Bewertung

Review: #2.01 Das Gegenteil von Hallelujah

Wir sind zurück in Defiance, finden aber erwartungsgemäß nicht mehr die Stadt vor, die wir aus der ersten Staffel kennen. Die Republik Erde regiert mittlerweile seit neun Monaten im ehemaligen St. Louis und präsentiert sich als schützende, helfende Hand, unter der Defiance blühen und gedeihen kann. Ein solches "Wir meinen es ja nur gut mit euch"-Bild zeichnen Besatzungsmächte gerne von sich und glauben es manchmal sogar selbst. Dahinter verbergen sich jedoch in der Regel Absichten, die alles andere als edelmütig sind. Die Republik Erde ist definitiv kein Vorreiter für Toleranz und Frieden. Sie hat es auf das mysteriöse Raumschiff in den Minen abgesehen, auch wenn das in dieser Folge nicht explizit zur Sprache kommt, und will auch sonst so viel wie möglich aus der Stadt herauspressen. Die Methoden sind bewährt: Bewaffnete, uniformierte Sicherheitskräfte stehen immer bereit, um den Willen der Machthaber durchzusetzen, bisherige Autoritätspersonen verlieren ihre Stellung, unliebsame Zeitgenossen werden weggesperrt oder ermordet, und die einfache Bevölkerung wird mit Propaganda gefüttert.

Nach einem tödlichen Unfall in den Minen regt sich jedoch erster Widerstand. Zwei junge Männer namens Josef und Hyatt üben lauthals Kritik und riskieren damit ihr Leben. Einer endet als Hellbug-Frühstück. Josef und Hyatt bezeichnen die Vertreter der Republik Erde als "Nazis", was ein nicht gänzlich falscher Vergleich ist. Dass die Serie "Defiance" sehr ausgeprägt mit geschichtlichen Parallelen spielt, besonders aus den Bereichen Eroberung und Unterdrückung, habe ich ja schon während der ersten Staffel in vielen Reviews angesprochen. Ich rechne fest damit, dass sich dies in Staffel zwei fortsetzt.

Nach einem Staffelfinale, das ansehnlich war, aber auch viele wichtige Punkte ausgespart hat, führt uns dieser Auftakt der zweiten Staffel erst einmal die veränderten Umstände vor Augen. Dies funktioniert ziemlich gut, da wir nicht nur die Hauptcharaktere sehen, sondern am Rande auch viele Nebencharaktere wiederentdecken und auf unaufdringliche Weise vermittelt bekommen, wo sie jetzt stehen. Leider fehlen aber erneut einige Charaktere, über deren Verbleib wir schon noch etwas erfahren sollten, wie zum Beispiel Quentin und Rynn. Jesse Rath alias Alak Tarr gehört nun zum Hauptcast, was mich insofern überrascht, dass es die einzige Beförderung ist. Ich hatte schon erwartet, dass ein oder zwei Darsteller mehr vom Neben- in den Hauptcast aufrücken, etwa Dewshane Williams und/oder Trenna Keating.

Bleiben wir bei der Familie Tarr. Datak sitzt, in seinem Fall sicherlich vollkommen berechtigt, in einem Straflager, das Camp Reverie heißt, zu Deutsch Camp Träumerei bzw. Camp Tagtraum. Es macht Sinn, sich als Insasse dieses Camps in Träumereien zu flüchten, denn die Realität ist wenig angenehm. Die Gefangenen leben im Dreck und müssen um jeden Bissen Essen kämpfen. Ihre Behandlung kann man kurz und knapp als "unwürdig" bezeichnen. Für den stolzen und reinlichen Datak, der so viel Wert auf Respekt und Macht legt, ist das wirklich eine Höchststrafe. Aber es gibt einen kleinen Lichtblick für ihn: Doc Yewll. Diese ist ebenfalls im Camp Reverie eingesperrt, plant aber bereits die Flucht, für die sie Datak braucht. Obwohl Datak und Yewll gerade einmal zwei Szenen zusammen haben, ist ihre erzwungene Allianz schon jetzt eine Wucht. Wie wir es von Yewll kennen, versteckt sie ihre Verachtung für Datak nicht und reagiert auf ihn mit ihrem trockenen Sarkasmus, der sie schon in der ersten Staffel ausgezeichnet hat.

Stahma nutzt die Abwesenheit ihres Mannes, um die kriminellen Machenschaften der Familie an sich zu reißen. Zunächst leitet noch Alak, dessen Führungsstil viel milder und verständnisvoller als der seines Vaters ist, die Geschäfte. Stahma findet ihren Sohn schlicht zu weich. Sie zwingt ihn in die Rolle des Strohmanns, der den patriarchalischen Normen der castithanischen Gesellschaft entsprechend der Anführer zu sein scheint, in Wahrheit aber nur die von Stahma gegebenen Befehle weitergibt. Alak kann sich auch weiterhin nicht gegen seine hochintelligente, manipulative Mutter durchsetzen, über die man in der zweiten Staffel wieder, daran lässt dieser Auftakt keinen Zweifel, viel nachdenken und schreiben kann. Sie ist ein shakespeare-ischer Charakter, eine klassische Dramafigur voller Tief - und Abgründe, die in ihrer Kultur als Frau keine Macht haben darf, aber sie sich nimmt, indem sie die Männer geschickt lenkt und benutzt. Bei allem, was geschieht, muss man immer damit rechnen, dass Stahma dies so eingefädelt, oder zumindest willentlich in Kauf genommen hat.

Stahma hat ihren Schwachpunkt Kenya beseitigt, wovon Amanda nichts ahnt. Die ehemalige Bürgermeisterin führt nun das NeedWant und hofft verzweifelt auf eine Rückkehr ihrer Schwester. Für Amanda waren die vergangenen Monate nicht einfach und dass es leichter wird, steht nicht zu hoffen. Sie ist der Droge Blue Devil verfallen, wird ohne es zu wissen von dem Republik-Bürgermeister Niles Pottinger bis ins Schlafzimmer hinein beschattet, und sieht sich gezwungen, für besagten Pottinger zu arbeiten, um die Bewohner von Defiance so gut es geht zu schützen. Pottinger hegt offenbar eine ungesunde Obsession für Amanda - und für Handlotion. Wir werden sicherlich noch unsere Freude an Pottingers Psyche haben.

Irisa und Nolan haben sich derweil wiedergefunden und sind auf dem Weg zurück nach Defiance. Die Szene mit den beiden im Auto erinnert für einen Moment an den Anfang der Serie, aber etwas stimmt ganz und gar nicht mit Irisa. Sie begeht wie ferngesteuert Bluttaten, darf aber mit Nolan nicht darüber sprechen. Wir wissen, dass Irisa im Gegenzug für Nolans Auferstehung bereit war, die Waffe des Gottes Irzu zu werden, bzw. von etwas, dass sich Irzu nennt und Irisa in Gestalt ihres eigenen, jüngeren Ichs erscheint. Nun ist Irisa offenbar tatsächlich eine Waffe, aber gegen wen richtet sie sich genau? Der Mord an der Frau erscheint absolut willkürlich, was aber nichts heißen muss. Man kann sich durchaus vorstellen, dass Irisa die letzten neun Monate an zahlreichen Orten gemordet hat und es ein Muster gibt.

Der Auftakt zur zweiten Staffel von "Defiance" gestaltet sich insgesamt ordentlich. Wir gewinnen Eindrücke von der neuen Situation, aber bekommen keine wesentlichen Antworten. Die Charaktere, die schon in der ersten Staffel überzeugen konnten, scheinen dies auch in der zweiten Season zu tun. Auf gehts ...

Maret Hosemann - myFanbase

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