FlashForward – Vergleich: Serie und Roman

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Bereits im Jahr 1999 veröffentlichte der Kanadier Robert J. Sawyer seinen Roman "Flashforward", der in Deutschland unter dem verkürzten Titel "Flash" erschien, und erntete viel positive Resonanz. Zehn Jahre später, im Frühjahr 2009, gab der US-Sender ABC grünes Licht für eine auf dem Buch basierende Fernsehserie, die den gleichen Namen, nur mit einem Großbuchstaben dazwischen, erhielt: "FlashForward". Die Serie hätte zu keinem besseren Zeitpunkt auf Sendung gehen können, spielt der Roman doch zufälligerweise auch im Jahr 2009. Glück brachte diese zeitliche Übereinstimmung jedoch nicht, denn die Fernsehserie floppte und wurde nach nur einer Staffel mit 22 Episoden beendet. Dieses Scheitern der TV-Version hängt vielleicht auch ein wenig mit den zahlreichen Abweichungen vom Roman zusammen, die an dieser Stelle, genau wie die Parallelen, näher betrachtet werden sollen.

Verschiedene Vorwärtsgänge

Die Grundkonzepte des Romans von Robert J. Sawyer und der Serie, die von Brannon Braga und David S. Goyer kreiert wurde, sind identisch: Auf der ganzen Welt werden die Menschen schlagartig bewusstlos und werfen während ihrer Ohnmacht einen Blick in die Zukunft. Im Roman dauert der globale Blackout zwei Minuten, in der Serie 2 Minuten und 17 Sekunden. So gering diese Abweichung ist, so groß ist der Unterschied bei den Flashforwards. Während die Menschheit im Buch ganze 21 Jahre in die Zukunft blickt, sind es in der Serie nur sechs Monate. Möglicherweise war das bereits der entscheidende Fehler, den die Serienmacher begangen haben.

Die Menschen in Sawyers Roman erhaschen einen zweiminütigen Blick auf eine zwei Jahrzehnte entfernte Welt, die sich natürlich politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich gewandelt hat. Viele Leute sehen sich in diesen Zukunftsvisionen an Punkten ihres Lebens, die stark von ihrem gegenwärtigen Dasein abweichen. Kinder und Jugendliche beispielsweise erleben sich als Erwachsene, Mütter und Väter finden heraus, was einmal aus ihren Kindern werden wird, und einige Menschen müssen erkennen, dass ihre Träume platzen werden, während andere Leute unerwartete Karrieren vorhersehen. All dies wird nicht nur durch die Protagonisten und Nebenfiguren vermittelt, sondern auch durch einige in die Handlung eingeschobene Zeitungsartikel, Briefe, Emails und Interneteinträge. So gibt es für den Leser mehrere kleine Puzzleteile zu entdecken, die von tragisch bis humorvoll alle Facetten abdecken.

In der Fernsehserie werden fast nur die Flashforwards der Hauptcharaktere behandelt, wobei es zumeist darum geht, die Wahrwerdung der vorhergesehenen Ereignisse zu verhindern oder umgekehrt zu erzwingen. Auch in sechs Monaten kann im Leben eines Menschen viel passieren, doch im Vergleich zu einem Zeitsprung von 21 Jahren bieten die Flashforwards der TV-Serie natürlich deutlich weniger Stoff. So konzentriert sich die Serienhandlung auch mehr auf die Hintergründe des globalen Blackouts. Das Autorenteam um die beiden Serienmacher Braga und Goyer bringt Terroristen, Verbrecher und skrupellose Experimente ins Spiel, worauf Sawyer gänzlich verzichtet. Im Buch stecken keine Verschwörungen hinter dem Blackout, sondern "nur" ein Experiment und ein zufälliges astrologisches Ereignis. Die Schwerpunkte liegen in der Serie somit anders als im Roman. Es geht in der Fernsehfassung mehr um Komplotte, um Verbrechen gegen Menschen und um das Streben nach Macht. Sawyers Roman aber beschäftigt sich mit den Folgen eines verheerenden wissenschaftlichen "Ausrutschers" auf die Welt und diskutiert das Konzept Zeit.

Andere Länder, andere Leute

Es ist nicht verwunderlich, dass die Serie "FlashForward", die nun einmal ein amerikanisches Produkt ist, in den USA spielt. Haupthandlungsort ist hierbei Kalifornien. Der wichtigste Schauplatz in Sawyers Roman ist dagegen Genf, die zweitgrößte Stadt der Schweiz. Von dort aus führen die Wege der Charaktere, von denen keiner ein US-Bürger ist, unter anderem nach Japan, Deutschland, Kanada und Griechenland. Auch die Handlung der TV-Version schließt das Ausland mit ein, jedoch unter anderen Vorzeichen und in geringerem Maße.

Im Zentrum der Fernsehserie steht der FBI-Agent Mark Benford, der sich als Dreh- und Angelpunkt der Ermittlungen über den Blackout erweist. Der Roman dagegen stellt keine Agenten in den Fokus, sondern Wissenschaftler, die wissen, dass ihr Experiment für den Blackout verantwortlich ist, auch wenn sie sich zunächst nicht erklären können, wie das Ganze derart außer Kontrolle geraten konnte. Der Leiter des Experimentes ist im Buch ein gewisser Lloyd Simcoe. Auch die Fernsehserie stellt uns einen Charakter namens Lloyd Simcoe vor, der ebenfalls Wissenschaftler ist und gleichfalls ein Experiment leitete, das mit dem Blackout zu tun hat, doch ab diesem Punkt werden die Parallelen langsam verzerrter. Der Serien-Lloyd verliert durch den Blackout seine von ihm getrennt lebende Frau und muss sich danach alleine um seinen autistischen Sohn Dylan kümmern, weiß aber aus seinem Flashforward, dass er in sechs Monaten mit Mark Benfords Frau Olivia liiert sein wird. Der Lloyd aus Sawyers Roman ist ein kanadischer Wissenschaftler, der in Genf lebt und arbeitet. Er ist mit seiner japanischen Kollegin Michiko verlobt, deren Tochter bei dem Blackout getötet wird, und hat sich in seinem Flashforward als alter, glücklich verheirateter Mann gesehen – allerdings nicht verheiratet mit Michiko. Während in der Serie Lloyds Experiment von den Verschwörern ausgenutzt wurde, ist es im Roman ein astrologisches Phänomen, das zu den unerwarteten Auswirkungen geführt hat.

Ein weiterer Hauptcharakter in der Serie ist Demetri Noh, Marks Partner beim FBI, der keinen Flashforward erlebt und erkennen muss, dass er in sechs Monaten nicht mehr am Leben sein wird. Er findet heraus, dass er einem Mord zum Opfer fällt. Im Roman ist es ein griechischer Wissenschaftler namens Theo Prokopides, der im Gegensatz zu seinen Freunden und Kollegen keine Zukunftsvision hat und schließlich herausfindet, dass er ermordet wird. Allerdings ereignet sich das Verbrechen, dem Theo zum Opfer fällt, erst in 21 Jahren, was die Angelegenheit natürlich viel kniffliger und skurriler macht, als es bei Demetri der Fall ist. So sucht Theo den Polizisten auf, der im Jahr 2030 in dem Mordfall ermittelt, doch ist dieser in der Gegenwart noch ein Kind und traumatisiert angesichts dessen, was er in seinem Flashforward gesehen hat.

In der dritten Episode der Serie verschlägt es Mark Benford dann doch tatsächlich nach Deutschland, genauer gesagt nach München, da der Gefängnisinsasse Rudolf Geyer, ein früherer Nazi, behauptet, Informationen über den Blackout zu haben. Im Roman begibt sich Theo nach Berlin, um mit Wolfgang Rasch, einem Chemie-Professor, zu sprechen, weil dieser in seinem Flashforward einen Nachrichtenbeitrag über Theos Tod gesehen hat. Auch Japan wird sowohl im Roman als auch in der Serie zum Schauplatz - im Buch durch den Charakter Michiko und in der TV-Fassung durch Keiko Arahida, zwischen denen es aber ansonsten keine echten Parallelen gibt. Der in Sawyers Roman nicht unwichtige Handlungsort Griechenland spielt in der Fernsehserie keine Rolle, dafür tauchen die Schauplätze Somalia und Afghanistan nur in der TV-Version und nicht im Buch auf.

Während sich unter den Nebencharakteren der Serie viele Verschwörer und Verbrecher wie Flosso und Dyson Frost befinden, sind die Nebenparts im Roman überwiegend von Wissenschaftlern und Verwandten der Hauptcharaktere besetzt.

Die Ereignismosaike

Im Ansatz sind auch einige der Nebenhandlungen in der Serie "FlashForward" von den Geschehnissen im Roman inspiriert, oder scheinen es zumindest zu sein. Der Seriencharakter Bryce etwa sieht in seiner Zukunftsvision, wie er die Liebe fürs Leben in Gestalt der Japanerin Keiko findet. Im Roman gibt es die Nebenfiguren Jake und Carly, zwei Wissenschaftler, die sich in der Gegenwart nur ganz oberflächlich kennen, aber in ihren Flashforwards gesehen haben, dass sie in der Zukunft ein Paar sein werden.

Zu den aufrüttelndsten Ereignissen im Verlauf der Serie gehört der Selbstmord des FBI-Agenten Al Gough, der aus seinem Blick in die Zukunft weiß, dass er den Tod einer Frau verschulden wird, und dies durch seine Selbsttötung zu verhindern versucht. In Sawyers Roman nimmt sich Dimitrios, der Bruder von Theo, selbst das Leben, da ihm sein Flashforward enthüllt hat, dass sich sein großer Traum, ein erfolgreicher Schriftsteller zu werden, nicht erfüllen wird. Mit seinem Selbstmord will Dimitrios seiner eigenen trostlosen Zukunft entgehen und gleichzeitig der Menschheit die Hoffnung geben, dass sich die Zukunft doch verändern lässt. Die Ähnlichkeit zwischen den Namen Dimitrios und Demetri wird wohl sicher kein Zufall sein, auch wenn diese beiden Charaktere einander nicht entsprechen.

Das Ende der Serie nach 22 Episoden lässt eine Reihe von Fragen offen, was im Roman nicht der Fall ist. Die Drehbuchautoren lassen einige der Flashforwards wahr werden, wie etwa, dass sich Olivia für Lloyd entscheidet und dass Bryce und Keiko sich finden, während Demetri seinen vorhergesehenen Tod zwar verhindern kann, aber sich damit konfrontiert sieht, dass er vielleicht dennoch weiterhin in Gefahr ist. Bei anderen Flashforwards erfährt der Zuschauer überhaupt nicht, ob sie wahr werden. Sawyers Auflösungen sind da schon sehr viel eindeutiger. Theo kann seinen Tod verhindern und befindet sich außer Gefahr, Lloyd und Michiko heiraten zwar und bekommen eine Tochter, lassen sich aber scheiden und Lloyd heiratet die Frau aus seiner Zukunftsvision. Jake und Carly heiraten und bekommen drei Kinder.

Maret Hosemann - myFanbase