Bewertung

Review: #4.02 Massaker und Matineen

Foto: Michael Chiklis, American Horror Story: Freak Show - Copyright: Frank Ockenfels/FX
Michael Chiklis, American Horror Story: Freak Show
© Frank Ockenfels/FX

So trashig und soapig "American Horror Story" oft in seinen Storylines und Figurenkonstellationen auch daherkommt, es gibt in der Crew ein paar professionelle Stützpfeiler, auf die sich die Serie einfach immer verlassen kann. Ein solcher ist Regisseur Alfonso Gomez-Rejon, der jede noch so absurde Geschichte mit seiner handwerklichen Finesse derart ästhetisch auf den Bildschirm zu packen vermag, dass man sich als Zuschauer gerne reinziehen lässt in den visuellen Augenschmaus und bei dramaturgischen Schwächen mal ein Auge zudrückt. So ergeht es einem bei #4.02 Massacres and Matinees, eine solide Zweitfolge für Staffel 4, die nicht ganz so unterhaltsam und stringent ist wie der Auftakt, die Storylines aber konsequent weiterführt und Teil 2 der Figurenexposition gelungen umsetzt.

Don't you tell me to deny it / I've done wrong and I want to suffer for my sins / I've come to you 'cause I need guidance to be true / And I just don't know where I can begin

Gomez-Rejons tolle inszenatorische Arbeit beginnt bereits in den ersten Minuten der Episode: Eine Luftaufnahme von oben zeigt uns die friedliche Atmosphäre (und wirklich fantastische Zirkuskulisse) der Freak Show, die mit der Ankunft der beiden Polizisten jäh zerstört wird. Diese Szene geht über in ein schaurig-schreckliches Mordszenario in einem Spielzeugladen in Jupiter, bei der Gomez-Rejon raffiniert mit Weit- und Nahaufnahme spielt, und es einem wirklich eiskalt den Rücken runterläuft, als plötzlich der Mörderclown sein fieses Grinsen inmitten der Spielzeugclowns zeigt. Horrorszenen wie diese machen dem Titel der Serie alle Ehre und sorgen für gruselig gute Unterhaltung.

Mörderclown Twisty nimmt weiterhin eine wesentliche Rolle im Gesamtgeschehen ein, sorgt er doch nicht nur für Schlagzeilen in der Lokalzeitung und leere Straßen in Jupiter, er kommt auch überraschend mit zwei anderen Charakteren in engeren Kontakt: Gloria und Dandy Mott. In dem Versuch, ihrem völlig gelangweilten Sohn Dandy ein bisschen Aufmunterung zu verschaffen, engagiert Gloria den Clown für eine private Vorstellung. Was sich daraufhin im pastelfarbenen Spielzimmer ereignet, ist ein völlig absurdes Szenario, ja fast schon der Beginn einer Freundschaft zwischen zwei Psychopathen, umgeben von Stofftieren und Marionetten. Dandy ist das sehr plakative Exempel dafür, dass der äußere Schein oft trügt: Der nach Außen hin scheinbar perfekte und reiche Dandy ist in Wirklichkeit ein verwöhnter, narzistischer und perfider junger Mann, wohingegen die äußerlich als abstoßend geltenden Mitglieder der Freak Show eigentlich recht anständige Leute sind. Dieser Gegensatz wird durch diese extremen Figuren natürlich wenig subtil demonstriert, aber wir sind hier nun einmal bei "American Horror Story" und Subtilität war nun wirklich noch nie die große Stärke dieser Serie.

Heaven help me for the way I am / Save me from these evil deeds before I get them done / I know tomorrow brings the consequence at hand / But I keep living this day like the next will never come

Wenig subtil, sondern mit Pauken und Trompeten inszeniert Gomez-Rejon auch die Ankunft der zwei neuen Figuren Dell Toledo und Desiree Dupree. Während die aus Season 3 noch bestens in Erinnerung gebliebene Angela Bassett als dreibusige Hermaphroditin auftreten darf, kann Neuzugang Michael Chiklis sich als Starker Mann präsentieren und ist in dieser Rolle schon jetzt eine Bereicherung. Chiklis strahlt als Dell eine interessante Mischung aus Gefährlichkeit und Bodenständigkeit aus. Sympathie und Abneigung ihm gegenüber schwanken von Szene zu Szene. Klar ist, dass Elsa sich keinen Gefallen damit getan hat, Dell ins Boot zu holen, da dieser sofort das Ruder an sich reißt und für Veränderungen in der Freak Show sorgen will. Als insgeheimer Ex-Mann von Ethel und Vater von Jimmy sind Konflikte mit Dell sowieso vorprogrammiert.

Den ersten Konflikt trägt Jimmy sogleich mit ihm aus. Der fremde Mann, der einfach so daherkommt und die Dinge an sich reißt, ist Jimmy sofort suspekt und so wendet er sich an Elsa. Im Gespräch zwischen den beiden wird deutlich, dass Jimmy so etwas wie Elsas rechte Hand ist bzw. sein will und die beiden nicht nur gegenseitiger Respekt verbindet, sondern auch die gemeinsame Sorge um das Wohl ihrer Zirkusfamilie. Hier etabliert die Serie eine weitere wichtige und interessante Beziehung, die hoffentlich noch mehr Konturen bekommt. Elsas und Jimmys Hinterlist, Dell den Mord an dem Detective anzuhängen, um ihn loszuwerden, endet jedoch tragisch (RIP Mr. Meep) und wahrscheinlich ist Jimmys Wut gegenüber Dell jetzt erst so richtig entfacht. Mal sehen, was passiert, wenn er erstmal erfährt, dass Dell auch noch sein Vater ist, der ihn als Baby fast umgebracht hätte...

What I need is a good defense / 'Cause I'm feeling like a criminal / And I need to be redeemed / To the one I've sinned against / Because he's all I ever knew of love

Doch das ist nicht die einzige Intrige, die gesponnen wird. Elsa will nicht nur Dell loswerden, sondern auch Dot, und versucht, Zwietracht zwischen den siamesischen Zwilingen zu säen. Unerwarteterweise entpuppt sich Dot nämlich als talentierte Sängerin ("Glee"-Erfinder Ryan Murphy kann sich die Gesangseinlagen einfach nicht verkneifen), was nicht nur Bette missfällt, sondern vor allem auch Elsa, die sich als Star der Freak Show bedroht fühlt. Dass Elsa nun gar so weit geht und Dot direkt ein Messer unterschiebt, ist dann schon sehr extrem, doch wie gesagt, wir sind hier eben bei "American Horror Story" – da muss es immer extrem sein. (Apropos, beste Dialogzeile der Episode: "She made you feel like scheisse!")

Gomez-Rejon entlässt uns am Ende der Episode mit dem Bild eines völlig verzweifelten, schreienden Jimmy, der den Tod von Mr. Meep lamentiert. Die anfangs friedliche Kulisse am frühen Morgen ist Jimmys geradezu als Kampfansage zu interpretierendem Schrei gewichen. #4.02 Massacres and Matinees erfüllt damit die Funktion, verschiedene Weichen für kommende Konflikte zu stellen, recht gut. Auch wenn die Episode in manchen Dingen in Richtung Trash (Stichwort: Mörderclown) und Soap (Stichwort: Elsa) abdriftet, so spinnt sie die einzelnen Geschichten durchaus spannend weiter und schafft es, den Zuschauer bei der Stange zu halten. Bleibt abzuwarten, ob das auch weiterhin gelingt.

Maria Gruber - myFanbase

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