Bewertung

Review: #12.19 Name Image Likeness

Das Ende der 12. Staffel von "Chicago P.D." ist nun wirklich zum Greifen nah. Das bedeutet, dass diese Kiana Cook-Episode der letzte neue Input zu dem Neuzugang ist, den wir für eine Weile bekommen werden. Deswegen kann ich vorab verraten, etwas mehr Gas wäre hier schön gewesen.

Da "Chicago P.D." mit so vielen individuellen Episoden arbeitet, würde ich mal behaupten, dass sie innerhalb von OneChicago am meisten in die Tiefe von einzelnen Figuren geht. "Chicago Fire" begleite ich mit den Charakteren sogar noch länger und ich kenne alle auf eine Art wie meine Westentasche. Doch "Chicago P.D." ist noch einmal eine andere Stufe, was vermutlich daran liegt, dass diese Ermittlungen und die privaten Rückschläge dadurch jeden kleinen Splitter freilegen. Umgekehrt hat das natürlich zur Folge, dass man sich unweigerlich an diese Menschen bindet, als wären sie tatsächlich Freunde, als würden sie einen regelmäßig in den Kopf blicken lassen. Das macht es so gefährlich, dass OneChicago immer seine Lieblinge hat, aber dann wieder die Rollen, die wohl von Anfang an nur als Austauschmodelle vorgesehen waren. Wenn ich beispielsweise daran denke, wie schwer sich die Produktion getan hat, die Lücke von Antonio Dawson zu schließen. Vanessa Rojas war da nur eine Staffel vergönnt, Andre Cooper hat gar nur wenige Episoden bekommen, da hat man lieber mit einem Rumpfteam gearbeitet. Als Dante Torres dann neu kam, da habe ich bei mir dann gespürt, wie besorgt ich war, ob er bleiben wird, soll ich mich überhaupt emotional an ihn binden? Bei Kiana selbstredend dasselbe Spielchen. Die Verlustangst ist definitiv da.

Dementsprechend ist es schon so, dass diese Episode uns viel, viel mehr hätte schenken dürfen. Die Enthüllung, dass Kiana aus zwei Welten stammt, die war großartig, die hat ihrem Charakter definitiv eine Schicht mitgegeben, die ich nicht erwartet hätte. Aber warum haben wir an dieser Enthüllung nur etwas gezogen? Nachdem Kiana die Spendenveranstaltung ihrer Mutter doch nicht besucht hat, herrschte wohl Funkstille und Patricia sucht nun entschieden den Kontakt. Das ist die Ausgangslage, die wir haben und mit der habe ich erwartet, Patricia Dixon wiederzusehen. Wir haben sie aber nur stimmlich gehört, das war es. Das fand ich insgesamt echt schade, denn bei anderen Charakteren hat es sich auch schon gerächt, wenn das Tempo spärlich war, denn dann haben wir die offenen Puzzleteile nie angeboten bekommen.

Da die Episode also nicht für neue Infos genutzt wurde, würde ich sie funktionell anders einschätzen. Es ging vor allem darum, Kianas Position innerhalb der Intelligence Unit zu überprüfen und dann in einem weiteren Schritt einen inneren Prozess abzubilden, der unweigerlich mit ihrer Herkunft zu tun hat. Damit das keinesfalls falsch verstanden wird, auch dieser Schwerpunkt hatte seine Vorteile, auch weil alles rund um Kiana reizvoll wirkt, aber wenn ich die Wahl gehabt hätte, hätte ich mich für Basisinfos entschieden. Schauen wir jetzt aber auf das, was wir bekommen haben. Es ist eine Pause von Charlie Reid und das war in jedem Fall die richtige Entscheidung, denn angesichts von noch drei ausstehenden Episoden sollte man das Pulver keinesfalls zu früh verschießen. Dementsprechend war Raum genug für Kiana. Wir starten mit den Andeutungen zu ihrer Mutter und dass sie sich offenbar einfühlsam um Torres kümmert. Es war für mich nicht eindeutig zu klären, wo Kiana den Kollegen abgeholt hat. Bilden sie nur eine Fahrgemeinschaft zum Job, weil er kein Auto fahren darf? Oder hat sie ihn bei der Physiotherapie etc. abgeholt? Im Grunde ist das genaue Arrangement auch egal, denn es diente vor allem dazu, diese Beziehung zu beleuchten. Nachdem es zwischen den beiden so gut losging, waren Torres' Geheimnisse bezüglich Gloria Perez ein herber Rückschlag. Aber Kiana hat das hinter sich gelassen und es ist schon echt toll, wie sie sich um ihn kümmert. Sie hatten in der weiteren Episode nicht wesentlich mehr Interaktionen, aber es gab noch einen kleinen Moment, als Kiana an dem Fall etwas verzweifelte und er ihr tröstend die Hand auf die Schulter gelegt hat. Es sind diese kleinen Momente, die viel aussagen. Zu Torres können wir noch festhalten, dass wir ihn gesehen haben, wie er Schmerzmittel einwirft. Das ist erstmal wohl korrekt, da er nun mal verletzt ist, aber ich bin gespannt, ob es eine Andeutung ist, ob er vielleicht nicht den rechtzeitigen Absprung schafft und das ist Potenzial.

Kiana wiederum hat einen Fall bekommen, der sehr gut auf sie zugeschnitten war. Wir haben eine brutal vorgehende Crew, der es aber offenbar gar nicht um die Beute, sondern um den herausfordernden Reiz des Ganzen geht. Schließlich rücken zwei Figuren mehr ins Zentrum. Da haben wir Ruby Rios, eine Stripperin mit einer großen, provozierenden Klappe, die aus sehr einfachen Verhältnissen stammt, und wir haben Damone Russell, der vermutlich auch aus einfachen Verhältnissen stammt, aber mit einem Basketball-Gen gesegnet ist, sodass er als nächster NBA-Star vermutet wird. Das hat ihm schon jetzt Türen geöffnet, sodass Geld kein Thema mehr ist. Wir haben also die Schere zwischen arm und reich und damit kennt sich Kiana bestens aus. Sie kennt beide Welten. Sie hat sich bewusst gegen reich entschieden und das Leben in einfachen Verhältnissen mit ihrem Vater favorisiert. Unweigerlich sympathisiert sie daher mit Ruby, während ihr Widerstand gegen Damone von Anfang an sichtbar war. Als dann vor allem bei der ersten Festnahme die Anwältin mal eben mit der Bürgermeister-Karte alles geregelt hat, da hat man Kiana richtig angesehen, wie angewidert sie war, weil sie es selbst bestens kennt, wenn ihre Mutter mal eben etwas regelt. Kiana hat sich bewusst dagegen entschieden, vom Geld ihrer Mutter alle Türen geöffnet zu bekommen, weil es dafür auf menschlicher Ebene nur Kälte und Ignoranz gegeben hat. Sie hat sich für Wärme und Unterstützung, dafür aber viel Kampf und Widerstand entschieden.

Dementsprechend fand ich es spannend, dass wir Kiana in dieser Episode mehrfach scheitern sehen. Sie hat nicht sofort den Zugriff auf Ruby, den sie sich eingeredet hat, sie muss bei Damone eine Niederlage einstecken und auch ihre Überzeugung, ihre erste Informantin händeln zu können, auch das geht schief. Ich fand Kiana von Anfang an sympathisch, aber es hat sie noch nahbarer gemacht, sie diese Niederlagen einstecken sehen zu müssen. Es sind nicht die ersten Rückschläge, aber wie jemand damit umgeht, das zeigt wahre Stärke. Am beeindruckendsten war wohl der Moment, als sie Hank Voight die Stirn geboten hat, weil ihr nicht gefallen hat, wie er Ruby im Verhör bedrängt hat. Ruby ist auf eine Art eine Vision von ihr selbst und sie fühlte sich wohl dadurch auch an das erinnert, was sie schon alles überstehen musste und wie dann speziell auch Männer das auszunutzen versuchen. Erinnern wir uns an Kianas Clinch mit ihrem Vorgesetzten in der Taktikunit. Aber was noch beeindruckender war, wie Hank die Kritik hingenommen hat. Auch wenn es kein richtiges Gespräch gegeben hat, aber gerade weil er nichts mehr gesagt hat und ihr anschließend mit Ruby als Informantin vertraut hat, das war Respekt und Bemühen um Verständnis. Da konnte man fast auch emotional werden, weil das in unserer Gesellschaft doch sehr fehlt. Andere Perspektiven, Verständnis... Hank hätte auf eine Art sofort in die Verteidigung übergehen können, aber er hat es nicht gemacht, auch weil ihn das Leben schon so einiges gelehrt hat.

Für Kiana wiederum waren die Rückschläge, in denen sie dennoch Stärke beweisen konnte und die niemanden verleitet haben, sie zurückzustoßen, sehr aufschlussreich. Es ging verdeckt auch um die Thematik, wie sehr kann sich ein Mensch ändern und wie viele Chancen kann man guten Gewissens geben? Das sind vermutlich die Fragestellungen des Lebens, auf die es keine definitiven Antworten gibt, auch weil der Mensch zu individuell ist. Aber je mehr man vermittelt bekommt, man ist gut so, wie man ist, umso mehr kann man auch zweite Chancen verschenken und darauf hoffen, dass andere sich ändern können. Genau deswegen ruft sie am Ende ihre Mutter wohl auch an. Kiana ist nicht mehr das Mädchen, das jeden Sommer nach Anerkennung gesucht hat. Sie braucht die Anerkennung nicht mehr, aber vielleicht kann genau deswegen die Mutter-Tochter-Beziehung etwas schenken, an das beide noch nicht zu denken wagen können. Da wir nach dem angenommenen Anruf nicht mehr zu hören bekommen, bleibt nun offen, was sich tut. Aber ob Patricia nun ehrliche Absichten hat oder hinter allem ein Plan mit Tücken steckt, das werden wir hoffentlich dann noch erfahren.

Fazit

Ich hätte zu Kiana Cook gerne noch wie ein Schwamm Info an Info aufgesaugt. Stattdessen war es eher eine Episode, die innere Prozesse des Neuzugangs beleuchtet hat. Das war mitreißend und auch sehr aufschlussreich, aber hoffentlich wurde hier nicht zu sehr auf die Bremse gedrückt.

Lena Donth – myFanbase

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