Review: #2.21 Noyo County
Die letzte Folge vor dem großen Staffelfinale (welches übrigens zwei Folgen umfassen wird) geht seine Sache recht gemächlich an. Während die meisten Serien bei ihren Vorfinal-Episoden normalerweise ordentlich Vorbereitungen für das Finale treffen, nimmt "Fringe" nach den ganzen vergangenen turbulenten Folgen das Tempo raus und fokussiert sich auf eine angenehme Art und Weise auf Peter, der nach den jüngsten Ereignissen seinem Team den Rücken gekehrt hat.
Noyo County
Und das Augenmerk einmal auf Peter zu richten, war eine längst überfällige Entscheidung. Denn nachdem in dieser zweiten Staffelhälfte fast ausschließlich auf Walter eingegangen wurde (was natürlich auch absolut sehenswert war), war es an der Zeit, sich nun voll und ganz auf Peter zu konzentrieren. Und man hat auch den richtigen Zeitpunkt gewählt, da es schließlich interessant ist zu sehen, wie Peter mit der Neuigkeit umgeht, dass er eigentlich Peternate ist und von einem Paralleluniversum stammt.
Und wie so viele Menschen, die sich über einiges klar werden müssen, sucht Peter eines: die Einsamkeit. Weit weg von Boston, weit weg von der Fringe-Division und natürlich weit weg von seinem Vater(nate). So landet er in einem Nest namens Noyo County, das mit seiner Fluss- und Waldkulisse eindeutig zu idyllisch war, als dass sich Peter dort ausruhen hätte können. Denn wenn man seit "Twin Peaks" (dessen alternativer Pilottitel übrigens den gleichen Titel hatte wie diese Folge) eines weiß, dann ist es die Tatsache, dass man sich von idyllischen Städtchen fernhalten sollte, wenn man an seinem Leben hängt. Wie zu erwarten wird die Idylle von einem Mörder getrübt, der Teile des Gehirns seiner Opfer entfernt. Euch kommt das bekannt vor? Richtig so, denn unser Staffelbösewicht Newton hat in #2.10 Die Tür exakt Selbiges gemacht. Da sich Peter natürlich auch noch daran erinnert, tut er sich mit der Polizistin Mathis zusammen, um die Morde aufzuklären. Während der gesamten Folge über wartet man mit Spannung auf die Auflösung dieser Story. Denn dadurch, dass Peter immer wieder Newton an den Tatorten erspähen kann, bleibt einem nichts anderes übrig, als eine Verbindung zu Newton und den Morden aufzustellen und damit auch eine Verbindung zum eigentlichen Haupthandlungsbogen der Serie. Leider war die Auflösung des Falles einfach nur enttäuschend und lässt die Folge im Nachhinein relativ schwach aussehen, was den Fall betrifft. Denn wie sich herausstellt, waren die Morde nicht Werke Newtons, sondern einfach nur die eines gestörten Farmers, der es als Gaudi gesehen hat, seinen Opfern ein wenig im Gehirn herum zu wühlen. Also darf sich der Fall letztlich dann doch nur in die lange Reihe der PotWs einreihen – von der Auflösung her kann man ihn sogar zu den enttäuschenden kategorisieren, von der Spannung her (da man die gesamte Zeit Newton im Verdacht hatte), war das Ganze dann doch relativ gut gehalten. Vor allem die etwas düstere Atmosphäre, die wirklich ein wenig an "Twin Peaks" erinnert hatte (und ich LIEBE "Twin Peaks"!) trägt dazu bei. Ebenfalls schien die Folge eine kleine Hommage an die Kultserie "Akte X" zu sein, mit der "Fringe" anfangs gerne einmal verglichen wurde. Nicht nur das Setting erinnerte an die Fälle von Mulder und Scully, sondern auch die offenen Anspielungen an "Akte X" (unter anderem gesteht Mathis, dass sie ein großer Fan der Serie war) lassen darauf schließen, dass sich die Macher eine kleine Hommage erlaubt haben.
Doch trotz der gelungenen Atmosphäre und der spannenden Ermittlungsverfahren: Schaut man die Episode ein zweites Mal und weiß dadurch schon die enttäuschende Auflösung, hat die Folge leider ihren Reiz verloren.
"Technically, I'm from no place you've ever heard of. But let's just say Boston."
Abgesehen vom, im Nachhinein gesehen enttäuschenden, Fall bot die Folge auch sehr viele gute Aspekte. Einer davon war das interessante Zusammenspiel zwischen Mathis und Peter. Wie schon der Zeitreisende Alistair aus #2.18 White Tulip Walter geholfen hatte, über sich und seinen Taten klar zu werden, übernimmt Mathis dieses Mal diese Rolle und macht Peter bewusst, dass er versuchen muss, mit sich klarzukommen. Profitieren konnten die Mathis/Peter-Szenen auch noch von der guten Chemie der beiden Darsteller, wobei mich vor allem Martha Plimpton (Mathis) ziemlich begeistert hat. Ihre Figur hatte in dieser Folge fast mehr Ausstrahlung und Profil als Olivia nach über vierzig Folgen. Aber generell weiß "Fringe" mit seinen Gastdarstellern zu überzeugen.
Zu überzeugen wusste auch Joshua Jackson bzw. Peter, der in dieser Folge bewiesen hat, dass er es schafft, allein eine Folge zu tragen. Denn obwohl man die anderen Hauptcharaktere nur in wenigen kurzen Szenen zu Gesicht bekommen hat, hatte man nie das Gefühl, schlecht unterhalten zu werden. Jacksons Figur Peter hingegen konnte unter Beweis stellen, dass er in Sachen Grenzwissenschaften seinem Vater in nichts nachsteht. Denn die Sache mit den Adrenalinschubkurven (was Peter sicherlich auch intelligenter ausgedrückt hat, mir nur gerade entfallen ist) hätte Walter nicht stolzer machen können.
"You know what you're putting into our bodies? Death! Delicious strawberry-flavored death!"
A propos Walter: Seine Trauer und Sorgen um seinen verschwunden Sohn hätte man nicht besser in Szene setzen können. Walter im Supermarkt war wohl eines der Highlights dieser Folge und zeigte wieder einmal schön den schmalen Grat zwischen dem sorgenvollen Vater und dem etwas verrückten Wissenschaftler, wobei sich das Verrückte schon vor langer Zeit in so etwas wie Niedlichkeit gewandelt hat. Jedenfalls waren die kurzen Szenen mit Walter und später auch noch mit Olivia und Astrid allesamt gelungen und vor allem die Szene zwischen Astrid und Walter in dessen Küche lässt darauf schließen, dass Walter auf seinen Sohn angewiesen ist und ihn nichts glücklicher machen würde, als Peter wieder zurückzubekommen. Walter ist und bleibt einfach eine tolle und interessante Figur, durch die "Fringe" selbst dann sehenswert ist, wenn auch mal der Rest der Folge nicht stimmen sollte – was allerdings in den letzten Episoden seltener der Fall war.
"Hello Son ..."
Letzten Endes hätte uns die Folge eigentlich mit einem zu guten Gefühl entlassen, wenn man bedenkt, dass das Finale vor der Tür steht. Denn das Bild am Ende der Episode sah relativ harmonisch aus: Walter hat Peters Aufenthaltsort herausgefunden und ist kurz davor, Peter wieder zurückzuholen und Peter liegt währenddessen in seinem Bett, hört Musik und hat wahrscheinlich über Mathis’ Worte nachgedacht. Vielleicht wäre ihm so sogar noch in den Sinn gekommen, zu seinem "Vater" zurückzukehren und ihm zu verzeihen.
Aber nichts da, denn wie aus dem Nichts werden wir aus den schönen Vorstellungen in die bittere Realität gezerrt. Denn natürlich musste die Folge mit einem fiesen Cliffhanger enden, damit wir dem Finale auch ja entgegenfiebern. Und dieser Cliffhanger hält gleichzeitig eine Antwort bereit, die einige schon vorhergesehen hatten. Denn die Identität von Mr. Secretary wird gelüftet. Also die des Mannes, den Newton in #2.19 The Man From The Other Side aus der anderen Welt in unsere geholt hatte (und dafür tatsächlich eine ganze Staffel lang gebraucht hat). Und je nachdem, ob man die Identität schon erahnt hatte oder nicht, ist die Endszene dieser Folge entweder einfach nur eine wohltuende Bestätigung oder die blanke Offenbarung. So oder so gebührt dieser Endszene eine Extrazeile, denn nun wissen wir endlich:
Mr. Secretary ist Walternate!
Und das hat einfach so viel Potential, dass man das Finale gar nicht mehr abwarten kann. Was hat Walternate vor? Will er Peter auf die andere Seite holen? Wird Peter seinem richtigen Vater folgen? Was werden Olivia und Peter unternehmen? Wie wird Walter reagieren, wenn er auf sein alternatives Ego trifft? Und natürlich: Wie hängt das ganze mit dem großen Krieg der Welten zusammen?
Generell wird es interessant sein die Unterschiede zwischen Walter und Walternate zu sehen. Denn in den wenigen Sekunden, in denen man Walternate nun zu Gesicht bekommen hat, machte er einen ziemlich düsteren Eindruck. Man muss auch bedenken, dass zwischen Walter und Walternate im wahrsten Sinne des Wortes Welten liegen: Walter war 18 Jahre lang in der Psychiatrie, was seine Spuren hinterlassen hat. Walternate hingegen war das mit Sicherheit nicht. Nein, Walternate wird sein ganzes Leben damit verbracht haben, seinen Sohn zu finden, der plötzlich verschwunden war. Man kann sich nur ausmalen, welch ein Hass Walternate auf Walter haben wird. Und das doppelte Schauspiel von John Noble bewundern zu dürfen, sprich einerseits den liebenswerten Walter und andererseits den sicherlich weniger sympathischen Walternate, wird wohl einfach nur ganz groß werden!
Fazit
Was die Folge betrifft, so hätte ich kurz vor dem Staffelfinale mit ein wenig mehr Dynamik gerechnet, was dem Gesamtbild jedoch kaum schadet. Wirklich schaden tut hier einzig und allein die enttäuschende Auflösung des Falles, bei dem uns die Autoren auf eine miese Art und Weise auf eine falsche Fährte geführt hatten, was während der Folge noch ganz spannend ist, einen am Ende jedoch enttäuscht zurücklässt. Mehr als überzeugen konnte die Fokussierung auf Peter, sein Zusammenspiel mit Mathis, die tolle Atmosphäre, die das Herz jeden "Akte X"- und "Twin Peaks"-Fans höher schlagen lässt, und wie gewohnt der grandiose John Noble.
Und was ich vom Finale erwarte? Nach dem, was uns "Fringe" in letzter Zeit an tollen Folgen abgeliefert hatte, hege ich kaum mehr Zweifel daran, dass mich das Finale begeistern wird. Ich erwarte Antworten, interessante Charakter-Konflikte und eine Vertiefung in die "Fringe"-Mythologie. Und ja, das Staffelfinale wird Grenzen und Welten überschreiten!
Manuel H. - myFanbase
Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Northwest PassageErstausstrahlung (US): 06.05.2010
Erstausstrahlung (DE): 11.10.2010
Regie: Joe Chappelle
Drehbuch: Zack Stentz, Ashley Miller, Nora Zuckerman & Lilla Zuckerman
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