Virgin River - Review Staffel 2

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Foto: Alexandra Breckenridge, Virgin River - Copyright: 2020 Netflix, Inc.
Alexandra Breckenridge, Virgin River
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In meinen späten Jugendjahren habe ich sehr viele Liebesromanreihen gelesen, denn im Grunde ist es wie Serien schauen. Man ist Teil eines Universums, in dem immer mal wieder der Fokus der Erzählung verschoben wird, aber dennoch bleibt das Geschehen immer vertraut und so wächst eine Vertrautheit, die den Zuschauer oder Leser dazu bewegt, alles Neue wie ein Schwamm aufzusaugen. Ausgerechnet Robyn Carr war nun eine Autorin, die ich vor ihrer Adaption von "Virgin River" bei Netflix nicht gelesen habe und dennoch kenne ich natürlich das Schema, dass jeder Band sich einem neuen Liebespaar widmet, während die glücklich Zusammengeführten dafür Gastrollen einnehmen. Nach Staffel 1 von "Virgin River" war klar, dass die Geschichte von Mel (Alexandra Breckenridge) und Jack (Martin Henderson) natürlich noch nicht auserzählt ist, aber dennoch bin ich davon ausgegangen, dass es ein festes Ende vor Augen gibt, bis die beiden Figuren ihr Happy End erhalten. Doch mehr und mehr schleicht sich bei mir das Gefühl ein, dass es keinerlei Absicht gibt, den Fokus von Mel und Jack zu nehmen und das lässt Staffel 2 in meinen Augen etwas kränkeln.

Foto: Sarah Dugdale & Grayson Maxwell Gurnsey, Virgin River - Copyright: 2020 Netflix, Inc.
Sarah Dugdale & Grayson Maxwell Gurnsey, Virgin River
© 2020 Netflix, Inc.

Ich bin ein großer Fan von der Geschichte von Mel und Jack, weil die Figuren – natürlich vor allem bedingt durch die Darsteller – eine wirklich faszinierende Chemie haben. Das heißt, dass ich ihnen wirklich gerne bei all ihren Erlebnissen zuschaue, aber trotzdem hat sich bei mir gerade in der ersten Staffelhälfte der Eindruck aufgedrängt, dass das Erzähltempo extrem verlangsamt worden ist. Zwar gibt es Durchbrüche wie den ersten Sex oder sonstige weitere Geständnisse und trotzdem sind da ständig neue Faktoren, die die beiden in ihrem Umgang miteinander wieder zurückwerfen. Hauptsächlich ist das natürlich Charmaine (Lauren Hammersley), bei der ich die gesamte Staffel über nicht wusste, ob ich Mitleid mit ihr haben soll oder ob sie es einfach nur nicht anders verdient hat. Glaubte ich sie mal an einem Punkt, wo sie sich von ihrer naiven Liebe zu Jack zu lösen schien, da gab es bereits wieder einen Rückschlag, durch den sie sich mit ihm in einer Familienvilla leben sah. Zudem waren ihre plumpe Maßnahmen, die beiden auseinanderzubringen, wirklich kaum mitanzusehen. Im Grunde überwiegt aber das Mitleid, denn Charmaine ist oft nur ein Spielball, der kaum bis gar keine Chance bekommt, sich entfalten zu dürfen.

Dieser Eindruck, dass Mel und Jack mit ihrem Fokus anderen Figuren die Luft zum Atmen nehmen, drängt sich tatsächlich an vielen Stellen auf. Da sei vor allem Lizzie (Sarah Sugdale) genannt, bei der man als Neuzugang sich eigentlich wünschen würde, dass sie etwas mehr Zeit bekommt, um sich einen Begriff von ihr zu machen, aber sie ist ein oberflächliches Rätsel für mich geblieben. Man ahnt, dass sie verletzte Gefühle verbirgt, aber sie bleibt trotzdem eher als die in Erinnerung, die den unbedarften Ricky (Grayson Maxwell Gurnsey) wie eine Puppe tanzen lässt. Recht ähnlich geht es mir weiterhin bei Brady (Benjamin Hollingsworth), bei dem ich mir gewünscht hätte, dass wir in dieser Staffel einen Schritt mit ihm nach vorne machen, aber eigentlich gab es bis auf das Ende nur Schritte nach hinten. Auch der zweite Neuzugang Jamie (Carmel Amit) ist als Schachfigur gebraucht worden. Als sie gleich als Erstes mit Mel in Kontakt kommt, habe ich gedacht, dass es darum geht, ihr eine Freundschaft aufzubauen, stattdessen ist ihr Zweck wohl ausschließlich, bei Preacher (Colin Lawrence) Zweifel an seiner Zukunft in Virgin River zu säen. Aber es gab auch positive Überraschungen, wie z. B. Connie (Nicola Cavendish), die mit ihrer bewegenden Vergangenheit über ihren Status als Klatschweib hinausgehen durfte.

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Foto: David Cubitt, Martin Henderson & Benjamin Hollingsworth, Virgin River - Copyright: 2020 Netflix, Inc.
David Cubitt, Martin Henderson & Benjamin Hollingsworth, Virgin River
© 2020 Netflix, Inc.

Bei Hope (Annette O'Toole) und Doc (Tim Matheson) sowie Preacher hat man ohnehin das Gefühl, dass sie am ehesten an die Bedeutung von Jack und Mel heranreichen dürfen. Gerade bei Preacher könnte ich mir auch gut vorstellen, dass er absolut das Zeug hätte, die Serie ähnlich tragen zu können, wie Jack es aktuell tut. Er hat auch eine bewegte Vergangenheit und Paige (Lexa Doig) als eventueller Gegenpart hat ebenfalls riesiges Potenzial. Bei Hope und Doc wiederum freut es mich einfach, dass eine "ältere" Liebesgeschichte so viel Erzählzeit eingeräumt bekommt. Zwar finde ich Hope als Figur weiterhin sehr anstrengend und kein Wunder, dass sie sich mit Lizzie gleich auf Anhieb verstanden hat, aber mitreißende Liebesgeschichten können auch erzählt werden, ohne dass der körperliche Aspekt im Vordergrund stehen muss. Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt, welche Diagnose Doc erhalten wird, denn es würde seiner Beziehung zu Hope auch wieder etwas Ernstes geben. In dieser Staffel standen sie doch überwiegend für das Spiel, ob sie nun öffentlich zu ihrem zweiten Versuch miteinander stehen oder nicht.

Was ich weiterhin sehr lustig finde, ist das Bedürfnis der Serie, eigentlich jede Episode ein Spannungsmoment einbauen zu müssen. Ich glaube nicht, dass die Serie das in diesem Maße nötig hat, denn es ist eben keine Thrillerserie, sondern eher eine Wohlfühlserie. Gerade die Episode, als ein Autounfall von Ricky und Lizzie angedeutet wird und Mel und Jack dann von Blaulicht im Wald überrascht werden, musste man ja das Schlimmste befürchten, aber beides stand in keinerlei Zusammenhang. Da wurde mir aus nichts zu viel Drama gemacht. Aber grundsätzlich finde ich es gut, dass die Handlung auch dunkle Themen anpackt wie Mels Schuldgefühle mit ihrem verstorbenen Ehemann Mark (Daniel Gillies), Jack mit seiner Posttraumatischen Belastungsstörung und natürlich die Gefahr durch Calvins (David Cubitt) kriminelle Geschäfte. Denn "Virgin River" würde eine rein rosarote Zuckerwelt auch nicht stehen.

Foto: Martin Henderson, Virgin River - Copyright: 2020 Netflix, Inc.
Martin Henderson, Virgin River
© 2020 Netflix, Inc.

Zum Ende der Staffel hin haben Jack und Mel endlich ein Level innerhalb ihrer Beziehung erreicht, von dem ich mir wirklich wünsche, dass er erhalten bleibt. Natürlich wird es noch Rückschläge geben, sicherlich auch durch Charmaine und die Zwillinge (wenn sie denn überhaupt gesund zur Welt kommen), aber ich hoffe sehr, dass Jack und Mel aus jedem Nackenschlag nur noch gestärkter hervorgehen. Und wie gesagt, dann würde ich mir erhoffen, dass sich der Fokus der Handlung verschiebt. Ich fände es in jedem Fall fatal, das Happy End der beiden nur immer weiter hinauszuzögern, denn dafür müssen dramatische Wendungen eingebaut werden und irgendwann steht zu befürchten, dass das Magische ihrer Beziehung auf halber Strecke flöten geht. Wie gesagt, um die beiden herum ist genug Potenzial vorhanden.

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Fazit

"Virgin River" bietet auch in Staffel 2 ein leicht zu bingendes Serienerlebnis, denn neben viel Humor, viel Liebe und viel Drama bleibt einfach keine Zeit dafür, dass Langeweile aufkommen könnte. Doch Vorsicht, ich fand die extreme Fokussierung auf Mel und Jack diesmal gefährlich, weil die Entwicklung ihrer Beziehung eher nach Schneckentempo schrie. Zudem leiden darunter auch die anderen Figuren, die ebenfalls Entfaltungsraum gewährt bekommen sollten. Hier kann nur Staffel 3 entscheiden, ob man die Kurve bekommt oder in die falsche Richtung geht.

Lena Donth - myFanbase

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