Musikalische Szenenuntermalung I
Wie auch in Filmen bedient man sich in TV-Serien der Musik um gewisse Szenen zu unterstreichen, Spannung zu erzeugen oder die gewünschte Gefühlsregung beim Zuschauer zu verstärken. In manchen Szenen läuft die Musik eher im Hintergrund und wird kaum wahrgenommen, während es daneben Szenen gibt, in der die Musik klar fokussiert wird. Auch werden Serien, wie beispielsweise "Glee" und "Nashville", produziert, in welche die Musik sogar zum Hauptthema der Serie gemacht wird. In der aktuellen "Was uns bewegt" Kolumne haben unsere Autoren und Autorinnen in ihren Texten versucht, die Szenen herauszusuchen, welche ihnen persönlich, unter anderem wegen der Musik, besonders in Erinnerung geblieben sind oder sie besonders berührt haben.
"Deadwood", #1.04 / Gustavo Santaolalla - Iguazu
"They shot Wild Bill Hickok!"

© Paramount Pictures
Die Überschrift dieser Kategorie von "Was uns bewegt" heißt Musikalische Szenenuntermalung aber meine fünf einprägsamsten Musikmomente fallen zum großen Teil nicht unbedingt in diese Kategorie. Denn eigentlich sind für mich die reinen Untermalungen von emotionalen Momenten mit den passenden Songs oftmals weniger einprägsam, als wenn die Musik direkt in die Handlung der Serie mit einfließt. Das liegt auch daran, dass die Methode der Musical-Montages doch in einigen Genres derart überhand genommen hat, dass ich es als sehr einfaches Mittel, die gewünschten Emotionen beim Zuschauer zu erwecken, empfinde. Nichtsdestotrotz gibt es auch bei mir immer wieder einige dieser szenischen Musikbegleitungen, die auch bei mir ihre Wirkung nicht verfehlen.
Ein ganz klassisches Beispiel hierfür ist das Finale der vierten Episode von "Deadwood", in dem die Serie vollkommen ihre Genialität beweist und sich in den Pantheon der ganz großen Dramen unserer Zeit katapultiert. Hier wird klar, dass obwohl die Westernlegende Wild Bill Hickok in den ersten vier Episoden eine der zentralsten Figuren der Serie ist, dieser doch nur als eine Art trojanisches Pferd für die Zuschauer fungierte. Denn eigentlich widmet man sich viel mehr Nebenfiguren wie den beeindruckenden Saloon-Besitzer Al Swearengen und dem Sheriff Seth Bullock. Beides sind ebenfalls historisch verbürgte Personalien, lange aber nicht so bekannt wie Wild Bill.
Die Westernlegende, so besagt es die Geschichtsschreibung wird in der Kleinstadt Deadwood erschossen, nur wenige Tage nachdem er das Camp erreichte und am Ende von #1.04 Here Was a Man ist es soweit. Dabei sehen wir die Interpretation der berühmten Ereignisse von Serienmacher David Milch, der der Tatsache, dass der erfahrene Revolverheld schutzlos mit dem Rücken zur Tür in der Bar saß und so zum leichten Opfer von Jack McCall wurde, die Begründung entgegen setzt, dass Wild Bill den Tod herbeisehnte. Und als dieser dann eintrifft, wird die Erkenntnis, die sich im Camp breit macht, bis auch Calamity Jane und Seth Bullock davon erfahren von dem wunderschönen Instrumentalstück "Iguaza" untermalt. Gepaart mit der Musik, dem Chaos auf den Straßen von Deadwood während man den Mörder jagt, und gleichzeitig der Skalp eines Indianers eintrifft, und die bittere Wahrheit für Seth und Jane ist dies einer der denkwürdigsten Momente der Serie und gehört für mich zu den Top-5-Musikmomenten in TV-Serien.
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"Battlestar Galactica", #3.20 / Bear McCreary - All Along the Watchtower
"There must be some way out of here
Said the joker to the thief
There's too much confusion
I can't get no relief "

© myFanbase/Nicole Oebel
Die finalen Entwicklungen der Science Fiction Serie "Battlestar Galactica" spalten der Serienwelt, dazu gehört auch zum großen Teil die inhaltliche Entwicklung rund um die Enthüllungen, welche Hauptcharaktere zu den Cylons gehören. Von daher wird es sicherlich nicht wenige Fans geben, die den Einsatz von "All Along the Watchtower" eher mit gemischten Gefühlen sehen. Ich liebe ihn. Das Neuarrangements des klassischen Rocksongs, ursprünglich von Bob Dylan komponiert (es gibt aber auch eine sehr bekannte Version des Songs von Jimmie Hendrix) aus der Feder des Hauskomponisten von "Battlestar Galactica", Bear McCreary wird als auslösendes Moment für vier Charaktere genutzt, in denen die Melodie und der Text des Stückes die Gewissheit triggert, dass sie Cylons sind. Zuvor sind immer wieder einzelne Textstellen des Songs unbewußt in ihre Unterhaltungen eingeflossen und die Melodie des Liedes verfestigt sich derart in ihrem Bewusstsein, dass sie wie von einer fremden Kraft geleitet alle vier an einen gemeinsam Ort geleitet werden und als sie sich gegenüberstehen, erkennen sie ihre wahre Natur.
Wie man hier die Musik einsetzt, die Kraft der Melodie und der Lyriks als eigenes Stilmittel auf erzählerischer Ebene benutzt und diesen Song auch im weiteren Verlauf der Handlung in die Mythologie der Serie einbindet, hat sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt. Auch die spätere Nutzung des Songs in der Episode #4.17 Someone to Watch Over Me, in dem Kara Thrace gemeinsam mit einem mysteriösen Komponisten diesen Song aus ihrer Erinnerung, sowie mit der Hilfe von einer Zeichnung Heras rekonstruiert und sich dabei der Kreis zu "All Along the Watchtower" (um das es sich bei der Melodie handelt) und auch Karas verschollenem Vater schließt, ist wunderschön. Es gibt keine klare Erklärung für die Bedeutung dieses Liedes im Universum der Serie, aber die Musik nimmt ganz klar eine zentrale Rolle ein und gerade dass es nie wirklich geklärt wird, woher sie stammt, macht die Sache so poetisch. Sie steht exemplarisch für Bob Dylans Glauben in Sachen Musik: "The songs are there. They exist all by themselves just waiting for someone to write them down. I just put them down on paper. If I didn't do it, somebody else would."
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"Treme", #1.01 / Rebirth Brass Band - Feel Like Funkin It Up
"Play for that money, play fort that motherfucking money!"
"Treme" ist Musik pur und eigentlich ist es Frevel, hier für diese Kategorie nun eine einzelne Stelle als Exempel herauszupicken. Nehmt meinen Vorschlag einfach als Beispiel für die zahlreichen energiegeladenen Momente der grandiosen Live-Musik, die die Serie insgesamt beinhaltet. Dazu zählen Auftritte von vielen, vielen legendären Musikern, aber auch extra für die Serie entwickelte Eigenkompositionen wie Steve Earles "This City", welches im Laufe der Serie so etwas wie die inoffizielle Hymne von "Treme" wird.
Aber der Moment, als ich mein Herz an "Treme" unwiederbringlich verlor und ich mich begann für Jazz und Funk und Blues zu interessieren ist der, den ich als Beispiel für diese grandiose Serie ausgewählt habe. Dabei handelt es sich um die allererste Szene der Serie, in der drei Monate nach Katrina in New Orleans die erste Second Line Parade nach dem Sturm stattfindet und wir als Zuschauer direkt ins Geschehen geworfen werden. Wir verfolgen die Verhandlung der Rebirth Brass Band um ihr Honorar für die Parade, und dann geht es los. Die ersten Töne der Instrumente erklingen und kurz darauf stößt Antoine Baptiste mit seiner Posaune dazu. Man weiß als Zuschauer nicht, was einem geschieht, nur das diese Musik, diese Energie und dieses Lebensgefühl etwas ganz besonderes sind und dank "Treme" kann man ein wenig an dieser magischen Welt teilhaben. Trotz des zahlreichen Elends in der vom Schicksal gebeutelten Stadt New Orleans ist es die Kultur der Jazz-Musiker, die stolze Welt der Mardi Gras Indians und die einzigartige Atmosphäre dieser Stadt, die einen lebensbejahenden Optimismus ausstrahlen und zeigen, für was es sich immer wieder lohnt, sich den Besonderheiten von einzelnen Menschen und Kulturen in ihrer Gesamtheit zu widmen.
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"Chuck", #2.22 / Jeffster & Stynx - Mr. Roboto
"Why are you letting Sam Kinison and an Indian Lesbian wreck your Wedding?"

© Warner Bros. Entertainment Inc.
Ein weiteres musikalisches Highlight meiner Serienlaufbahn habe ich bereits an anderer Stelle schon einmal enthusiastisch beschrieben. Viel muss man dem nicht mehr hinzufügen, außer vielleicht die Tatsache, dass "Chuck" auch zahlreiche weitere Kandidaten für einen derartig auf Musik fokussierten Rückblick in petto gehabt hätte. Seien es die vielen Szenen zwischen Chuck und Sarah in der zweiten Staffel, die meist in den ganz entscheidenden Momenten von Bon Iver begleitet wurden, oder auch in späteren Staffeln von Frightened Rabbit. Auch das Wiedersehen und die erneute Trennung von Chuck und seinem Vater untermalt von Glasvegas "Daddy's Gone" gehört zu den absoluten Hightlights, ebenso wie der denkwürdige Einsatz von The Antlers, als Chuck und Sarah endlich zueinander finden. Aber trotz dieser zahlreichen starken Kandidaten kommt nichts an den besten Jeffster-Moment der Serie heran, der wohl auch den absoluten Höhepunkt auf inhaltlicher Ebene von "Chuck" darstellt.
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"Flight of the Conchords"
OK, ich geb es zu, spätestens beim fünften Eintrag meiner Liste würde ich in einem Schulaufsatz den Vermerk, Thema verfehlt erhalten. Aber hier geht es ja zum Glück nicht um Zensuren, sondern um gute Musik und deren spezieller Einsatz in TV-Serien und da führt für mich an der kurzlebigen HBO-Serie "Flight of the Conchords" kein Weg vorbei. Das Problem dabei ist nur, dass ich jedesmal, wenn ich versucht habe mich auf ein Beispiel zu beschränken, absolut nicht dazu in der Lage war. Die Konsultation der zahlreichen Clips zu den Songs der Neuseeländischen Gruppe hat dabei leider auch nicht geholfen, führten die nur dazu, dass ich mir doch wieder einen Song nach dem nächsten von ihnen anschauen und anhören musste und ich mich partout nicht entscheiden konnte, ob nun "Bowie in Space", oder doch "Hiphopopotamus vs. Rhymenoceros" der Gewinner ist, und dann fällt einem "Leggy Blond" ein, und man erinnert sich an "Mutha'uckas" und es ist einfach unmöglich, hier einen Song herauszupicken.
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Cindy Scholz - myFanbase
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