Bewertung

Review: #12.15 Greater Good

Nachdem "Chicago P.D." zuletzt einige Dellen drin hatte, ist die hier von mir gewählte Bewertung eigentlich nicht der Schritt aus dem Tal heraus, aber es ist eine positiv gemeinte Durchschnittsbewertung. Denn ich habe die große Hoffnung, dass wir diesmal zentrale Vorbereitungen für den finalen Showdown der 12. Staffel erlebt haben.

In dieser Episode habe ich einiges Positives geboten bekommen: Wir haben endlich mehr über Charlie Reid erfahren, Nina Chapman ist zurück, die ganze Folge hat nicht einmal einen Hauch von Vorhersehbarkeit gehabt und es ist erstaunlich, auch die 12. Staffel schafft es wieder, dass ich Hank Voight-Episoden nicht mehr so klar mit Bauchgrummeln begegnet. So eine Auflistung kann ich bei vielen Episoden gar nicht finden und dennoch hat mich diese Folge nicht restlos mitgerissen, weil ich den Eindruck hatte, es war durchgängig die Handbremse drin. Bei gewissen Momenten habe ich mir immer ein 'mehr' gewünscht, aber letztlich nur das Minimum bekommen.

Fangen wir mit Chapman an. Sie war jetzt über zehn Episoden nicht zu sehen, was ich für die Einbindung in eine Ermittlung in einem anderen Staat sehr angemessen für die Authentizität finde. Polizeiarbeit und juristische Nachbearbeitung sind eben zäh. Außerdem hat es der Serie Möglichkeit gegeben, zig andere Geschichten zu erzählen und es hat Hank Zeit gegeben, Chapmans Geständnis zu ihren Gefühlen für ihn, zu verarbeiten. Deswegen habe ich tatsächlich auch so ein gewisses Prickeln gespürt. Zu wissen, dass sie mehr hinter der Fassade von Hank sieht, das lässt etwas in der Luft flirren. Das war auch am Ende der Episode da, dennoch würde ich sagen, dass es etwas schade war, dass der Elefant im Raum mit keiner Silbe angesprochen wurde. Chapman hat man aber angemerkt, dass ihr der Abstand gut getan hat. Sie wirkte sehr frisch und gleichzeitig hatte sie noch tieferes Verständnis für die Unit und die Art, ihre Arbeit zu tun. Gut war sicherlich auch, dass Chapman bei ihrem Kurs bleibt. Sie bleibt eine starke, störrische Persönlichkeit und weil sie aufgrund von Hanks Mauern bezüglich Gefühle nicht jammernd wurde, ziehe ich da auch den Hut vor. Mit dem Ende der Episode ist ihre Zusammenarbeit auch besiegelt. Wir werden also mehr von Chapman und Hank bekommen. Dass er ihr die Infos anvertraut hat, die Reid gegen die Unit in der Hand hat, ist vermutlich auch seine Art, ihr entgegenzukommen. Sie wird es sicherlich mit einer fruchtbaren Zusammenarbeit danken. Hoffe ich zumindest.

Die Episode an sich hätte ich in keinem Bingo der Welt anhand des Teasers so in meinem Kopf ausgestaltet. Das hatte ich schon als positiven Aspekt genannt, dennoch muss ich auch sagen, dass ich trotz ständiger Spannung, was nun passiert, mir zwischendurch mehr Sprints gewünscht hätte. Die Episode hat ohne klare Highlights gearbeitet, dafür war sie eher überdurchschnittlich konstant. Was ist nun besser? Pauschal kann ich das wahrscheinlich gar nicht beantworten, aber hier hätte es gewisse Ausrufezeichen gebraucht, weil auch der Fall an sich nicht der Knaller war. Gangkriminalität, drohende Eskalation und Straßenkrieg, das ist eigentlich eines der beliebtesten Themen der Serie, weswegen auch eher das Drumherum das Niveau gehoben hat, um im Gedächtnis zu bleiben. Die ständigen Befragungen von Kaiden sind in meinen Augen das Erzählelement, was meinen Eindruck am besten unterstreicht. Es gab etwa fünf Szenen dieser Art und nur die letzte entschied sich gewaltig von den anderen, während die anderen Kopien voneinander mit wechselnden Akteuren waren. Das hatte zwar eine Aussage für Kaidens Loyalität, ist aber zusammengenommen auf die Laufzeit einer Episode langweiliger. Auch die Entdeckung, warum Kaiden letztlich noch eingeknickt ist, hatte dann nicht die Wucht, die wahrscheinlich intendiert war, denn die Entdeckung der Leiche seiner Schwester sowie Hanks Konfrontation von Reid, das war am Ende was gequetscht. Speziell das Gespräch der beiden, auf das ich nochmal kommen werde, war überladen von neuen Infos, die man besser etwas verteilt hätte.

Jetzt haben wir also etwas in die Seele von Reid geguckt. Ich denke schon, dass seine Erzählung über seine Mutter wahr war, aber wenn es vielleicht auch gelogen war, so haben wir selbst dann auch etwas über ihn erfahren. Da gerade parallel mit "Daredevil: Born Again" ein Revival bei Disney+ gestartet ist, dass sich auch immer wieder dem Thema Moral und Ethik inmitten von Kriminalität annimmt, war es höchst interessant, diese Parallelen zu sehen. Es wäre sicherlich falsch, Reid beides abzusprechen, aber es ist zu erkennen, dass er im Gegensatz zu Daredevil nicht mehr mit schlechtem Gewissen über Grenzen nachdenkt. So wird er nicht in den Job gestartet sein. Viele, die zur Polizei gehen oder Anwälte werden, haben einen inneren Antrieb, der aus ihnen selbst heraus oder einem einschneidenden Ereignis herrührt. Er hat seine Mutter brutal verloren und deswegen seinen Karriereweg gewählt. Und wie viele Figuren hatten wir schon im Serienverlauf, die aus ähnlichen Motiven beim CPD gelandet sind, aber dann irgendwann den Punkt der Ernüchterung erreicht haben?! Manche hören auf, manche werden offen für Korruption und manche werden zu Pippi Langstrumpf 2.0 und machen sich die Welt, wie es ihnen gefällt. Reid gehört zur letzten Kategorie, die von der Korruption nicht weit weg ist. Aber korrupt zu sein, macht einen auch oft abhängig von anderen. Reid dagegen wirkt wie der Puppenspiele, der alle Fäden in der Hand hat.

Schon in Detroit hat er offenbar Infos gesammelt, diese gegen Kollegen genutzt und sie zu Bauernopfern gemacht, wenn man ihm zu sehr auf die Pelle gerückt ist. Ganz schön manipulativ. Gleichzeitig ist es aber eine Faszination, weil man ihm wohl stundenlang diskutieren könnte, was er aus seinen Taten mitnimmt. Denn es wirkt nicht so, als ob es um Selbstbereicherung geht. Er hat wirklich den Eindruck, dass er Gutes tut. Deswegen auch Hut ab an Shawn Hatosy, der sich die Rolle so zurechtgelegt hat, dass er suspekt wirkt, aber gleichzeitig doch kumpelhaft. Denke ich zum Vergleich nur mal an Katherine Brennan, die wollte wohl niemand jemals zur Freundin haben. Interessant ist an dieser Stelle nun natürlich, dass Reid damit von Hank nicht weit weg ist. Vermutlich hat die Zusammenarbeit deswegen auch schon etwa zweidrittel der Staffel auch funktioniert, weil die Ziele nicht weit voneinander abweichen. Dennoch war es natürlich ein Red Flag für mich, als Reid zu Hank meinte, wie gleich sie doch seien. Wenn ich da nur an Dante Torres und Gloria Perez denke und wie oft sie es zu ihm gesagt hat, oh weh. Aber ich habe mich hier jetzt noch nicht negativ beeinflussen lassen, weil ich rein erzählerisch zustimme, dass es ganz schön clever ist, mit einer Figur ins eigene Spiegelbild zu gucken. Weil ich ja auch schon meinte, dass es weiter eine gute Episode von Hank war, sehe ich hier auch den Ansatzpunkt, dass Reid der Punkt für ihn ist, zu erkennen, wer er war und wer er nicht mehr ist. Mit dieser ausgearbeiteten Prämisse bleibt nun natürlich die Frage, ob Reid sich als klarer Gegenspieler behaupten kann. Wird Hatosy ihm noch so Seiten mitgegeben können, dass es mich das Gruseln lehrt? Es ist echt noch schwer einzuschätzen, siehe Thema Handbremse. Aber in meinem Kopf spiele ich jetzt schon viele Szenarien durch und die meisten davon versprechen Spannung pur, also hoffentlich wird eins davon getroffen.

Fazit

Die Episoden, die sich erst in einigen Wochen in ihrem Wert beweisen werden, sind immer schwer zu beurteilen. Deswegen habe ich mich für die höchste mittlere Bewertung entschieden, denn die Folge für sich war gut zu gucken, hatte nur keine klaren herausstechenden Merkmale. Sie könnte aber im Nachhinein genau der Moment sein, ab dem alles gut wurde.

Lena Donth – myFanbase

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