The Umbrella Academy - Review Staffel 4
Wie oft kann man die Apokalypse verursachen und dann die Welt retten, ohne dass es langweilig wird? Diese Frage werden sich auch Netflix und Serienmacher Steve Blackman für "The Umbrella Academy" gestellt haben, so dass letztlich die finale vierte Staffel angekündigt wurde. Die Graphic Novel-Vorlage nach Gerard Way und Gabriel Bá war ohnehin schon länger überholt, so dass sich für das Ende nun auch ganz eigene Gedanken gemacht werden konnten. Ich war erst angesichts der Episodenanzahl mit nur sechs überrascht, habe mir dann aber auch gedacht, warum etwas künstlich verlängern, wenn der richtige Endpunkt früher erreicht ist. Aber haben die sechs finalen Episoden ausgereicht und ist das Ende zufriedenstellend?
© 2024 Netflix, Inc.; Christos Kalohoridis/Netflix
Ich habe mich tatsächlich sehr auf die finale Staffel gefreut, auch weil ich gleich im Gefühl hatte, dass es nach viermal ähnlichem Plot auch wirklich richtig ist, eine Auflösung zu finden, damit die Umbrella-Mitglieder einem nicht irgendwann noch auf den Senkel gehen. Nun war natürlich die Frage, wie geht es überhaupt los, nachdem wir in Staffel 3 damit endeten, dass nun alle ohne Fähigkeiten sind und es gewisse Vorbehalte gegenüber Allison (Emmy Raver-Lampman) gibt, weil sie sich mit Reginald Hargreeves (Colm Feore) verbündet hatte. Die Antwort ist, dass es einen Zeitsprung von sechs Jahren gibt. Das hat mir als Idee gut gefallen, weil damit die Geschwister plus Lila (Ritu Arya) tatsächlich einen längeren Zeitraum über ohne Fähigkeiten auskommen mussten und wir dann erstmal sortieren müssen, was hat sich für wen wie ergeben? Ironischerweise hat es Klaus (Robert Sheehan) am besten getroffen. Auch wenn er seine Sucht gegen panische Angst gegen alles eingetauscht hat, aber bei ihm hat man wirklich gemerkt, dass er von sich selbst beeindruckt ist, einmal seit seiner Jugend komplett clean zu sein und dadurch auch zu Claire (Millie Davis) als Nichte ein echt gutes Verhältnis aufgebaut zu haben. Während Victor (Elliot Page) und Luther (Tom Hopper) es sich in meinen Augen etwas schön geredet haben, ohne Fähigkeiten zu sein, hat man bei den anderen doch deutlich den Frust des Lebens gemerkt. Da dann auch Diego (David Castañeda) und Lila beide so unglücklich sind, ist es kein Wunder, dass es um ihre Ehe wahrlich nicht gut bestellt ist. Das alles in der ersten Folge nach und nach zu entdecken, hat mir gleich Freude bereitet. Auch wenn es eine recht bodenständige Episode ist, die vor allem auf der Charakterebene arbeitet, so war sie unterhaltsam pur, wahrscheinlich auch, weil ich bei den Geschwistern immer wieder merke, dass sie mich begeistern können, einzeln, aber auch untereinander und miteinander, denn wenn sie aufeinandertreffen, ist die Humordichte am besten.
© 2024 Netflix, Inc.; Christos Kalohoridis/Netflix
Spätestens mit dem Episodenende ist aber klar, dass es wieder ans Eingemachte geht. Dazu gibt es auch nochmal zwei wichtige Neuzugänge, nämlich Jean (Megan Mullally) und Gene (Nick Offerman). Alleine die Namenwahl war wieder so ein typischer "The Umbrella Academy"-Witz, der gut funktioniert hat. Aber sie haben auch als Antagonisten ihren Job gemacht, denn sie hatten alleine schon durch die Outfits und die nach außen so sanfte Art einen guten Kontrast zu dem, wozu sie tatsächlich fähig waren. Mit der Einführung der beiden kommen wir auch zu zwei wichtigen Handlungsmomenten: Der Jennifer-Vorfall und die Säuberung. Ich fand es passend, diese beiden Elemente so konkret in der Serie umgesetzt zu sehen, denn sie sind aus der Graphic Novel-Vorlage entnommen. Wie bereits vorher erwähnt, hat sich die Serie schon zu Beginn weit von der Vorlage entfernt und irgendwann war es inhaltlich komplett überholt. Deswegen ist diese Hommage auf jeden Fall zum Abschluss noch einmal die Anerkennung, die man auch als Anhänger der Graphic Novels sehen will. Lustigerweise sind beide Ereignisse in den Graphic Novels nur Andeutungen, weswegen Blackman auch da Freiheiten genutzt hat, aber ich finde die jeweils gewählte Lösung doch sehr gut. Gerade der Jennifer-Vorfall war von Anfang an so wichtig für beide Medien und nun also Jennifer (Victoria Sawal) dann auch tatsächlich kennenzulernen und damit für Bens (Justin H. Min) Tod so eine interessante Aufklärung zu bekommen, da hat sich eindeutig ein Kreis geschlossen.
Die Einführung der neuen Figuren und der aufgegriffenen Handlungen aus der Vorlage gehören damit eindeutig zur Plus-Seite dieser finalen Staffel, aber es gab auch eine Minus-Seite, ganz eindeutig. Irgendwann habe ich deutlich gemerkt, dass die Erzählzeit etwas ausgegangen ist. Das ist mir speziell auf der Charakterebene aufgefallen, denn einige Konflikte, die sich über die Staffeln hinweg immer wieder zwischen den Charakteren entwickelt und verändert haben, sind dann etwas vergessen worden. Das war auch deutlich zwischen Victor und Allison zu beobachten, aber auch Allison und Luther teilen in der ersten Episode wieder so einen Moment, der an ihr ursprünglich romantisches Interesse füreinander erinnert, nur um es dann komplett zu begraben. Auch die Einbindung von Reginald fand ich etwas ungeschickt, denn es ist eine andere Version von dem, der im Grunde immer der Antagonist war und er wirkte im Gegensatz dazu arg harmlos. Deswegen hat für mich auch nicht funktioniert, dass Victor gleich mehrfach Momente mit ihm bekommt. In denen kann er zwar rauslassen, welche Schmach er über all die Jahre in sich getragen hat, aber es war letztlich an den falschen Adressaten. Deswegen fand ich die 'Absolution' durch den anderen Reginald auch nicht befreiend, also mir an Victors Stelle hätte das nicht viel bedeutet.
© 2024 Netflix, Inc.; Courtesy of Netflix
Dazu haben wir dann die angesprochene Krise zwischen Lila und Diego. Ich fand den Umstand an sich nicht kritisch, denn ich gut nachvollziehen, warum sich zwischen den beiden so viel angestaut hat, aber Lila und Five (Aidan Gallagher), ehrlich? Das ist mit Abstand echt der größte Blödsinn, denn die Serie in vier Staffeln gebracht haben. Die Serie hat viel Blödsinn gebracht, aber das oft in humoristischer Hinsicht. Aber das war hier einfach völlig daneben und unpassend. In einer anderen Staffel, in auch möglicherweise mehr zur Verfügung stehender Zeit, da hätte ich diese Storyline vielleicht noch anders betrachten können. Denn gerade für Five war es nochmal eine ganz andere Seite, weil er mit Delores als Puppe schon die Andeutung hatte, dass die oft gewählte Einsamkeit kein Zustand ist, der ihn im Kern glücklich macht. Von daher passten seine entwickelten Gefühle für Lila sehr gut. Aber umgekehrt hat es sich für mich überhaupt nicht logisch erklärt. Spätestens nach der Rückkehr der beiden wurde dann auch ersichtlich, dass es in der Kürze der Zeit zu groß im Raum stand. Ich fand zwar die Szene im Wohnzimmer von Lilas Familie nochmal sehr genial, weil es herrlich komisch war, wie Allison, Luther und Klaus auf die Enthüllungen reagierten, als wären sie Zuschauer in der ersten Reihe beim Trash-TV, aber im Endeffekt blieb der Elefant bis zum bitteren Ende im Raum stehen und hat auch den Eindruck eines 'Happy Ends' enorm beeinflusst.
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Weil zwischen den Figuren noch so manches im Raum stand, fühlte sich dann das Ende auch ein wenig übereilt an. Wie es konkret ausgegangen ist, damit konnte ich sehr gut leben. Ich habe dazu auch ein Interview zu Blackmans Intention gelesen und konnte sehr gut nachvollziehen, was er aussagen wollte, bzw. welche Frage er in den Raum gestellt hat, die dann jeder für sich selbst beantworten muss. Angesichts so mancher schwelenden Konflikte war es aber an einigen Stellen nicht glaubhaft, dass es so schnell Einigkeit zwischen den Geschwistern gab. Die finale Szene und auch die Post-Credit-Szene, die haben mir letztlich sehr gut gefallen. Da war ich doch erleichtert, weil ich trotz der Kritikpunkte zuvor an dem Punkt gemerkt hat, in mir ist durchaus Frieden, die Serie so gehen zu lassen. Dass so viele Rückkehrer noch einmal zugesagt haben, ist auch eine positive Botschaft, dass "The Umbrella Academy" auf eine ganz eigene Weise Geschichte gemacht hat.
Fazit
"The Umbrella Academy" ist zu einem zufriedenstellenden Ende gebracht worden, doch der Weg dahin war etwas holprig, weil die Erzählzeit zwischendurch wohl ausgegangen ist. Dazu gab es einen echt ärgerlichen Handlungsbogen, der vieles getrübt hat, aber letztlich ist auch die finale Staffel der Netflix-Produktion voll von Momenten gewesen, die sich gut in das einreihen, was drei Staffeln lang zuvor angeboten worden ist. Ich werde die ikonischen Sprüche, die genialen Tanzabfolgen, die verrückten Figuren und ihre gemeinsamen Momente in sehr warmer Erinnerung behalten, aber es ist auch gut so, dass es jetzt vorbei ist.
Die Serie "The Umbrella Academy" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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