Bewertung

Review: #1.02 Ehre, wem Ehre gebührt

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Anziehungskraft von Serien auf mich sich meistens nicht über ihren Piloten definiert, sondern meist über die zweite Folge. Denn immerhin ist das die Folge, die etwas neu Kreiertes in einen Fluss bringen muss und so den "Alltag" dieser Serie grundlegend definiert. Und dabei schlägt sich diese Folge in meinen Augen einfach gut.

Für Mich

Was mir bei dieser Folge sofort aufgefallen ist, ist wie normal, wie alltäglich plötzlich die Beziehung zwischen Wallace und Veronica ist. Bereits jetzt herrscht zwischen den beiden ein Verständnis und eine Chemie (irgendwie wird dieses Wort in meiner Betrachtung dieser ein wenig überstrapaziert), die eigentlich glauben lässt, die beiden würden sich schon ewig kennen. Was allerdings in dieser Folge extrem wirkt, ist, dass Veronica Wallace bereits hier als "Assistenten" benutzt. Er wird zur Sekretariatshilfe und schafft so Veronica Zugang zu allem, was sie über ihre Mitschüler wissen will. Und so verlagert sich hier bereits schlagartig ihre Beziehung hin zu einer Ausnutzung Wallaces durch Veronica. Das kann nicht lange gut gehen.

Offene Augen, offener Geist

Außerdem wird hier ein neuer Charakter in den Mix geworfen: Troy Vandergraff betritt die Szenerie und versucht sofort Veronica aus ihrer Isolation herauszueisen. Sicherlich gibt es hier noch keine eindeutigen Szenen zwischen den beiden, aber da liegt doch eine Beziehung für die Zukunft in der Luft, die Veronica langsam wieder an ihr altes Leben heranführen könnte.

Und Teil dieses alten Lebens ist nun einmal Duncan Kane. Wie schon in der ersten Folge fällt hier erneut auf, dass da mehr in ihm schlummert als die normalen Gefühle gegenüber der Ehemaligen; seine Blicke, sein sofortiges Angebot sie mitzunehmen zeigen doch deutlich, dass in ihm noch Gefühle für sie lauern. Und durch ihr gemeinsames Projekt kommen sie sich ein wenig näher und die oben erwähnte Annäherung an alte Kreise schreitet voran.

Hinter der Maske

Was in der charakterlichen Darstellung dieser Folge sofort ins Auge sticht, ist die Tiefe, die hier Eli "Weevil" Navarro verliehen wird. Aus ihm wird hier mehr als der beinharte Anführer der PCHer, er wird zu einem dreidimensionalen Menschen, der Empathie zeigt und gewillt ist für seine Großmutter einzustehen wie für keinen Zweiten. Dass er hier durch seinen gefühlten Bruder hintergangen wird, seine Großmutter dadurch ihren Job verliert und er gemeinnützige Arbeit leisten muss, scheint wie eine Metapher für den Verlauf seines gesamten Lebens und somit des Lebens vieler Menschen in gleicher Situation. Wirklich sehr schön gemacht.

Die Geschichte um Caitlin und Letty dient hier ebenfalls als Metapher, als Kopie einer noch kommenden Geschichte. Ihr werdet mich verstehen, wenn es soweit ist.

Aus dem Dunkel

Der Mord an Lily Kane bekommt hier Dynamik. Im Piloten noch aussichtslos abgeschlossen erscheinend, wird dieser Fall hier weit geöffnet. Das Foto des Blitzers gibt dem Fall eine neue Wendung und eröffnet so wieder die Möglichkeit der Spekulationen um den tatsächlichen Tathergang und Täter. Durch Veronicas Monologe wird deutlich, dass auch sie stark dazu tendiert Jake Kane als den Täter anzunehmen; vielleicht weil es ihr Vater tut und sie seinem Urteilsvermögen traut, vielleicht aber auch weil seine Schuld ihrer momentanen Situation etwas Märtyrerhaftes, einen Glanz und eine Rechtfertigung verleihen würde. Jedenfalls stehen nun Tür und Tor offen um den tatsächlichen Täter zu finden. Dass ihr Vater hierbei nicht so erpicht darauf ist, sie in diese (von ihm offensichtlich weitergeführte) Untersuchung einzuweihen, ist verständlich, denn gerade er möchte als Schuldiger an ihrer sozialen Isolation nicht, dass sie noch weiter hineingerät in einen Fall, der durchaus zum Strudel werden könnte, der sie noch weiter herabzieht.

Schnipsel

Diese "Kategorie" möchte ich hier und in Zukunft nutzen um einige Kleinigkeiten zu erwähnen, die mir im Verlauf der Folge so aufgefallen sind.

- Die Beziehung zwischen Sheriff Lamb und Keith wird hier erstmals offen ausgespielt. Eine herrliche Szene zum Schmunzeln.

- Wunderschön war auch die Aufführung, die Keith und Veronica im Neptune Grand boten. Insgesamt tritt Veronica hier öfters als hervorragende Schauspielerin auf. Witzig und charmant – und immer nett anzusehen.

- Musste man denn wirklich Paris Hilton casten? Die Rolle scheint ihr zwar auf den Leib geschneidert, aber hätte man dafür nicht eine Schauspielerin finden können?

Fazit

Eine gute Folge, welche wacker einen Serienalltag etabliert, sich näher mit dem Menschen Eli Navarro beschäftigt und sowohl ihm als auch der gesamten Serienkonstellation hierbei mehr Tiefe gibt.

Was soll man sagen? Diese Folge konnte mich seinerzeit bei ihrer Erstaustrahlung so überzeugen, dass ich wusste, dass von nun an die Zeit zwischen 14:00 und 14:45 Uhr jeden Samstag gebucht ist. Schöne Folge, die das Niveau des Piloten mühelos hält und sich sogar noch ein wenig darüber einnistet. Sieben Punkte!

Martin Schultze – myFanbase

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