Review
Für den eingefleischten Fan einer TV-Serie ist der Übergang der Geschichte in das Comic-Format immer etwas gewöhnungsbedürftig, zumal wenn man selbst nicht unbedingt ein regelmäßiger Comic-Leser ist. So kommt man doch anfangs nie umhin, zuerst nach den Ähnlichkeiten zwischen den gezeichneten Figuren und den Schauspielern zu sehen, und man benötigt einen Gewöhnungszeitraum, um mit dem Medium wirklich warm zu werden. Besonders bei den ergänzenden Comics zu "Firefly - Aufbruch der Serenity" ertappt man sich doch immer wieder bei dem Gedanken, dass man all die Szenen, die man hier liest, viel lieber von den lieb gewonnen Darstellern präsentiert bekommen hätte. Denn bei "Firefly" schwingt immer die viel zu frühe Absetzung mit. Im Gegensatz zu Joss Whedons anderen Projekten "Buffy - Im Bann der Dämonen" und "Angel - Jäger der Finsternis, die eine Comic-Fortsetzung erhalten haben, war der Serie nur eine sehr kurze Zeit auf den TV-Bildschirmen vergönnt und es ist sicher, dass in Whedons Kopf noch viele wunderbare Ideen für Geschichten um die Crew der Serenity herumschwirrten. Da ist man eben noch nicht wirklich bereit, die Abenteuer der Charaktere nur noch in zweidimensionalen Bildern zu verfolgen und trauert den verpassten Gelegenheiten nach. Aber es ist wie es ist, und alles Jammern nützt nichts, und überwindet man die erste Scheu einmal, kann einen das neue Medium durchaus für sich einnehmen.
Die Form der "Serenity"-Comics sind auch keine reine Fortsetzung der Handlung nach dem Ende der Serie (und in diesem Fall des Filmes), wie es bei "Buffy the Vampire Slayer: Staffel 8" und "Angel: Nach dem Fall" der Fall ist. Die bereits erschienenen Comics "Zwischen den Welten" und "Better Days" sind eher ergänzende Geschichten zwischen Serie und Film, die als Anekdoten für sich stehen.
Dabei hat "Zwischen den Welten" sicher noch den größeren Anteil an wirklicher Handlung, denn hier hat man auch versucht, gewisse inhaltliche Fragen, die der Status Quo in #2.00 Serenity – Flucht in neue Welten aufwirft, zu beantworten. Wir erfahren, warum nicht mehr die Hands of Blue, sondern der charismatische Operative hinter River Tam her ist, und letztendlich in einem epischen Kampf im Film mit Mal Reynolds aufeinander trifft. Wir sehen Inaras Abschied von der Serenity und Mals Umgang damit und wir erfahren, wie es kam dass auch Shepherd Book nicht mehr an Board des Schiffes ist. All diese losen Fäden sind eingebettet in die Geschichte eines misslungenen Banküberfalls und des neuen Coups, der sich hieraus für die Crew der Serenity auftut.
I’ll miss you, Inara. I’ll keep coming up with all manners of things to say but that’s what they all mean, it comes right down to it.
Im menschlichen Fokus steht Inaras baldige Abreise, und Mals Umgang damit. Nach den Ereignissen in #1.13 Leichte Mädchen hatte Inara dem Captain mitgeteilt, dass sie die Serenity verlassen möchte, und es war zu sehen, wie sehr Mal diese Entscheidung trifft. Die Anziehung zwischen ihm und Inara wurde von beiden bis dato nie wirklich thematisiert und nun nutzt Mal jede Möglichkeit, um Inaras Abreise weiter hinauszuzögern. Ob er dies wirklich bewusst macht, sei dahin gestellt, aber als Wash ihn darauf anspricht, macht Mal nicht den Eindruck, als würde der ihm etwas Neues erzählen. Und auch wenn Mal und Inara in "Zwischen den Welten" fast ausschließlich streiten, ist das Ende traurig und wunderschön zugleich. Mal ist nicht in der Lage, die Tatsache, dass Inara ihm fehlen wird ihr gegenüber in Worte zu fassen und kann es erst Stunden später, für sich allein, formulieren. Das einzige Manko dieses Aspektes der Geschichte ist es, dass wir leider nicht die wunderbare Chemie zwischen Nathan Fillion und Morena Baccarin genießen dürfen, wenn wir sie erleben, aber mit diesen Tatsachen müssen wir uns nun einmal abfinden.
Mal verliert aber nicht nur Inara in "Zwischen den Welten", auch Shepherd Book wendet sich von ihm ab. Angeschürt durch den Konflikt um Mals offensichtlich beabsichtigte Verzögerungen der Abreise von Inara, geraten die beiden gegensätzlichen Männer aneinander. Der Streit eskaliert sogar in einem Faustschlag Books in Mals Gesicht, wobei Captain Reynolds mit seinen zynischen Bemerkungen dem Geistlichen gegenüber, diesen auch ordentlich provoziert hat. Der Wortwitz und die sarkastische Logik von Mals Monolog hier beweisen aber, dass die Comics sich in dieser Hinsicht nicht hinter der Serie zu verstecken brauchen. Shepherd Books Dilemma, in dem er sich durch die täglichen amoralischen Situationen an Board der Serenity, die ihn aufreiben zwischen seinem pazifistischem Glauben und den gewaltfordernden Gefahren des Schmugglerlebens, tritt offen zu Tage und die Entscheidung des Geistlichen, seine Freunde lieber zu verlassen, ist sicher die Richtige. Wir sehen in #2.00 Serenity – Flucht in neue Welten, dass besonders sein Verhältnis zu Mal Reynolds sichtlich besser geworden ist und dass sie durch den räumlichen Abstand zu gegenseitigem Respekt in der Lage sind. Auch wenn hier am Ende Mal, verlassen von zwei seiner engsten Freunde, in seiner Kabine sitzt und einsam ist, so erinnert das Auftauchen Zoës und die Angabe des Kurse "The same way as always. Forward." doch daran, dass Mal nie wirklich glücklich sein wird, aber solange sein Schiff fliegt, ist er doch mit seinem Leben zufrieden.
You made me a freak and the only thing I’ve wanted since is to return the favor … an eye for an eye.
Als Gegener der Crew der Serenity ist hier das Who-is-who der Antagonisten vertreten, neben den Hands of Blue, die immer noch auf der Suche nach River Tam sind, Badger als obligatorischem Verräter und dem ersten kurzen Auftritt des Operativen, taucht auch Lawrence Dobson wieder auf. Dobson war der Agent der Allianz, der in #1.01 Serenity mit an Board ging und den Mal nach dessen Enttarnung in denkwürdiger, tarantinoesquer Art und Weise ins Gesicht schoss und von Board warf. Joss Whedon hatte immer geplant, Dobson wieder auferstehen zu lassen, konnte dies aber nach dem vorzeitigen Ende der Serie nicht mehr realisieren. So taucht er also hier wieder auf und arbeitet mit den Hands of Blue zusammen, schließlich überschneiden sich ihre Pläne. Der Effekt dieser überraschenden Rückkehr verpufft leider etwas, da Mal ihn doch recht schnell und mühelos eliminieren kann (und diesmal stellt er sicher, dass Dobson auch tot bleibt), und der Wiedererkennungswert im Comic ist leider im ersten Moment nicht wirklich gegeben, aber man baut mit ihm ein ordentliches Bedrohungsszenario auf. Die Spannung vor dem großen Showdown ist groß, besonders durch die Kollaboration mit den Hands of Blue, die im Laufe der Serie als übermächtige Gegner gut etabliert wurden. Interessant ist es hier zu erfahren, dass die Männer nicht nur blaue Hände haben, sondern deren Körper ganz aus diesem seltsamen blauen Material besteht. Schade, dass wir dazu wohl keine näheren Details mehr erfahren werden. Denn am Ende dieser Geschichte sind die Hands of Blue ebensolche, und wir erfahren posthum über sie, dass sie als unabhängige Selbstständige für die Allianz tätig waren. Nun übernimmt der Operative den Auftrag nach River Tam zu suchen, welchen er bekanntlich im abschließenden Kinofilm fortführen wird.
Fazit
Alles in allem kann die Geschichte "Zwischen den Welten" überzeugen, inhaltlich hat "Firefly/Serenity" nichts von seinem Charme eingebüßt und dieser erste Comic bietet einen informativen, aufschlussreichen und gut zu lesenden zusätzlichen Appetithappen. Die Transformation ins Comic-Genre ist ebenfalls gelungen, optisch ist der Wiedererkennungswert der Figuren sehr hoch. Das Team um Joss Whedon hat hier zwar noch nicht ganz den Mut oder die Finesse (für die Entscheidung fehlt mir der Einblick), die künstlerischen Mittel des neuen Mediums voll auszuschöpfen, was bei den späteren Projekten ("Buffy", "Angel") durchaus der Fall ist. Und so handelt es sich hier eher um einen konventionell und geradlinig erzählten Comic, was wohl auch dazu dienen soll, Genreneulinge nicht gleich zu verschrecken. Wie es im Comicuniversum üblich ist, wurden die einzelnen Kapitel der Serie mit verschiedenen Covern versehen, jedes Kapitel mit drei unterschiedlichen, wobei jeder der neun Hauptcharaktere ein eigenes Cover erhielt. Diese neun verschiedenen Bilder sind in diesem Fall sehr gelungen und fangen viel vom Wesen der Charaktere ein. Am besten gefällt mir aber doch das Bild, dass den Umschlag des Taschenbuches ziert, mit Mal im Vordergrund und Inara und der Serenity im Hintergrund.
Es bleibt ein positives Fazit, zwei sehr gute Handlungsstränge dominieren die Geschichte, aber auch die Charaktere, die weniger im Fokus stehen bekommen ihre kleinen, denkwürdigen Szenen. So darf Jayne durch seine lakonischen Sprüche glänzen, Simon und Kaylee teilen viel gemeinsame Zeit und Wash und Zoë bilden als stabiles, glückliches Paar den Ausgleich zu all den unerfüllten Liebenden an Board der Serenity. Für Fans der Serie ist "Zwischen den Welten" uneingeschränkt zu empfehlen, nach myFanbase-Review-Maßstäben erhält diese Geschichte von mir 8 von 9 Punkten.
Cindy Scholz - myFanbase
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