Bewertung

Review: #1.04 Unschuldig

Foto: Katie Cassidy, Arrow - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Katie Cassidy, Arrow
© Warner Bros. Entertainment Inc.

In der vierten Folge der ersten Staffel der "Superheldenserie" "Arrow" wird das Tempo weiter angezogen und vor allem im letzten Drittel beginnen sich die Ereignisse rasant zu überschlagen. Der Titel der Folge "An Innocent Man" besitzt dabei eine schöne Doppelbödigkeit, bezieht er sich nicht nur auf den "Listenfall der Woche", in dem der Pfeilschießende Rächer einen unschuldigen Mann vor der Todesstrafe bewahren muss, sondern spielt gleichzeitig auch auf den sich über das Gesetz stellenden grünen Rächer selbst an und wirft die ambivalent-moralische Frage auf, inwieweit Oliver Queen selbst ein unschuldiger Mann ist.

"An innocent man is pointing execution"

Wurde in der letzten Woche mit dem Sniper-Auftragskiller Deadshot, ein für den weiteren Verlauf der Handlung wohl noch wichtig werdender gefährlicher Gegenspieler für den Green Arrow eingeführt, so verläuft die Rahmenhandlung dieser Folge wieder eher klassisch ab und stellt einen unschuldig zu Tode verurteilten Familienvater ins Zentrum des Geschehens. Wie üblich ist die Zeit des Verurteilten, der in eine Verschwörung einer Chemie-Firma geraten ist, die ihre illegale Giftmüllendlagerung zu vertuschen versucht, fast abgelaufen und so beginnt ein Kampf gegen die Zeit. Wirklich elegant und sonderlich nervenaufreibend wird diese Handlung nicht erzählt und sie dient im Grunde auch eher dazu die düsteren Zeiten des Oliver Queens zu offenbaren, in dem sie ihn mächtig unter Zeitdruck setzt und ihn dadurch dazu bringt moralisch ambivalente Entscheidungen zu treffen. Auch werden durch diesen Fall Laurel und der Green Arrow näher zusammen gebracht und es kommt zu einigen übermäßig pathetisch inszenierten Gegenüberstellungen des maskierten Rächers und der leidenschaftlichen Anwältin. Das führt dann zu Szenen, die streckenweise ziemlich dick aufgetragen sind, im Kontext einer Superheldenserie dann doch ganz gut funktionieren. So schwingt sich der Green Arrow noch einem Gespräch mit Laurel heldenmäßig durch die Straßenschluchten der Stadt oder verschwindet, wie einst auch Clark Kent in "Smallville" urplötzlich im Nichts. Solche Elemente gehören zu einer richtigen Superheldenserie aber dazu und dürfen deshalb auch in "Arrow" nicht fehlen.

"He is a killer"

Wesentlich aufregender, als der im Kern nicht wirklich mit vielen Überraschungen aufwartende Hauptplot der Woche, sind die moralischen Fragestellungen, derer sich die Serie in dieser Folge umso intensiver widmet. So macht Diggs, als er erfährt, dass hinter Green Arrow Oliver Queen steckt bereits zu Beginn der Folge folgendes deutlich: "You're not a soldier. You're a criminal and a murderer.". Es ist der Serie hoch anzurechnen, dass sie sich der dunklen Seite des Oliver Queen und den Fragen der Legitimität von Selbstjustiz so ausführlich widmet. Bereits in den ersten Folgen wurde dieser stets mitschwingende Konflikt immer mal wieder thematisiert, vor allem auch durch Laurels Vater Quentin, der als Polizeibeamter für die Seite der legalen Gesetzmäßigkeit steht. In dieser Folge dreht sich nun aber alles um die Frage, wie weit man für Gerechtigkeit eigentlich gehen kann und glücklicherweise wird dabei auf einfache Antworten verzichtet. Gerade dadurch, dass es um die Rettung eines unschuldigen Menschenlebens geht, welchem vor der Vollstreckung der Todesstrafe nur noch wenig Zeit bleibt, wird Oliver in Gestalt des Green Arrow ans Limit getrieben. Dieser Zeitdruck offenbart eine tief inne liegende Düsternis, die schon öfters durchgeschimmert ist, hier aber nochmal überdeutlich herausgestellt wird.

Aufgrund seines Charismas und seiner hehren Ziele, kann schnell in Vergessenheit geraten, dass Oliver bereits für seine Vorstellungen von Gerechtigkeit getötet hat und damit wirklich ein Killer ist. Diese düstere, zerstörerische Seite des Oliver Queen macht diese Figur aber auch so spannend, auch aus dem Grund, weil es interessant zu sehen sein wird, wie aus dem verantwortungslosen Partylöwen Oliver Queen dieser für seine Vorstellungen einer gerechteren und sichereren Welt zahlreiche Grenzen überschreitende, abgehärtete, aber auch gleichzeitig gebrochene Rächer werden konnte. Ein erster Entwicklungsschritt wird anhand von vereinzelten Insel-Rückblicken bereits gezeigt. Der Bogenschütze, der Oliver angeschossen und mit in seine Höhle genommen hat, hat Oliver auf der Insel das Töten gelehrt. Diese Parallelhandlung, in der Oliver dazu gebracht wird eigenhändig einen Vogel zu töten, wird elegant mit dem aktuellen Oliver in Verbindung gesetzt, der nun schon die Bereitschaft zeigt unter bestimmten Bedingungen Menschen zu töten. Hier ist auch die Gegenüberstellung des schwächlich und ängstlich wirkenden Olivers zu Beginn seiner Inselzeit und des gnadenlosen, eine ungeheure Härte demonstrierenden aktuellen Olivers, der Menschen auf Bahnsteige kettet, um seine Ziele zu reichen, überaus interessant und wirft einen tiefen Blick in die Seele dieses Mannes.

Wurde Laurel immer eher als Sympathisant und in dieser Folge auch als aktiver Verbündeter von Green Arrows Selbstjustizbemühungen dargestellt, so wird sie am Ende der Folge Zeuge der ungeheuren Destruktivität und Gefährlichkeit dieses, sich nicht immer heldenhaft verhaltenen Heldens. Ihr Ausspruch "He is a killer" verändert natürlich auch für eine mögliche Laurel/Oliver-Beziehung, die im Vorfeld deutlich vorangetrieben wurde, einiges und rückt diese eher in weitere Ferne. Die Entwicklung dieser Beziehung wird also weiter hochspannend bleiben, auch deshalb, weil Laurels Vater am Ende der Folge Oliver festnimmt und nah dran ist bereits in der vierten Folge seine geheime Identität zu lüften. Es ist aber wohl doch eher unwahrscheinlich, dass Olivers Geheimnis schon jetzt ans Licht kommt, auch weil auf dem Videoband nichts gänzlich Eindeutiges zu sehen ist. Das Tempo, dass hier gegangen wird ist aber trotzdem sehr hoch und lässt die Spannung nur noch weiter steigen.

"I'm giving you the chance to help other people's families"

In Bezug auf das Tempo, dass hier gefahren wird, ist auch die schnelle Einweihung von Diggle in Olivers Geheimnis mehr als zu begrüßen, hat man mit Diggle doch schon in drei Folgen einen so charismatischen und starken Charakter geschaffen, der es verdient nun eine gehobene Position im Serienkosmos einzunehmen. Neben der Erforschung der dunklen Seele des Green Arrows ist ein weiterer zentraler Bestandteil der Folge Diggles Überlegungen Oliver in seinem einsamen Kampf zu unterstützen und es ist zunächst wirklich schön, wie offen und ehrlich Oliver gegenüber Diggle ist. Er erzählt ihm die Wahrheit über die Vorkommnisse auf dem Rettungsboot und auch über die Liste. Zudem teilt Oliver ihm auch mit, wer der Mörder seines Bruders ist, was den weiteren Verlauf der Handlung maßgeblich beeinflussen wird. Sehr schön waren in diesem Kontext auch die Gespräche mit seiner Schwägerin, die ihn ermuntert für seine Ideale einzustehen und sich nicht weiter zu verstecken. Das Diggle Olivers Angebot schließlich annimmt, kommt zwar nicht wirklich überraschend, ist aber trotzdem eine begrüßenswerte Entwicklung, gerade auch deswegen, weil Diggle als moralischer Kompass fungieren kann, der Olivers dunkle Seite ein Stück weit bändigt. Das Oliver jemanden braucht, der ihm die Richtung weist und ihm moralische Grenzen aufzeigt, wird nach dieser Folge überdeutlich und Diggle könnte bei der Bewahrung von Olivers Identität schon in ganz naher Zukunft von großer Bedeutung sein.

"He is targeting the list"

Schlussendlich muss noch kurz auf die letzten entscheidenden Entwicklung dieser Folge eingegangen werden. Zunächst wäre dies die Entdeckung von Walter, der eine Investition von Moira zurückverfolgt und auf eine Lagerhalle stößt, in der das Wrack der "Queens Gambit" versteckt wird. Es wird klar, dass Walter nichts von den dunklen Machenschaften seiner Frau weiß und es wird spannend zu sehen sein, inwieweit Walter nun in diese groß angelegte Verschwörung hineingezogen und welche Rolle er dann dabei spielen wird. Dann ist es auch nicht irrelevant, dass Moira einerseits die Liste kennt und andererseits nun auch gemerkt hat, dass Green Arrow es auf Leute dieser Liste absehen hat, mit denen sie wohl auch auf irgendeine Weise verbunden ist. Die kontinuierliche Weiterentwicklung dieser groß angelegten Verschwörungsstory anhand kleinerer Schnipsel funktioniert weiterhin sehr gut und lädt zum Spekulieren ein.

Fazit

Diese insgesamt gelungene vierte Folge von "Arrow" setzt sich intensiv mit der Ausleuchtung der dunklen Seite des Oliver Queens auseinander und überzeugt durch eine vielschichtige Charakterarbeit. Daneben wird das Tempo immer weiter angezogen und wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Der Cliffhanger am Schluss der Folge zieht dann die Spannungsschraube nochmal kräftig an und schließt eine Folge, die es geschafft hat, einen noch tiefer in diesen Serienkosmos zu ziehen.

Moritz Stock - myFanbase

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