Review: #2.03 Die letzte Chance

Harte Zeiten im Hause Leary. Während sich Mitch zunehmend in die Idee der offenen Ehe hineinsteigert und überhaupt kein Vertrauen mehr hat, versucht Gale nach wie vor ihn wieder umzustimmen. Ihre Hoffnungen, Mitch würde bei bevorstehender Realisierung der Idee wieder zu Verstand gekommen, gehen nicht in Erfüllung. Vielmehr wird alles noch komplizierter. Statt Konfrontation geht man sich aus dem Weg, die Lösung ist inkonsequent. Gleichzeitig ist es der letzte Versuch, da die Konfrontation selbst mit gutem Willen nicht erreicht werden konnte und der letzte Ausweg wohl die Scheidung wäre.

Konsequent dagegen die Reaktion auf das Dawson-Joey-Verhältnis. Auf der einen Seite toleriert man es, auf der anderen Seite setzt man Grenzen, so dass althergebrachte Traditionen, wie die Leiter am Fenster, demontiert werden. Dieses Vorgehen überrascht - Dawson und Joey hätten auch so noch Gelegenheit genug, sexuell aktiv zu werden. Tatsächlich zeugt es von wenig Vertrauen und da das Vorgehen auch gerade von Mitch ausgeht, ist es wohl eher Kompensation der eigenen Probleme, als Maßregelung von Dawson. In erster Linie soll es wohl eine typische Teenager-Situation oder vielmehr die Kritik daran darstellen, was auch durch das Gefühl der Sinnlosigkeit bei dieser Aktion klar vermittelt wird. Interessant ist auch in der Hinsicht, dass der deutsche Titel bereits im Teaser Geltung findet, als Joey als letzter Versuch die Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen, sich im Schrank versteckt. Dieses Problem soll uns künftig allerdings nicht mehr beschäftigen.

Der letzte Versuch auch und vor allen Dingen in Bezug auf Jen: Abby motiviert sie, die Chance einer Unterrichtsvorbereitung alleine mit Dawson, als letzte Chance ihn zurückzuerobern, wahrzunehmen.

Tatsächlich lässt sich Jen dazu überreden und startet ihre eher Abby gleichenden Annäherungsversuche an Dawson. Nachdem dieser erfolglos versucht, diese abzuwiegeln, sagt er es ihr direkt. Diesbezüglich erlebt man Dawson in einer seltenen Situation, da er Jen ganz klar die Tatsachen präsentiert, anstatt zu flüchten. Gleichzeitig bemerkt er aber auch den veränderten Stil Jens. Damit hat Dawson in Bezug auf Joey ganz klar Position bezogen.

Hinsichtlich Jen stellt sich jedoch die Frage, die bereits Dawson äußerte: Haben wir es mit einer Jen zu tun, die sich Abby zum Vorbild nimmt oder haben wir es vielmehr mit einer Jen zu tun, die ihre wahre Identität erstmals offenlegt und das falsche schüchterne Verhalten ablegt? Bei aller Kritik, die man am Charakter Jens äussern kann, - unter anderem, dass sie ganz und gar nicht zu den anderen Charakteren passt - wirkt sie nun wesentlich plausibler.

In dieser Hinsicht wird aber auch Abby interessanter, da sich erstmals zeigt, dass sie nicht nur Widersacherin sein kann, sondern auch Verbündete, was sich darin zeigt, dass sie Jen motiviert und das offenbar aus nicht feindlichen Motiven. Gleichzeitig lässt man ihr gewohntes Verhalten aber auch nicht fallen, was man an ihrem Umgang mit Kenny erkennen kann. Somit ergibt sich ein gekonnter Übergang, den man noch weiter vertiefen wird, allerdings niemals zu unrealistisch werden lassen wird.

Näheres Kennenlernen auch bei Pacey und Andie, wobei das in ihrem Fall untereinander angesiedelt ist. Pacey beweist gegenüber Andie, dass er nicht das schwarze Schaf ist, wofür man ihn hält. Andernfalls lässt sich sein Verhalten zum Ende der Episode kaum erklären. Andie scheint derweil ziemlich viel von Pacey zu halten, da sie ihn regelrecht verfolgt, wo sie doch letztlich stets mit ihm streitet. Umgekehrt muss auch Pacey lernen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Die Zustände bei Andies Familie sind - wie man später noch kennenlernen wird - weitaus schlimmer. Nicht ohne Grund macht sie es kurzerhand zum Tabuthema und nicht ohne Grund ist auch Jack ziemlich empfindlich auf Pacey's Vorwurf an Andie.

Probleme kündigen sich am Ende der Episode an. Die geheimnisvolle Frau, die am Ende der Episode auf dem Parkplatz Pacey beobachtet, ist für Zuschauer der ersten Staffel nur sehr unschwer zu identifizieren: Tamara Jacobs. Wie wird Pacey auf sie reagieren, nun, da sich offenbar etwas neues für ihn anbahnt?

Familienprobleme dagegen im Hause Potter. Ein schlimmeres Zerwürfnis zwischen Bessie und Joey kann zwar vermieden werden, doch Joey zeigt ganz klar ihre Unzufriedenheit über die derzeitigen Verhältnisse, was auch Bessie einsieht, aber halt nicht ändern kann, bzw. allem Anschein nach auch nicht will. Stattdessen hält sie den Laden zusammen und das sehr stark am Minimum, wie die Aufräumaktion angesichts des bevorstehenden Gesundheitsamt-Besuches zeigt. Gerade der abgelehnte Vorschlag Joeys zur Modernisierung zeigt, dass Bessie eher auf alte Ordnungen hofft, was sich später im Verlauf der Staffel mit dem Auftauchen von Joey's Vater bewahrheitet.

Was bleibt am Ende? Jede Menge. Wenn der Versuch Jens auch als letzter proklamiert wird, wird sie es wohl doch nicht aufgeben. Die Konfrontation Paceys mit Tamara wird das spannende Thema der nächsten Folge sein und auch sonst ist einiges noch nicht ausgestanden.

"Der letzte Versuch" überzeugt durch Mehrgleisigkeit. Anstatt ein Thema direkt in den Vordergrund zu stellen, lässt man die Handlungsstränge nahezu parallel ablaufen. Am Ende bleibt das Gefühl der Weiterentwicklung, wenn auch nichts wirklich abgeschlossen wurde. Insgesamt eine gute Episode.

Malte Kirchner

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