Jahre dieses Genre ein wahrer Hit. Aktuelle Beispiele gibt es zahlreich, daher sei nur auf einige wenige verwiesen: "The Thing About Pam", "The Girl From Plainville" und "The Staircase". Aber Podcasts und besonders zusätzlich Zeitungsartikel beschäftigen sich auch mit politisch und gesellschaftlich relevanten Themen, die nun immer öfters in Form von Miniserien aufgearbeitet werden. In diesem Bereich sind Serien wie "Inventing Anna" oder "Dopesick" gute Beispiele. Was hat nun Elizabeth Holmes, die Gründerin des biotechnologischen Unternehmens Theranos, besonders interessant gemacht? Vermutlich die Tatsache, dass sie als weiblicher Steve Jobs gehandelt wurde, was für eine Frau gleich eine Hausnummer war, die gerade in dem Feld von Bio-Technologie nicht breit vertreten waren und sind, was dementsprechend mit ihrem tiefen Fall auch heute noch Auswirkungen hat, weil vielen Frauen seitdem der Weg wieder verbaut wird. Der zweite Aspekt ist sicherlich auch, dass Holmes viele sehr erfolgreiche weiße Männer zu ihren Unterstützern zählte, um mit George Shultz, Henry Kissinger und Rupert Murdoch nur einige wenige zu nennen. Wie ist die Miniserie "The Dropout" als fiktionale Version ihres (bisherigen) Lebens nun also gelungen?
Die Serie "The Dropout" ansehen:
© 2022 Disney and its related entities; Beth Dubber/Hulu
Für "The Dropout" hat sich Showrunnerin Elizabeth Meriwether für eine nahezu lineare Erzählweise entschieden. Aus dem Rahmen fallen höchstens die zwischendurch eingespielten Befragungen von Elizabeth Holmes (Amanda Seyfried), die nach den ersten Ermittlungen gegen Theranos im Jahr 2015 entstanden sind. So beginnt die Serie bei einer kindlichen Elizabeth, die an einem Rennen teilnimmt. Sie ist die Letzte, die noch nicht im Ziel ist und ihr Lehrer bietet ihr an, abbrechen zu dürfen, doch das ist für die damals schon ehrgeizige Elizabeth keine Option. Mit dieser einen Szene wird kurz, aber knackig ihre Persönlichkeit schon auf den Punkt gebracht, die neben Ehrgeiz auch von Durchhaltevermögen und Stolz geprägt ist. Anschließend geht es weiter zu der Arbeitslosigkeit für ihren Vater Chris (Michel Gill), der wegen eines Betrugs seines Unternehmens seinen Job verliert; erneut eine richtungsweisende Szene. Anschließend geht es dann so richtig im letzten Sommer vor dem College los, denn Elizabeth verbringt eine längere Zeit in China als Teil eines Sprachlernprogramms, denn da sie sich schon früh in den Kopf gesetzt hat, irgendwann durch ein Unternehmen Milliardärin zu werden, weiß sie natürlich ganz genau, wo der Markt besonders heiß ist und da hilft nur das Lernen von Mandarin. Dort lernt sie dann auch Ramesh 'Sunny' Belwani (Naveen Andrews) kennen, der zu dem Zeitpunkt schon einen ordentlichen Batzen an Geld angehäuft hat, denn er war an einer Softwarefirma beteiligt und wurde ausgezahlt. Von dort aus geht es weiter nach Stanford, bis Elizabeth dem Titel der Serie gemäß das Studium abbricht und nach einer Idee für einen praktischen und schonenden Bluttest Theranos gründet. Der letzte Abschnitt der Serie behandelt schließlich den Abstieg des Unternehmens, der mit ersten Whistleblowern und dann einem vernichtenden Zeitungsartikel eingeleitet wurde. Folglich beinhaltet die Erzählweise wenig Raffinesse, andererseits sind die Vorgänge alleine wegen der Thematik durchaus komplex, so dass diese einfache Erzählweise auch nicht unbedingt kritisch zu sehen ist. Auffällig ist es dennoch, denn gerade bei Miniserien, die einen klar gesteckten Rahmen haben, ist die Experimentierfreude oft groß und das ist hier definitiv nicht der Fall.
© 2022 Disney and its related entities; Beth Dubber/Hulu
Dennoch hat mich "The Dropout" in einem Punkt definitiv überrascht und das ist ein durchaus humoristischer Anstrich, der bei einer Erzählweise, die sonst eher an eine etwas biedere Dokumentation erinnert, durchaus ins Auge fällt. Das soll jetzt bitte nicht falsch verstanden werden; "The Dropout" ist definitiv keine Komödie, dafür ist der Inhalt auch viel zu ernst, um darüber Scherze machen zu dürfen, aber dennoch merkt man immer wieder in kleineren Momenten, dass es fast wie eine Karikatur erscheint und das besonders in der Darstellung von Elizabeth und Sunny. Die beiden führen über den Verlauf der Serie hinweg eine komplexe Beziehung, denn sie lernen sich mit einem Altersunterschied von 20 Jahren kennen und wenn man sich das Verhältnis ansieht, dann ist es wohl beidseitig toxisch geprägt gewesen. Sie muss erst lernen, sich durchzusetzen und ist damit durchaus leicht lenkbar für ihn, aber sie treibt definitiv auch ihre Spielchen mit ihm, die ihn vor Eifersucht kochen lassen. Die Sequenzen zwischen den beiden haben dabei oft etwas Linkisches, um wahrscheinlich auch etwas Dramatisches rauszunehmen. Aber wir sehen Elizabeth oft, wie sie zu Popmusik laut mitsingt, mitrommelt oder mittanzt. Es scheint so gar nicht zu der jungen Frau zu passen, die sich bemüht, bierernst zu wirken, um sich so Respekt zu verschaffen, aber es sind auch die Szenen, die zeigen, wie jung sie letztlich ist. Das sind im Grunde so die Hauptelemente die diesen unter mehreren Schichten versteckten Humor für mich belegen, aber in der Art und Weise kann man Meriwether, die auch schon für die Fox-Serie "New Girl" verantwortlich war, definitiv wiedererkennen.
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Auch wenn die Serie linear erzählt ist, so ist das Tempo unterschiedlich gewählt. Mal werden innerhalb einer Episode mehrere Sprünge gemacht, mal hat man wiederum den Eindruck, dass die Serie regelrecht an einem Ereignis festklebt und das ist beispielsweise bei der Gewinnung von Walgreens als Partner für Theranos der Fall. Während dort die eine Hälfte eine gehörige Portion Skepsis mitbringt, ist die andere Hälfte Feuer und Flamme, die Deals zu unterzeichnen, um schnell das große Geld zu machen. Dieser Widerspruch innerhalb von Walgreens wird in nahezu allen Einzelheiten ausgeschlachtet, obwohl die Figuren anschließend in der Versenkung verschwinden, aber es soll wohl dargestellt werden, wie Elizabeth akquiriert hat und wie es ihr möglich war, ohne groß etwas vorweisen zu können, dennoch hochklassige Deals abschließen konnte. Dennoch hätte man diese langen Sequenzen durchaus etwas kürzen können, denn automatisch schweiften die Gedanken etwas ab. Denn ansonsten kann ich dem Erzähltempo nicht viel vorwerfen. Für kleinere Charaktermomente ist immer Zeit, aber ansonsten wird sich nicht so viel an Details aufgehalten und das ist für die größere Zeitspanne, die doch erzählt werden sollen, definitiv der bessere Weg, als sich an einem Thema ewig festzukrallen.
© 2022 Disney and its related entities; Beth Dubber/Hulu
"The Dropout" ist nun im Dunstkreis von "Inventing Anna" erschienen, was unweigerlich gewisse Vergleiche ermöglicht. Bei Letzterer von Netflix habe ich in meiner Review angesprochen, dass die Darstellung von Anna (Julia Garner) viel diskutiert worden ist, weil es gewisse Bemühungen gab, ihre menschliche Seite zu zeigen. Bei "The Dropout" kann man das Thema ganz ähnlich in den Fokus nehmen, wobei zu Holmes' Leben ohnehin viel mehr Details aus erster Hand bekannt sind, wobei natürlich auch hier immer die Einschränkung getätigt werden muss, dass wir natürlich nicht wirklich wissen, was von den selbst genannten Fakten tatsächlich so passiert ist. Ein Detail, das mir für Elizabeths Verhalten aber doch sehr exponiert platziert erscheint, das ist die Behauptung, dass sie am College missbraucht wurde. Das Thema wird zunächst nicht intensiv verfolgt, aber gerade zum Ende hin, wenn sich die Tochter mit den beginnenden Problemen bei Theranos an ihre Mutter Noel (Elizabeth Marvel) wendet, dann bringt Elizabeth das Thema auf den Tisch und macht indirekt Vorwürfe, dass es einst totgeschwiegen wurde. Ihr Verhalten kann man von einem Trauma ausgehend sicherlich ganz anders durchleuchten und gerade die Beziehung zu Sunny wird so in ein noch kritischeres Licht gestellt. Andererseits haben die ersten Sequenzen der Serie, also vor dem Missbrauch, auch schon diverse Eigenschaften angedeutet, die Elizabeth trotz aller Widerstände und Hinweise auf Gefahren hin stur ihren Weg haben weitergehen lassen, so dass nicht alles so 'entschuldigt' werden kann. Deswegen ist es auch hier wieder wichtig, Vorsicht walten zu lassen. "The Dropout" ist letztlich nämlich auch Fiktion und nicht Realität.
Aber egal ob es nun Rechtfertigungsversuche gibt oder nicht, "The Dropout" hat mir Elizabeth Holmes definitiv keine Heldin, mit der man mitfiebert. Deswegen macht es die Miniserie definitiv clever, auch den zahlreichen Nebenfiguren viel Raum zu gewähren, denn gerade die Helden der zweiten Reihe sind es, die mir auch intensiv in Erinnerung bleiben. Natürlich war es auch faszinierend zu sehen, wie der größte Teil der Belegschaft über Jahre hinweg bei der Stange gehalten wurde, obwohl sicherlich alle zwischendurch gewisse Zweifel hatten. Während es aber die gab, die konsequent ausgeschieden sind oder ausgeschieden wurden, so gab es auch die, die fanatisch an eine Ideologie geglaubt haben, die alles andere hat vergessen lassen. Denn die Tests von Theranos haben vereinzelt funktioniert; die Hoffnung lebte also stets, dass wirklich der offizielle Durchbruch gelingen könnte. Dennoch waren die Maßnahmen der Firma natürlich auch entscheidend, um den Haufen zusammenzuhalten, denn neben viel Geheimhaltung untereinander hat es zahlreiche Feiern gegeben, in denen immer wieder die Gemeinschaft eingeschworen wurde. Da habe ich mich nicht nur einmal an die Propagandamaßnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg erinnert gefühlt. Während es bei den einen, wie der Anwältin Linda Tanner (Michaela Watkins), sicherlich auch viel Leichtgläubigkeit war, so war es bei vielen Gesichtern auch einfach Ignoranz. Staranwalt David Boies (Kurtwood Smith), der Elizabeth in einen brenzligen Situationen zu vertreten hatte, der wusste schon genau, was lief, aber hat es wegen seines Einflusses laufen lassen. Aber auch George Shultz (Sam Waterston), der diverse Ministerposten inne hatte und sich immer wieder rühmt, wie viel er in der Politik bewegt hat, er konnte es sich schlicht nicht erlauben einzugestehen, sich in Elizabeth so sehr getäuscht zu haben. Also wurde einfach sich selbst belogen.
Aber nun wirklich zu den Helden der Geschichten, von denen es doch einige gibt. Wie zum Beispiel Phyllis Gardner (Laurie Metcalf), bei der Elizabeth studiert hat und die schon immer eine gewisse Skepsis ihr gegenüber hatte oder Richard Fuisz (William H. Macy), der zwar eher kein Held ist, der sich einfach gegen Unrecht auflehnt, sondern sein von Elizabeth beleidigtes Ego aufpolieren wollte. Aber vor allem natürlich Mark Roessler (Kevin Sussman), Tyler Shultz (Dylan Minnette) und Erika Cheung (Camryn Mi-young Kim), deren Entscheidung, trotz ihrer Unterschrift für die Geheimhaltung von Firmeninterna, es war, an die Öffentlichkeit zu gehen. Das führt weiter zu den beiden Journalist*innen John Carreyrou (Ebon Moss-Bachrach) und Judith Baker (LisaGay Hamilton), die eine ganz hervorragende Besprechung mit Theranos' Anwaltsteam haben. Denn sie stehen eigentlich mit dem Rücken zur Wand, denn The Wall Street Journal wurde von Murdoch übernommen, der wiederum Geldgeber von Theranos wurde, so dass das Schlimmste zu befürchten war, aber hervorragender Journalismus hat den Sieg beschert und das war wirklich eine befriedigende Szene. Absolut nicht vergessen werden, darf Ian Gibbons (Stephen Fry), der sicherlich das tragischste Schicksal hat. Er kommt dem Betrug immer näher, doch da er so beliebt bei der Belegschaft ist, kann er nicht einfach gefeuert werden, so dass er in der Firma gehalten wird, doch er weiß zu viel. Als er also zwischen dem Ultimatum steht, gegen Elizabeth auszusagen oder Meineid zu begehen, sieht er noch eine dritte Option. Solche doch tragischen Szenen zeigen auf, dass der inhaltliche Stoff definitiv nicht zum Lachen ist und es ist gerade bei den Nebenfiguren wirklich gut gelungen, emotionale Bindungen aufzubauen.
Kommen wir abschließend noch zu der schauspielerischen Glanzleistung, die stellenweise geleistet wird. Auch wenn Elizabeth eine schwierige Figur ist, aber Seyfried rockt ihre Darstellung auf einem ganz anderen Level. Trotz der emotionalen Distanz zwischen Zuschauer*innen und ihrer Figur war es doch ein spannender Prozess, ihrer Entwicklung beizuwohnen. Denn auf der einen Seite haben wir immer das naive Mädchen, das durchblitzt, das offenbar nie wirklich ausgelebt werden durfte und dann haben wir ihre steten Versuche, an einem anderen Profil zu arbeiten. Denn nicht nur ihr Kleidungsstil ändert sich, sondern auch ihre Sprechart wird akribisch bearbeitet, so dass Elizabeth nur noch in einem betonten Bariton spricht, der natürlich absolut lächerlich klingt, der ihr aber mehr Souveränität vermeintlich verschafft hat. Diese Stimmlage ist über echte Tonaufnahmen von Holmes belegt, so dass hier sehr deutlich wird, wie sehr sich Seyfried mit ihrer Figur auch auseinandergesetzt hat und dann selbst akribisch gearbeitet hat, ihrer Darstellung gerecht zu werden. Das kann wirklich nicht einfach gewesen sein. Zudem beherrscht sie es hervorragend, die Elizabeth darzustellen, die sich irgendwann nur noch selbst belügt, bis sie am Ende schier platzt. Auch wenn "The Dropout" wahrlich nicht meine liebste Miniserie ist, aber Seyfrieds Schauspiel wird mir in jedem Fall im Kopf bleiben! Aber auch ein Macy, der zwar im Grunde eine weitere Version seiner "Shameless - Nicht ganz nüchtern"-Figur spielt, aber er spielt das so genial, dass er für den jähzornigen und selbstgerechten Richard einfach genial ist. Aber auch eine Hamilton als Journalistin Baker, sie war definitiv ein Lichtblick, denn diese Frau schwebt in aller Ruhe über den Dingen, um aber immer zuzubeißen, wenn es nötig ist, sehr beeindruckend. Insgesamt ist der Cast natürlich sehr beeindruckend, deswegen ist es eigentlich ungerecht, einzelne Namen herauszupicken, aber insgesamt hat es sich gelohnt, auf große Namen zu setzen.
Fazit
"The Dropout" lebt in erster Linie von einer herausragenden Schauspielleistung durch Amanda Seyfried, die sich akribisch auf diese Rolle vorbereitet haben muss und den Widersinn von Elizabeth Holmes großartig eingefangen hat. Die Erzählweise ist überraschend einfach gehalten, indem einfach linear nacherzählt wird, dafür sind die Längen im Geschehen zum Glück nur vereinzelt drin, da ansonsten ein gutes Tempo geboten wird. Es ist einfach mal spannend, hinter die Kulissen von Theranos zu schauen, was eines der größten Betrugsfälle der jüngeren Geschichte ist. Natürlich ist das alles unter fiktiven Vorbehalten zu sehen, aber dennoch sichert eine breite Figurenperspektive sicherlich viel Objektivität. Wer also ein Faible für Serien hat, die auf wahren Begebenheiten beruhen, der macht mit "The Dropout" definitiv nichts falsch.
Die Serie "The Dropout" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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