Bewertung

Review: #3.15 Versuchsperson 13

Foto: John Noble, Fringe - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
John Noble, Fringe
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Nach #2.16 Peter nimmt uns "Fringe" erneut mit auf die Reise in das für die Serie so relevante Jahr 1985. Während uns dieser erste Ausflug in die Vergangenheit offenbarte, wie Walter Peter aus dem parallelen Universum mitgenommen hat, so konzentriert sich #3.15 Subject 13 auf die Auswirkungen seiner Tat, sowohl auf unserer als auch auf der anderen Seite. Außerdem wendet sich diese Folge noch einem anderen wichtigen Charakter zu, nämlich "Subjekt 13" alias Klein-Olivia.

"Getting him back wasn't as easy as I thought."

"Fringe" gehört zu der Art von Serie, die sich viel Zeit nimmt, ihre Geschichten zu erzählen und ihre Charaktere zu vertiefen. Und das ist auch gut so, da die gesamte "Fringe"-Mythologie eine komplexe Struktur ist, die weit zurück in die Vergangenheit reicht und uns zeigt, dass die Autoren bereits in der ersten Staffel, in der alles ein wenig unausgegoren und zusammenhanglos wirkte, genau wussten, wohin die Reise gehen soll. So wurde bereits in der ersten Staffel angeschnitten, dass Walter in Jacksonville Experimente an der kleinen Olivia vollführt und sie mit Cortexiphan behandelt hat, was ihr besondere Fähigkeiten ermöglicht. Auch wissen wir seit dem ersten Staffelfinale #1.20 Nichts ist einzigartig, dass Peter nicht aus diesem Universum stammen kann. Während die erste richtige Highlight-Folge #2.15 Jacksonville dann auf Olivias Vergangenheit in Jacksonville einging, zeigte man in der oben bereits erwähnten Folge #2.16 Peter, wie Walter Peter im Jahre 1985 aus dem Paralleluniversum stahl, um ihm damit das Leben zu retten. #3.15 Subject 13 ist nun eine Mischung aus #2.15 Jacksonville und #2.16 Peter.

Was in #2.16 Peter schon gut funktionierte, funktionierte in dieser Episode gleich noch einmal hervorragend: John Noble und Orla Brady, alias Walter und Elizabeth Bishop. Besonders letztere hatte in dieser Episode enorm viel Screentime, was daran lag, dass sich die Folge unter anderem auf die Auswirkungen von Peters Rückkehr konzentrierte. Dieser ahnt nämlich, auch noch sechs Monate nach den Geschehnissen, dass er sich nicht in der Welt befindet, in die er hingehört und dass Walter und Elizabeth nicht die Eltern sind, die ihn zuvor großgezogen haben. Besonders Elizabeth trifft das hart, denn sie möchte nur eines sein: seine Mutter. Folglich gab es eine Großzahl von Szenen zwischen Elizabeth und Klein-Peter – und jede wurde auf eine ganz eigene Art und Weise so unverschämt emotional, hervorragend und grandios gespielt und in Szene gesetzt, dass mir öfter einmal der Atem stocken blieb. Das erste Highlight der Folge waren dabei schon die ersten Minuten, in denen Klein-Peter an einen Backstein gekettet freiwillig im zugefrorenen See einbricht, da er glaubt, somit wieder zurück in seine Welt zu kommen. Diese Szene ließ im wahrsten Sinne des Wortes das Blut in den Adern gefrieren, da sie schließlich klar machte, wie verzweifelt Peter wieder zurück in seine Welt möchte. Elizabeth lässt das ganze natürlich nicht kalt – und das bringt sie in einen Zwiespalt. Denn so sehr sie Peter auch liebt (oder gerade deswegen), kann sie nicht mit ansehen, wie er in ihrem Universum leidet. Die herzzerreißendste Szene bot sich zum Schluss, als Peter endlich den Lügen seiner Mutter Glauben zu schenken scheint und ihm tatsächlich ein "Mum" entflutscht. Wichtig waren diese Szenen vor allem für den Charakter Elizabeth, da wir zwar schon lange wissen, dass sie Selbstmord begangen hat, die Umstände und Gründe jedoch bisher ein Rätsel waren. Und ja, auch mein Auge blieben bei all diesen Szenen nicht trocken. Solch emotionale und mitfühlende Szenen hatte die TV-Landschaft schon lange nicht mehr zu bieten und vor allem Orla Brady würde ich, ohne zu Zögern, einen Emmy als beste Gastdarstellerin überreichen.

"The beguiling Olivia Dunham beguiles."

Vielleicht hätte man auch Walter noch ein wenig mehr in das Elizabeth/Peter-Dilemma integrieren können, doch für jenen fand man in der Episode eine andere sinnvolle Verwendung. Denn anders als uns das Ende von #2.16 Peter klarmachte, hat Walter sehr wohl versucht, Peter wieder zurück auf die andere Seite zu bringen. Das Problem: durch Walters ersten Wechsel ins Paralleluniversum ist dessen Struktur so schwer beschädigt worden, dass ein erneuter Wechsel dramatische Folgen haben könnte. Und hier kommen die Versuche rund um Olivia und die anderen Cortexiphan-Testsubjekte ins Spiel, die schon des Öfteren in der Serie eine große Rolle gespielt haben. Denn zuletzt wurde uns in #2.22 Die andere Seite (1) klargemacht, dass diese Testsubjekte tatsächlich in der Lage sind, problemlos zwischen den Welten hin- und herzureisen, was besonders für Walternate interessant ist, weshalb er schließlich an Olivia zahlreiche Versuche durchgenommen hat, während diese noch in Wet-2 gefangen war. In dieser Folge erleben wir nun das erste Mal hautnah, wie der Alltag in Jacksonville aussah und lernen somit auch Klein-Olivia kennen. Anders als man es sich vielleicht vorgestellt hatte, ist die Atmosphäre in Jacksonville, sowie "Dr. Walters" Umgang mit den Kindern, relativ harmonisch. Doch die teils sehr stressigen Versuche und vor allem die Szene, in der Walter mit einer falschen Kinderleiche Angst in Klein-Olivia auslösen wollte, zeigten auch, dass Walter durchaus mit sehr fragwürdigen und extremen Methoden arbeitete, was im Nachhinein erklärt, weshalb die meisten der Cortexiphan-Kinder in ihrem späteren Leben offenbar ernsthafte Probleme hatten (was man bereits in #1.17 Albträume erfahren konnte).

Auch die Darstellung der kleinen Olivia war hervorragend gelungen. Durch ihre introvertierte Verhaltensweise konnte man sofort die uns vertraute Olivia Dunham erkennen und dass man uns endlich einmal Olivias gewalttätigen Stiefvater vor Augen führte, der in #1.06 Das Heilmittel das erste Mal angesprochen und das Thema seither nicht mehr behandelt wurde, war längst überfällig. Walters Eigeninitiative, in der er Olivias Stiefvater klar macht, dass er Probleme bekommt, fasse er sie noch einmal an, verdeutlichte, dass Walter die Kinder nicht nur als reine Testsubjekte sondern irgendwo auch als Schützlinge sah. Dadurch, und durch die Szenen mit Peter und Elizabeth, balancierte Walters Charakter geschickt zwischen "skrupellosem Wissenschaftler" und "einfühlsamen Familienmensch" hin und her. Für alle Olivia/Peter-Shipper hält die Folge außerdem noch eine denkwürdige und wirklich fantastische Szene bereit: Klein-Olivia und Klein-Peter treffen nachts das erste Mal wirklich aufeinander – und zwar in einem Feld voller weißen Tulpen, woran man sich sofort auch an die Episode #2.18 Die weiße Tulpe erinnert fühlt. Durch die Inszenierung – Nacht, lauer Wind, erst gegen Ende einsetzende, zarte Klavierklänge – schaffte man eine ungeheure ruhige und geborgene Atmosphäre, was so gar nicht zum Rest der Episode passte und genau deswegen so toll hervorsticht. Natürlich bleibt nach wie vor die Frage offen, weshalb sich weder Peter noch Olivia an irgendwelche Einzelheiten aus ihrer Vergangenheit erinnern können. Eine Lücke in der Story oder warten die Autoren damit einfach nur, bis es ein drittes mal ins Jahr 1985 geht? Zu wünschen wäre es definitiv.

Over There

Noch facettenreicher wird die Episode dadurch, dass sie auch die Auswirkungen von Walters Tat auf der anderen Seite zeigt und somit, wie Walternate und "Belizabeth" mit der neuen Situation umgehen. Denn "over there" ist Peter schon seit mehr als sechs Monaten verschwunden und niemand weiß, wo er ist bzw. was mit ihm geschah. Interessant ist die Rollenverteilung auf der anderen Seite, die im genauen Kontrast zu der "over here" steht. Denn während in unserem Universum Walter der Hoffnungsvolle ist und Elizabeth sich letztendlich verzweifelt dem Alkohol zuwendet, ist Belizabeth "over there" die Starke in der Ehe, die versucht, ihrem Mann Mut zu machen, während Walternate sich vor Frustration beinahe selbst aufgibt. Und wieder bringt man Walternate ein wenig mehr Sympathien entgegen, denn nun versteht man, wieso er so verbittert wirkt und so einen Hass auf unsere Seite hat. Abgesehen davon hat auch Walter eingesehen, dass er wohl genauso handeln würde wie Walternate, wäre er in seiner Situation. Die wohl überraschendste Szene der ganzen Episode folgte gegen Ende: Angsterfüllt beichtet Olivia Walternate, dass eine Parallelwelt existiert. Dass sie dabei auch mit Walternate spricht, weiß sie nicht, denn sie hat nicht bemerkt, dass sie in ihrer Angst für kurze Zeit das Universum gewechselt hat. Somit ist nun auch klar, woher Walternate überhaupt weiß, dass ein paralleles Universum vorhanden ist und dass sein Sohn in jenem gefangen gehalten wird. Der Anfang vom Ende für eines der Universen?

"I know that I sound crazy, but I'm not. I'm not crazy."

Ich kann durchaus verstehen, dass manche #3.15 Subject 13 nicht ganz so positiv aufgenommen haben wie ich. Denn die Folge bringt uns in der Gesamthandlung nicht groß weiter, weshalb manche gar von einer Füller-Episode sprechen. Ich jedoch sehe diese Folge, ähnlich wie #2.16 Peter, als weiteres wichtiges Puzzleteil, das uns erneut bedeutsame Zusammenhänge klarmacht und wahnsinnig essentiell für die Vertiefung der Charaktere, sowie deren Motive ist. Und mal ganz abgesehen davon: Wer diese Episode wirklich als schlecht bezeichnet, weil inhaltlich nicht so viel Bedeutsames passiert ist, wie vielleicht erhofft, dem ist entgangen, dass #3.15 Subject 13 wohl einige der emotionalsten und herzzerreißendsten Szenen zu bieten hatte, die es in dieser Serie und überhaupt je gab. Und genau deshalb ist diese Folge einfach nur großartig.

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:


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