Review: #1.07 Der Frühstücksclub
Es gibt auch diesmal in der Episode viel Bewegung. Man konzentriert sich ganz auf die Protagonisten und die große Handlung des Dreiecks Joey-Dawson-Jen. Diese wird nun ordentlich voran getrieben und dabei benötigt es nur zwei Faktoren, um es auf beeindruckende Weise zur Schau zu stellen: Gemeinsames Nachsitzen für die drei und Pacey, dazu ein wirbeliger, superneugieriger Störenfried in Form des neu vorgestellten Charakters Abby. Nebenher entfacht zwischen Dawson und Pacey ein wilder Kampf, da im Ersteren das Konkurrenzgefühl stark geweckt wird. Durch das beschleunigte Tempo, den vielen gelungenen Momenten zwischen Abby, Dawson, Jen, Joey und Pacey fällt kaum auf, dass die Nebenhandlungen rund um Bessies und Bodies Baby sowieso die Ehesituation von Dawsons Eltern diesmal völlig auf Eis liegen.
Das geht ins Auge
Die Eröffnungsszene mit Dawson und Joey konnte sofort mein Interesse wecken. Wie sie da diskutieren, worauf Frauen bei Männern stehen, ist sehr interessant, da man das Thema sehr lange behandeln könnte. Es wird einerseits von vielen Klischees bestimmt und es gibt andererseits auch sehr viele Meinungen dazu. Die Diskussion wäre hier sicher interessant weiterverlaufen, doch Dawson wurde immer unsicherer, da er Joeys Meinung nicht teilen will. Zumindest scheint dies so zu sein. Indirekt hat Joey mit dem Gespräch den Konkurrenzgedanken in Dawson verstärkt und die spätere Situation mit Pacey heraufbeschworen. Der wiederum muss nach Tamaras Abgang eine neue Storyline bekommen und so bringt man ihn nun verstärkt mit den anderen Protagonisten zusammen, was mir gut gefällt. Die vier geben einfach ein sehr gutes Gespann ab, was durch gute Dialoge und Szenarien unterstrichen wird.
Ich hatte erst gedacht, dass man bei Dawson etwas subtiler vorgeht, nämlich indem er nur langsam beginnt, sich mit anderen Kerlen in seinem Alter zu vergleichen, Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls durch das Konkurrieren in eskalierende Konfrontationen gerät. Doch die Autoren wussten hier Jen gut einzubringen, die als regelrechter Anheizer zur Situation dient. Sie scheint nun auch zu Pacey verstärkt eine freundschaftliche Basis aufzubauen. Es wird gemeinsam gelacht oder auch mal zwischendurch Paceys körperliche Vorzüge bewundert. Absolut verständlich, dass dies Dawson nicht gefällt. Und durch den eingeimpften Konkurrenzdrang wird der Storyverlauf ganz schön intensiv. Der Moment, in dem Dawson Pacey den Basketball auf's Auge schmettert ist wirklich äußerst fies und zeigt gut Dawsons emotionale Lage. Er scheint ein hitzköpfiger Charakter zu sein, der zunehmend aus sich herausbricht, wenn ihn etwas ärgert. Dawson ist in diesen Momenten sehr temperamentvoll und kann sich nicht beherrschen.
An Paceys Stelle wäre ich wohl nicht so entspannt, mit den Folgen des Basketballanschlags, zurecht gekommen. Okay, der Spitzname "Oompa-Loompa" ist sicher nicht schmeichelhaft und brachte in Dawson das Fass zum Überlaufen. Dennoch schoss er sprichwörtlich weit über das Ziel hinaus. Das blaue, angeschwollene Auge von Pacey ist da wirklich nicht schön anzusehen. Ich erwartete da schon einen Gegenschlag, doch Pacey scheint mir beeindruckend innerlich gefasst zu sein. Außer ein paar spitzen Bemerkungen und dem weiter vorherrschenden Konkurrenzkampf passiert nichts weiter. Sehr vorbildlich, denn wie es sich zeigt, reichen ein paar klärende Gespräche aus, um erneut auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Die Dawson-Pacey-Freundschaft scheint weiterhin Bestand zu haben, obwohl sicherlich noch weitere Reibereien folgen könnten. Es bleibt abzuwarten, wie sich Paceys Situation mit Dawson entwickeln wird, zumal Jen da mit drin hängt und viel Wirkung auf Dawsons Gefühle zu haben scheint. Die Nebenstory von Dawson und Pacey gefällt mir sehr gut, da sie für ordentlichen Schwung sorgt und die Freundschaft und den Umgang in einem Konflikt der beiden interessant thematisiert.
Zur Strafe: Eine Runde Nachsitzen
Bevor ich zur entscheidendsten Entwicklung in dieser Folge komme, schiebe ich die Nachsitz-Situation der vier Protagonisten und Abby dazwischen. Ich bin ein Fan von Charakteren wie Abby Morgan, die so herrlich darauf angelegt sind, ordentlich Staub aufzuwirbeln. Monica Keenas Schauspiel wirkt da zwar stellenweise, was die Mimik betrifft, etwas aufgesetzt, aber sie bringt dennoch den Charakter der Abby gut zur Geltung. Ich empfinde sie zwar (noch?) nicht unbedingt als überaus sympathisch, aber durch ihre Offenheit als sehr interessant. Und die Sprüche die sie bringt, sind in diesem schwungvollen Nachsitz-Szenario überhaupt das Beste. Sie spricht die Dinge an, die einfach mal angesprochen werden sollten. Klar, dass sie dadurch auch vielen in Capeside auf die Nerven geht. Ich empfinde aber eher das scheinbar große Geltungsbedürfnis von Abby als nervenden Faktor bei ihr. Ansonsten ist sie eigentlich normal, etwas unsicher wirkend und sicher auch jemand, mit dem man gut auskommen könnte. Direktheit hat dazu den Vorteil auch immer schnell Bescheid zu wissen, woran man ist. Also schlecht empfinde ich diesen Charakterzug nicht, selbst wenn man darauf acht geben sollte, wie man jemanden etwas sagt. Abbys Idee mit dem "Ich rate Deinen Arsch"-Spiel konnte mir sogar einen Lacher entlocken. Es ist wirklich überaus gewagt, das ausgerechnet in der Schule zu machen. Scheint aber ein spaßiges Spiel zu sein.
Einen kleinen Kritikpunkt gibt es in der Folge, der aber diese im Gesamtbild nicht beeinträchtigt. Es wirkt durchaus ein bisschen konstruiert, wie man die vier Protagonisten mit Abby, zum Nachsitzen zusammenbringt. Aber Joey traue ich es durchaus zu, dass sie in der Hitze des Gefechts zuschlägt, das scheint mir nicht unauthentisch. Gerne möchte ich mehr von Grant sehen. Die Auseinandersetzungen mit Joey während des Referates oder in der Kantine sind hier einfache spitze. Sehr gelungener Wortwechsel und da steckt Potential drin ähnlich wie bei Abby. Denn Grant konnte aus Joey eine uns bislang verstecktere Seite entlocken. Ihre schlagfertige Art eben, was mir bei ihrem Umfeld, einfach nachvollziehbar scheint. Jen hingegen hat ein direktes, offenes Mundwerk. Das wissen wir schon, bekamen wir hier nur nochmals zu Gesicht im verbalen Schlagabtausch mit dem Lehrer. Bei Dawson ist die Nachsitzaktion mehr als verständlich, bei der Konfrontation mit Pacey. Zu Paceys Begründung selbst fiel mir dann die Kinnlade etwas runter, denn obwohl ich es echt nicht erwartet hätte, scheint auch das ein plausibler Nachsitzgrund zu sein. Okay es kommt darauf an, wie das Umfeld so ist und natürlich welche Person ihn da im Umkleideraum bei der "Erleichterung" aufgrund der von Cheerleadern verursachten Anspannung erwischte. Nicht jeder würde vermutlich gleich einen Aufstand deswegen machen beziehungsweise es melden. Dennoch ist klar, dass sich Pacey dafür einen geeigneteren Ort hätte aussuchen sollen. Auch Abbys Zuspätkommen und die provokative Unterbrechung in Joeys Referat, ist für mich als Grund zum Nachsitzen nachvollziehbar. Lediglich konstruiert wirkt auf mich die Situation, dass alle zur selben Zeit am selben Ort, nachsitzen müssen und die lange Dauer hierzu. Mrs. Tingle ist dazu ein dezent zu fies gezeichneter Charakter einer Lehrerin. Vielleicht wirkt dies aber nur so, da ihre Motive zu wenig deutlich wurden. Hoffentlich sieht man sie deswegen noch öfters, um mehr Verständnis für sie aufbringen zu können.
Tauziehen
Genau dieser Begriff fällt mir gleich ein, wenn ich Jen und Joeys Situation vor Augen habe. Dawson ist das Tau und beide ziehen daran, bis er einer von ihnen gehört. Wie man jedoch die Entwicklung vorwärts treibt, sehe ich als sehr authentisch und natürlich an. Dazu gewährt man dem Zuschauer Einblick in das Gefühlsleben der beiden Ladys. Bei Dawson dagegen wird das gekonnt verschleiert, sodass man jetzt noch nicht wirklich weiß, was und wen er wirklich will. Aber durch das, zugegeben vorhersehbare, "Wahrheit oder Wagnis"-Spielszenario während das Nachsitzens, leitet man deutliche Konturen in den Entwicklungen ein, was das Dreieck Joey-Dawson-Jen betrifft. Ich erahne schon, worauf das hinausläuft, ohne es wirklich zu wissen. Doch es gibt in dieser Folge verstärkt ein paar Hinweise, die mich auf die Ahnung bringen. Beispielsweise fiel mir Jens Ausweichmanöver auf, ob Dawson DER Typ aus Capeside ist, den sie hauptsächlich begehre. Sie bestätigt zwar darauf folgend, dass sie ihn sexuell attraktiv findet, aber ob da wirklich tiefe Gefühle für Dawson da sind, bezweifle ich. Wäre sie verliebt, würde sie doch gleich darauf antworten können – so meine Theorie – und auch nicht offen Paceys Vorzüge bewundern, um sich die Chance bei Dawson nicht zu verbauen. Ich denke eher, dass Jen sich an Dawson festkrallt, weil er sie offenbar anders und liebevoll behandelt, im Gegensatz zu vielen anderen aus Capeside.
Das Emotionale scheint aber in Joey gegenüber Dawson fiel tiefer zu gehen. Es ist auch wirklich nachvollziehbar, denn die beiden verbindet so Vieles und Joey scheint Dawson nicht nur als Freundin nahe zu sein, sondern ihn richtig zu bewundern. Doch nun treiben die Autoren die Entwicklung weiter und Joey wird durch Abbys Fingerzeig bewusst, dass sie für Dawson etwas empfindet, was über die Freundschaft hinauswächst, und es macht ihr sichtlich zu schaffen. Die Szene am Ende, in der Joey Dawson indirekt, ohne dass er sich der Sache bewusst zeigt, ihre Gefühlslage vermittelt, ist sehr schön ausgearbeitet. Der Kuss hat Dawson vielleicht auch schon ein Indiz gegeben, dass da mehr mit Joey ist. Ich habe verstärkt darauf geachtet, ob zwischen den Zeilen etwas passiert. Ich vermute ja, dass Dawson zumindest ahnt/spürt, dass mit Joey emotional aktuell viel passierte. Er scheint es aber nicht greifen zu können oder aussprechen zu wollen. Mir entstand der Eindruck, er will es von Joey hören, um es wirklich zu wissen. Gerade der Abschluss der Episode macht es für uns nun sehr interessant, am Ball zu bleiben. Wir wissen nun wie die Situation ist, dass Joey Jen eigentlich nicht wirklich verabscheut, diese ihr aber einfach im Weg ist. Doch auch Jens Mimik am Schluss zeigt klar, dass sie nun deutlicher versteht, was bei Joey los ist. Wird sie sich vielleicht demnächst von Dawson zurückziehen, um Joey freie Bahn zu machen? Oder wird sie mehr um Dawson kämpfen und versuchen Joey auszustechen? Was passiert mit Dawson, wenn er von Joey die Wahrheit erfahren soll? Wird er dann eventuell in ein Hin- und Her gerissen? Gefährdet es die Freundschaft mit Joey? Entsteht zwischen Jen und Joey ein intensiverer Kampf? Fragen über Fragen, zu denen man sich zeitnah Antworten erhofft.
Fazit
Nach zwei wirklich gelungenen, ereignisreichen Episoden, kommt erneut eine auf hohem Niveau zur Geltung. Die Hauptcharaktere durch Nachsitzen an einem Ort zu vereinen, um die Haupthandlung vorwärts zu treiben, funktioniert wirklich wunderbar. Dank Einbindung der wirbeligen Abby und ihrer Ideen, werden Punkte angesprochen, die Bewegungen zur Folge haben. Es ist insgesamt eine sehr gut ausgewogene Episode mit fesselnden Charaktermomenten, witzigen Szenen und genauso berührenden Momenten. Dazu eine sehr interessante Ausgangslage für die nächsten Folgen. Die große Frage drängt sich nun auf: Für wen würde sich Dawson entscheiden, sobald er die volle Wahrheit kennt? Weiterhin für Jen oder Joey? Und wann, wenn überhaupt, kommt es dazu? Was mir für die volle Punktezahl letztendlich fehlt, ist wie schon bereits in der Review zu #1.06 Das Baby erwähnt, der komplette Überblick der Handlungsstränge. Einzelne Hinweise in Dialogen, wie es um Bessies Baby steht oder bei Dawsons Eltern weiter vorangeht, vermisse ich hier. Ganz knapp gibt es daher nicht die volle Punktzahl, obwohl die Folge viel Schwung ins Staffelgeschehen bringt und definitiv Lust auf mehr macht.
Samuel W. - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: DetentionErstausstrahlung (US): 03.03.1998
Erstausstrahlung (DE): 14.02.1999
Regie: Allan Arkush
Drehbuch: Mike White
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