Bewertung
Nia DaCosta

Marvels, The

Foto: The Marvels - Copyright: Marvel Studios 2023
The Marvels
© Marvel Studios 2023

Inhalt

Nachdem Carol Danvers aka Captain Marvel (Brie Larson) die Oberste Intelligenz der Kree getötet hat, trägt sie die Verantwortung eines destabilisierten Universums auf ihren Schultern. Als sie von Nick Fury (Samuel L. Jackson) parallel mit Monica Rambeau (Teyonah Parris) zu verschiedenen Stellen im Weltall geschickt wird, wo sich anormale Wurmlöcher geöffnet haben, werden ihre Kräfte mit denen von Kamala Khan aka Ms. Marvel (Iman Vellani) verknüpft, da sie alle über Lichtmagie verfügen. So werden die drei zu einer Zusammenarbeit gedrängt, denn die neue Obere der Kree, Dar-Benn (Zawe Ashton) will Gerechtigkeit für Volk und so werden Friedensverhandlungen mit den Skrull erneut gefährdet. Da Carol, Monica und Kamala aber mit jedem Einsetzen ihre Kräfte ihre Plätze tauschen, wird es eine große Herausforderung, sich zur Stabilisierung des Universums zu verpflichten.

Kritik

Marvel befindet sich in der Krise. Das belegen die Erfolge am sogenannten weltweiten Box Office, wo die Einspielergebnisse aufgrund rückgängiger Kinobesucher immer magerer werden, aber das belegt auch die Analyse von großen Magazinen, die eine Müdigkeit gegenüber Superheldenfilmen diagnostizieren. Das ist sicherlich alles nicht falsch, aber eine Fanperspektive kann deswegen immer noch weitaus differenzierter sein. Dass es nach dem Höhepunkt von Phase 3 innerhalb des Marvel Cinematic Universe einen Cut geben musste, das war für mich mehr als nachvollziehbar und ich habe in den vergangenen Jahren und Monaten es auch sehr genossen, auf einer viel breiteren Ebene neue Geschichten über mir bislang völlig unbekannte Superhelden zu erschließen. Dass nun auch die Serien, die über Disney+ zu streamen sind, in die Phasen konkret reinspielen, das ist sicherlich ein Wagnis gewesen, eben weil sich nicht jede*r den Luxus eines gebuchten Streamingdienstes leisten kann und mag, aber als Gesamtbild hat es sich für mich alles logisch und vielschichtig ergeben. Aber wem eben die Serien komplett fehlen, dem fehlt eben manches Mal die Gesamtansicht und ich kann verstehen, wenn das zu Frust führt. Umgekehrt muss man aber auch sagen, dass sich bislang noch nicht so ein roter Faden ergeben hat, der alles zusammengehörig anfühlen lässt. Es gibt viele neue Ansätze, so viele neue Gesichter, aber alle kochen irgendwie noch ihr Süppchen selbst. Durch Phase 6 und die Filmtitel dort, ist eigentlich bekannt, dass Kang, der Eroberer (Jonathan Majors) sich gegen eine neue Gruppe von Avengers stellen soll, aber einen deutlichen Zug erlebt man in diese Richtung bislang nicht und das ist sicherlich mein größter Kritikpunkt. Entweder man überlässt alle Figuren sich selbst, oder aber man errichtet wieder ein konkretes Konzept, um eben wieder mehr die Zuschauer*innen zu locken, dass alles zusammen braucht, um ein richtiges Erlebnis wieder zu entfalten.

"The Marvels" hat mir daher im Kontext dieser Kritik in dem Punkt sehr gut gefallen, dass hier gleich mehrere Filme und Serien drauf hingearbeitet haben. Natürlich in erster Linie "Captain Marvel", der uns Carol und die damalige kindliche Monica vorgestellt haben. Dann haben wir "WandaVision", wo Monica erstmals erwachsen auftritt und zu ihren Kräften kommt, wir haben "Ms. Marvel", wo wir in die Welt von Captain Marvel-Superfan Kamala eingeführt werden, die dann selbst Kräfte erhält und zur Beschützerin von New Jersey wird und wir haben auch "Secret Invasion", erst in diesem Sommer auf Disney+ zu streamen gewesen, wobei man den Inhalt aber wohl am ehesten ausblenden kann, denn ich hatte nicht den Eindruck, dass "The Marvels" an konkrete Entwicklungen von dort ansetzt, aber es ist nun mal das letzte Geschehen, was vor allem auf den Punkt hinführt, an dem sich Fury gerade befindet. Das ergibt insgesamt für mich wirklich wieder ein Kosmos und mit einem klaren Konzept im Vorfeld konnte man an diesem Punkt auskommen. Selbst wenn der neue Film jetzt nicht auf die Zukunft der Phasen gesehen groß etwas erarbeitet (eine Szene kurz vorm Abspann bildet eine interessante Ausnahme und hat mich auch aufgeregt gemacht), so ist doch eine Kontinuität zu erkennen, so dass man wenigstens die Beiträge in einem schönen Zusammenhang für sich erarbeiten kann.

Was mich als Voraussetzung an "The Marvels" besonders gereizt hat, das war eindeutig, dass die drei Protagonistinnen sich charakterlich, vom Alter her, von den Erfahrungen her an völlig unterschiedlichen Punkten in ihrem Leben befinden. Das zeigt der Film am Anfang auch sehr gut. Wir haben eben die jugendlichen Kamala. Auch wenn "The Marvels" nun nicht alle Figuren aus ihrer Serie integriert, so ist zumindest die Einbindung der Familie rund um Mutter Muneeba (Zenobia Shroff), Vater Yusuf (Mohan Kapur) und Bruder Aamir (Saagar Shaikh) doch sehr aussagend, um einen erweiterten Einblick in ihr Leben zu bekommen. Kamala ist eben immer schon ein Fan der Superhelden gewesen und besonders Captain Marvel hat es ihr angetan, weswegen sie und ihr Superheldenalias Ms. Marvel in ihren selbst geschriebenen Comics schon längst Besties sind. Kamala hat zwar ihr erstes Abenteuer schon hinter sich, aber sie ist eindeutig eine Anfängerin, noch sehr idealistisch unterwegs und die Konsequenzen ihrer Entscheidungen halten meist nur minutenlang an und dann ist die Welt wieder in Ordnung. Monica wiederum ist Wissenschaftlerin durch und durch und geht so auch ihre Kräfte an, bei ihr das weniger ein intuitives Vorgehen, sondern ein vorsichtiges Abwägen und Erkunden. Zudem hat sie eben bei S.A.B.E.R. eben eine neue Heimat gefunden, was sie erdet und wo sie die Kollegialität schätzt. Carol ist da sicherlich am weitesten von weg, denn sie ist bis auf Goose meist ganz alleine unterwegs. Sie plagt sich viel mit Schuldgefühlen herum, aber sie ist auch impulsiv, wenn sie mit neuen Herausforderungen und Entscheidungen konfrontiert wird.

Dieser Gegensatz der drei, dazu natürlich speziell noch die ungeklärte Vergangenheit von Carol und ihrer Nichte Monica, das hat die erzwungene Zusammenarbeit so spannend gemacht. Jede von den dreien wollte erst ihren Kopf auf ihre Art durchsetzen, aber es hat sie eben nicht weitergebracht, wenn sie dadurch wild die Rollen getauscht haben. Das Zusammenarbeiten war also hart erarbeitet. Speziell Kamala war dann soo wichtig, denn sie hat alles aufgelockert, aber gleichzeitig hat auch sie lernen müssen. Dabei war die wichtigste Lektion für sie wohl die Erkenntnis, dass man nicht immer alle retten kann. Sie hat als Nachwuchs-Superheldin sicherlich viel an Erkenntnissen gewonnen, wobei sie ihre jugendliche Unbedarftheit ganz sicher noch nicht völlig ablegen wird. Dennoch hätte ich mir insgesamt noch mehr individuelle Charakterarbeit gewünscht. Die Ansätze war gut, aber bei der kurzen Laufzeit (bislang die kürzeste Filmdauer im gesamten MCU) und dann eben der Verpflichtung der Actionszenen gegenüber, blieb eben einiges auf der Strecke. Dabei meine ich im Speziellen Carols Weg zurück zu mehr Mitmenschlichkeit, aber auch sie und Monica zusammen. Natürlich reden sie darüber, warum es jahrzehntelang Funkstille gab, aber das hätte noch besser und konsequenter umgesetzt werden können. Dennoch ist insgesamt die Waage aus Humor und Ernsthaftigkeit gelungen.

Beim Inhalt hat mich wie gesagt die konsequente Weiterführung gefreut. Während "Secret Invasion" sich vor allem um die Folgen für die Skrull gekümmert hat, geht der blick jetzt auch wieder deutlicher auf die Kree. Dar-Benn wird jetzt sicherlich nicht lange als Antagonistin im Kopf bleiben, aber aus ihrer Perspektive war es dennoch nachvollziehbar, wie sie auf die 'Vernichterin' Captain Marvel reagiert hat und dass es nicht wirklich möglich war, sich vernünftig gemeinsam an einen Tisch zu setzen. Wobei Carols Impulsivität sicherlich auch ein großer Faktor ist. Aber das Anliegen der Kree war nachvollziehbar und nach und nach die Heimat Hala wieder in den alten Zustand zu bringen, das passt ja irgendwie auch auf unsere heutige Zeit. Der Weg dahin war von einigen sehr verrückten Sequenzen geprägt. Das Gimmick mit Goose wird auf eine Spitze getrieben, die ich im Lebtag nicht für möglich gehalten hätte und ja, es war schon gewöhnungsbedürftig, dem beizuwohnen, auch wenn die musikalische Untermalung spitzenklasse war. Dazu dann eben die größere Disney-ähnliche Sequenz auf Aladna, totaler Bruch mit allem davor, aber man gehört eben zu einem gemeinsamen Haus, da ist ein bisschen Stehlen eben auch nicht so schlimm. Am Ende kommt richtig Zug rein und spätestens da war dann auch klar, dass der Film lieber auf den erzählerischen Höhepunkt hingesteuert hat statt sich auf Nebenschauplätzen noch groß aufzuhalten. Dennoch hat das Ende dann auch wieder Zeit für etwas Friedlichkeit. Das mochte ich eh immer schon am meisten, wenn nach aufregenden Abenteuern am Schluss alles nochmal zur Ruhe kommt und so unterstrichen wird, dass die Superhelden, wenn sie nicht ohnehin Menschen sind, doch immer sehr menschliche Züge hat und sich mit ihnen identifizieren kann. Die Post-Credit-Szene, die ist aber wieder ein Beispiel, wo Marvel sich gerade selbst Steine in den Weg legt. Nicht, dass der angedeutete Inhalt an sich nicht interessant wäre, aber es eröffnet wieder was Neues und Marvel braucht gerade nichts Neues, Marvel braucht clevere Verknüpfungen von Altem.

Fazit

"The Marvels" ist für mich durchaus ein gut unterhaltender Superheldenfilm geworden, der drei Superheldinnen an sehr verschiedenen Punkten zusammenbringt und dabei einige Stärken ausspielt, wenn auch eine intensive Charakterarbeit nicht der Sinn dieses knapp angelegten Films war. In einem relativ engen Kosmos wird die Story auch gut weitererzählt, neu verknüpft und ausgebaut, selbst wenn es zwischendurch arg absurd wurde. Insgesamt muss das MCU sich aber durchaus bewusst machen, was die DNA dieses Universums ist. Diese ist in "The Marvels" zu erkennen, muss aber wieder im größeren Rahmen funktionieren.

Special: Marvel Cinematic Universe

Lena Donth - myFanbase
10.11.2023

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