Review: #2.16 Parties und andere Peinlichkeiten
Nach einiger Zeit mal wieder eine richtig bewegende Folge - selbstkritisch, teilweise herrlich indirekt, aber vor allen Dingen auch weiterbringend. Steigen wir gleich voll in die Analyse ein und betrachten wir zunächst Dawson. Seinen Geburtstag als nostalgischen Punkt zu nehmen, das Geschehene zu reflektieren und den Beschluss einer Änderung zu fassen, ist eine sehr vortreffliche Idee, da die Episode sich damit des Eindrucks erwehren kann, diese Depression Dawsons käme aus heiterem Himmel. Berücksichtigt man die zuvorgehenden Episoden ist das sowieso nicht wahr, da sich Dawsons Bedrückung schon mehrmals sehr eindrucksvoll zeigte. In dieser Episode erreicht sie nur einen Höhepunkt.
Überhaupt ist die Story sehr geschickt gestrickt. Wie Zahnräder greifen die einzelnen Elemente ineinander und dass ausgerechnet Andie Dawson zur Unvernunft verleitet, ist schon eine überraschende, jedoch in Bezug auf die Beherzigung ihrer Therapie glaubhafte Wendung.
Mit der Trunkenheit kommt dann auch die Offenheit. Wer denkt, der Blues sei schon der Gipfel, wird eines besseren belehrt, als Dawson dann auf seiner Überraschungsfeier - von der er schon längst weiß - austeilt. Jedoch keinesfalls übertrieben, sondern was ihn die ganze Zeit schon bewegte. Die Krise seiner Eltern, Paceys Glücksmomente, die ihm den stets verlierenden Pacey nehmen, an dem er sich hat aufrappeln können, Jen und ihre Rückfälle und vor allen Dingen aber Joeys merkwürdig erscheinende Selbstfindung, die nun wieder in den Vordergrund rückt und die Dawson nicht ein weiteres Mal so tolerieren will, weil die Vertröstung mit Jack ihm nicht wie eine Selbstfindung schien.
Am Ende dann - leider - wieder der Rückfall ins Melodramatische. Statt zu seiner an sich sehr vernünftigen Argumentation (berücksichtigt man mal den Ernsthaftigkeitsgehalt dessen, was die anderen sonst argumentiert haben) zu stehen, verfällt Dawson wieder in die Selbstisolation und tut so, als hätte er das alles nicht so gemeint. Nur dem Umstand, dass Joey weiß, dass er es meinte und lediglich die Schärfe bereut, haben wir es zu verdanken, dass es dann doch noch zur Nachbesprechung kommt, während Dawsons Eltern derweil darüber nachdenken, welche Konsequenzen sein Ausfall in materieller Hinsicht haben sollte, anstatt mal darüber nachzudenken, inwieweit dieser Ausfall Ursachen hat, weil er total atypisch für Dawson ist. Lediglich Joey fragt nach der Ursache, abgesehen von Pacey, der weiß, worum es geht, aber an dieser Situation recht wenig ändern kann.
Joey wiederum hat es auch nicht ganz einfach. Der Tiefschlag mit Jack zeigt erstmals Konsequenzen und sie zweifelt zunehmend an sich selbst. Ihr Vorhaben sich nun endlich wirklich selber zu finden, wird von ihrer Schwester Bessie unterstützt, doch dann kommt plötzlich Dawson und kritisiert ihren letzten Versuch - zurecht, gewißermaßen. Erst später erhalten wir von ihr eine Erklärung, die sich auch mit der Absicht von damals deckt, die nämlich nicht darin bestand, alleine zu sein, sondern einfach die Grenzen der eigenen Person zu entdecken, um nicht total Dawson-abhängig zu enden - ein vernünftiger Selbstschutz. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob sie dies nicht längst erreicht hat. Sie ist zwar unglücklich, aber muss die eigene Identität unbedingt glücklich sein? Zugleich zermürbt sie ihr Umfeld, im speziellen Dawson, so dass sie sich das kaputtmacht, worauf sie sich eigentlich indirekt vorbereitet. Kurzerhand zu Dawson zurückzukehren, wäre natürlich auch keine Lösung - dafür ist der innere Konflikt zu gross. Aber immerhin gibt es Hoffnung am Ende.
Und hier setzt die Symbolik dieser Episode ein, der Schnee. Tatsächlich begleitet das Wetter wieder einmal die Episode. Die Kälte als Inbegriff der eingefrorenen Beziehungen und später der Schnee als Hoffnung, wonach es zunächst nicht aussieht, wie Dawson mit seiner Aussage, dass es an dem Tag nicht schneien würde, unterstreicht.
Nebenher sind da natürlich auch Jen und Ty. Dass die beiden nicht zueinanderpassen, war eigentlich schon lange Zeit klar, aber in dieser Episode kommt es dann zum endgültigen Eklat. Nicht nur, dass Ty in Jen eher das Abenteuer suchte und stets die Notbremse in der Hand hielt, er argumentiert auch mit seiner sehr konservativen religiösen Ansicht, was nicht unbedingt plausibel ist. Nicht, weil man da vielleicht anderer Meinung sein darf, sondern vielmehr, weil er selber in seinem Doppelleben die andere Seite verkörpert. Dass Jen ihn abstösst, ist begründet. Zugleich entwickelt sie sich aber auch nicht weiter - diese Beziehung war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Und wie Dawson schon - in Bezug auf die Serie selbstkritisch - betont, hat Jen sich nicht weiterentwickelt, aber was "gemacht". Eine sehr interessante Anspielung, die entweder Unzufriedenheit in den eigenen Reihen aufzeigt oder, dass man Jen bewusst so gestaltete, was ihren Charakter aber nicht unbedingt besser erscheinen lässt.
Jack wiederum kämpft damit auf eine andere Art und Weise populär zu sein. Dass sich dann Abby an ihn ranschmeißt, kommt gelegen, um ihr ihr Erfolgserlebnis und sich selber den Normalstatus zurückzuholen. Dass aber ausgerechnet Joey reinplatzt, zusammen mit Dawson, der Jack sowieso nie ernstnahm, führt natürlich zu einer Reihe von berechtigten Auseinandersetzungen, die Jack nicht unbedingt in einem besseren Licht darstellen. Natürlich ist seine Argumentation plausibel, auf der anderen Seite muss er sich auch der Tatsache bewusst gewesen sein, dass dies gehörig gegen Joey ging.
Abby wiederum überzeugt durch ihr höchst zweideutiges Wesen. Zum einen die egoistischen Absichten, Jack herumzukriegen und selber besser dazustehen, auf der anderen Seite ihre Überredungstaktik, die vielmehr mit Tatsachen arbeitete (in Bezug auf Aussenseiter-Dasein u.ä.) als mit falschen Behauptungen. Wir gewannen ein weiteres Mal einen tieferen Einblick in ihr Wesen und obgleich sie kaum besser wegkommt, als sonst - sie wird ihrem Bösewicht-Image ein weiteres Mal gerecht - erntet sie auch wieder Sympathien beim Zuschauer.
Andie und Pacey sind da eigentlich nur noch weniger erwähnenswert, da Andie eher Mittel zum Zweck ist, um Dawson zum Alkohol zu bringen und Pacey mit seiner Veränderung glänzt, die im Kontrast zur ausgeflippten Andie sehr klar zur Geltung kommt - er ist immer mehr wie sie geworden und Dawson untertrieb dabei auch keinesfalls, ihm ein "Wohltäter"-Dasein zu unterstellen.
Alles in allem schlussendlich eine sehr gute Episode. Zu erwähnen wäre noch die Stimmung, bzw. die Atmosphäre, die man zeichnete. Zum einen schon verkörpert durch die Symbolik (Wetter, Kälte), zum anderen aber auch den Kameraeinstellungen selber. Voranzuführen z.B. das nüchterne Erwachen Dawson's und der Dialog mit Joey, den man bewusst düster wählte, während der Schnee als Hoffnungsträger wiederum die Szenerie erhellt - das Licht am Ende des Tunnels.
Vor allen Dingen aber sehen wir einen Fortschritt. Die Beziehung von Dawson und Joey neigt dazu, wieder auf einen Nenner zu kommen und es existiert vor allen Dingen Klarheit. Zum einen in Bezug auf Dawsons Depression, die viele Gesichter hat, aber auch in Bezug auf Joeys Selbstfindung. Eine gelungene Episode. Nur ein bisschen mehr Standhaftigkeit hätte man von Dawson erwarten können.
Malte Kirchner - myFanbase
Die Serie "Dawson's Creek" ansehen:
Vorherige Review: #2.15 Die ganze Wahrheit | Alle Reviews | Nächste Review: #2.17 Blick in die Zukunft |
Diskussion zu dieser Episode
Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "Dawson's Creek" über die Folge #2.16 Parties und andere Peinlichkeiten diskutieren.
Informationen zur Episode
Englischer Titel: Be Careful What You Wish ForErstausstrahlung (US): 03.03.1999
Erstausstrahlung (DE): 25.07.1999
Regie: David Semel
Drehbuch: Heidi Ferrer
Links
Meistgelesen
Aktuelle Kommentare

14.04.2025 09:16 von Lena
Reviews: High Potential - Reviews Staffel 1
Ich bin definitiv auch Fan von "High... mehr

09.04.2025 13:04 von Daniela
Episode: #10.17 The Book of Archer (Chicago Med)
NBC würde sich ins eigene Fleisch schneiden, würden sie... mehr