Bewertung

Review: #5.07 Am Anfang

Diese Episode ist eine einzige große Wiedersehensparty, aber keine von der fröhlichen Sorte. Zahlreiche ehemalige Haupt - und Nebencharaktere treten kurz auf, darunter der frühere Sheriff Bud Dearborne, Taras Mutter Lettie Mae, der kürzlich verstorbene Jesus, Erics und Noras Macher Godric sowie Jesus' unheimlicher Großvater Don Bartolo.

Wiedersehen macht keine Freude

Nicht nur, dass "True Blood" den Begriff ehemalig deutlich dehnbarer interpretiert als viele andere Serien und immer wieder mit Comebacks von Charakteren aufwartet, die schon weg vom Fenster schienen, auch die Art, wie diese Comebacks ausfallen, widerspricht oftmals den gängigen Konventionen. Ein gutes Beispiel hierfür ist in dieser Folge das Wiedersehen mit Bud, den Andy in der Hoffnung auf einen Rat besucht. Nur allzu gerne werden in Film und Fernsehen solche Auftritte früherer Autoritätspersonen genutzt, um den aktuellen Helden neue Impulse zu geben, doch nicht in "True Blood". Bud hat seine Vergangenheit hinter sich gelassen, er genießt seinen Ruhestand und will nach über 40 Jahren Berufstätigkeit nichts mehr mit dem ganzen Schlamassel zu tun haben. Das ist alles andere als sympathisch, hat aber eine authentische Note.

Auch Taras Wiedersehen mit ihrer Mutter gestaltet sich alles andere als erfreulich. Lettie Mae reagiert auf Taras Vampirdasein mit Selbstmitleid und Egoismus. Statt sich um ihre Tochter zu sorgen und sich dafür zu interessieren, was dieser genau widerfahren ist, denkt die ehemalige Alkoholikerin und mittlerweile Pfarrersfrau nur an sich und ihren Ruf. Das war zu erwarten, ist aber natürlich trotzdem traurig. Taras Bruch mit ihrer leiblichen Mutter führt zu einem kleinen aber feinen Macherin-Abkömmling-Moment zwischen Tara und Pam, der zeigt, dass in Pam durchaus Zuneigung für ihren Vampirnachwuchs vorhanden ist, auch wenn sie sich das selbst noch nicht wirklich eingestehen will.

Die neue Autorität

Romans Überreste sind noch nicht vollständig aufgewischt, da liegen seine sämtlichen Ziele und Bemühungen auch schon in Trümmern. Die letzten verbliebenen Kanzler der Autorität schmeißen die Politik der friedlichen Koexistenz über Bord und richten ein Blutbad an, das wohl der Beginn eines Krieges, oder zumindest eines kriegsähnlichen Zustandes, zwischen den Vampiren und den Menschen, aber auch zwischen den Vampiren selbst sein wird. Wer soll die Wogen jetzt noch glätten, wer die Gewalt vertuschen? Die Mainstreamers, das heißt die Vampire, die an ein harmonisches Miteinander glauben, haben nun keine Führungsspitze mehr, aber auch solche Vampire, die nicht unbedingt auf der Mainstream-Welle schwimmen, haben womöglich so ihre Probleme mit dem religiösen Konzept der neuen Autorität um Salome. Gleichzeitig ist Salomes wichtigste Waffe Russell das genaue Gegenteil von zuverlässig. In vielen Momenten drückt seine spöttische Mimik sehr schön aus, dass er mitnichten zum Glauben gefunden hat. Und dann ist das noch Eric, der gewissermaßen von Godric den heiligen Auftrag erhält, Nora zu retten. Nach Godrics mahnenden Worten kann Eric auch die nackte Erscheinung, die für Lilith gehalten wird, nicht mehr sehen, was auf eine Art Erkenntnis hindeutet, auf eine klare Sicht durch den falschen Glauben hindurch.

Es ist wirklich eine Menge drin in der Vampirstoryline und doch greifen die Rädchen nicht ganz ineinander. Wir wissen nun, dass Salome ihren Geliebten Roman schon seit langem hintergangen und seinen Tod geplant hat. Die Erklärung, warum sie ihm nicht selbst den Pfahl in die Brust gerammt hat, sondern Russell dafür brauchte, wirkt allerdings ausgesprochen konstruiert und enthält nicht einen Hauch von Logik. Man kann jetzt damit argumentieren, dass Religion und Logik grundsätzlich nicht die engsten Freunde sind, trotzdem knirscht hier doch ein dicker Sandberg im Getriebe.

Hätte ich vor dieser Staffel eine Erläuterung abgeben müssen, wie ich mir die Autorität vorstelle, dann hätte ich sie eher als eine politische Organisation mit kühl kalkulierenden Vampiroberhäuptern beschrieben, nicht als Sekte. Der religiöse Aspekt hat mich von Anfang an total überrascht und macht es für mich nach wie vor schwer, genaue Prognosen abzugeben, was noch folgen wird. Das ist natürlich einerseits verdammt gut, da Vorhersehbarkeit nicht gerade zum Unterhaltungswert beiträgt, doch andererseits fallen manche Begründungen etwas gewöhnungsbedürftig aus.

Entladung

Sookie erfährt, dass ihre Elfenkräfte mit einer Batterie vergleichbar sind - sie können aufgebraucht werden. Sogleich macht sich Sookie daran, sich selbst zu entladen, in der Hoffnung, dann ein normaler Mensch zu werden. Mir gibt es allerdings schon ein wenig zu denken, dass Claude zwar davon gesprochen hat, dass Sookie keine Elfe mehr wäre, wenn ihre Kräfte verbraucht sind, er aber auch nicht explizit gesagt hat, dass sie dann ein normaler Mensch wird. Vielleicht passiert dann ja etwas ganz anderes mit ihr. Auf jeden Fall dürfte die Serie auf Dauer kaum funktionieren, wenn Sookie ein normaler Mensch werden würde, denn dann wäre sie nur noch halb so interessant und könnte kaum mehr etwas bewirken. Gerade jetzt, wo die Vampirdämmerung bevorsteht, wird jede Gabe gebraucht - und besonders jede Gabe, mit der man Vampiren in den unsterblichen A*** treten kann.

Maret Hosemann - myFanbase

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