Review: #4.04 Ganz ehrlich und direkt
Der amerikanische Motivationsredner Zig Ziglar hat einmal gesagt: "Scheitern ist ein Umweg, keine Sackgasse." In Episode #4.04 Cubbies würde man diesen Rat am liebsten den vier Frauen aus "Girls" mitgeben, die diesmal allesamt mit dem Problem des Scheiterns zu tun haben, jede auf ihre Art und Weise. Während Hannah sich eingestehen muss, dass ihr Plan, in Iowa zur großen Schriftstellerin zu avancieren, gescheitert ist (und womöglich auch ihre Beziehung zu Adam?), sieht sich Shoshanna mit der harten Realität der New Yorker Arbeitswelt konfrontiert und Marnie muss erkennen, dass sowohl ihre Musikkarriere als auch ihre Beziehung zu Desi im Argen liegen.
Vielleicht funktioniert die Episode eben deshalb so gut, weil sie ein allgegenwärtiges Problem schildert, dem jeder Zuschauer etwas abgewinnen kann. Gerade Hannahs gescheiterter Neuanfang in Iowa ist hart, wird Hannah für ihren Mut, ihr altbekanntes Nest in New York zu verlassen und sich in neue Gefilde zu begeben, letztlich doch nicht belohnt. Dass sie zu einem nicht unwesentlichen Anteil auch selbst dran schuld ist, ist natürlich klar. In für sie typisch selbstgerechter Manier artikuliert sie einen "Entschuldigungsbrief" an ihre Mitstudenten, was in Wirklichkeit nur wieder ein Versuch ist, sich selbst als Opfer darzustellen, das von den anderen ungerecht behandelt wird. Es ist einerseits anerkennenswert, wie konsequent und schonungslos Dunham den Egoismus Hannahs zu präsentieren vermag; andererseits jedoch fragt man sich, inwiefern Iowa nun zur Entwicklung Hannahs beigetragen haben soll. Nun da sie sich endlich einmal aus ihrer Komfortzone gewagt hat und ins kalte Wasser der harschen Kritik ihrer Mitstudenten geworfen wurde, hofft man, dass Hannah zumindest ein bisschen ihre Lektion gelernt hat – doch bisher sieht es leider nicht danach aus.
Einen großen Schritt vorwärts scheint hingegen Shoshanna zu machen, die weiterhin unbestreitbar unterentwickelteste Figur der Serie, die endlich einmal die Gelegenheit bekommt, mehr von sich zu zeigen. Shoshannas Naivität erhält einen gehörigen Dämpfer, als sie – viele der Generation Y werden sich in dieser Situation wiedergefunden haben – von Vorstellungsgespräch zu Vorstellungsgespräch zieht und eine Absage nach der nächsten erteilt bekommt. Die Tatsache ist, dass man als Zuschauer einerseits Mitleid mit Shoshanna hat, andererseits der überaus akkuraten Einschätzung der Personalchefin aber zustimmt, dass Shosh definitiv noch an sich arbeiten muss. Dass sie Trost bei (dem wie immer fantastischen!) Ray sucht, ist hier nur verständlich und die beiden entwickeln bei ihrem gemeinsamen Tag eine überaus erfrischende, platonische (?) Dynamik, von der man gerne noch mehr zeigen darf. Für eine sprunghafte, unsichere Person wie Shosh ist der bodenständige, herrlich sarkastische Ray ("Just having a little chat here in the dark corner of the American dream.") wie ein Fels in der Brandung, der ihr in dieser schwierigen Zeit Halt gibt. Schon ähnlich wie Adam in der letzten Episode Jessas bodenständiger Begleiter war, so ist auch Ray abgebrühter als Shosh. Interessant ist, wie "Girls" hier manchmal doch eindeutig die Geschlechterrollen aufteilt (weibliche Hysterie vs. männliche Bodenständigkeit), gleichzeitig aber dadurch diesen schmalen Grat zu wandern vermag, als dass die Serie auch die männlichen Figuren keinesfalls als perfekt darstellt.
Ziemlich alleine steht hingegen Marnie da, die weder in Jessa noch in Shoshanna wirkliche Unterstützung findet, da beide viel zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sind. In der Eingangsszene, in der sich die drei Frauen zu einem Drink verabreden, wird mal wieder deutlich, wie unglaublich selbstzentriert sie doch sind – Jessa interessiert sich keinen Deut für Marnies Musik, Marnie interessiert sich nur für ihren Song und nicht für Shoshannas Probleme, Shoshanna kann nur über ihr Vorstellungsgespräch reden – und man fragt sich manchmal schon, was diese Freundinnen eigentlich noch zusammenhält. Gerade Jessa schießt sich immer mehr selbst ins Aus, auch wenn ihre bissigen Kommentare zu Marnies Song unglaublich amüsant sind. Aber in dem Versuch, die hässlichen Seiten dieser Figuren zu aufzuzeigen, scheint man manchmal zu vergessen, ab und an auch wieder die sympathischen Facetten in den Vordergrund zu rücken, die wichtig sind, um als Zuschauer emotional weiterhin investiert zu bleiben.
Mit der (scheinbar permanenten) Rückkehr Hannahs nach New York schließt "Girls" ein weiteres Kapitel überraschend früh wieder ab und erklärt Hannahs Versuch, in Iowa künstlerisch weiterzukommen und sich zu entwickeln, vorläufig für gescheitert. Die harte Realität bricht in #4.04 Cubbies vor allem auf Hannah und Shoshanna ein (Shosh: "I just don't understand why nobody tells you how bad it's gonna be in the real world." – Marnie: "Yeah they do. It's pretty much all they tell you."), während Marnie ihre Beziehung zu Desi überdenken muss und Jessa diesmal eine Randerscheinung bleibt. Alle vier Frauen sind an einem Punkt angekommen, an dem sie ihr Scheitern akzeptieren müssen – nun gilt es, den nächsten Umweg einzuschlagen.
Maria Gruber - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: CubbiesErstausstrahlung (US): 08.02.2015
Erstausstrahlung (DE): 08.10.2015
Regie: Jesse Peretz
Drehbuch: Bruce Eric Kaplan
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