Bewertung

Review: #12.14 Marie

Wenn man eine Serie intensiver verfolgt, dann ist es schon manchmal lustig, was man zwischendurch für kleine Fun Facts so zusammenbekommt und zu "Chicago P.D." habe ich nun einen zu teilen. NBC gibt im Vorfeld immer die Teaser für die neuen Episoden bekannt und so war #12.10 ursprünglich mit Marie betitelt. Am Ausstrahlungstag eine 180°-Wende und zack, sie hieß nun Zoe. Es passiert durchaus öfters schonmal, dass Charakternamen sich von der Ankündigung bis zum finalen Endergebnis nochmal ändern, aber nachdem ich die entsprechende Episode gesehen hatte, konnte ich schon treffsicher vermuten, dass die weitere Geschichte von Zoe enthüllen wird, dass sie eigentlich Marie hieß. So hat die Serie die eigene Zukunft vorweg genommen und ich habe es als charmanten Fun Fact abgehakt.

Bei den Titeln schlicht auf einen weiblichen Vornamen zu setzen, ist alleine schon optisch die ideale Lösung, um die 10. und 14. Episode der Staffel so konkret in einen Kontext zu bringen, denn sie gehören unwiderruflich zusammen. Ich muss nur gestehen, dass ich vermutet hätte, dass der Fall von Serienkiller Thomas Cronin noch etwas länger anhalten wird. Stattdessen haben wir gleich doppelt erstmal einen Schlussstrich gezogen: Der Schrecken mit Cronin ist vorbei und auch bei Bob Ruzek wurde eine Entscheidung getroffen, die ihn vermutlich so erstmal nicht mehr in der Serie halten wird. Vielleicht hat man es in diesem Abschnitt schon rausgelesen, aber diesen extrem vielversprechenden Auftakt mit 'Zoe' konnte 'Marie' für mich nicht bestätigen.

Wenn wir das an dem Fall festmachen möchten, dann ist für mich das Hauptargument, dass Thomas Cronin als so schrecklicher Serienkiller kein Charisma entwickelt hat und die tiefenpsychologische Komponente hinter seinen Taten vergessen wir mal ganz schnell. Ich hätte mit der früh stattfindenden Entführung von Zoe gleich das Bild im Kopf, dass wir das Mädchen innerhalb der Folge retten können, aber dass Cronin weiterhin flüchtig bleibt, damit es zum großen Showdown kommen kann. Dem war eindeutig nicht so, denn mitten in der Episode wird Cronin geschwächt von Adam Ruzek gefunden. Dann wird sein Leben im Krankenhaus gerettet und wir erleben eine zusammengeschnittene Szene, in der Adam und Hank Voight Cronin mit viel Geduld befragen, aber viel Unsinn erhalten. Es ist eigentlich die einzige Szene, in denen wir diesen Mann mal richtig erleben und es ist zu wenig, um ihn als Mensch richtig zu packen zu bekommen. Auch wenn es öfters schon mal vorkommt, dass der eigentliche Täter gar keine Rolle spielt, weil es um die Beziehung von einem aus dem Ermittlungsteam zu einem Opfer geht, so räumt "Chicago P.D." einem Täter extrem selten mehr als eine Episode ein. Wenn es also schon um eine Ausnahme geht, dann habe ich wenig Verständnis für den Schwerpunkt. Die Parallele von Adam und Zoe / Marie, da lasse ich auch nichts drauf kommen, aber es wäre sicherlich nicht unmöglich gewesen, hier einen inhaltlichen Dreierpack draus zu machen.

Mit der Entscheidung, hier alles Offene zu einem Ende zu führen, ist einiges auch ein wenig gequetscht und das ist mir besonders wieder bei Kim Burgess und Adam im Zusammenspiel aufgefallen. Schon bei der anderen Folge hatte ich angesprochen, dass mir ein inniges Gespräch zwischen dem baldigen Ehepaar gefehlt hat, weil Adam Entscheidungen trifft, die die gesamte Kleinfamilie betrifft. Auch wenn das möglicherweise im Off alles passiert ist und es keine Ego-Entscheidungen waren, aber man kann es auch einfach zeigen, gerade wenn man weiß, dass die Burzek-Fanbase REAL ist. In dieser Episode nun hatten die beiden doch einige Szenen zusammen und das hat es fast etwas unangenehmer gemacht, diese inhaltlichen Lücken zu bemerken. Ein Aspekt ist sicherlich der Moment, als Adam Cronin für den Aufenthaltsort von Zoe foltert und Kim ihn, joa, weggestoßen hat. Das war anschließend gar kein Thema mehr, weil die beiden auf der beruflichen Ebene Hand in Hand weitergearbeitet haben. Das finde ich auch eigentlich echt gut, weil es auch zeigt, wie weit sie gekommen sind und wie sie Beruf und Privatleben trennen können, aber es wirkt dann angesichts der Extremität der Außensituation fast unnatürlich. Den anderen Punkt haben wir dann bei dem Schrecken, dass Bob an Adams private Waffe gekommen ist. Vollkommen zurecht hat Kim das sehr aufgeregt. Es geht nicht um die Waffe an sich, sondern um einen dementen Mann, der in Gegenwart eines Kindes, in dem Falle Makayla, was auch immer anstellen könnte. Adam war nachvollziehbar mit den ganzen Rückschlägen sehr überfordert, weswegen er Kim um ein späteres Gespräch gebeten hat. Auch das haben wir nicht gesehen. So haben wir am Ende eine neue Entscheidung stehen, die wieder so wirkt, als habe Adam sie alleine getroffen, obwohl mein Herz etwas anderes sagt. Es ist damit insgesamt bedauerlich, dass wir keinerlei Ahnung haben, wie Kim generell dazu steht. Wir haben sie nicht einmal etwas äußern hören. Auch wenn es Adam als leibliches Kind mehr betrifft, aber es ist ein Familienthema und deswegen bedauere ich, dass es die erweiterte Perspektive auch bei der zweiten Folge nicht gab.

Wenn wir jetzt wieder auf Adam und Bob blicken, dann ist hier die klar erfreuliche Nachricht, dass die Emotionalität weiterhin mitreißend transportiert wurde. Es ist auch erneut gelungen, die Parallelen zu Zoe gut zu setzen und sie ebenfalls zu nutzen, dass Gänsehaut entsteht. Hier ist dann deutlich ersichtlich, dass beide Drehbücher von denselben Autor*innen stammen. Während es für die anderen Aspekte zum Nachteil ist, ist es hier der große Bonus. Zoe hatte zwar insgesamt eine kleinere Rolle, aber mich hat es auch gefreut, dass sie sich in den zwei Monaten entwickelt hat und mit der Fürsorge ihrer Pflegefamilie eine andere Perspektive bekommen hat, sodass sie auf Cronin auch ganz anders geblickt hat. Dennoch war er die längste Zeit ihres Lebens ihr Vater und dementsprechend hat es mir für sie wehgetan, als sie dann erfahren hat, dass er tot ist. Ihr Satz "Wer bin ich ohne Vater?" hat dann auch doppelt reingehauen, weil es für Adam ebenfalls eine Frage ist, der er sich stellen muss. Während Zoe als Kind noch gar keine Verantwortung trägt und daher schnell lernen wird, wie ein Leben ohne Cronin für sie aussehen wird, gestaltet sich das für Adam doch ganz anders.

Ich muss auch sagen, dass ich Adam selten so extrem auf dem Emotionsspektrum erlebt habe. Er ist ein Bauchmensch und daher immer sehr im Einklang mit dem, was er fühlt, aber aktuell stürzt echt viel auf ihn ein. Es ist auch erneut gut dargestellt worden, in welchem Zustand sich Bob befindet, bei dem sich klare und verwirrte Momente schnell abwechseln. Adam ist dann hin- und hergerissen, wann er ihm glauben soll und man konnte deutlich sehen, was das für Angehörige ein Zwiespalt ist. Denn wenn die demente Person einen klaren Moment hat und den Umfang ihrer Krankheit begreift oder in einer anderen Perspektive merkt, dass ihr der klare Moment nicht zugetraut wird, dann ist das schlimm für alle. Aus diesem Grund wird Adam der Spur seines Vaters auch gefolgt sein, obwohl er eigentlich dachte, er ist in einer anderen Welt. Auch wenn Bob dann vor Ort nicht mehr wusste, was er dort eigentlich will, aber es hat Adam in der Seele gut getan, dass Bob zum Erfolg des Falls entscheidend beigetragen hat. Doch auch wenn es diese Momente gibt, so ist die Entscheidung letztlich richtig. So sehr ich verstanden habe, dass Adam erstmal die familiäre Unterbringung favorisiert hat, genauso verständlich ist dann die Entscheidung, dass es nicht mehr geht. Für Adam wird sich das dann nochmal verfestigt haben, als Bob erstmals seinen Namen nicht wusste. Oh man, hat es mir in dem Moment das Herz für Adam gebrochen. Umso cleverer war die Wahl der Endszene. Wir alle suchen unser Leben lang nach Antworten, wer wir sind, womit wir uns identifizieren und die Familie sowie Freunde tragen einen riesigen Anteil daran. Auch wenn Adam seinen Vater, und damit einen Teil seiner Identität, auf kurz oder lang verlieren wird, aber er hat den Zusammenhang begriffen und daher mit seinem Team dafür gesorgt, dass Zoe zu Marie zurückkehren kann, um ihre Identität zu erweitern. Der Kontrast zwischen Adams Tränen und seinem reinen Strahlen angesichts der Zusammenführung von Oma und Enkelin innerhalb von fünf Minuten war echt gewaltig, aber hat mir verraten, dass Adam seinen Frieden gemacht hat. In dem Sinne war hier ein guter Schlusspunkt für die Dilogie gefunden.

Fazit

Der Teppich für Serienkiller Thomas Cronin, Zoe / Marie und die fortschreitende Demenz-Erkrankung von Bob Ruzek war ausgerollt, doch leider hat die Mischung nicht ideal gestimmt. Während wir den Anteil zum Serienkiller und zur Beziehung von Adam/Kim leider in die Tonne packen müssen, war der Rest emotional genau richtig. Unterm Strich bleibt aber mehr der Eindruck von verschenktem Potenzial.

Lena Donth – myFanbase

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