Review: #4.05 Der Sit-In
Herzschmerz, Enttäuschung und bittere Wahrheiten dominieren die Atmosphäre von #4.05 Sit-In – und dennoch, oder gerade deshalb, ist diese Episode die bis dato beste der vierten Staffel von "Girls". In einer regelrechten tour de force kommt die Beziehung von Hannah und Adam zu einem vehementen Ende, das von den Freunden um das Paar herum nur abgefedert, aber nicht mehr aufgehalten werden kann. Wirklich überraschend ist die Trennung der beiden natürlich nicht, deutete sich doch schon bei Hannahs Weggang nach Iowa an, dass diese Beziehung die Distanz nicht überleben würde. Doch auch wenn Adams Verhalten – ein Monat, hallo?! – alles andere als vorbildlich oder sympathisch ist, so bekommen wir diesmal einen Eindruck davon, was Hannahs Fortgehen nach Iowa bei Adam tatsächlich bewirkte: In dem Loch, das Hannahs Weggang hinterließ, entdeckte er nicht nur das Gefühl, von ihr zurückgelassen worden zu sein, sondern auch eine Woge der Erleichterung.
Denken wir einmal zurück bis an die Anfänge der Serie, so erinnern wir uns, dass die Beziehung zwischen Hannah und Adam seit jeher problembehaftet war und es trotz der vielen Höhepunkte vor allem die Krisen waren, die ihre Romanze bestimmten. Sowohl Hannah als auch Adam sind unglaublich bedürftige Menschen, die viel Energie und viel Aufmerksamkeit brauchen und in Kombination miteinander sich letztlich nur gegenseitig enttäuschen können. Hannahs Ego saugt die Aufmerksamkeit anderer auf wie ein schwarzes Loch, und Adam ist niemand, der ihr das geben kann, was sie braucht – dafür ist er zu sehr mit der Aufrechterhaltung seines eigenen Egos beschäftigt (man denke daran, wie Hannah mit einem Sexrollenspiel versuchte, die Aufmerksamkeit des völlig in seine Broadwayrolle versunkenen Adam auf sich zu lenken). Beide waren sich gegenseitig in privater wie künstlerischer Hinsicht mehr ein Hindernis als Unterstützung und bewegten sich auf einem emotionalen Minenfeld, bei dem irgendwann etwas in die Luft gehen musste. Mit Hannahs Weggang nach Iowa als Initialzündung war diese Beziehung zum Scheitern verurteilt. Und auch wenn durch Adams neue Freundin Mimi-Rose Howard ("That's not a name! That's just a woman's name and a man's name with a flower stuck in the middle of it!") ein jäher, hässlicher Schlussstrich unter die Beziehung gezogen wird, so hat Marnie schließlich wohl recht (hätte nie gedacht, dass ich das mal sage), wenn sie Hannah rät, dass sie Adam gehen lassen muss.
Obwohl man selbst wohl nie so handeln würde, erscheint Hannahs Schockreaktion auf die Tatsache, dass Adam nach nur einem Monat eine neue Freundin hat, die nun auch noch in ihrer gemeinsamen Wohnung haust, absolut nachvollziehbar. Unter ihrem Sarkasmus verbirgt sich eine enorme Enttäuschung und eine verletzte Seele. Natürlich war es egoistisch von Hannah zu glauben, alles würde nach ihrem Abmarsch nach Iowa so bleiben, wie sie will, doch die Situation mit Mimi-Rose ist wirklich hart. Umso schöner ist es, dass Hannah hier auf ihre Freunde zählen kann, wobei vor allem Shoshanna ("I don't know who you are and I don't care to know and that's all I have to say about it!") und Ray ("I'm sorry and I'm sickened!") absolute Glanzmomente haben. Man kann über Shosh sagen, was man will, doch sie ist eine treue Seele, und Ray ist sowieso großartig, auch wenn er diesmal seine eigenen Probleme nicht ganz zurückstellen kann (diese Verkehrssituation macht den armen Mann wirklich fertig). Selbst Marnie, obwohl ihre künstlerisch-musikalische Wichtigtuerei mit Desi (der nun in ihre 9m²-Wohnung eingezogen ist?) wie immer fürchterlich auf die Nerven geht, kann Hannah mit einem guten Rat zur Seite stehen und ist (wenn auch verspätet) für ihre Freundin da. Einzig Jessa entpuppt sich als wirklich grauenhafte Freundin, die mit ihrer unerträglichen Selbstgerechtigkeit und Arroganz kaum noch auszuhalten ist. Nicht nur stellt sich heraus, dass sie Adam und Mimi-Rose quasi zusammenbrachte, sie vergaß auch noch, dieses nicht unwesentliche Detail an ihre Freundin weiterzuleiten. So sehr man uns auch glauben machen will, dass Jessa von Hannahs Umzug nach "Idaho" (die Frau ist unglaublich) gekränkt und verletzt war, ihr Verhalten sollte spätestens jetzt zum endgültigen Bruch mit Hannah führen. Bei so etwas reicht ein gestreckter Mittelfinger nicht mehr.
Nach zahlreichen Gesprächen, einer Handverbrennung, einer Pseudo-Dusche und einer eigenartigen Gruppenumarmung (unbezahlbar: Caroline und Laird) kommt es zum Schluss zur unvermeidbaren wie nötigen Konfrontation mit Adam. Sowohl Adam Driver als auch Lena Dunham sind fabelhaft in dieser schwierigen, emotional enorm geladenen Trennungsszene, die das ganze Dilemma, in dem diese zwei Charaktere stecken, auf wunderbare wie traurige Weise zusammenfasst. Es ist der Moment, in dem Hannah realisieren muss, dass diese Liebe, an der sie so sehr festhalten wollte, tatsächlich vorbei ist, dass sie nicht mehr der Mittelpunkt in Adams Leben ist und er nicht mehr der ihrige. Adams Satz "I want you to understand, this isn't about you" ist für Hannah wie ein Stich ins Herz und als sie das Apartment verlässt, in dem sie eineinhalb Tage lang versuchte, mit dieser Wahrheit klarzukommen, hat sie zwar angefangen, sie zu akzeptieren, sie aber noch lange nicht bewältigt.
Mit dieser gewagten bottle episode markiert "Girls" das Ende einer zentralen Beziehung der Serie. Hannah und Adam waren, wenn auch mit Unterbrechungen, eine Konstante in den vergangenen Staffeln und dass das Paar nun offenbar ein für allemal passé ist, wird Konsequenzen mit sich bringen müssen. Für Hannah, die nach ihrem Scheitern in Iowa nun auch noch das Scheitern ihrer Beziehung verkraften muss, wird es eine große Herausforderung sein, ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen. Wie sie am (toll inszenierten) Ende alleine den Gang zu ihrem Lagerraum hinunterschreitet, mit unzähligen möglichen Türen zu ihrer Rechten und Linken, ist genauso metaphorisch bedeutsam wie die finale Einstellung, als sie alleine auf ihrem Sofa einschläft, umgeben von Kartons, auf denen ein großes fragile prankt. Doch so fragil wie Hannah auch ist, so stark kann sie auch sein – und diese Stärke wird sie in den kommenden Episoden beweisen müssen.
Maria Gruber - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Sit-InErstausstrahlung (US): 15.02.2015
Erstausstrahlung (DE): 15.10.2015
Regie: Richard Shepard
Drehbuch: Paul Simms & Max Brockman
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