Review: #1.02 Blut geleckt

Diese Episode beginnt exakt wie erwartet: Bill rettet Sookie aus der Gewalt des White-Trash-Pärchens und killt dieses. Wir sind natürlich alle sehr erleichtert, dass die Hauptheldin der Serie nicht schon in der zweiten Episode stirbt. Mittels seines Bluts päppelt Bill die schwer verletzte Sookie wieder auf und schenkt ihr mit seiner Spende auch gleich noch eine stärkere Libido. Vampir sei Dank, schließlich gab es in den bisherigen zwei Episoden erst drei oder vier explizite Sexszenen mit nackter Haut und Fesselspielchen.

Im Moment empfinde ich die Serie "True Blood", deren literarische Vorlage ich nie gelesen habe, als eine Art absichtliche Provokation der Zuschauer. Die Message der Autoren und Schauspieler scheint zu sein: "Guckt mal, was wir uns mit eurem heiß geliebten Vampirgenre so alles erlauben!". Vieles wirkt überzeichnet und abstrus, wie zum Beispiel das Gebaren der Vampire am Ende der Episode, die vielen rabiaten Sexszenen oder die starke Betonung der Südstaatenkulisse. Auch die Charaktere Bill und Sookie sind gewöhnungsbedürftig. Die gemeinsamen Szenen der beiden haben irgendwie eine hibbelige Atmosphäre, sie sind sehr gestenreich und aufdringlich in Szene gesetzt. Aber wie es bei provokanten, seltsamen Produktionen oftmals eben so ist, besitzt auch "True Blood" eine faszinierende Note, die das Wegschalten schwer macht. Man mag die Serie nicht unbedingt auf Anhieb, ich tue es jedenfalls noch nicht, doch meine Neugier ist zweifellos geweckt. Man fragt sich einfach, wohin das Ganze führen soll und ob hier nicht vielleicht etwas Kultiges entstehen wird. Wir Menschen sind ja so gepolt, dass wir nicht gerne etwas verpassen, über das andere Leute (vielleicht) sprechen.

Am Besten haben mir in dieser zweiten Folge die Szenen aus Sookies Vergangenheit gefallen, die uns einige Einblicke in das Leben einer Telepathin geben. Wie oft wünschen wir uns, wir könnten die Gedanken unseres Gegenübers lesen und wüssten so, was er oder sie über uns denkt. Wie naiv ein solcher Wunsch in Wahrheit ist, zeigen uns allein schon Sookies Date-Erfahrungen. Natürlich sind diese Flashbacks in erster Linie witzig, trotzdem wird deutlich, dass die intimsten Gedanken nicht für andere Ohren bestimmt sind, weil sie mitunter die geballten Charakterschwächen, Sehnsüchte und Ängste der Menschen offenbaren, die in so konzentrierter Form natürlich sehr negative Eindrücke hinterlassen.

Man kann Sookies engste Angehörige nur dafür bewundern, dass sie, obwohl sie von ihrer Gabe wissen, nicht auf Abstand gehen. Wenn ich wüsste, dass jemand meine Gedanken lesen kann, würde ich in seiner Gegenwart nur unverfängliche, unpersönliche Dinge denken, was doch ziemlich anstrengend wäre. Ich hätte wahrscheinlich einige Mühe, mich zu entspannen und nicht wie ein Trottel zu wirken, während ich im Kopf die ganze Zeit zwanghaft an Blümchen, die Farbe Blau, einen aktuellen Musiktitel oder das Rezept für Gemüselasagne denke.

Für die kommenden Episoden deuten sich in dieser Folge natürlich so einige Themen an, die sich hoffentlich vielversprechend entwickeln werden, vor allem die Frage, wer hinter den Morden an Maudette Pickens und dem Reverend nebst Familie steckt. Handelt es sich dabei überhaupt um ein und denselben Täter? Maudette hatte eine Affäre mit einem Vampir, während der Reverend ein fanatischer Vampir-Gegner war. Das verbindende Element sind hier zwar eindeutig die Vampire, aber auf recht unterschiedliche Art und Weise.

Maret Hosemann - myFanbase

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