Review: #2.02 Süßes und Saures
Das Horrorgenre ist ein enorm breites Feld, das sich aus unterschiedlichen Motiven und Strömungen zusammensetzt, doch wenn ich es in so wenige und prägnante Kategorien wie möglich einteilen müsste, würde ich genau vier wählen: außen, innen, subtil und offensichtlich. Auch die zweite Staffel von "American Horror Story" lässt sich unter diesen Gesichtspunkten betrachten.
Innen und Außen
Der äußere Horror stellt das Böse als etwas Fremdes dar, das plötzlich von außerhalb über die Menschen kommt, sei es aus dem dunklen Wald, dem weiten Weltall, dem tiefen Sumpf oder einer fremden Dimension. Dem gegenüber stehen die Filme und Serien, die das Böse im Vertrauten aufdecken, die zeigen, dass der Schrecken in unserem gewohnten Umfeld lauert, zum Beispiel in unserer Nachbarschaft, in unserem Freundeskreis, oder sogar in unserer Familie. "American Horror Story: Asylum" verquirlt den inneren und den äußeren Horror miteinander. Es gibt diesen dunklen Wald, in dem unheimliche Kreaturen lauern, und es scheint, dass eine bösartige Macht aus dem Weltall die Erde heimsucht, aber gleichzeitig sehen wir diese geschlossene Gemeinschaft, die psychiatrische Anstalt Briarcliff, in der die Inhaftierten Terror und Folter durch die Menschen erfahren, die für sie verantwortlich sind, allen voran durch Schwester Jude und Dr. Arden.
Subtil und Offensichtlich
Die Unterscheidung zwischen subtilem und offensichtlichem Horror entwickelt sich oft zu einer Unterscheidung zwischen anspruchsvollem und trashigem Horror. Subtiler Horror setzt mehr auf Kopfkino und arbeitet mit Andeutungen und psychologischen Tricks, um die Fantasie und Ängste der Zuschauer anzuregen. Offensichtlicher Horror hingegen bedient die Augen und die Ohren des Publikums mit brutalen, schaurigen Szenen, die erschrecken und aufwühlen sollen. Die erste Staffel von "American Horror Story" fiel mehr in den subtilen Bereich, während die zweite Runde vor allem offensichtlichen Horror bietet. Dies führt dazu, dass begeisterte Anhänger der ersten Staffel mit der zweiten viel weniger anfangen können und sie als trashiger, simpler und einfallsloser empfinden. Diese Ansicht kann ich durchaus nachvollziehen, was für mich aber nichts daran ändert, dass ich diese zweite Staffel bisher interessant und unterhaltsam finde. Ja, es wird mehr mit handfestem Horror gearbeitet, aber auf eine ansprechende Weise, die viele Filme des Genres um Längen schlägt.
Glaube und Wissenschaft
Briarcliff ist ein erschreckender Ort, der viele Sichtweisen und Probleme der (amerikanischen) 1960er Jahre widerspiegelt, von denen einige auch heute noch nicht restlos ausgemerzt sind, wie etwa die Betrachtung von Homosexualität als Krankheit, Doppelmoral bezüglich dessen, wie Männer und wie Frauen leben dürfen, und Rassismus. Auch der Konflikt zwischen Wissenschaft und Glaube scheint noch ein zentrales Thema der Staffel zu werden. Der Psychiater Dr. Oliver Thredson steht für eine humanere, fortschrittlichere und rationalere Herangehensweise, womit er bei Schwester Jude auf wenig Gegenliebe stößt. Schwester Jude führt die Anstalt mit harter Hand und setzt wesentlich mehr auf Strafen als auf Behandlung. Erste Einblicke in Judes Vergangenheit zeigen, dass sie früher eine Barsängerin war, die im alkoholisierten Zustand ein Mädchen überfahren hat. Was genau sie dazu treibt, nun als Nonne ein strenges Regiment in Briarcliff zu führen, ist aber noch nicht klar. Denkt sie, dass sie auf diese Weise Wiedergutmachung leistet? Bestraft sie die Inhaftierten für ihre eigenen Sünden? Ist sie auf der Flucht und benutzt die Anstalt als Versteck? Sicher erwarten uns noch einige Enthüllungen.
Ebenso sicher sucht man Humanität bei Dr. Arden gänzlich vergeblich. Er ist ein Charakter, der wirklich tiefe Abneigung und Beunruhigung in den Zuschauern weckt. Im Moment erinnert er an eine unheilvolle Kreuzung aus der "American Psycho"-Figur Patrick Bateman und dem Nazi-Arzt Josef Mengele. Dr. Arden wird ganz offensichtlich von krankhafter, skrupelloser Neugier und sadistischen Perversionen getrieben. Von ihm werden wir zweifellos noch viel Entsetzliches sehen und erfahren.
Kit und Grace
Die größten Sympathieträger sind bisher Kit und Grace, auch wenn wir bezüglich der beiden momentan viel mehr Fragen als Antworten kennen. Über Grace wissen wir besonders wenig, aber es deutet sich an, dass sie immer wieder ihre eigenen Mittel und Wege findet, in Briarcliff zu Recht zu kommen, zum Beispiel, indem sie sich mit einem verwirrten Neuankömmling wie Kit anfreundet. Ob sie Kit in erster Linie ausnutzt, oder ob ihr wirklich etwas an ihm liegt, wird sich noch zeigen müssen.
Maret Hosemann - myFanbase
Die Serie "American Horror Story" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Tricks and TreatsErstausstrahlung (US): 24.10.2011
Erstausstrahlung (DE): 02.10.2013
Regie: Bradley Buecker
Drehbuch: James Wong
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