Im Spotlight: 6 Gründe "Sex Education" zu schauen
Asa Butterfield & Gillian Anderson, Sex Education
© Sam Taylor/Netflix
Die britische Serie "Sex Education" des Streaming-Anbieters Netflix gehört laut eigenen Angaben zu einem der erfolgreichsten Formate, da die Serie bereits im ersten Monat 40 Millionen Zuschauer vor den Bildschirm gelockt hat. Folgerichtig wurde relativ schnell eine zweite Staffel bestellt. Was aber macht den Erfolg von "Sex Education" aus? Nachfolgend werden nun einige subjektive Gründe genannt, die aber sicherlich auch die anderen Zuschauer beschäftigt haben.
- Grund 1: Anfangs war ich aufgrund der Synopsis von "Sex Education" eher skeptisch, da die Beschreibung vom scheuen und gehemmten Otis, dessen Mutter als Sexualtherapeutin tätig ist, doch eher plump klang. Zudem war mir bewusst, dass es sich um eine britische Serie handelt, die mit dem Thema Sexualität typischerweise sehr offen umgehen. Gepaart mit dem Titel war daher bei mir die Befürchtung da, dass es sich um eine eher peinliche Serie handelt, bei der eine Sexszene an die andere gereiht wird. Nach der ersten Staffel kann ich nun beruhigt bestätigen, dass sich diese Befürchtung nicht bewahrheitet hat. Es gibt zwar peinliche Sexszenen, aber ja auch nur, weil damit Ausgangsituationen für Otis Milburn (Asa Butterfiel) geschaffen werden, die er therapieren kann. Damit liegt der Fokus viel mehr auf den psychischen Problemen, die für die sexuelle Blockade sorgen und die sind unheimlich authentisch für eine jugendliche Altersgruppe dargestellt. Hier geht es um wirklich tiefsinnige Themen wie Versagensängste, Selbstzweifel Vertrauensprobleme usw.
- Grund 2: Natürlich ist der typisch britische Humor trotzdem nicht zu leugnen, aber die Mischung aus Tiefsinnigkeit, Absurdität und schwarzem Humor ist wirklich perfekt getroffen. Auf der einen Seite haben wir eine nüchterne Darstellung von einer Abtreibung, die Maeve Wiley (Emma Mackey) vornimmt, die aber trotzdem unheimlich nahegeht und auf der anderen Seite haben wir Figuren wie den verrückten Eric Effiong (Ncuti Gatwa) und die Alienerotik schreibende Lily Iglehart (Tanya Reynolds). Hier merkt man deutlich, dass Lachen und Weinen eng beieinanderliegen und die Balance ist wirklich auf den Punkt getroffen.
- Grund 3: Die besten Geschichten bringen nichts, wenn sie nicht von talentierten Schauspielern dargestellt werden. Bei dieser Serie muss ich wirklich den Hut ziehen, dass man überwiegend auf unbekannte jüngere Darsteller gesetzt hat, die in die Rollen der Jugendlichen geschlüpft sind, denn wirklich alle machen es perfekt. Mir war bis dato nur Otis-Darsteller Butterfield bekannt, der bereits in Filmen wie "Hugo Cabret", "Ender's Game - Das große Spiel" oder "Den Sternen so nah" mitgespielt hat. Daher wusste ich bereits, dass er eine großartige Besetzung sein würde, denn Otis ist ihm wie auf den Leib geschneidert. Ich konnte aber nicht ahnen, dass ich mich auch von Mackey und Gatwa so einnehmen lassen würde. Die innere Zerrissenheit ihrer Figuren haben sie ergreifend transportieren können. Etwas überrascht war ich dagegen, dass Gillian Anderson als Aushängeschild der Serie doch eher zu kurz kam. Man merkt deutlich ihre Begeisterung, mit Jean Milburn mal eine ganz andere Figur zu spielen, aber in meinen Augen muss sie in Staffel 2 noch besser eingebunden werden.
- Grund 4: Diversität! In der heutigen Zeit wird ja immer mehr darauf geachtet, ob Serien, Filme und Bücher auch tatsächlich das wahre Leben darstellen und ob daher alle Ethnien und sexuelle Orientierungen vertreten sind. "Sex Education" hat das wirklich überzeugend hinbekommen, sei es in Form des lesbischen Elternpaares, aber natürlich vorderhand in Form von Eric. Bei ihm geht es nicht um ein Coming-out, sondern um die Nachwirkungen seines Coming-outs. Bei ihm kommt zusätzlich noch hinzu, dass er sich nicht nur gesellschaftlichen Vorurteilen stellen muss, sondern auch den religiösen Wurzeln des Heimatlandes seiner Eltern. Hier gibt es unheimlich viele Denkanstöße, die eindringlich umgesetzt wurden, so dass ich Erics Entwicklung definitiv als persönliches Highlight von Staffel 1 herausstellen möchte. Zudem fand ich es einfach grandios, dass seine sexuelle Orientierung auch nie ein Thema in seiner Freundschaft zu Otis darstellt. Schwule Männer haben meist eine beste Freundin und dieses Vorurteil wurde hier perfekt ausgehebelt und daher sehe ich Eric und Otis auch als eine wunderbare platonische Beziehung an.
- Grund 5: Während des Piloten wird jeder Zuschauer mal gerätselt haben, wann genau "Sex Education" jetzt wohl spielen soll. Der Soundtrack und die Klamotten erinnern doch sehr an die 80er und 90er Jahre, dann wiederum tauchen aber plötzlich Smartphones auf. Tatsächlich spielt die Serie in der Gegenwart, aber die Serienmacher haben ganz bewusst mit den Jahrzehnten gespielt. Nach eigenen Angaben soll das Ausdruck einer Hommage sein, ich persönlich sehe dahinter aber eine ganz andere wichtige Botschaft. All die dargestellten Probleme sind absolut zeitlos, gelten für die 80er genauso wie für das 21. Jahrhundert, nur die Umstände sind vielleicht andere. Aber es geht um Themen, die Generationen verbinden, weswegen ich in "Sex Education" auch mehr als eine Teenieserie sehe.
- Grund 6: Den Soundtrack habe ich ja schon im vorherigen Punkt angesprochen und ich möchte ihn an dieser Stelle noch einmal gesondert hervorheben. Da ich beim Heranwachsen sehr stark vom Musikgeschmack meines Vaters geprägt wurde, bin ich nicht nur ein Fan der Pop- und Rockmusik dieser Zeit. Daher muss ich feststellen, dass die Serie bei mir absolut den Nagel auf den Kopf trifft, da die Mischung aus älteren und aktuellen Liedern wirklich zu überzeugen weiß. Auf der einen Seite Klassiker wie "Dancing With Myself" von Billy Idol oder "Take on Me" von a-ha und auf der anderen Seite Stammmusiker Ezra Furman, der mit seinem Indie-Rock wunderbar den Zeitgeist der Serie einfängt, aber auch beispielsweise Beth Ditto mit "Fire".
Fazit
"Sex Education" ist eine wunderbar zeitlose Serie, die mit diesem Fakt in Bezug auf die Hintergrundmusik und die szenische Gestaltung auch bewusst spielt. Zudem hat man einen herausragenden Cast zusammengetrommelt, der die Balance zwischen typischem britischen Humor und Tragik auf den Punkt transportieren kann. Das Potenzial wird in dieser ersten Staffel nahezu ausgeschöpft, aber ich bin positiver Erwartung, dass in einer bereits bestellten Staffel 2 sogar noch mehr möglich ist!
Lena Donth - myFanbase
08.02.2019 10:47