Bewertung

Review: #6.05 Mitgehangen

Foto: Marina Squerciati, Chicago P.D. - Copyright: 2018 NBCUniversal Media, LLC; Matt Dinerstein/NBC
Marina Squerciati, Chicago P.D.
© 2018 NBCUniversal Media, LLC; Matt Dinerstein/NBC

Beim Episodentitel "Fathers & Sons" musste ich sofort an Ronan Keatings emotionalen Song denken, der im Original natürlich von Cat Stevens stammt. Zwar erhält der Songtitel keinen Plural, dennoch habe ich mir die Frage gestellt, ob die Serienproduzenten und Drehbuchautoren dieses Lied im Hinterkopf hatten, denn #6.05 Father & Sons widmet sich der Vater-Sohn-Beziehung von Adam Ruzek mit seinem Vater Bob und spart dabei nicht unbedingt mit Emotionen.

Schon die allererste Szene dieser Folge konnte mich königlich amüsieren, da die Intelligence Unit sich zusammengefunden hat, um Trudy Platts 25-jähriges Dienstjubiläum zu feiern. Ein schöner Anlass, der mit viel Humor angepackt wurde, der einen aber auch ganz tief innen drinnen berührt, weil man merkt, hier sitzt eine Familie zusammen, die sich bedingungslos unterstützt. Eigentlich hätte man bei diesem Auftakt resultieren können, dass wir vielleicht eine Trudy-Episode geboten bekommen, das wäre vielleicht dann das Tüpfelchen auf dem I gewesen, aber man hat sich stattdessen für Adam entschieden und da die Geschichte, die sich um ihn herum entwickelt, so gut war, konnte ich schnell verzeihen, dass man diesen Weg gegangen ist.

Als die Ermittlungen gegen einen Drogenkurier losgehen und schnell mit brutalen Bildern einer aufgeschlitzten Schmugglerin aufwarten, gehen Adam und Hailey Upton undercover. Schon diese Voraussetzung fand ich überaus gelungen, da ihre Affäre vor gerade einmal zwei Episoden begonnen wurde, so dass ich mir sicher war, dass wir einen genaueren Blick auf diese beiden bekommen würden. Und so war es auch und die Drehbuchautoren sind das Thema sehr interessant angegangen. Direkt bei ihrem ersten gemeinsamen Besuch in dem Stripclub, in dem sie den Kopf des Drogenschmuggels erwarten, taucht überraschend Adams Vater Bob auf, der dort als Security arbeitet. Da Hailey noch neu in der Unit ist, kennt sie diesen nicht, sie bemerkt nur, dass sich Adams Verhalten unmerklich geändert hat. Als Adam hinterher Kevin Atwater und Jay Halstead belügt, deckt sie dies zunächst, um ihn hinterher zu konfrontieren. Erst dachte ich, dass Adam sein Wissen nutzt, dass Hailey Bob nicht kennen kann und sie deswegen belügt. Er wählt jedoch den Weg der Ehrlichkeit und läutet damit einige Aktionen ein, die ihre noch frische Beziehung interessant beleuchtet.

Die Unit wirbt Rita, die Freundin von Clubbesitzer Spiro, für eine Überführung an. Die geht jedoch nach hinten los, weil Rita nach dem ersten missglückten Versuch brutal ermordet wird. Schon in diesem Moment war ich beinahe den Tränen nahe, da man förmlich spüren konnte, wie tief betroffen Hailey und Adam von ihrem Anblick und dem schreienden Baby daneben sind. Nachdem sie mit dem Baby den Raum verlassen hat, muss Adam sich sogar einen Moment nehmen, um tief durchzuatmen. Hailey bewältigt die Situation jedoch eher mit Wut, denn in ihr regt sich der Verdacht, dass Bob Spiro verraten haben könnte, dass Rita für die Polizei gearbeitet hat, da er einen Blickkontakt zwischen Hailey und Rita beobachtet hat. Durch dieses Misstrauen kommt es zum ersten beruflichen Konflikt zwischen ihr und Adam, seit sie eine Affäre begonnen haben. In diesem Konflikt konnte ich beide Seiten sehr gut nachvollziehen, denn Adam vertraut in erster Linie seinem Vater und hält diese Möglichkeit für absurd. Derweil vertraut Hailey auf ihren Instinkt und beschließt, dass Hank Voight über Bobs Involvierung informiert werden muss. Damit entscheidet sie sich für ihre berufliche Beziehung und gegen ihre persönliche Beziehung. Das fand ich auch absolut logisch, da sie sich nun einmal in einer beruflichen Situation befanden, auch wenn Adam es lieber andersherum gesehen hätte.

Am Ende gibt es jedoch noch eine positive Wendung. Als Adam das Krankenbett seines Vaters verlässt, wartet Hailey auf ihn. Die berufliche Seite ist geklärt, nun ist wieder Platz für ihre persönliche Beziehung und da ist Hailey absolut loyal. Bisher musste man eindeutig den Eindruck gewinnen, dass Adam viel mehr an ihr interessiert ist als sie an ihm, von daher war es eine starke Szene, dass sie nun beschließt, ihm so beizustehen. Dass sie ihm so öffentlich beisteht, ist ganz klar ein Schritt zu einer festen Beziehung und deswegen bin ich beinahe hinweg geschmolzen, als sich ihre Hände im Aufzug dann berühren. Zwar nur minimal, aber auch das sehe ich eher als Botschaft, dass es hier nicht um etwas Sexuelles, sondern um etwas Tiefes ging.

Nun aber zur vielfach angesprochenen Vater-Sohn-Beziehung. Adam ist in den letzten Staffeln gerne mal als der klassische Bad Boy inszeniert worden, der Hank problemlos ersetzen könnte. In dieser Folge kehren wir eher wieder zu seinen Wurzeln zurück: der Sonnyboy, der auch eine sehr verletzliche Seite haben kann. Son-nyboy sagt es dabei auch schon: Adam wird in dieser Folge vor allem zum Sohn und damit zu der Person, die er wirklich ist. Er hat ein Urvertrauen in seinen Vater, das ihn in dieser Folge erbarmungslos antreibt. Nicht einen Moment erlaubt er sich einen Zweifel an Bob und wird dadurch beruflich auf eine harte Probe gestellt. Immer wieder hakt Hank nach, ob er ihm auch wirklich vertraut, immer wieder sagt er ja. Ganz am Ende zahlt sich dieses Vertrauen aus, doch bis dahin warten noch einige Mühen. So wendet sich Adam flehentlich an seinen Vater, dass er dringend seine Stelle bei Spiro hinter sich lassen muss, doch Bob taucht dennoch am Ort der Übergabe auf. Ein letztes Mal hat Hank die entscheidende Frage parat, doch obwohl die Beweislage immer schlechter wird, ist Adam immer noch von Bobs Unschuld überzeugt.

So kommt es also zum Showdown, bei dem Adam undercover Spiro Drogen abkaufen will. Bob taucht plötzlich auf und Adam erkennt sofort, dass sein Vater nun Dinge gesehen hat, die ihn möglicherweise das Leben kosten werden. Verzweifelt versucht er in seiner Rolle zu bleiben und dennoch auch seinen Vater zu schützen. Da Bob aber selbst die gleichen Gedanken für seinen Sohn hat, eskaliert die Situation und er bekommt einen Schuss in die Schulter ab. Im Krankenhaus kommt es dann zu einem klärenden Gespräch. Bob war nur aus Geldsorgen in Spiros Aktivitäten involviert, am Ende aber trieb ihn nur noch seine Sorge um Adam an. Daher passt auch der Episodentitel wie die Faust aufs Auge und auch jetzt in der Rückschau kann mich dieses Gespräch am Krankenbett noch sehr berühren.

Nach diesen Begeisterungsstürmen habe ich aber dennoch noch bei zwei kleineren Aspekten zu meckern, die letztlich auch dafür sorgen, dass ich die volle Punktzahl nicht geben kann. Trotz des sehr spannenden Falls hat man deutlich gemacht, dass einiges konstruiert wurde, damit man die Geschichte rund um Adam und seinen Vater genauso erzählen kann. Als Kim Burgess nämlich nachvollziehen kann, dass Spiros Komplize Moralez, der Mörder von Rita sein muss, warnt Antonio Dawson, dass sie nicht genug Beweise haben. Sechs Jahre mit der Intelligence Unit haben mich aber gelehrt, dass es unmöglich nicht gibt, daher fand ich es an dieser Stelle schon sehr auffällig, dass man sich Moralez nicht trotzdem schnappt. Aber die Drehbuchautoren haben an dieser Stelle auf den logischen Schritt verzichtet, um so den Showdown am Ende bringen zu können.

Der zweite Aspekt ist, dass ich in meiner letzten Review ja nicht recht packen konnte, warum Hank in dem Maße von Kims Lügen enttäuscht war, wie er es letztlich war. Jedenfalls hat sie sich eine ordentliche Standpauke anhören müssen und zudem die Aussicht, dass sie beim nächsten Mal die Kündigung erwartet. In dieser Folge nun agiert Adam ziemlich ähnlich. Auch er hat zunächst Geheimnisse und verschweigt seinen Kollegen wichtige Einzelheiten, was im Endeffekt genauso in die Katastrophe hätte führen können, wie es Kims Lüge hätte tun können. Adam aber erhält sogar eine Belohnung, da Hank Bobs Auftauchen als Teil des Einsatzes verbucht. Natürlich war die Endszene der Folge toll, aber ich konnte den Gedanken dennoch nicht abwehren, warum Hank nun so mit zweierlei Maß agiert hat.

Fazit

In meinen Augen ist diese Folge die bisher beste der noch jungen sechsten Staffel. Zwar gibt es nicht die volle Punktzahl, weil mich doch zwei Kleinigkeiten nachhaltig negativ beschäftigen, aber ansonsten ist die Handlung absolut rund. Adam wurde in den letzten Staffeln vor allem gerne als Bad Boy inszeniert, der zu Hank 2.0 aufgebaut wurde. In dieser Folge wird aber eindrucksvoll seine verletzliche Seite in den Fokus gerückt und auch seine frisch begonnene Beziehung zu Hailey gewinnt eine tolle Tiefe.

Lena Donth – myFanbase

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