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Review: #5.12 Seien Sie unser Gast

Foto: Kathy Bates & Denis O'Hare, American Horror Story: Hotel - Copyright: Prashant Gupta/FX
Kathy Bates & Denis O'Hare, American Horror Story: Hotel
© Prashant Gupta/FX

Seit Staffel 1 ist es eine etablierte Tradition, dass "American Horror Story" in seinem Staffelfinale nicht etwa den dramaturgischen Höhepunkt erzählt, sondern vielmehr die Ereignisse danach – ein Epilog quasi. Während die Geschichte des Hortel Cortez in #5.11 Battle Royale in einem großen Showdown kulminierte – der allerdings nur wenig überzeugen konnte –, beschäftigt sich #5.12 Be Our Guest mit den Nachwehen dieses Showdowns. Doch die Serie begeht hier, wie schon oft in ihrer Historie, einen großen Faux-Pas: Sie möchte Emotionalität erzielen, indem sie auf die Beziehungen ihrer Charaktere baut, verpasste es jedoch in den vergangenen elf Folgen, diese Beziehungen genügend gut aufzubauen, als dass dies funktionieren könnte. Die Konsequenz: Anstatt emotional zu sein, versinkt die Episode in der Lächerlichkeit und schließt die Staffel auf einem neuen Tiefpunkt ab.

"You're my family. I want to be with you forever."

Die Folge setzt rund ein Jahr nach den Ereignissen in #5.11 an und zeigt die Versuche der neuen Hotelbetreiber Iris und Liz Taylor, das Cortez zu einer neuen It-Destination zu machen. Kostenloser Champagner und japanische Automatiktoiletten können jedoch nicht über blutrünstige Geister hinwegtrösten und so sehen sich die zwei dazu angehalten, ein Meeting mit den übernatürlichen Bewohnern des Hotels abzuhalten. Es kommt hier unter anderem zu einem Wiedersehen mit den schwedischen It-Girls, dem bärtigen Tinder-Hipster und Will Drake, aber das "Drama" mag nicht ganz zünden. Denn: Die Debatte, ob Sally, Drake und Co. ihrem mörderischen Hobby weiterfrönen dürfen oder nicht, ist banal und langweilig, denn die psychologische "Logik", dass Sally und Drake unbedingt weitertöten wollen, damit sie sich besser fühlen, erschließt sich niemandem und es interessiert auch keinen.

Die "Hotelfamilie" der Geister ist als solche auch überhaupt nicht zu bezeichnen, denn wir haben diese willkürliche Gruppe von toten Hotelbewohnern nie wirklich kennen gelernt, geschweige denn irgendeine Art von Interaktion zwischen ihnen gesehen. Und hier setzt das Problem an: #5.12 baut ganz stark auf einen Moment, in dem diese "Hotelfamilie" eine zentrale Rolle spielt, nämlich bei Liz Taylors Entscheidung, sich das Leben im Hotel zu nehmen, um dort für immer mit jenen Geistern vereint sein zu können. Doch besteht für diese Entscheidung keinerlei emotionale Basis – die paar Minuten und Momente, in denen Liz mit Will, Sally und Co. interagierte, können mitnichten als Grundlage für diese Entscheidung hergenommen werden und so muss der Versuch, hier einen bedeutsamen Moment im Hotelzimmer zu inszenieren, gnadenlos scheitern – und der Auftritt der Countess macht alles nur noch viel schlimmer, da Liz ihr hier aus heiterem Himmel den Mord an Tristan verzeiht und man als Zuschauer völlig verständnislos da steht.

Der Mangel einer emotionalen Grundlage bricht leider auch Liz' Happy End mit Tristan das Genick. Denn seien wir mal ehrlich: Hatte irgendjemand nach den insgesamt maximal zehn Minuten, in denen man Liz und Tristan gemeinsam in #5.06 Room 33 sah, das Gefühl, dass hier die große Liebe existiert? Wie sollte man als Zuschauer Interesse für eine Beziehung aufbringen, die man gerade mal ein paar Minuten lang auf dem Bildschirm verfolgen konnte? So bleibt das Happy End für Liz zwar verdient, aber leer und gefühllos und damit schlichtweg unbedeutend.

Doch so klischeehaft Liz' Storyline hier auch endet – Liz wird Großmutter, erkrankt an Krebs, bindet sich für alle Ewigkeit ans Cortez und ist mit Tristan für immer und ewig vereint –, sie ist im Endeffekt der große Star von "American Horror Story: Hotel". Nicht nur ist sie der Charakter, der mit Abstand am meisten Substanz besitzt, Denis O'Hare leistete wirklich die ganze Staffel über grandiose Arbeit in dieser Rolle und glich sämtliche Unebenheiten des Drehbuchs aus. In dieser Episode bleibt da vor allem das leider viel zu kurze Segment mit Liz und Will Drake im Gedächtnis, die zumindest für ein paar Minuten ein tolles Gespann abgeben.

"The only thing that takes the edge off is when I can pull people under with me."

Als völlig überflüssiger Störfaktor erweist sich Sally, die als die mit Abstand schwächste Figur dieser Staffel bezeichnet werden kann. Nicht nur erhielt Sally keinerlei Attribute, die über ihre Drogenabhängigkeit und ihrem Hang zur Selbstzerstörung hinausgehen, die Behauptung, dass Sally John Lowe "liebte", ist einfach nur völlig absurd. Sally war von John besessen, genau so, wie sie von all ihren anderen Opfern besessen war, und die Affäre zwischen John und Sally wirkte die ganze Zeit über eher verstörend als interessant. Dass Sallys Einsamkeit nun in Form eines Smartphones ein Ende findet, durch das sie eine treue Anhängerschaft im Internet findet, ist SO abgefahren, dass man nicht weiß, ob die Serie hier versteckt eine Kritik an dem Bedeutungsdrang und der Weltflucht der digitalen Generation üben will, oder einfach nur versucht, lustig zu sein, oder einfach völlig willkürlich ist.

Sarah Paulson bekommt in dieser Episode wenigstens die Chance, fernab von dem grottenschlechten Material, mit dem sie in dieser Staffel abgespeist wurde, schauspielerisch zu überzeugen – und zwar als Billie Dean Howard, der Geisterflüsterin aus Staffel 1. Angesichts der Tatsache, dass Staffel 1 und Staffel 5 mit ein und derselben Prämisse arbeiten – nämlich, dass Geister an einem bestimmten Ort festgehalten werden –, macht die Rückkehr dieser Figur hier wirklich Sinn und es ist stellenweise durchaus amüsant, Billie Dean bei ihrem Versuch zu beobachten, Geister zu kontaktieren. Der Rückbezug zur Devil's Night ist an dieser Stelle allerdings unspektakulär und erinnert nur an die Episode #5.04, womit sich das Finale definitiv keinen Gefallen tut.

Womit wir zu den Ereignissen an Halloween 2022 und John Lowe kommen. John, der schizophrene Serienkiller versucht also, ein normales Leben mit seiner Vampirfrau und seinem Vampirsohn zu führen, schafft dies ganz überraschenderweise aber nicht. Und so kehren die Lowes zurück ins Cortez, lassen Scarlett bei ihrer Großmutter zurück und gewinnen hiermit offiziell den Award für die schlechtesten Eltern des Jahrtausends. Aber Achtung, wir brauchen ja ein Happy End, also nimmt Scarlett ihren Eltern all das natürlich gar nicht böse und kommt jedes Jahr zur Devil's Night vorbei, um Mommy, Daddy und Holden sehen zu können. Friede, Freude, Eierkuchen im Lowe'schen Familienhaushalt! Na, überzeugt?

"You have a jawline for days."

"American Horror Story: Hotel" beendet mit #5.12 Be Our Guest ein anfangs so vielversprechendes Kapitel mit einem sehr enttäuschenden Finale. Die Drehbuchautoren scheinen nicht dazu in der Lage zu sein, aus alten Fehlern zu lernen und übergießen diese Finalepisode der fünften Staffel mit einem Eimer Zuckerguss, der nicht mehr fehl am Platz sein könnte. Das Happy End für sämtliche Figuren ist ungerechtfertigt und absurd – und vor allem baut es auf eine emotionale Grundlage, die einfach nicht vorhanden ist. Die vermeintliche Bande zwischen den Geistern des Cortez, die angebliche große Liebe zwischen Liz und Tristan, der völlig unverständliche Familienzusammenhalt der Lowes, all das ist total widersinnig und unfundiert. Hinzu kommt, dass manche Charaktere wie Ramona Royale geradezu abgefertigt werden und keinerlei anständiges Ende für ihre Geschichte erhalten. Die Countess, das große Enigma der Staffel, erscheint für genau zwei Szenen. Und all das ist letztlich wahnsinnig unzufriedenstellend. So ist man als Zuschauer froh, den Schlüssel zum Hotel Cortez abzugeben, die Koffer zu packen und nach zwölf durchwachsenen Folgen auszuchecken.

Maria Gruber - myFanbase

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