Bewertung

Review: #1.17 Tag der Entscheidungen

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Auch wenn es mir durchaus immer bewusst war, dass die Autoren in "Eine himmlische Familie" gerne den moralischen Zeigefinger erheben, so wirkt dies Jahre später teilweise schon absurd, wenn man sich die frühen Episoden der Serie anguckt. Aus Kleinigkeiten werden Dramen gemacht, Fehlentscheidungen wirken sich gleich auf den Rest des Lebens aus, und typische – wenn auch nicht unbedingt gutzuheißende – Teenageraktivitäten münden in einer Diskussion über die eigene Identität.

Dieses Mal betrifft dies vor allem Mary, die beim Nachsitzen Camille (Keri Russell, "Felicity") kennen lernt. Während Mary lediglich wegen ein paar Verspätungen nachsitzen muss, wurde Camille in der Umkleidekabine der Jungen beim Rauchen erwischt. Schon hier beginnt die wilde Fahrt für alle Moralapostel, denn schließlich werden hier zwei Dinge – Jungen und leichte Drogen – kombiniert, die ganz und gar nichts für ein 16-jähriges Mädchen sind. Hinzu kommt, dass man Keri Russell unglaublich mit Make-Up, Haaren und Klamotten in Szene gesetzt hat, während Jessica Biel daneben wie eine graue Maus wirkt. Da für die anständigen Kinder der Camdens ein solches Verhalten, wie das von Camille immer wieder faszinierend ist, da es so vollkommen fernab von ihrer Welt ist, freundet sich Mary kurzerhand mit dem Mädchen an und wird prompt auf eine Party eingeladen, mit dem Ratschlag es ihren Eltern einfach zu verheimlichen. Es ist ehrlich gesagt nicht eine Sekunde nachvollziehbar, warum Mary sich auf dieses Spielchen einlässt, zumal ihr großer Bruder Matt eh schon seine Bedenken gegenüber Camille geäußert hat und auch Lucy sich gegen diese Idee ausspricht. Und so kommt es natürlich, wie es kommen muss: Es handelt sich nicht wirklich um eine Party, sondern um ein Doppeldate mit zwei Studenten in deren Wohnheim. Zunächst versucht Mary dagegen ein wenig zu protestieren, was jedoch von Camille einfach abgeschmettert wird, sodass Mary letztlich ihren Bruder anruft, damit er sie abholt und nach Hause bringt. Dort angekommen, macht Annie ihrer Enttäuschung über Marys Verhalten erst einmal Luft, was vollkommen nachvollziehbar ist, da sich Mary eben einfach weggeschlichen hat. Mary sieht ihren Fehler auch ohne Umschweife ein und damit hätte man diesen Handlungsstrang auch einfach beenden können. Aber man holt dann doch noch mal die moralische Keule hervor, was vollkommen lächerlich wirkt und damit wohl genau den gegenteiligen Effekt hat. Denn als Matt schließlich auch noch herausfindet, dass das Kleid, welches Mary trägt, von Camille gestohlen wurde, verdeutlicht er seiner Schwester, dass manche Entscheidungen den Rest des Lebens beeinflussen können und Mary Glück hat, dass sie noch mal mit einem blauen Auge davon gekommen ist... Natürlich kann man hier festhalten, dass Mary unüberlegt gehandelt hat, aber sie ist immerhin ein 16-jähriges Mädchen und in diesem Alter darf man solche Fehler einfach auch mal begehen. Vor allem, wenn man sieht, dass Mary so viel Verantwortungsbewusstsein zeigt, dass sie letztlich das Ganze abbricht. Dass dieses kurze Abenteuer von Mary nun von ihrem Bruder als etwas dargestellt wird, das lebensverändernd sein könnte, wirkt schlussendlich einfach nur lächerlich.

Einzig interessant an der ganzen Sache ist, dass Mary in späteren Staffeln auf die schiefe Bahn gerät und ein Verhalten an den Tag legt, welches Camilles bei weitem übertrumpft. Da dieser Wandel in Marys Charakter jedoch durch Jessica Biels Bestreben in der Serie kürzer zu treten entstanden ist, kann man hier noch nicht mal von einer schönen Herleitung zur späteren Entwicklung von Mary sprechen. Somit bleibt es einfach nur ein übertriebener Handlungsstrang, der letztlich weder Unterhaltungswert hat noch etwas Neues mit sich bringt.

Ähnliche verhält es sich leider auch mit dem zweiten großen Handlungsstrang in dieser Episode. Der aus "One Tree Hill" bekannte Darsteller Paul Johansson absolviert einen Gastauftritt als Tom Harrison, ein ehemaliger Hilfsgeistlicher von Eric. Da Tom sich bei seinem Besuch sehr reserviert verhält, glauben Annie und Eric gleich, dass er ein Geheimnis vor ihnen verbirgt. Als regelmäßiger "One Tree Hill"-Zuschauer reimt man sich alles Mögliche zusammen, schließlich hat Paul Johansson dort den wohl niederträchtigsten TV-Vater aller Zeiten, Dan Scott, verkörpert. Leider wird man dadurch nur umso mehr enttäuscht, denn es stellt sich am Ende heraus, dass Tom an Epilepsie leidet und bei seiner letzten Predigt einen Anfall hatte, der die gesamte Gemeinde schockiert hat, sodass er nun glaubt nicht für diesen Beruf geschaffen zu sein. Diese Bedenken erübrigen sich jedoch binnen Sekunden, nachdem er ein offenes Gespräch mit Eric geführt hat. Hier zeigt sich leider allzu deutlich, dass die Serie gerne ernste Themen aufgreift, diese jedoch viel zu schnell und vor allem viel zu oberflächlich behandelt. Denn auch wenn Paul Johansson sich perfekt darin versteht die Zweifel von Tom an sich selbst darzustellen, bekommt man als Zuschauer doch keinen wirklichen Zugang zu seiner Geschichte, da wir sie erst ganz am Ende erfahren. Wie sehen Tom zwar an, dass etwas nicht stimmt und ihn ernsthaft beschäftigt, aber durch Erics und Annies Misstrauen, bekommt man keine Chance mit dem Charakter mitzufühlen, bevor man dessen Geheimnis kennt.

Da bereits diese beiden großen Handlungsstränge der Episode nicht wirklich überzeugen konnten, ist es umso enttäuschender, dass auch Lucys Ausflug in die anderen Religionen nur marginal betrachtet wurde. Ihr Konfirmandenunterricht steht vor der Tür und durch ein Gespräch mit Tom bekommt Lucy die Idee sich mit anderen Religionen zu befassen, um sich sicher sein zu können, dass der christliche Glaube wirklich der richtige für sie ist. Dass Eric davon natürlich nicht wirklich begeistert ist, kann man ihm nicht verdenken. Schließlich lebt er für diesen Glauben und hat seine Kinder in diesem erzogen. Dennoch erscheint mir Eric hier enorm weltfremd, da er insgeheim einen Plan ausheckt, mit dem er Lucy dazu bringen kann, sich in jedem Fall für den Konfirmandenunterricht zu entscheiden. Wenn jemand so fest verwurzelt ist in seinem Glauben, wie Eric dies in jedem Fall ist, dann sollte er auch das Vertrauen haben, dass seine Tochter sich für diesen Glauben aus freien Stücken entscheidet. Immerhin geht es bei der Konfirmation darum sich bewusst für die Kirche und den Glauben zu entschieden, da wirkt es geradezu erschreckend, dass Eric seine Tochter nahezu zwingen will diesen Glauben anzunehmen, ohne ihr eine wirkliche Chance zu geben, sich selbst dafür zu entscheiden.

Fazit

Trotz zwei wirklich toller Gastdarsteller kann diese Episode leider gar nicht überzeugen. Der Handlungsstrang rund um Tom wurde viel zu oberflächlich behandelt, während Marys Handlungsstrang künstlich dramatisiert wurde. Schade, dass beiden Handlungen nicht genug Raum geschaffen wurde, um sie dezidierter zu behandeln. So geraten sie ziemlich schnell wieder in Vergessenheit, da sie letztlich – bis auf die beiden involvierter Schauspieler Keri Russel und Paul Johansson – nichts Besonderes an sich hatten.

Annika Leichner - myFanbase

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