Review: #1.10 Mord am Hochzeitstag

"Defiance" feiert kleines Jubiläum. Die Serie ist bei ihrer zehnten Episode angelangt und begeht diesen Mini-Meileinstein absolut angemessen mit einer Hochzeit, drei Morden, einer unerwarteten Enthüllung und verschiedenen Einblicken in die Vergangenheit. Viele gute Charaktermomente prägen diese Folge.

Auf den Charakter Tommy bezogen ist dies die bisher beste Episode der Serie. Nicht nur, dass wir etwas mehr über seine Vergangenheit erfahren, auch seine Einstellung zu seiner Arbeit und der Kontrast zu Nolans Arbeitsweise werden deutlich herausgestellt. Nolan sind Gesetze nicht allzu wichtig, er löst Probleme mit Tricks und Gewalt. Er sieht seine Aufgabe als Gesetzeshüter darin, den Frieden in der Stadt zu wahren, so dass er gewisse Umstände, wie etwa einen mehrere Jahre zurückliegenden Mord an einem Halunken wie Hunter Bell, durchaus bereit ist unter den Teppich zu kehren. Tommy hingegen legt viel Wert auf Recht und Gesetz. Die Suche nach der Wahrheit, so unbequem sie auch sein mag, ist ihm sehr wichtig. Er bevorzugt die klassische Polizeiarbeit, wie wir sie aus unserer heutigen Zeit kennen. Das bietet natürlich Konfliktpotential zwischen Nolan und Tommy. Bisher haben wir davon noch nicht viel gesehen, aber je mehr in Defiance passiert, desto mehr wird auch die Zusammenarbeit zwischen Gesetzeshüter und Deputy auf die Probe gestellt.

Irisa schreckt wie Nolan nicht davor zurück, zweifelhafte Ermittlungsmethoden anzuwenden, die im Jahr 2013 von keinem amerikanischen Gericht toleriert werden würden, aber es macht ihr genau so wenig aus, den Stadtfrieden durch die Aufdeckung unangenehmer Wahrheiten zu gefährden. Daher hilft sie Tommy bereitwillig. Sie bezeichnet ihn dabei als Idioten, was sie für gewöhnlich nur mit Nolan macht. Das ist durchaus sehr bemerkenswert. "Du bist ein Idiot!" bedeutet bei Irisa grob übersetzt "Ich hab dich gern!" . Die gemeinsame Szene von Tommy und Irisa auf der Hochzeit hat dann zum ersten Mal eine echte Woge der Sympathie für dieses seltsame Paar in mir aufsteigen lassen. Entgegen ihren sonstigen Gepflogenheiten wirft sich Irisa in Schale (bzw. in das, was bei den Irathiern Schale ist) und setzt sich neben Tommy. Sie nimmt sogar seine Hand. Zugleich bleibt sie sich aber treu und zeigt ihm, dass sie wie immer ein Messer dabei hat, was ihn zum Lächeln bringt. Ein toller Moment.

Letztlich erfahren Tommy, Nolan und Irisa, dass Nicolette Hunter Bell getötet hat und auch verantwortlich für den Mord an dem bedauernswerten Barkeeper Jered ist, der damals Zeuge des Todes von Bell war, aber davon, die ganze Wahrheit zu kennen, sind die drei weit entfernt.

Mich hat die Enthüllung, dass Nicolette eine von den zu Menschen umoperierten Indogenen war, von denen wir seit der Folge #1.08 Der Zeitreisende wissen, völlig umgehauen. Das habe ich nicht kommen sehen. So oft wie "Defiance" hat mich in letzter Zeit keine Serie überrascht. Doc Yewlls Mord an Nicolette, den sie wie Selbstmord aussehen lässt, ist ebenfalls ein großer Gamechanger. Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass Nicolette noch eine Weile länger für Unheil sorgt, zumal sie in der vergangenen Folge das Artefakt an sich bringen konnte.

Yewll aber will nicht länger mit ansehen, wie ihre alte Freundin (und Artgenossin) Nicolette die Stadt fortwährend in Gefahr bringt. Der Mord an dem allseits beliebten, vollkommen harmlosen Jered hat bei Yewll das Fass zum Überlaufen gebracht. Man wagt es als Zuschauer freilich nicht, Yewll nun offiziell zu vertrauen. All ihre vielen Geheimnisse, die sie vor den Bewohnern der Stadt verbirgt, ihre kühl-pragmatische Art und ihre scharfe Intelligenz lassen sie weiterhin gefährlich und unberechenbar erscheinen, zumal sie jetzt das Artefakt besitzt, welches sie selbst als "Genozid-Waffe" bezeichnet. Außer ihr weiß nur Quentin, der Defiance verlassen hat, dass das Artefakt (noch) existiert.

Die Hochzeit von Alak und Christie findet trotz Dataks Versuch, sie im letzten Moment zu verhindern, statt. Nachdem Datak erfahren hat, dass er durch Alaks Ehe mit Christie nicht wie geplant an Rafes Minen herankommen kann, da Rafes Testament dies verhindert, gibt es für den stolzen Castithaner keinen Grund mehr, eine menschliche Schwiegertochter und Mischlings-Enkelkinder zu akzeptieren. Alak, der auf der Erde geboren wurde und mit Menschen aufgewachsen ist, kann die Einstellung seines Vaters nicht nachvollziehen.

Der Konflikt zwischen Alak und seinem Vater spiegelt die Problematik von Immigrantenfamilien unserer realen Zeit wieder. Wenn Kinder in einem anderen Kulturkreis geboren und aufgewachsen sind als ihre Eltern und einen viel engeren Bezug zu dem Land haben, dass für ihre Väter und Mütter nur die Zweitheimat ist, entstehen oftmals Reibungspunkte. Alak kennt den Heimatplaneten seiner Spezies ausschließlich aus Erzählungen und hat nie nur unter Castithanern gelebt. Das lässt sich auch nicht ändern, denn die Heimat der Castithaner existiert nicht mehr.

Da der Plan mit den Minen (vorerst) gescheitert ist, werden sich Datak und Stahma ganz auf die Bürgermeisterwahl konzentrieren. Das bedeutet nichts Gutes für Amanda, deren Karten sich dadurch, dass Nicolette als Mörderin entlarvt wurde, ohnehin gerade sehr verschlechtert haben. Nicolette war Amandas Mentorin und Fürsprecherin, das wird nun negativ auf Amanda zurückfallen. Amanda hat Nicolette nicht durchschaut und deren Abgründe nicht erkannt, das könnte man ihr theoretisch tatsächlich vorwerfen, allerdings haben die meisten Einwohner von Defiance Nicolette sehr geschätzt, sie geradezu vergöttert. Als der Volge-Angriff bevorstand, haben die Bürger nach Nicolette verlangt, ohne auch nur ansatzweise zu ahnen, dass sie es war, die den Angriff iniziiert hat. Nichtsdestotrotz wird Datak Nicolettes tiefen Fall nutzen, um Amanda zu diskreditieren, dessen bin ich mir fast sicher. Lasst den Wahlkampf beginnen!

Maret Hosemann - myFanbase

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